Donnerstag, Dezember 08, 2011

In Time - Zeit ist Geld


USA 2011

+1/2

Was für eine schöne neue Welt. In naher Zukunft werden Menschen nicht mehr altern. Mit gerade einmal 25 Jahren wird ihre biologische Uhr angehalten. Die Sache hat nur einen Haken: Jeder erhält nur ein weiteres Jahr, um diesen Menschheitstraum auszukosten. Wer länger leben will, muss sich seine Zeit erst hart verdienen. Weiter auf Koeln.de.

Samstag, Dezember 03, 2011

Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht Teil 1


USA 2011

+1/2

Es ist wieder soweit. Mit dem ersten Part von „Breaking Dawn“ erreicht die Romanze zwischen der jungfräulichen Bella und ihrem blassen Romeo Edward ihren vorläufigen Höhepunkt. Es wird geheiratet, geliebt und viel gelitten. Die Fans werden es mögen. Weiterlesen auf Koeln.de.

Mittwoch, November 30, 2011

Arthur Weihnachtsmann - X-Mas Inc.


GB 2011

+++

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen kälter und die Einkaufsstrassen verwandeln sich in ein Meer aus Licht und Kitsch. Das Fest aller Feste wirft seine lange Schatten voraus und mit ihm ein ganz besonderes Genre: Der Weihnachtsfilm. Die Animationskünstler der berühmten britischen Aardmen Studios widmen sich der Frage, wie es der Weihnachtsmann wohl schafft, pünktlich zum Morgen des 25. Dezembers allen Kindern ihre Wünsche zu erfüllen. Weiter auf Koeln.de.

Dienstag, November 22, 2011

Anonymous - Shakespeare in Love


USA 2011

++


Man benötigt zugegeben etwas Fantasie, um Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich gedanklich ausgerechnet mit den Werken William Shakespeares zusammenzubringen. Der bislang im Popcorn-Kino äußerst erfolgreiche Schwabe versucht sich nun an einem Historien-Thriller, der die Frage der wahren Autorenschaft so weltberühmter Stücke wie „Hamlet“ und „Romeo und Julia“ aufwirft. Weiter auf Koeln.de.

Freitag, November 18, 2011

Eine dunkle Begierde - Er, Ich und Es


GB/F/DK/KAN/D 2011

+++

Er gilt als der Erfinder der Psychoanalyse: Sigmund Freud. Weniger bekannt ist hingegen der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung, der auf Freuds revolutionäre Thesen und Beobachtungen als einer der ersten bei der Behandlung seiner Patienten zurückgriff. David Cronenberg (Tödliche Versprechen, A History of Violence) ergründet basierend auf einem regen Briefwechsel zwischen Freud und Jung das Verhältnis dieser beiden fachlich eng verbundenen und doch auch so unterschiedlichen Männer. Dabei wird eine junge Frau zum Mittelpunkt ihrer Beziehung. Eine dunkle Begierde ist etwas theaterhaft inszeniert, aber insgesamt ein feines Stück Ausstattungskino mit großartigen Schauspielern und tiefen Einblicken in die menschliche Natur.

Filmkritik:

Die Psychoanalyse gehört heute zum Rüstzeug jedes Psychologen und Psychiaters, ihre Erkenntnisse und Deutungen sind allgemein anerkannt und haben die Sicht auf uns und unser Verhalten komplett revolutioniert. Als Sigmund Freud vor über 100 Jahren seine Beobachtungen und Theorien formulierte, war das Klima noch ein anderes. Freud sah sich von Kollegen und der oftmals schockierten Öffentlichkeit immer wieder massiven Anfeindungen ausgesetzt – zum Teil spiegelten sich in diesen Angriffen auch antisemitische Ressentiments. Freud war Jude. Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung, der Freuds Thesen mit großem Interesse aufnahm und sie bei seiner Arbeit in einer Nervenklinik anzuwenden suchte, entwickelte sich wiederum zu einem wissbegierigen Schüler des Wiener Vordenkers. Auf mehrere Briefwechsel folgte schließlich der Besuch Jungs bei seinem Lehrmeister. Es ist zugleich der Moment, ab dem zwischen den beiden Männern auch grundlegende Unterschiede abseits ihrer Profession deutlich werden.

Eine dunkle Begierde heißt der Film, den Kanadas Meister-Regisseur David Cronenberg über Freud und noch etwas mehr über Jung gedreht hat. Als Bindeglied zwischen diesen beiden mutigen Männern dient – wie sollte es anders sein – eine Frau. Die junge Russin Sabina Spielrein (im Film dargestellt von Keira Knightley) kommt im Jahr 1904 in Jungs Klinik, wo sie von ihm wegen ihrer Hysterie und ihren Angstzuständen behandelt werden soll. Jung entscheidet sich, Freuds Erkenntnisse anzuwenden und es mit einer für die damaligen Zeit neuen Form der Gesprächstherapie zu versuchen. Wenig später wird Sabina seine Geliebte und schließlich sogar Freuds Schülerin. Sie entschließt sich, selbst Medizin zu studieren und eine wissenschaftliche Karriere als Analytikerin einzuschlagen.

Basierend auf seinem eigenen Theaterstück „The Talking Cure“ adaptierte Autor Christopher Hampton (Abbitte) das nicht allein aus historischer Sicht aufregende Dreiecksverhältnis zwischen Jung, Freud und Spielrein. Jung, der hier von Michael Fassbender mit großer Eleganz und auch einer gewissen Leichtigkeit verkörpert wird, ist Protestant und schon deshalb kulturell anders als Freud geprägt. Während dieser in der Metropole Wien praktiziert und sich eine Entourage aus meist jüdischen Analytikern zugelegt hat, erprobt Jung als Einzelkämpfer in den Schweizer Bergen und in einer Thomas Manns Der Zauberberg nicht unähnlichen Szenerie Freuds revolutionäre Therapieansätze. Wie schon in Das weiße Band schimmern dabei am Horizont immer wieder die dunklen Vorboten des Ersten und Zweiten Weltkriegs durch. Einmal erzählt Jung von einem Meer aus Blut, das sich als Bild in seinen Träumen zeigte, ein anderes Mal kommt Freud gegenüber Jung auf den seinerzeit weit verbreiteten Antisemitismus zu sprechen. Es ist ein Problem, dessen sich Freuds Schüler überhaupt nicht bewusst ist. Auch das sagt auf seine Art viel über den weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts.

Mehr noch als für die Einbettung in den historischen Kontext fühlt sich der Film jedoch seinen ebenfalls historischen Figuren verpflichtet. Cronenberg legt höchsten Wert auf eine präzise, möglichst klischeefreie Darstellung, welche allerdings vor allem bei Viggo Mortensens selbstbewusster Freud-Interpretation durchaus auch ironische Züge aufweist. In jedem Fall begegnen sich hier zwei Schauspieler auf Augenhöhe, was man von Freud und Jung so nicht unbedingt behaupten kann. Keira Knightley hat im Vergleich dazu die deutlich undankbarere Rolle. Sie spielt zumindest zu Beginn eine von ihrer Hysterie gefesselte junge Frau, wobei sich nur schwer beurteilen lässt, was an Knightleys Darstellung Overacting und was ein realistisches Abbild einer derartigen psychischen Störung sein könnte. Ihre Gesichtsakrobatik ist zumindest abenteuerlich.

Elegant und mit einem besonderen Blick für Details von Cronenbergs Stamm-Kameramann Peter Suschitzky bebildert, lässt Eine dunkle Begierde die Stimmung und Atmosphäre jener Zeit überzeugend auferstehen. Sieht man von wenigen, als Kulissenhintergrund eingesetzten Computereffekten einmal ab, bietet der Film nahezu perfektes Ausstattungskino. Jede Apparatur, jedes Werkzeug scheint ein echtes Museumsstück zu sein. Dazu erforscht und seziert Cronenberg einmal mehr seelische Abgründe. Die Rückführung jedes Verhaltens auf ein rein sexuelles Motiv, das ist analog zu Freuds Theorien auch in vielen Filmen des Kanadiers das bestimmende Thema. Die menschliche Lust als mitunter auch zerstörerischer Antrieb aller Dinge. Freud und Cronenberg hätten sich vermutlich viel zu erzählen.

Für Programmkino.de.

Sonntag, November 13, 2011

Aushilfsgangster - Occupy Hollywood


USA 2011

++1/2

Ocean’s Eleven trifft auf Ganz oder gar nicht. Ben Stiller und Eddie Murphy versuchen sich als Gangster in einer ehrenwerten Sache. Ein reicher Banker soll die ihm anvertrauten Gelder veruntreut und zur Seite geschafft haben. Fest entschlossen, sich ihr hart verdientes Geld zurückzuholen, schmieden unsere Working-Class-Helden einen geradezu tollkühnen Plan. Weiter auf Koeln.de.

