Mittwoch, August 18, 2010

Männer im Wasser - Wann ist der Mann ein Mann?


SWE 2009

++1/2

Männer und Synchronschwimmen. Die schwedische Außenseiter-Komödie Männer im Wasser führt diese scheinbaren Gegensätze im Rahmen einer nicht immer ganz konfliktfreien Vater-Tochter-Geschichte zusammen. Das Resultat ist ein heiteres, sehr charmantes Feel-Good-Stück, dessen Strickmuster sehr an Erfolgskomödien wie Ganz oder gar nicht erinnert. Mit seinen liebenswerten Figuren ist der Film insgesamt recht überzeugend gelungen.

Filmkritik:

Auf das Älterwerden ist nicht jeder gleichermaßen vorbereitet. Während nicht wenige Frauen mit Hautcremes der Natur zumindest temporär Paroli zu bieten hoffen, leiden Männer eher still vor sich hin. Manch einer, der es sich leisten kann, kauft sich in seiner Midlife-Crisis einen schnellen Sportwagen. Für den arbeitslosen Journalisten Fredrik (Jonas Inde) ist das allein schon aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten keine wirkliche Option. Die Ehe des Mittvierzigers scheint am Ende, und während seine Frau in London Karriere als TV-Reporterin macht, muss er sich daheim in Schweden mit seiner pubertierenden Tochter Sara (Amanda Davin) auseinandersetzen.

Dem passionierten Freizeit-Sportler reicht es. Er sucht eine neue Herausforderung und findet sie dort, wo es wohl kaum einer seiner Freunde vermutet hätte. Aus einer reichlich albernen Idee für einen Junggesellenabschied entwickelt Fredrik neuen Ehrgeiz: Er plant, eine Mannschaft im Synchronschwimmen aufzubauen. Zusammen mit seinen Hockey-Kumpels, die der Idee zunächst skeptisch gegenüberstehen, will er Schweden bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft in Berlin vertreten. Bis es soweit ist, muss die Truppe jedoch ein hartes Trainingsprogramm absolvieren. Dumm nur, dass keiner der Männer von Synchronschwimmen auch nur die geringste Ahnung besitzt. In dieser scheinbar aussichtslosen Lage bietet sich Fredriks Tochter unverhofft als Coach der Möchtegern-Grazien an. Sie glaubt an ihren Vater und an dessen ungewöhnliches Projekt.

So neu und ungewöhnlich das Thema Synchronschwimmen – noch dazu, wenn es von Männern ausgeübt wird – auf den ersten Blick auch erscheinen mag, die Idee, die dahinter steckt und die das Drehbuch von Måns Herngren und Jane Magnusson äußerst charmant aufgreift, ist nur bedingt originell. Männer in der Midlife-Crises bieten sich als Stoff für eine tragikomische Erzählung förmlich an. In Erinnerung bleibt vor allem die britische Underdog-Geschichte Ganz oder gar nicht. Diese nennt Autor und Regisseur Herngren dann auch als eine der wichtigsten Inspirationsquellen für seinen Film. Wie die strippenden Working-Class-Helden in Peter Cattaneos Überraschungserfolg sind auch die schwedischen Männer im Wasser uneingeschränkte Sympathieträger, deren kleine Missgeschicke und Freuden sich unmittelbar auf den Zuschauer übertragen. Es macht einfach Spaß mitzuerleben, wie sich Fredrik dank der neuen Herausforderung allmählich aus seinen privaten wie beruflichen Zwängen freikämpft.

Ganz nebenbei erfährt man einiges Wissenswertes über eine oftmals belächelte Sportart. Synchronschwimmen wurde einst von Männern erfunden und anfangs nur von diesen ausgeübt. Frauen war es hingegen bis in die vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts verboten, sich derart freizügig in der Öffentlichkeit zu zeigen. Interessant ist vor diesem Hintergrund, wie der Film die Geschlechterrollen vertauscht und in Person von Fredriks Tochter Sara ein selbstbewusstes und zugleich modernes Frauen-/Mädchenbild etabliert. Sie ist es, die der chaotischen Männer-Truppe Disziplin beibringt und die Organisation schultert. Die wiederkehrenden Konflikte zwischen ihr und ihrem Vater werden von Hernsgren und Magnusson allerdings nur halbherzig verfolgt. Ohnehin bestehen von Beginn an keine Zweifel am positiven Ausgang von Fredriks Aufbauprogramm für müde Männer.

Der schwedische Kommentar zur viel zitierten Midlife-Crises bietet vornehmlich leichte Unterhaltung mit queerem Unterton. Letzteres überrascht ebenso wenig wie der kurze Gastauftritt auf der Stockholmer Gay-Pride. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, dass Hollywood schon bald bei Herngren anklopft und sich die Rechte für ein Remake sichert. Die Traumfabrik liebt bekanntlich Feel-Good-Geschichten, in denen Außenseiter groß rauskommen.

Zuerst erschienen bei Programmkino.de.