Freitag, März 18, 2011

Das Schmuckstück - Catherine & Drei-Wetter-Taft


F 2010

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„Frauen an die Macht!“ Francois Ozon hat einen höchst emanzipatorischen Film gedreht, der sich mit großer Leichtigkeit und ohne die sonst übliche Verbissenheit der Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern annimmt. Als die gelangweilte Ehefrau eines Unternehmerpatriarchen ist die wunderbare Catherine Deneuve das Kraftzentrum dieser Geschichte. Das Schmuckstück – in seiner Heimat Frankreich mit bislang über 2,3 Millionen Besuchern ein echter Publikumserfolg – erscheint wie die überdrehte, knallbunte Antwort auf die britische Arbeiter-Komödie „We want Sex“. 104 Minuten Kurzweil.

Filmkritik:

Heute regiert in Frankreich ein umstrittener Präsident, der sich selbst gern als Napoleon-Doppelgänger inszeniert und mit quasi-royalen Insignien schmückt. Dass seiner mondänen Ehefrau jedoch regelmäßig mehr Aufmerksamkeit als ihm zuteil wird, missfällt seinem keineswegs kleinen Ego insgeheim vermutlich sehr. Auch wenn Francois Ozons knallbunte 70er-Jahre-Komödie Das Schmuckstück als Blick durchs Schlüsselloch einer fiktiven Industriellen-Dynastie angelegt ist, sind die Parallelen zu den heutigen Bewohnern des Èlysée-Palasts nicht von der Hand zu weisen. Eine zunächst nicht ganz freiwillige Rochade in der lange Zeit geltenden Rollenverteilung zwischen Mann und Frau setzt dabei eine Lawine meist unterhaltsamer Ereignisse in Gang.

Im Haushalt Pujol verdient Er das Geld, während Sie zuhause bleibt und sich mit etwas Sport, Shopping und Fernsehen die Zeit vertreibt. Obwohl Madame Suzanne (Catherine Deneuve) zusammen mit ihrem Mann Robert (Fabrice Lucchini) und den beiden Kindern die Regenschirm-Fabrik ihres Vaters geerbt hat, ist ausschließlich ihr Gatte für alles Geschäftliche zuständig. Mit strengem Blick wacht er über seine Arbeiter und ganz besonders über die hübsche Sekretärin Nadège (Karin Viard). Doch dann kommt es in der Fabrik zum Arbeitskampf und zur offenen Revolte gegen den Chef. Für Robert ist der Aufstand seiner Angestellten kaum zu verkraften. Er erleidet einen Herzinfarkt und so ist es plötzlich an Suzanne, die Geschäfte ihres Mannes fortzuführen. Schnell erkennt sie, dass sich in der Fabrik einige Dinge schnellstmöglich ändern müssen. Mit weiblicher Intuition und tatkräftiger Unterstützung ihrer beiden Kinder und des örtlichen Abgeordneten der kommunistischen Partei Babin (Gérard Depardieu) legt sie den Grundstein für eine kleine, ziemlich weibliche Revolution.

Was sich vielleicht nach einer verbissenen und etwas langweiligen Feminismus-Kampfverfilmung anhört, wird bei Ozon zu einer frischen, lebendigen und schwer ironischen Emanzipations-Farce. Das Tempo ist hoch und gleicht bisweilen der Rastlosigkeit einer Screwball-Komödie oder eines Louis-de-Funès-Films. Dazu passend schreckt er auch nicht vor mancherlei Albernheiten zurück, die im Kontext dieses konsequent im Siebziger-Jahre-Chic arrangierten Retro-Traums durchaus goutierbar sind. Bereits die in Rundfilter eingerahmte Eröffnungssequenz mit ihren dreist-niedlichen Tieraufnahmen und einer im Adidas-Trainingsanzug durch den Wald joggenden Catherine Deneuve zeigt an, wohin die Reise geht. Dabei schließt Das Schmuckstück nicht nur wegen seiner Hauptdarstellerin an Ozons Publikumserfolg 8 Frauen an. Vor allem stilistisch ist eine Nähe unverkennbar. Nach seinen letzten, eher nüchternen Arbeiten lebt dieser hier wieder von der Lust am Experiment. Kitsch, französische Chansons und formale Spielereien via Split-Screen und Weichzeichner ergeben 104 Minuten Kurzweil.