Dienstag, November 08, 2011

Die Abenteuer von Tim und Struppi


USA 2011

++1/2

Wer kennt sie nicht? Der listige Detektiv mit der einprägsamen Frisur und sein treuer Begleiter auf vier Pfoten: Tim und Struppi sind eine Institution in der Welt der Comic- und Kinderbuchliteratur. Dabei begeistert das Gespann nicht nur die Kleinen. Jetzt bringt Meisterregisseur Steven Spielberg erstmals ein Abenteuer des Duos auf die große Kinoleinwand. Weiter auf Koeln.de.

Samstag, November 05, 2011

Poliezei - In den Straßen von Paris


F 2011

+++1/2

Aus Frankreich kommt dieser realistische, stark gespielte Polizeifilm, der abseits der üblichen Crime-Milieus erschreckenden Geschichten nachspürt. Regisseurin und Schauspielerin Maïwenn beleuchtet darin die Arbeit einer Sondereinheit der Pariser Polizei. Die Frauen und Männer der „Brigade de Protection des Mineurs“ haben es täglich mit dem Missbrauch, der Vernachlässigung und der Misshandlung von Kindern zu tun. Das episodenhafte Werk, in dem die Ermittlerpersönlichkeiten im Zentrum stehen, erhielt in diesem Jahr bei den Filmfestspielen von Cannes völlig zu Recht den „Großen Preis der Jury“.

Filmkritik:

Das Leben schreibt nicht nur die schönsten und unglaublichsten Geschichten, es ist zugleich auch für die traurigsten, grausamsten und erschreckendsten Geschichten verantwortlich. Gebündelt treffen diese Erfahrungen in der alltäglichen Arbeit einer Sondereinheit der Pariser Polizei aufeinander. Die Männer und Frauen der Jugendschutzpolizei bekommen es immer wieder mit schweren Misshandlungen, Vernachlässigungen, Zwangsverheiratungen und sexuellen Übergriffen zu tun. Der Job fordert ihnen alles ab und nicht wenige tragen das, was sie im Dienst erleben, in ihr Privatleben. Oftmals entladen sich die Anspannung und der Druck, den sie bei ihren Ermittlungen erfahren, in lautstarken Auseinandersetzungen mit Kollegen und Vorgesetzten.

In diese verschworene Gemeinschaft bricht die engagierte Fotografin Melissa (Maïwenn) ein, als sie die Erlaubnis zu einer Reportage über die Arbeit der Jugendschutzpolizei erhält. Was zunächst als reine PR-Maßnahme gedacht war, entwickelt sich schon bald zu einem engagierten Langzeitprojekt. Allmählich baut Melissa, die eigentlich nur die Position einer stillen Beobachterin einnehmen soll, eine persönliche Beziehung zu den Beamten auf. Gerade der aufbrausende, temperamentvolle Fred (JoeyStarr) hat ihr Interesse geweckt. Obwohl dieser Melissa und deren Arbeit erst recht kritisch sieht, sucht er schließlich doch ihre Nähe. Es entwickelt sich zwischen den beiden eine zarte Liebesbeziehung, die von den Ereignissen im Job nicht unberührt bleibt.

Etwas überraschend zeichnete die Jury um Robert De Niro Poliezei bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes mit dem „Großen Preis der Jury“ aus. Regisseurin und Hauptdarstellerin Maïwenn zählte allenfalls unter den französischen Journalisten zum Favoritenkreis. Dabei merkt man ihrem Film jederzeit an, mit wie viel Hingabe und Engagement sie die Arbeit dieser in der Polizeihierarchie eher unten angesiedelten Sondereinheit portraitierte. Die fragmentarische, aus vielen zum Teil erschütternden Einzelschicksalen zusammengesetzte Geschichte beruht ausnahmslos auf wahren Fällen. Gerade das Wissen um die Authentizität des Nacherzählten ist es auch, die Poliezei nur schwer erträglich macht. Da berichtet ein Familienvater fast selbstverständlich wie er regelmäßig seine Tochter im Intimbereich berührt, während eine verzweifelte Mutter die Beamten darum bittet, sich um ihren Sohn zu kümmern, damit dieser nicht länger mit ihr auf der Straße leben muss. Die Polizisten flüchten sich bisweilen in Zynismus und Albernheiten, um das Erlebte so gut es geht verarbeiten zu können.

Da es hier nicht den einen großen Fall gibt, um den die Geschichte aufgebaut wurde, muss sich Poliezei einen anderen roten Faden suchen. Maïwenn findet diesen in ihren Figuren. Die Beamten der Sondereinheit und ihre zum Teil ungewöhnlichen Methoden der Frust- und Stressbewältigung, ihre Gefühle und Ängste sind der narrative Dynamo dieser ungemein realistischen wie beklemmenden Milieuschilderung. Konflikte mit Vorgesetzten, welche der Arbeit der Sonderermittler nicht immer die höchste Priorität einräumen, gehören ebenso zum Alltag dieser Männer und Frauen wie die meist eher flüchtigen Momente des Glücks. Und doch gibt es sie. Hierbei ist der Zuschauer stets mittendrin im Geschehen. Eine scheinbar barrierefreie Kamera überwindet im Zusammenspiel mit den durchweg erstklassigen Darstellern jede Distanz. Dazu kommt zumindest in der Originalfassung ein Gefühl von Echtheit und Realismus, das den Film aus der Masse der Kriminaldramen und Polizeigeschichten heraushebt.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, November 03, 2011

Hotel Lux - Rotes Gruselkabinett


D 2011

++

Mit Witz und Satire will der neue Film von Leander Haußmann (Sonnenallee, NVA) gleich zwei verbrecherische Regime des letzten Jahrhunderts, ihre Ideologien und versteckten Gemeinsamkeiten enttarnen und der Lächerlichkeit preisgeben. Schauplatz ist das Moskauer Hotel Lux, das Mitte der 1930er Jahre verfolgte Kommunisten aus der ganzen Welt beherbergt. Unter der strengen Aufsicht durch Joseph Stalin und dessen Kader entstand dort ein merkwürdiges Paralleluniversum. Ein eigentlich unpolitischer Komiker – dargestellt von Michael „Bully“ Herbig – gerät auf der Flucht vor den Nazis in jenes kommunistische Panoptikum und zugleich in eine für ihn folgenschwere Verwechslung.

Filmkritik:

Für Komödianten und Entertainer waren die 1930er Jahre in Deutschland eine mitunter lebensgefährliche Zeit. Nur eine Pointe auf Kosten der Mächtigen zog nicht selten ein Berufsverbot und weitere Repressalien nach sich. Auch der Parodist Hans Zeisig (Michael Herbig), dessen Figur sich augenscheinlich an legendären Komikern und Kabarettisten wie Karl Valentin und Werner Fink orientiert, bekommt den Unmut des Hitler-Regimes zu spüren. Seine Auftritte in einem Berliner Varieté fallen nach anfänglicher Tolerierung in Ungnade, und so ist er gezwungen, überstürzt aus Deutschland zu fliehen. Statt in Hollywood landet der eigentlich vollkommen unpolitische Zeisig in Moskau, genauer im dortigen Exilantenhotel „Lux“. Es ist ein seltsamer, unwirklicher Ort, an dem Stalin jeden Schritt überwachen lässt und der vorrangig als Zufluchtsort für verfolgte Kommunisten und Funktionäre aus aller Welt dienen soll.

Unter den Gästen dieses etwas anderen Hotels, das bezeichnenderweise keine Gästeliste führte, fanden sich mit Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck und Ho Tschi Minh gleichsam bekannte wie gefürchtete Akteure der späteren Weltpolitik. Zeisig, der anders als sein alter Freund Siggi Meyer (Jürgen Vogel) weder den Kommunisten noch den Nazis geistig nahe steht, betrachtet das skurrile Treiben in den Zimmern und Fluren des „Lux“ mit einiger Befremdung. Da ihn die Kommunisten zu seiner Verwunderung mit dem geflohenen Leibastrologen Adolf Hitlers verwechseln, wird ihm schließlich die zweifelhafte Ehre zuteil, Josef Stalin in einem – mehr oder weniger – privaten Vier-Augen-Gespräch zu begegnen. Zwischen dem Komiker mit Hollywood-Ambitionen und dem gefürchteten Diktator entwickelt sich ein seltsames, am Ende recht einseitiges Vertrauensverhältnis.

Regisseur und Komödien-Fachmann Leander Haußmann hat die ziemlich humorlose Diktatur des Proletariats als Bürger der DDR lange Jahre selbst erlebt. Nachdem er bereits in Filmen wie Sonnenallee und NVA den Irr- und Starrsinn des angeblich besseren Deutschlands mit Witz und Komik aufdeckte und darin vor allem den biederen Partei-Apparat zur Zielscheibe seines Humors machte, verlagert er nun dieses Prinzip auf einen ungleich düsteren Ausschnitt Zeitgeschichte. Dabei gibt sich Hotel Lux deutlich ernsthafter als seine doch eher komödiantischen Vorgänger. Lachen ist auch hier erlaubt, aber nur – so scheint es – wenn einem zugleich der ernste Hintergrund der Ereignisse bewusst ist. Dass unter Stalin mehr kommunistische Funktionäre als unter Hitler ermordet wurden, soll schließlich bei allem Verwechslungs-Klamauk als Mahnung nicht vergessen werden. Damit ist zugleich eine große Schwäche des Films umschrieben, der gerne so leichtfüßig wie Chaplins Der große Diktator oder Lubitschs Sein oder Nichtsein daherkäme, letztlich aber zutiefst deutsch anmutet.

Es ist zugegeben kein Leichtes, Witz mit Drama zu vereinen. Roberto Beniginis Oscar-Gewinner Das Leben ist schön gelang dieses Kunststück. Bei Hotel Lux wollen beide Teile jedoch nur selten wirklich zusammenpassen. Haußmann vertraut abgesehen von einigen entlarvenden Kommentaren zur Ähnlichkeit linker und rechter Ideologien zu sehr auf flache Pointen. So muss beispielsweise ein übertrieben sächselnder Walter Ulbricht eine Mauer aus Zuckerwürfel nachbauen, was humoristisch mehr einem Schlag mit dem Holzhammer als einem Wink mit dem Zaunpfahl entspricht. Man merkt, dass Haußmann versuchte, die angeblich zu ernsten, ersten Drehbuchentwürfe von Uwe Timm und Volker Einrauch mit aller Gewalt in seine Richtung umzubiegen. Im Presseheft heißt es dazu, dass Haußmanns Geschichte auf „Motiven“ der anderen Autoren basiere. Mit der Besetzung von Michael „Bully“ Herbig, der mit den tragischen Facetten seiner Figur nie wirklich eins zu werden scheint, setzen die Verantwortlichen schließlich auf einen massenkompatiblen Zuschnitt ihres kommunistischen Skurrilitätenkabinetts.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, Oktober 27, 2011

Contagion - Unsichtbarer Feind


USA 2011

+++1/2

SARS, Vogelgrippe, Ehec. Immer wieder versetzen uns unsichtbare Killer in Angst und Schrecken. In Steven Soderberghs Epidemie-Thriller Contagion erkrankt eine Geschäftsfrau nach einem Hong-Kong-Trip an einer mysteriösen, letztlich tödlichen Infektion. Es ist der Auftakt eines beängstigenden, filmisch nahezu perfekt inszenierten Kontrollverlusts. Weiter auf Koeln.de.

Samstag, Oktober 22, 2011

Restless - Der Kamikaze-Pilot und das Mädchen


USA 2011

+++

Sie sind jung und doch blicken sie bereits mit einer ganz besonderen Haltung auf sich und die Welt. In Gus Van Sants sensiblem Independent-Drama Restless kommt es zu einer Begegnung zweier Teenager, deren unterschiedliche Erfahrung mit dem Tod ihr Leben auf besondere Weise prägt. Zwischen den Außenseitern entwickelt sich eine kurze, überaus eindringliche Liebe. In den Hauptrollen sind Shooting-Star Mia Wasikowska und ein ziemlich charismatischer Henry Hopper – Sohn von Hollywood-Legende Dennis Hopper – zu sehen.

Filmkritik:

Jugend und Tod. Was zunächst wenig miteinander gemein zu haben scheint, ist in Restless als Gefühl und Motiv allgegenwärtig. Denn obwohl Annabel (Mia Wasikowska) und Enoch (Henry Hopper) noch Teenager sind, deren Lebenswirklichkeit eigentlich aus Schulproblemen und der ersten großen Liebe bestehen sollte, beschäftigen sie sich fortlaufend mit der Endlichkeit ihrer Existenz. Sie tun dies jedoch nicht immer freiwillig, vielmehr zwingt das Schicksal ihnen ein solch ungewöhnliches „Hobby“ förmlich auf. Während der verschlossene Enoch nach dem Unfalltod der Eltern bei seiner Tante aufwächst, erhält die lebensfrohe Annabel eines Tages die schreckliche Diagnose Krebs. Beide entwickeln dadurch eine besondere Beziehung zu ihrer Sterblichkeit. So sucht Enoch regelmäßig Beerdigungen von ihm unbekannten Menschen auf. Allein das Gefühl inmitten der Trauernden und die dabei spürbare Nähe zum Tod scheinen in ihm etwas auszulösen und eine Lücke auszufüllen.

Auf einen dieser Trauerfeiern begegnen sich Enoch und Annabel das erste Mal. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er nicht, dass sie nur noch wenige Monate zu leben hat. Später dann bittet sie ihn, diese wenige Zeit mit ihr zu verbringen. Es wird eine kurze, dafür aber umso intensivere Liebe, die beide verbindet und die sich so sehr von den üblichen Teenager-Romanzen unterscheidet. Gerade die Erkenntnis, dass keine Zeit bleibt, um all das zu machen, was man sich noch vorgenommen hat, lässt Enoch bisweilen an der Welt verzweifeln.

„We have so little time to say any of the things we mean. We have so little time for any of it“ heißt es passend dazu an einer Stelle. Restless hebt sich jedoch nicht allein aufgrund seines dramatischen Unterbaus von anderen, ähnlich gelagerten Liebesgeschichten und Coming-of-Age-Erzählungen wie Garden State ab. Dessen Independent-Touch ist zwar auch hier als Gefühl und Hintergrundrauschen jederzeit, präsent, gleichzeitig bringt Gus Van Sant seine ganz eigene Handschrift in das unter anderem von Bryce Dallas Howard geförderte Projekt mit ein. Van Sant, der wie kaum ein zweiter Regisseur Erfahrung im Umgang mit jugendlichen Charakteren auf der Schwelle zum Erwachsenwerden hat, lässt Enoch und Annabel den Raum, den sie auf ihrer schwierigen Reise benötigen. Statt jedes Gefühl in eindeutigen Bildern zu erdrücken, hält sich die Kamera angenehm zurück. Dafür bleiben die wenigen, wirklich prägnanten Eindrücke lange im Gedächtnis. Der Kreidekreis, den Enoch um sich und Annabel zieht, ist dabei eines dieser sparsam eingeflochtenen Motive.

Auch Enochs imaginärer Freund Hiroshi (Ryo Kase), ein im zweiten Weltkrieg verstorbener Kamikazepilot, ist eine Figur, wie man sie nur selten in dieser Art von Film findet. Damit schlägt Restless zugleich eine Brücke in die Welt des fantastischen Kinos, wobei Van Sant dieses besondere Element nie überbetont oder als skurrilen Drehbucheinfall versteht. Am Ende fügt sich sogar der unsichtbare Begleiter in Enochs und Annabels Liebe ein.

Es wäre allerdings vermessen, den Film aufgrund seiner kleinen, an sich wenig spektakulären Geschichte bereits in den höchsten Tönen zu loben, zumal das Verhalten unserer beiden Seelenverwandten nicht immer glaubwürdig erscheint. Die letzte Viertelstunde ist in dieser Hinsicht ein etwas zu offensichtlicher Kompromiss, über den Restless vor allem die Konventionen solcher Geschichten zu erfüllen sucht. Weil aber Henry Hopper und Mia Wasikowska selbst diesen Makel mit ihrem gefühlvollen, sensiblen Schauspiel überstrahlen, kann es letztlich nur bei einer uneingeschränkten Sehempfehlung bleiben.

Für Programmkino.de.

Dienstag, Oktober 18, 2011

Atemlos - Gefährliche Wahrheit


USA 2011

+1/2

Ein Twilight-Star auf Solopfaden. Taylor Lautner, Teenie-Schwarm und „Jacob“-Darsteller, soll in diesem höchst durchschnittlichen Actionthriller zu einer Art Nachwuchs-Jason-Bourne aufgebaut werden. Es ist ein Kalkül, das am Ende nur sehr bedingt aufgehen will. Weiterlesen auf Koeln.de.

Samstag, Oktober 15, 2011

Tyrannosaur - Eine Liebesgeschichte


GB 2011

+++

Aus England kommt diese zarte und zugleich intensive Liebesgeschichte. Inszeniert und erdacht hat sie Paddy Considine, der zuvor vor allem als Schauspieler auf sich aufmerksam machte. Die Grundidee und Figuren aus Tyrannosaur sind Considines eigenem Kurzfilm Dog Altogether entnommen, den er vor vier Jahren ebenfalls mit Peter Mullan und Olivia Colman in den Hauptrollen abdrehte. Für die nun vorliegende Langfassung gab es beim renommierten Sundance Filmfestival gleich drei Preise – darunter jeweils einen für die beiden Hauptdarsteller, deren mutiges Spiel mit Sicherheit noch lange im Gedächtnis bleiben dürfte.