Die Darsteller ließen sich von Ozons Esprit zweifellos anstecken. Gerade die Deneuve reißt mit ihrer unvergleichlichen Präsenz und Ausstrahlung immer noch jede Szene an sich. Selbst wenn ihr Partner Gérard Depardieu heißt, sind alle Augen auf sie gerichtet. Ihre Madame Suzanne ist eine echte Powerfrau, ein organisatorisches Multitalent, gegen das die Männer in diesem Film ziemlich alt aussehen. Dass sie schließlich – zugegeben nicht wirklich freiwillig – in die Politik wechselt, ist sicherlich auch als Kommentar auf die aktuelle, politische Machtverteilung in Europa zu verstehen. Als chauvinistisches Ekelpaket und menschliches HB-Männchen dürfte indes Deneuves Film-Ehemann Fabrice Lucchini die meisten Lacher ernten. Ihn und alle anderen dirigiert Ozon mit großer Souveränität durch diese überdrehte Farce aus Elnett-Haarspray und emanzipatorischem Weitblick, der man mitunter noch etwas mehr Biss gewünscht hätte.

Für Programmkino.de.

Faster - Ein Mann, eine Mission


USA 2010

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Keine Gnade kennt ein Ex-Knacki, als er nach Ablauf seiner Gefängnisstrafe entlassen wird und die Suche nach den Mördern seines Bruders aufnimmt. Action-Star Dwayne „The Rock“ Johnson lässt in diesem erfreulich harten und geradlinigen Rache-Thriller seine Muskeln spielen und die Gegner erzittern. Weiterlesen auf Koeln.de.

Mittwoch, März 16, 2011

The Rite - Der Ritus


USA 2011

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Geschichten um und über Exorzisten sind wie das Thema selber vermutlich eine Glaubensfrage. Auf die einen wirken sie bedrohlich, beängstigend und in höchstem Maße verstörend, wohingegen andere sie als lächerlichen Mummenschanz abtun. Ob man sich bei einer mit allem Schnickschnack inszenierten Teufelsaustreibung gruselt oder sie im Gegenteil als komödiantischen Höhepunkt empfindet, hängt nicht zuletzt von den eigenen religiösen Überzeugungen ab. Dabei ist der Akt als solcher keineswegs so zentral wie die Herleitung desselben. Eine überaus beliebte Methode scheint zu sein, den skeptischen/zweifelnden Zuschauern über eine ebenfalls skeptische/zweifelnde Hauptfigur abzuholen und so eine Identifikationsmöglichkeit zu erschaffen.

Der von Eli Roth protegierte Low-Budget-Thriller Der letzte Exorzismus funktionierte exakt nach diesem Schema. Im Stile einer TV-Dokumentation sollte der Glauben an den Teufel als ein riesiger, von der Kirche inszenierter Schwindel enttarnt werden. Dass das Ende wahlweise als Bestätigung oder Widerspruch dieser These gewertet werden konnte und so beide Seiten auf eine gewisse Art zufrieden stellte, mag man feige finden. Zumindest an der Kinokasse erwies sich das Konzept jedoch als einträglich. In The Rite ist es ein junger Priesteranwärter (Colin O’Donoghue), der an der Standfestigkeit seines Glaubens und seiner Berufswahl zweifelt und von seinem Vorgesetzten daraufhin zu einem Exorzisten-Workshop in den Vatikan beordert wird. Dort trifft er auf Hannibal Lector äh Pater Lucas (Anthony Hopkins). Der Geistliche ist im Exorzismus-Geschäft ein alter Hase und anders als der Protagonist aus Roths Mockumentary von der Existenz des Belzebubs überzeugt.

Etwas zu schnell rückt der Film eine recht einleuchtende Erklärung für die vermeintliche Besessenheit in sein Zentrum. Wie der zweifelnde Michael soll auch der Zuschauer der Überzeugung sein, dass wir es hier nicht mit einem teuflischen Budenzauber sondern lediglich mit einem forensischen Phänomen, sprich einer psychischen Erkrankung zu tun haben. Die sich daran anschließende, sorgsam aufgebaute Widerlegung mit all ihren obskuren Begleiterscheinungen – eine Krötenplage muss als böses Omen für den bibelfesten Zuschauer herhalten – gehört wie das Final Girl längst zum Inventar des Horrorfilms. Der Ablauf folgt bis zum unvermeidlichen Twist den eingespielten Regeln des Genres, was die Geschichte insgesamt nur bedingt modern erscheinen lässt. Spannender als die Frage, ob der Film die Existenz von Gott und Teufel schlussendlich bejaht, ist dann auch seine psychologische Komponente. Immer wieder betrachtet The Rite problematische Vater-Sohn-Beziehungen, aus denen dunkle Geheimnisse hervorleuchten. Michaels Verhältnis zu seinem strengen, dominanten Vater (Rutger Hauer in einer Nebenrolle) ist dabei von zentraler Bedeutung. Es bildet eine unsichtbare Klammer, die den klerikalen Plot mit seinen seit Der Exorzist unzählige Male kopierten Bestandteilen umschließt.