Filmkritik:

Kann man Empathie für einen Mann empfinden, der gleich in der ersten Szene aus offenbar angestautem Frust seinen Hund auf brutale Weise erschlägt? Joseph (Peter Mullan) ist alles andere als ein Sympathieträger und doch gelingt es Paddy Considine in seinem bereits mehrfach ausgezeichneten Film, dass sich der Zuschauer schon bald auf die Seite seines vom Leben gezeichneten Antihelden stellt. Joseph bereut seine schreckliche Tat bereits in dem Moment, in dem er sie begeht. Später trauert er in stiller Verzweiflung um seinen einzigen treuen Freund. Die Kampf gegen die eigenen Aggressionen, gegen Wut und Verzweiflung sind Josephs andere Wegbegleiter, von denen er nicht loszukommen scheint. Immer wieder suchen sich diese ein zerstörerisches Ventil.

Auf der Flucht vor sich selbst landet Joseph eines Tages im kleinen Charity-Laden von Hannah (Olivia Colman). Sanft, verständnisvoll und ohne Vorbehalte nähert sie sich ihrem Gast, der zunächst hinter einem Berg aus Anziehsachen ihren Blicken zu entkommen sucht. Auch seine anfänglichen Zurückweisungen nimmt sie ebenso wie sein beißender Spott über ihren Glauben ohne jede Kränkung hin. Das imponiert Joseph, der allmählich spürt, dass er sich zu Hannah auf eine ganz besondere Art hingezogen fühlt. Offenbar geht es seiner neuen Bekannten ähnlich, doch dem sich langsam entwickelnden Glück steht Hannahs unglückliche Ehe mit einem tyrannischen Ekel im Weg. Ihr Mann James (Eddie Marsan) – Typ Biedermann –demütigt und drangsaliert seine Frau bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit.

In Tyrannosaur – Eine Liebesgeschichte führt das Schicksal – oder je nach Interpretation auch eine höhere Macht – zwei zutiefst verwundete, in mehrfacher Hinsicht verletzte Seelen zusammen. Der Verlauf ihrer besonderen Beziehung mag nicht sonderlich überraschend oder gar spektakulär erscheinen, dafür liegen hier versteckt in kleinen Beobachtungen, Details und Gesten die größten Entdeckungen. Schauspieler, Regisseur und Autor Paddy Considine erzählt in einfachen, klaren Bildern von einer ehrlichen, aufrichtigen und intensiven Liebe, die für beide zum letzten Rettungsanker werden soll. Dabei geht von der Geschichte trotz der im englischen Arbeitermilieu allgegenwärtigen Härte und Tristesse eine besondere Poesie aus. Wenn Hannah und Joseph sich langsam näherkommen, dann hat dieses Kennenlernen fast etwas von einer unschuldigen Teenager-Liebe. Der Kontrast zu Josephs eruptiven Gewaltausbrüchen und den sadistischen Demütigungen durch Hannahs Noch-Ehemann könnte jedenfalls größer kaum sein.

Es ist genau dieses Spannungsfeld aus roher Gewalt und zarter Liebe, dem der Film seine Intensität und Kraft verdankt. Dazu kommen schlichtweg großartige Schauspieler. Peter Mullan und Olivia Colman verkörpern ihre schwierigen, oftmals widersprüchlichen Charaktere voller Hingabe und mit dem sicheren Gespür für jeden einzelnen Blick. Gerade der mit vielen „Working Class“-Rollen verbundene Mullan liefert einmal mehr eine kompromisslose Vorstellung. Für den auf düstere Charaktere abonnierten Eddie Marsan blieb hingegen nur die Rolle des triebgesteuerten Monsters, über das man abseits seiner sadistischen Neigungen leider kaum etwas erfährt. Offenbar war die Mühe und Genauigkeit, welche Considine für die anrührende Darstellung der Beziehung zwischen Hannah und Joseph aufbrachte, an diesem Punkt aufgezehrt.

Für Programmkino.de.

Dienstag, Oktober 11, 2011

Melancholia - Bonjour Tristesse


DK/S/F/D 2011

++

„It’s the end of the world“ könnte man frei nach R.E.M. Lars von Triers Melancholia überschreiben. Bei dem streitbaren Dänen geht es mal wieder um alles. Um menschliche Extremzustände, Verzweiflung, Trauer, Depression, Hass und das Ende der Welt. Unsere Erde ist in höchster Gefahr, droht doch ein riesiger Planet mit dem vielsagenden Namen „Melancholia“ in die Erdumlaufbahn zu crashen. Die Folgen des Zusammenpralls kann man sich leicht ausmalen, wenn man bedenkt, was bereits ein im Vergleich dazu winziger Meteorit vor Millionen von Jahren so alles angerichtet hat. Vor dieser tristen Kulisse findet in einem mondänen Schlosshotel eine rauschende Hochzeitsfeier statt.

Justine (Kirsten Dunst) und Michael (Alexander Skarsgård) haben soeben den Bund fürs Leben geschlossen, richtig glücklich wirken beide danach aber nicht. Während um sie herum die Hochzeitsgesellschaft angeführt von Justines Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) die für solch einen Anlass typischen Tagesordnungspunkte „abarbeitet“, zieht sich Justine immer mehr zurück. Es bedarf schon einige Überredungskunst bis sie schließlich zu den Feiernden zurückkehrt, scheinbar gut gelaunt, innerlich jedoch erschöpft, müde, traurig. Vor allem ihr Schwager John (Kiefer Sutherland) fühlt sich von Justines Verhalten persönlich angegriffen. Die Mühe und Anstrengungen der Hochzeitsfeierplanung scheint die Frischvermählte nicht zu schätzen. Auch das großzügige Jobangebot ihres Chefs (Stellan Skarsgård) schlägt Justine reichlich undiplomatisch aus. Und über allem schwebt „Melancholia“, der schon am nächsten Tag der Erde ziemlich nahe kommen soll.

Unterteilt in zwei in etwa gleich lange Teile – erst dreht sich alles um Justine, später dann um Claire – erkundet Lars von Trier menschliche Gefühlszustände, welche sich am ehesten als Variationen von Grau umschreiben lassen. Justine leidet offensichtlich an einer schweren Depression, über deren genaue Ursachen man nicht wirklich viel erfährt. Das drohende Ende der Welt scheint jedenfalls nicht der Auslöser zu sein. Eher schon fühlt sich Justine unverstanden, gelangweilt von einem für sie nur wenig erfüllenden Job als Werbetexterin und einer großen Leere in ihrem Leben. Daran ändert auch ihre Liebe zu Michael wenig, der sich ebenso hilf- wie machtlos fühlt.

Dabei ist Melancholia noch wesentlich lebensbejahender als dessen unmittelbarer Vorgänger Antichrist. Auch kommt der Film ohne große Schocks oder von Trier typische Tabubrüche aus, und so musste der Regisseur bei den Filmfestspielen von Cannes selbst für den erwarteten Skandal sorgen, als er auf einer Pressekonferenz Sympathien für Hitler äußerte und sich – vermutlich nicht ohne Ironie und Hintergedanken – als Nazi bezeichnete. Von Trier hatte erreicht, was er erreichen wollte. Er war wieder einmal Gesprächsthema und sein Film ein Aufmerksamkeitsmagnet. Dass die Jury Kirsten Dunst für ihre Rolle später sogar noch als „Beste Hauptdarstellerin“ auszeichnete, wird von Trier nach seiner Ausladung ebenfalls mit stiller Genugtuung verfolgt haben.

Mit Antichrist teilt sich Melancholia trotz sichtbarer Unterschiede in der Ausformung dunkler Seelenzustände seine zum Sterben schöne Einleitung. Erneut filmte von Trier Impressionen in extremer Zeitlupe, unterlegt von orchestraler Klassik und versteckten Wagner-Assoziationen. Der folgende Wechsel in den seit Dogma-Zeiten unverändert nervigen Handkameramodus fällt dadurch noch etwas unsanfter und härter aus. Wenngleich die teils unscharfen, teils bewusst schlampig gedrehten Aufnahmen Authentizität und Echtheit vorgaukeln sollen, so werden sie doch mit jeder weiteren Minute zu einem immer größeren Ärgernis, das bei manchen Zuschauern durchaus Kopfschmerzen verursachen könnte. Sozusagen als Trostpflaster schmuggelte von Trier aber auch einige großartige Bilder in sein anstrengendes Handkameraspiel ein. Die Aufnahmen von Justines Ritt durch die nebelbedeckte Landschaft könnten Teil eines Gemäldes von Caspar David Friedrich sein. An ein Grimm’sches Märchen erinnern wiederum manche Naturaufnahmen, die rund um das feudale Schloss samt 18-Loch-Golfplatz entstanden sind.

Anstrengend ist überhaupt vieles an einem Film von Lars von Trier. In Melancholia arbeitet sich der Däne wieder ausnahmslos an seinen eigenen Dämonen ab. Zusammengehalten wird diese öffentliche Therapiesitzung von einem Minimum an Handlung, die nicht selten langweilt und die es sich in ihrer Ausweg- und Hoffnungslosigkeit bequem gemacht hat. Es geht hier schließlich um das Ende der Welt und das nicht nur in einem übertragenen Sinne. Von Trier selber möchte seinen Film, glaubt man den Aussagen aus dem Presseheft, am liebsten „abstoßen wie ein Körper ein falsch implantiertes Organ“. Man darf vermuten, dass auch hinter solchen Statements bloßes Kalkül steckt. Hier strickt ein Exzentriker an seiner Legende. Am besten ist es, man lässt ihn dabei in Ruhe.

Für BlairWitch.de.

Dienstag, Oktober 04, 2011

Die Lincoln Verschwörung - Geschichtsstunde mit Onkel Bob


USA 2011

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In Robert Redfords neuester Regiearbeit prallt ein spannendes Kapitel amerikanischer Geschichte auf eine bislang weitgehend unbekannte Mutter-Sohn-Tragödie. Für den engagierten, politischen Filmemacher Redford geht es dabei um Grundsätzliches. In der Tat sind die darin aufgeworfenen Fragen nach Rechtsstaatlichkeit und unveräußerlichen Menschenrechten bis heute hochaktuell. Weiter auf Koeln.de.

Samstag, Oktober 01, 2011

Eine offene Rechnung - Schatten der Vergangenheit


USA 2011

++1/2

Über drei Jahrzehnte spannt John Maddens (Shakespeare in Love) starbesetzter Agenten-Thriller seine Geschichte einer gefährlichen Mission und ihrer für alle Beteiligten ein Leben lang spürbaren Konsequenzen. Zunächst als Oscar-Anwärter gehandelt, fiel der Film bei den diesjährigen Preisverleihungen durch. Auch wenn das Ergebnis alles andere als misslungen ist, so ahnt man doch warum. Weiterlesen auf Koeln.de.

Mittwoch, September 28, 2011

The Guard - Ein Ire sieht schwarz


IRL 2011

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Brendan Gleeson ist Sergeant Gerry Boyle, ein unorthodoxer Dorfpolizist an der irischen Westküste, der einen besonders derben Humors pflegt, gerne verbal austeilt und gelegentlich ein paar Stunden bei Prostituierten verbringt. In die Ruhe seines meist wenig spektakulären Arbeitsalltags platzt ein schreckliches Verbrechen. Zusammen mit einem erfahrenen FBI-Agent (gespielt von Don Cheadle) soll er einen Mord im Drogenmilieu aufklären. Das Ergebnis ist die sehr irische Version eines Buddy-Movies – mit zwei glänzend aufgelegten Hauptdarstellern.

Filmkritik:

Sein Charakter und sein Gemüt sind so rau wie die irische Landschaft, mit der er aufgewachsen ist. Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist ein Dorfpolizist und als ein solcher hat er es für gewöhnlich mit harmlosen Verkehrsdelikten oder hin und wieder einer Kneipenschlägerei zu tun. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Doch dann erschüttert plötzlich ein mysteriöser Mord die Idylle des kleinen Örtchens und als wäre das nicht bereits Aufregung genug, verschwindet auch noch sein neuer Partner eines Abends spurlos. Vieles deutet darauf hin, dass das organisierte Verbrechen in Gerrys Revier Einzug gehalten hat. Aus diesem Grund trifft schon bald Unterstützung aus dem fernen Amerika ein. FBI-Agent Wendell Everett (Don Cheadle) kennt sich aus mit wirklich bösen Jungs, doch mit einem Raubein wie Gerry hat er noch keine Erfahrung. Die Zusammenarbeit des ziemlich ungleichen Gespanns verläuft dann auch nicht ohne Reibereien und Meinungsverschiedenheiten, die lautstark und bevorzugt bei einem frisch gezapften Pint ausgetragen werden.

Autor und Regisseur Michael McDonagh wählte für seine von Beginn an unterhaltsame Thrillerkomödie die Verpackung eines klassischen Buddy-Movies. Zwei Typen, die miteinander auskommen müssen, obwohl sie nicht wirklich etwas verbindet – der eine ist weiß, rau, direkt, ein Landei, der andere schwarz, kultiviert, höflich und weitgereist –, aus dieser Konstellation bezogen schon viele ähnlich aufgebaute Geschichten ihren Witz. Und auch in diesem Fall funktioniert das Prinzip der sorgsam aufeinander abgestimmten Gegensätze erstaunlich gut, was weniger dem nur bedingt aufregenden Kriminalplot als den beiden Vollblutdarstellern Brendan Gleeson und Don Cheadle zu verdanken ist. Bereits Cheadle beweist in der Rolle des überlegten, feinsinnigen FBI-Agenten seine Qualitäten in Sachen Humor und Selbstironie. Übertroffen wird er jedoch noch von Gleeson, der eigentlichen Seele des Films. Die Rolle des trinkfesten, irischen Originals hat McDonagh ihm praktisch auf den Leib geschrieben. Gleeson revanchiert sich mit einer in jeder Hinsicht einnehmenden Vorstellung, die aus The Guard einen echten Publikumsliebling und aus Gerry den Held aller kleinen Leute machen dürfte.

Für die nötige Schärfe sorgt vor der toll fotografierten irischen Landschaft McDonaghs Faible für böse, erfrischend unkorrekte Pointen. Der schwarze Humor bildet das Fundament, auf dem Gleeson, Cheadle und der restliche Cast – darunter so prominente Namen wie Liam Cunningham, Mark Strong und Fionnula Flanagan – ihre augenscheinlich immens große Spielfreude demonstrieren und ausleben dürfen. Bei allen derben Späßen bewahrt sich McDonaghs Film gleichzeitig eine anrührende Ehrlichkeit für die Menschen und die Landschaft, die er liebevoll überzeichnet und mit einem fortlaufenden Hang zum Klischee portraitiert. Auch erlaubt der launige Plot um einen auf der Insel operierenden Drogenschmuggler-Ring bisweilen ruhige, fast andächtige Momente, in denen Gerrys raue Schale plötzlich einen Riss erhält und er uns tief in seine irische, melancholische Seele blicken lässt.

Für Programmkino.de.

Sonntag, September 25, 2011

Hell - German Apocalypse


D 2011

++


In fünf Jahren ist aus der Erde, wie wir sie heute kennen, ein lebensfeindlicher, fast menschenleerer, verwaister Ort geworden. Mit diesem Szenario eröffnet Hell, ein Genrefilm aus heimischen Gefilden und damit irgendwie auch eine filmische Rarität. Die wenigen Versuche, die deutsche Regisseure und Autoren in den letzten Jahren in diese Richtung unternahmen, fuhren nahezu ausnahmslos gegen die Wand – und das wie beim Großstadt-Vampirthriller Wir sind die Nacht oder beim düsteren Heimatthriller „Tannöd“ sogar meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur wenige Zuschauer verirren sich in Filme „Made in Germany“, wenn diesen nicht das Etikett der unverfänglichen Komödie oder des Denkerdramas anhaftet.

Diese traurige Tatsache, welche angesichts der durchaus bescheidenen Qualität des deutschen Genrekinos nicht ganz unverständlich erscheint, macht es gerade jungen Filmemachern beinahe unmöglich, ihre Ideen aus dem Horror- oder Thrillersujet für die große Leinwand umzusetzen. Tim Fehlbaum ist dieses Kunststück trotz aller Widrigkeiten gelungen. Dabei erwiesen sich seine teils preisgekrönten Kurzfilme wie der mit dem „Shocking Shorts Award“ ausgezeichnete Für Julian als Visitenkarte und Türöffner. Auch hilft es, wenn dadurch jemand wie Roland Emmerich auf einen aufmerksam wird. Schwabens Hollywoodexport war von Fehlbaums Idee zu seinem Langfilmdebüt derart angefixt, dass er die Geschichte als ausführender Produzent begleitete. Mit Emmerich an Bord konnte zumindest aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kaum mehr etwas schief gehen. Die Finanzierung stand und die Dreharbeiten in den bayerischen Wäldern und auf Korsika konnten beginnen.