Optisch bildet der Film, dem der abgenutzte Hinweis auf eine reale Begebenheit voranstellt wurde, einen ansprechenden Gegenentwurf sowohl zum Blair-Witch-Stil des letzten Exorzisten als auch zu Fantasy-ähnlichen Vertretern wie Constantine. So ist Regisseur Mikael Håfström einerseits erkennbar um Realismus bemüht, gleichzeitig fängt er Hochglanz-Bilder der ewigen Stadt ein, mit denen sich The Rite abseits seiner düsteren Boogeyman-Szenen problemlos in ein touristisches Werbevideo einfügen könnte. Håfström weiß, wie er den im weiteren Verlauf zunehmend konventionellen Plot verpacken muss, damit man dessen Ideenlosigkeit möglichst erst hinterher bemerkt. Schicke Rückblenden, Weichzeichner und elegante Totalen gehören schon länger zum Handwerkszeug des genre-erfahrenen Schweden. Eine besondere Erwähnung verdient zudem der angenehm zurückhaltende und doch einprägsame Score von Alex Heffes, aus dem sich ganze Assoziationsketten bauen lassen.

Nach einem vielversprechenden Auftakt, der uns Michaels innere Zerrissenheit näherbringt und uns zudem einen Blick in die Organisation des kirchlichen Ausbildungsapparates erlaubt, versackt die Handlung in den üblichen, hinlänglich thematisierten Widersprüchen zwischen Glauben und Vernunft. Die vom Film propagierte Dialektik ist dabei so überraschungsfrei wie viele der kurzen Schockmomente, die sich aus einem meist schrillen Soundeffekt und einem schnellen Umschnitt ergeben. Statt furchteinflößend oder zumindest beunruhigend wirkt das Finale im dunklen Kämmerlein dann fast schon campy. Während recht einfallslose Computereffekte Atmosphäre erzeugen sollen, darf ein wild grimassierender Anthony Hopkins als besessener Dämonen-Derwisch sein Overacting auf die Spitze treiben. Es ist jener Augenblick, in dem The Rite seinen Tiefpunkt erreicht.

Für BlairWitch.de.

Dienstag, März 15, 2011

Der Plan - Matrix im Lala-Land


USA 2011

++1/2

Was wäre, wenn hinter allem, was uns widerfährt und was wir erleben, nicht der Zufall sondern ein vorgeschriebenes Drehbuch stünde? Dieser Frage geht Der Plan nach und verknüpft dabei Mystery- und Fantasyelemente mit einer hoffnungslos kitschigen Hollywood-Romanze. Matt Damon und Emily Blunt müssen gegen eine Armee geheimnisvoller Herren im Nadelstreifenanzug um ihre Liebe kämpfen.

Jeder kennt diese Momente, in denen man kurzzeitig meint, es könne kein Zufall sein, wenn man zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt einen ganz bestimmten Menschen trifft. Und doch scheint es genau das zu sein, als der junge, charismatische Nachwuchspolitiker David Norris (Matt Damon) eines Morgens im Bus auf die hübsche Tänzerin Elise (Emily Blunt) trifft und sie ihm ihre Nummer gibt. Dabei sind sich beide bereits einmal begegnet – ausgerechnet auf der Herrentoilette des weltberühmten Waldorf Astoria. Auch wenn das schon längere Zeit her ist, erinnert sich jeder von ihnen noch sehr genau an dieses erste, ziemlich ungewöhnliche Aufeinandertreffen. David erinnert sich auch deshalb, weil er an diesem Abend die wohl bitterste Niederlage seiner jungen Politkarriere hinnehmen musste.

Wie sich schon bald herausstellt, ist ihre Begegnung im Bus tatsächlich so etwas wie Schicksal. Es ist zugleich aber auch das Einzige, was rund um David weder geplant noch koordiniert geschieht. Dieser kleinste Anflug von Zufall setzt eine gewaltige Maschinerie in Gang, die einer allwissenden Buchhalter-Organisation ähnelt und die letztlich dafür sorgt, dass alles auf diesem Planeten „nach Plan“ verläuft. Und der Plan sah eben nicht vor, dass sich David und Elise wiedersehen sollten. Warum und weshalb, das ist anfangs weder dem überraschten David noch dem Zuschauer so richtig klar.