In Hell, dessen doppeldeutiger Name von der ersten Einstellung an Programm ist, begleiten wir zwei Schwestern auf ihrer gefährlichen und beschwerlichen Reise durch ein apokalyptisches Endzeitszenario. Die Sonne ist darin zum Feind jeden Lebens geworden. Ihre plötzlich millionenfach erhöhte Strahlkraft hat weite Teile der Erde inzwischen in eine öde Wüsten- und Steppenlandschaft verwandelt und sie praktisch unbewohnbar gemacht. Marie (Hannah Herzsprung) und ihre kleine Schwester Leonie (Lisa Vicari) zieht es dorthin, wo sie noch Wasser und Leben vermuten. Sie wollen mit ihrem abgedunkelten Auto und Maries Freund Phillip (Lars Eidinger) das Gebirge erreichen. Unterwegs treffen sie auf Tom (Stipe Erceg), einen Gestrandeten, der wie sie auf Rettung, etwas Wasser und Essen hofft. Mit ihm setzen sie schließlich ihre Reise durch eine inzwischen gänzlich fremde Welt fort.

Fehlbaums Endzeitvision besteht größtenteils aus gleißendem Licht, verlassenen Ruinen, endlosen Staubwüsten und ausgezehrten Blicken. Jede Hoffnung scheint hier verloren ebenso wie die Farben, die aus Hell mit Ausnahme verschiedener Erdtöne restlos getilgt sind. Es ist ein Szenario, das sich sehr nahe an Cormac McCarthys The Road entlang bewegt und das im direkten Vergleich jedoch eher auf die Methode „Holzhammer“ setzt. Schließlich positioniert sich Fehlbaums Film nach einer eher ruhigen und noch recht zurückgenommenen – manchmal auch etwas langweiligen – Einleitung immer stärker in Richtung des klassischen Survival-Horrors. Dazu passt auch der Schauplatzwechsel, der Hell nach knapp der Hälfte seiner Laufzeit eine neue Dynamik verleihen soll.

Ohne jemals zuviel zu zeigen, zieht Fehlbaum die Stellschrauben seines in der Perspektive doch sehr beengten Endzeitthrillers sukzessive an. Mit der Verdichtung auf einen einzigen Ort gleicht sich die Geschichte zudem immer stärker den Spielregeln des Genres an. Dazu gehört es, im unerwarteten Moment die richtigen Schocks zu platzieren und seine anfangs scheue Heldin in ein zupackendes Final Girl zu verwandeln. Die große Apokalypse rückt unterdessen zunehmend in den Hintergrund, wobei Hell die moralischen und sozialen Folgen des tödlichen Sonnenschauspiels ohnehin nur am Rande streift. Das lässt den Film einerseits etwas eindimensional und flach erscheinen, auf der anderen Seite verfängt sich Fehlbaum wie viele seine Kollegen – man denke nur an Lars Kraumes gefloppter Terroristen-Utopie Die kommenden Tage – nicht in einem Netz aus wirren Umwelt- und Sozialthesen.

Insofern fällt das Ergebnis recht zwiegespalten aus. Für einen deutschen Film, noch dazu, wenn er augenscheinlich als Genrekino verstanden werden will, mag es ein Schritt in die richtige Richtung sein. Jetzt müssen aber auch weitere folgen. Ansonsten bleibt Hell ein – zumindest stellenweise – talentierter Einzelkämpfer ohne wirkliche Streitmacht, womit er seiner Hauptfigur ähnlicher wäre, als es sich Fehlbaum und der deutsche Film wünschen dürften.

Für BlairWitch.de.

Donnerstag, September 22, 2011

Colombiana - La Chica Nikita


USA 2011

+++

Aus der Kreativschmiede Luc Bessons kommt dieser rasante und ziemlich coole Rachethriller, in der eine junge Frau den Mördern ihrer Eltern auf der Spur ist. Avatar-Star Zoe Saldana lässt als gnadenloser Racheengel nicht nur die Männer vor ihr erzittern, auch Action-Ikonen wie Lara Croft haben gegen ihre smarte und verdammt attraktive Killerin kaum eine Chance. Weiter auf Koeln.de.

Mittwoch, September 14, 2011

Freunde mit gewissen Vorzügen - Verantwortung, nein danke!


USA 2011

++1/2

Nach Natalie Portman und Ashton Kutcher haben nun also auch Justin Timberlake und Mila Kunis die vermeintlichen Vorteile einer „Beste Freunde mit Sex“-Beziehung für sich entdeckt. Unter der Regie von Komödien-Spezialist Will Gluck (Einfach zu haben) entwickelt sich eine mit viel Wortwitz gespickte Romanze, die jedoch ausgerechnet so nicht genannt werden darf. Dabei bedient der Film trotz einiger selbstironischer Einschübe weitgehend die Vorgaben anderer Hollywood-Beziehungskomödien.

Filmkritik:

Eigentlich könnten sie das perfekte Paar sein. Jamie (Mila Kunis) ist New Yorkerin mit Leib und Seele, erfolgreiche Headhunterin, ziemlich hübsch und Single. Dylan (Justin Timberlake) wiederum zieht der Karriere wegen vom sonnigen L.A. an den Hudson River, wo er fortan für das GQ-Magazin als Art Director arbeiten soll. Jamie hat ihm die Stelle verschafft und auch sonst sind sich die beiden ziemlich sympathisch. Doch nach mehreren gescheiterten Beziehungen, in denen stets sie diejenigen waren, die verlassen wurden, hat beide eine schleichende Bindungsangst befallen. Ein Paar wollen sie daher partout nicht sein, höchstens beste Freunde mit gewissen Vorzügen. Was das heißt, wird schnell klar. Sie suchen Sex, wenn möglich ohne Verpflichtungen und ohne das Korsett einer gewöhnlichen Beziehung. Da ist es eher hinderlich, wenn sich gewisse Gefühle auf Dauer nicht wie vereinbart abstellen lassen.

In unserem Facebook-Zeitalter müsste man Jamies und Dylans Beziehungsstatus vermutlich mit „Es ist kompliziert“ umschreiben. In der Tat bewegen sich beide nach ihrer kurzen und intensiven Phase des Kennenlernens auf einem schmalen Grat. Gut gemeinte Ratschläge, egal ob von Jamies Hippie-Mutter (Patricia Clarkson) oder Dylans schwulem Arbeitskollegen Tommy (Woody Harrelson), werden in dieser Situation für gewöhnlich ignoriert und so nimmt die absehbare emotionale Achterbahnfahrt ihren Lauf.

Damit bleibt Freunde mit gewissen Vorzügen den Grundzügen seines Genres allen Bekundungen, anders sein zu wollen, bis in den Abspann hinein treu. Auch hier kommt es vor dem programmierten Happy End, welches zumindest auf einer Meta-Ebene – über kleine Film-im-Film-Clips – ironisch die Gesetzmäßigkeiten der romantischen Hollywood-Komödie kommentiert, zu einer angeblich ernsthaften „Beziehungskrise“ unter besten Freunden. Als Zuschauer weiß man es besser und so lässt sich das Liebestohuwabohu unbeschwert und größtenteils amüsiert verfolgen. Weniger in dieses unverfängliche Stimmungsbild passt hingegen die Alzheimer-Erkrankung von Dylans Vater (Richard Jenkins). Allerdings reduziert der Film diese auf ein verzichtbares Storyelement, über dessen Sinn und Unsinn lange gestritten werden darf.

Für Regisseur Will Gluck, der in seinem Durchbruch Einfach zu haben dem College-Film im Allgemeinen und John Hughes im Speziellen ein ungemein charmantes Denkmal setzte, bedeutet Freunde mit gewissen Vorzügen die erste echte Feuertaufe im Hollywood-System. Obwohl sich die Geschichte deutlich geschliffener als Glucks Überraschungs-Hit anfühlt, hat sie sich eine gewisse Schlagfertigkeit doch bewahren können. Insbesondere die Zeitgeist-Kommentare – Stichwort: Bibel-App – zünden. Nur gelegentlich übertreibt es das Autoren-Trio mit seinen Dialogkaskaden. An dieser Variante altkluger Geschwätzigkeit litt jedoch bereits Einfach zu haben, zu dem sich einige nette versteckte Hinweise finden lassen.

Ganz brav und zugeknöpft gibt sich der Film dafür immer, wenn es zwischen seinen beiden, zueinander durchaus kompatiblen Stars zur Sache gehen soll. Das Wesentliche spielt sich hier unter ausreichend großen und blickdichten Bettlaken ab. Zu viel Nacktheit scheint zumindest beim oftmals prüden Heimatpublikum immer noch als Kassengift zu gelten. Um sich sein „R-Rating“ zu verdienen, reicht es hingegen bereits, für den Bruchteil einer Sekunde ein nacktes Männerhinterteil zu zeigen. Auch das ist typisch Hollywood.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, September 07, 2011

Kill the Boss - Drei Männer, eine Mission


USA 2011

+++


Mein Chef, der Tyrann. Ein verwegenes Mordkomplott wird für drei geknechtete Angestellte zu ihrer letzten Hoffnung. Doch leider oder – aus der Sicht ihrer Vorgesetzten – auch zum Glück läuft die Sache nicht nach Plan. Diverse Pannen und Missgeschicke durchkreuzen das Vorhaben und sorgen für ausgiebige Zwerchfellattacken. Weiterlesen auf koeln.de.

Sonntag, September 04, 2011

Rollergirl - Being Different


USA 2009

+++


Zusammen sind sie ein starkes Team: Drew Barrymore und Juno-Darstellerin Ellen Page. In Barrymores Regie-Debüt Rollergirl vermischt sich eine charmante, temporeiche Coming-of-Age-Geschichte mit reichlich Indie-Feeling und der Dramaturgie eines Sportfilms. Dabei reißt die Subkultur der Rollerszene eine rebellische Teenagerin aus ihrem langweiligen Alltag einer texanischen Kleinstadt.

Filmkritik:

In Bodeen, Texas, ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest aus der Sicht mancher Erwachsener, die es sich wie die Eltern der 17-jährigen Bliss Cavendar (Ellen Page) zwischen einem ziemlich langweiligen Job, absurden Miss-Wahlen und ungesundem Fast Food bequem gemacht haben. Während für Bliss’ Dad (Daniel Stern) die regelmäßigen TV-Football-Übertragungen bereits ein echtes Highlight sind, drängt ihre resolute Mutter (Marcia Gay Harden) sie mit Ehrgeiz in eine Ecke, aus der sie lieber heute als morgen ausbrechen würde. Bliss ist anders. Sie macht sich nicht viel aus dem üblichen Mädchenkram, und so erscheint es fast logisch, dass sie sich bei einem Ausflug in das großstädtische Austin vom Gegenentwurf des spießigen Kleinstadtlebens magisch angezogen fühlt.

Bliss besucht heimlich ein Rollerderby. Der rasante Sport, das besondere Gefühl von Freiheit und Abenteuer, die wilden Mädels mit ihren Punk-Klamotten und bunten Tattoos, all das übt auf Bliss eine wahnsinnige Anziehungskraft aus. Mit der kleinen Notlüge, sie sei bereits volljährig, schafft sie es schließlich sogar in die Mannschaft um Maggis Mayhem (Kristen Wiig), Rosa Sparks (Eve), Smashley Simpson (Drew Barrymore) und Bloody Holly (Zoe Bell). Noch aufregender als die Rennen und der harte Wettkampf ist für sie jedoch die Erfahrung der ersten großen Liebe.

Mit der Verfilmung des Romans Whip it von Shauna Cross beweist Regie-Debütantin Drew Barrymore das richtige Gespür bei der Umsetzung einer erfrischenden Coming-of-Age-Geschichte. Nicht nur weil Ellen Page hier wieder einmal ihr Indie-Image pflegt, lassen sich so manche Parallelen zum Oscar-Erfolg Juno konstruieren. Die Dopplungen liegen dabei praktisch auf der Hand. Auch Bliss ist ein rebellischer Teenager, der nur zu gerne mit coolen Sprüchen die eigene Unsicherheit überspielt. Und wie die schwangere Juno sucht sie nach etwas, das sich von ihrem grauen, langweiligen Leben zu Hause deutlich abhebt. Beide Filme zeichnen überdies das Bild eines mitfühlenden, verständnisvollen Vaters – Daniel Stern ist zweifelsfrei die gute Seele der Geschichte –, der bereit wäre, alles für seine Tochter zu tun, wohingegen Bliss’ Mum wie schon Junos Stiefmutter als eher nervige Karikatur herhalten muss.

Mag der Alternative-Anstrich des Films bisweilen wenig originell erscheinen, so erzählt Barrymore doch mit großer Hingabe und Empathie für ihren weiblichen Underdog. Dabei verrät schon die Perspektive, auf was es ihr bei ihrem Regie-Debüt vornehmlich ankommt. In Rollergirl sehen wir die Welt durch die Augen einer 17-jährigen Außenseiterin, die durch die Bekanntschaft mit Gleichgesinnten ein neues Selbstbewusstsein und Selbstverständnis entwickelt. Die Subkultur der Rollerszene mit ihrem ganz besonderen Kodex von Zusammenhalt und Körperkult übernimmt bei dieser temporeichen Coming-of-Age-Variante die Funktion eines sich allmählich öffnenden Ventils. Bliss’ Durchsetzungskraft und Ausdauer, die sie bei den harten Roller-Duellen auf dem engen Oval beweist, nutzt „Rollergirl“ für ein charmantes Plädoyer gegen Konformität und Mittelmaß. Anders sein ist letztlich immer nur eine Frage des Blickwinkels. Das weiß auch Bliss. Auf die Frage, ob sie eine jener „Alternativen“ sei, antwortet sie ohne zu zögern: „Alternative? Alternative to what?“.

Für Programmkino.de.



Dienstag, August 30, 2011

Final Destination 5 - Eine neue Runde, eine neue Runde!


USA 2011

++

Der Horrorfilm ist das Genre der Fortsetzungen. Was einmal funktioniert, sollte schließlich auch ein zweites, drittes, viertes Mal funktionieren. Getreu diesem Motto geht die erfolgreiche Final Destination-Reihe nun bereits in ihre fünfte Runde. An dem Grundkonzept hat sich dabei seit Teil 1 kaum etwas verändert. Die Fans bekommen exakt das, was sie erwarten. Weiterlesen auf Koeln.de.

Montag, August 22, 2011

Midnight in Paris - Schlafwandler


USA 2011

+++


Woody Allens Arbeitspensum ist mehr als außergewöhnlich. Jahr für Jahr dreht der wohl bekannteste Stadtneurotiker einen neuen Film. Nach zuletzt eher düsteren und mitunter recht zynischen Geschichten entführt uns sein jüngstes, bezaubernd leichtfüßiges Werk in die Stadt der Lichter und der Liebe. Seine ungemein verspielte Liebeserklärung an Paris bietet Wohlfühlkino und reichlich Nostalgie. Weiter auf Koeln.de.

Sonntag, August 14, 2011

Planet der Affen: Prevolution - Primaten aller Länder...


USA 2011

+++

Affen sind unsere nächsten Verwandten und uns ähnlicher, als wir es gemeinhin denken. Nach dem missglückten Remake-Versuch von Tim Burton hat sich Hollywood nun der Vorgeschichte des Kultklassikers Planet der Affen angenommen. Dank seiner rasanten Inszenierung und der Schauspielkunst von „Gollum“-Darsteller Andy Serkis sollte der Film neue und alte Fans für sich gewinnen können. Weiterlesen auf Koeln.de.

Sonntag, August 07, 2011

Super 8 - When we were young


USA 2011

+++


Lost-Schöpfer J.J. Abrams und Meisterregisseur Steven Spielberg schwelgen in Erinnerungen. Was dabei herauskommt, kann sich in jeder Hinsicht sehen lassen. Ihre nostalgische Science-Fiction-Geschichte verweist nicht nur äußerst charmant auf Genregrößen wie E.T. und Die unheimliche Begegnung der dritten Art, sie ist zugleich ein anrührendes Plädoyer für Freundschaft und Zusammenhalt. Zur Kritik auf Koeln.de.

Dienstag, August 02, 2011

Geständnisse - Confessions


JPN 2010

+++1/2

Selbst für japanische Verhältnisse ist das, was Tetsuya Nakasima (Kamikaze Girls, Memories of Matsuko) seinem Publikum hier zumutet, starker Tobak. Eine alleinerziehende Mutter setzt nach dem gewaltsamen Tod ihrer einzigen Tochter einen perfiden Racheplan in die Tat um, bei dem sie die noch minderjährigen und vor dem Gesetz daher strafunmündigen Mörder der aus ihrer Sicht gerechten Strafe zuführen will. Nicht zuletzt Nakashimas visueller Einfallsreichtum hebt diese tieftraurige, unbarmherzige Vendetta auf eine Ebene mit Park Chan-wooks preisgekrönter Rachetrilogie.

Filmkritik:

Der letzte Tag vor den Schulferien entwickelt sich für die Schüler der Klasse 7B zu einem ganz realen Albtraum. Vor ihnen steht wie immer ihre Klassenlehrerin Frau Moriguchi (Takako Matsu) – soweit nichts Ungewöhnliches. Doch dann beginnt sie von ihrer Tochter Manami zu erzählen, die kürzlich auf tragische Weise ums Leben kam. Ihr Tod war jedoch kein Unfall und auch krank war das kleine Mädchen keineswegs. Vielmehr glaubt Manamis Mutter fest daran, dass sie ermordet wurde – von zwei Schülern dieser Klasse. In deren Milchpäkchen habe sie HIV-infiziertes Blut von Manamis Vater gespritzt. Moriguchi sinnt auf Rache und da sie zugleich nicht an den Rechtsstaat glaubt, der es jugendlichen Straftätern ihrer Meinung nach viel zu leicht macht, nimmt sie das Gesetz in die eigene Hand. Sie will, dass Manamis Mörder genauso leiden und ihre schreckliche Tat auf ewig bereuen.

Mit Moriguchis scheinbar emotionslos vorgetragenem Racheplan, dessen perfide Details erst nach und nach ans Licht kommen, eröffnet der neue Film des Japaners Tetsuya Nakashima. Nach vier Jahren der kreativen Pause und seinem ebenso quietschbunten wie verspielten Memories of Matsuko muss man sich in Geständnisse – Confessions auf einen radikalen Stimmungswechsel einstellen. Die Welt, die er uns hier zeigt ist düster, zynisch, hoffnungslos. Es ist ein verlorener Ort, an dem das Prinzip von Gewalt und Gegengewalt, von Rache und Vergeltung regiert. Die be- und erdrückende Stimmung ist ebenso wie die scheinbare Eiseskälte seiner Hauptfigur nur schwer zu ertragen. Vor allem schockiert die Ausweglosigkeit der in Gang gesetzten Gewaltspirale, die bis zur letzten bitteren Pointe jede Hoffnung auf Besserung bereits im Ansatz zerstört.

In dieser bitteren Konsequenz steht Nakashimas nihilistisches Rachedrama ganz in der Tradition anderer prominenter Genrevertreter. Der Vergleich zu Park Chan-wooks Rachetrilogie und dort speziell zu Lady Vengeance ist einfach zu naheliegend, um in diesem Zusammenhang nicht zitiert zu werden. Dabei zeichnen beide Filme ihre Hauptfiguren als vordergründig ungemein starke, innerlich jedoch zutiefst schwache Personen, für die ihre Vendetta zum neuen Lebensinhalt wird. Abseits dieser inhaltlichen Parallele verstehen sich beide Filmemacher als Kinoästheten, die vornehmlich über Bilder eine emotional fesselnde Geschichte erzählen wollen. Nakashimas unbändiger Stilwillen dominiert auch in seinem neuen Film jede Einstellung. Mehr noch als Park setzt er dabei auf eine surreale Albtraum-Ästhetik, über die das Geschehen nicht selten eine an Mangas angelehnte Entfremdung erfährt. Geständnisse wechselt vor dem Hintergrund seiner düsteren Rache-Agenda zwischen Comic-Strip, Videospieloptik und Musikvideo mit großer Eleganz hin und her. Unterlegt wurden diese oftmals in Zeitlupe gefilmten Bilderstrecken mit melancholischen Indie-Rocksongs unter anderem von Radiohead.

Hinter seiner einprägsamen Optik verbergen sich zudem eine Vielzahl unberuhigender Fragen. Ob Moriguchis Plan moralisch zu verurteilen ist oder nicht, mag noch die leichteste und offensichtlichste davon sein. Man mag ihr Vorgehen in seiner Brutalität widerlich und unmenschlich finden, gleichwohl dürfte ihr Schicksal und die Art, wie Nakashima es erzählt, niemanden unberührt lassen. Nach diesem Film ahnt man, wozu Menschen im Schlechten fähig sind. Die Hölle, das sind nicht immer die anderen, die Hölle, das sind manchmal eben auch wir.

Für Programmkino.de.

Freitag, Juli 29, 2011

Green Lantern - Superheld im Strampelanzug


USA 2011

+1/2

Ryan Reynolds ist die Green Lantern – die grüne Laterne. Der intergalaktische Superheld aus dem Hause DC Comics stand lange Zeit im Schatten seiner berühmten Verwandtschaft. Ob nun ausgerechnet diese doch ziemlich holprige und blutleere Verfilmung neue Fans rekrutieren kann, scheint mehr als fraglich. Weiterlesen auf Koeln.de.

Mittwoch, Juli 27, 2011

Win Win - Im Ring


USA 2011

++1/2

Nur eine Woche nach Barney’s Version startet ein weiterer feiner Film mit Paul Giamatti in der Hauptrolle. In Win Win, der dieses Jahr auch in Sundance lief, spielt er einen finanziell klammen Anwalt, dessen väterliche Gefühle nach der Begegnung mit einem jugendlichen Ausreißer geweckt werden. Als Trainer einer High-School-Ringer-Mannschaft nimmt er den Jungen unter seine Fittiche. Warmherzig, charmant, aber auch ein bisschen frei von Überraschungen ist McCarthys Film ein typischer Vertreter des amerikanischen Independent-Kinos.

Filmkritik:

In Tom McCarthys Filmen geht es immer um Begegnungen zwischen Menschen, zwischen ganz unterschiedlichen Menschen. Das war so in dem Independent-Hit The Station Agent über einen kleinwüchsigen Einzelgänger, der im ländlichen New Jersey unerwartet neue Freunde fand, und auch in Ein Sommer in New York – The Visitor, wo ein College-Professor in seinem eigenen Appartement auf ein junges Paar traf, kam es zu einer solchen Begegnung. McCarthys diesjähriger Sundance-Beitrag Win Win setzt diese filmische Tradition nahtlos fort. Paul Giamatti spielt darin einen engagierten, leider aber auch etwas erfolglosen Anwalt, der von Existenzängsten geplagt wird und in seiner Freizeit ehrenamtlich die Ringer-Mannschaft der örtlichen High School trainiert.

Dann tritt der Enkel eines Mandanten in Mikes Leben. Kyle (Alex Shaffer) ist ein jugendlicher Ausreißer. Er will nicht länger bei seiner drogenabhängigen Mutter (Melanie Lynskey) leben. Zu groß ist die Enttäuschung und die Wut, die sich über die Jahre in ihm angesammelt haben. Kyle zieht es zu seinem Großvater (Burt Young). Doch weil dieser nicht ganz legal und vor allem ganz nicht uneigennützig von Mike kurzerhand in ein Altenheim abgeschoben wurde, entscheiden er und seine Frau (Amy Ryan), den Jungen bei sich aufzunehmen. Es zeigt sich, dass Kyle fürs Ringen ein besonderes Talent mitbringt. Mike erkennt die Chance, sein bislang eher erfolgloses Team endlich zu dem lang ersehnten Erfolg zu führen. Schließlich entwickelt sich mit der Zeit zwischen ihm und Kyle ein echtes Vater-Sohn-Verhältnis.

Mit einer Mischung aus emotionalen, manchmal auch tragischen Momenten und einem im Verhältnis dazu sauber ausbalancierten Humor, für den vorrangig Mikes charmant-verrückte Arbeitskollegen zuständig sind, gelingt es McCarthy, den Zuschauer in seine kleine Geschichte hineinzuziehen. Dass er dabei nur auf die bewährten Mechanismen des amerikanischen Independentkinos vertraut, dessen etwas zu naiver Optimismus letztlich die Oberhand gewinnen soll, lässt Win Win zugegeben wenig innovativ oder gar mutig erscheinen. Vielmehr regiert hier das Prinzip eines bewährten Feel-Good-Movies, in dem Probleme auf mancherlei Umwegen am Ende doch gelöst werden. Damit passt McCarthys Film bestens in das Programmschema des berühmten Sundance Festivals, dem Kritiker nur zu gerne eine gewisse Harmlosigkeit vorwerfen.

Als Zuschauer muss man sich um Kyle, Mike und die Anderen nie echte Sorgen machen. Man ahnt: Die Dramaturgie und der Wunsch, uns mit einem guten Gefühl zu entlassen, werden es schon richten. Obwohl der Mechanismus der Geschichte somit leicht zu durchschauen ist, fühlt man sich in McCarthys Film jederzeit gut aufgehoben und unterhalten. Er verzichtet auf inszenatorische Tricks und Spielereien, stattdessen liegt der gesamte Fokus auf den Schauspielern, die wie Paul Giamatti und der junge Alex Shaffer recht mühelos in ihre doch sehr vielschichtigen Charaktere vordringen. Als ehrlicher und überaus menschlicher Film, der weitgehend ohne forcierte Sentimentalitäten auskommt, dürfte Win Win in Erinnerung bleiben.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, Juli 21, 2011

Brautalarm - Östrogen-Hangover


USA 2011

+++


Die Vorbereitungen zu einer Hochzeit scheinen vor allem für die beste Freundin der Braut aus einer absurden Abfolge von Stress, Überforderungen und Peinlichkeiten zu bestehen. Zumindest ist es das, was uns dieser Überraschungshit aus der Werkstatt von Komödienspezialist Judd Apatow (Beim ersten Mal) lehrt. Gegen soviel Frauenpower zieht selbst das Wolfsrudel den Kürzeren. Weiter auf Koeln.de.