Der Plan
beschreibt ähnlich wie Peter Weirs Mediensatire Die Truman Show oder der völlig unterschätzte Dark City die Welt als Kulisse, in der echte Menschen unwissentlich ein falsches, weil fremdbestimmtes Leben führen. Blicken sie wie David erst einmal für einen kurzen Moment hinter die Bühne, auf der sie zuvor selbst als Darsteller agierten, kann es kein Zurück mehr in den früheren, inzwischen als Lüge enttarnten Alltag geben. Dazu bauen alle Filme ein mehr oder weniger plausibles Gerüst aus wechselseitig gültigen Bedingungen und Erklärungen auf, aus denen sich im besten Fall eine innere Logik rekonstruieren lässt. In diesem Fall arbeitet gleich eine ganze Armee diskreter Schlips- und Hutträger an der Umsetzung eines von einem gott-gleichen „Vorsitzenden“ ausgetüftelten Masterplans. Dessen Angestellte nutzen gewöhnlichen Türen wie die Besatzung der „Enterprise“ einen Teleporter, was aus ihnen überaus hartnäckige Verfolger macht.

Matt Damon dürfte das Gefühl, ständig auf der Flucht sein zu müssen, nach drei Auftritten als Jason Bourne längst verinnerlicht haben. Entsprechend souverän meistert er die vor allem zum Ende hin recht dominanten Action-Parts, bei denen bisweilen echtes Lola rennt-Feeling aufkommt. Da wird Downtown Manhattan plötzlich zu einem einzigen Labyrinth aus Türen, Sackgassen und überraschenden Ortswechseln. Das Stakkato der Tür-auf-Tür-zu-Abfolgen gibt den Rhythmus des Films vor, der nur selten wirklich zu Ruhe kommt, um sich Zeit für seine Figuren zu nehmen. Das Profil des mehrfach unfreiwillig getrennten Liebespaares bleibt dementsprechend oberflächlich. Während er als jemand charakterisiert wird, der in die Fußstapfen seines Vaters treten will und als ein weißer Obama für ein besseres Amerika kämpft, lebt sie als Tänzerin auf der Bühne ihren Traum. Es sind zwei Welten, die nicht so recht zueinander passen wollen und von denen man nie genau weiß, warum ihre Repräsentanten soviel füreinander empfinden.

Die nicht sonderlich genau gezeichneten Gefühlslagen sind allerdings nicht das einzige, was an Der Plan nur begrenzt stimmig erscheint. Man muss schon sehr viel guten Willen in die Geschichte investieren, um bei manchen Ausführungen über den – Zitat – „großen Plan des Vorsitzenden“ oder Möglichkeiten zur Gedankenmanipulation mittels spezieller „Reset“-Technik nicht gleich lauthals loszulachen. Wenn Sätze wie „Sir, er hat einen Hut!“ voller Inbrunst und Dramatik aufgesagt werden, ist schließlich das Maximum an unfreiwilliger Komik erreicht. Da ist es fast schon egal, wenn Regie-Debütant und Autor George Nolfi seine arg konstruierte Fantasy-Love-Story mit religiösen Zweideutigkeiten und Erlöser-Metaphern überfrachtet.

Die Vorlage zu Der Plan lieferte eine Kurzgeschichte von Science-Fiction-Autor Philip K. Dick. Die an sich nette Grundidee, die mit tief philosophischen Fragen, gängigen Verschwörungstheorien und unserer Paranoia vor Männern in grauen Anzügen spielt, wurde hier mit Gewalt in die Schablone einer hoffnungslos verkitschten Hollywood-Romanze gepresst, über deren Mechanismen man besser nicht länger nachdenken sollte. Dann nämlich bietet der Film für die Dauer des Kinobesuchs durchaus ein gewisses Maß an Unterhaltung – wenngleich auf eine nicht immer beabsichtigte Art. Aber wer weiß? Vielleicht steckt auch hinter diesem vermeintlichen Fast-Food-Kino am Ende wieder nur der Plan des allwissenden Vorsitzenden.

Sonntag, März 13, 2011

Ich bin Nummer Vier - Twilight-Rip-off


USA 2011

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Sind Aliens die neuen Vampire? Wenn es nach Disney geht, dann lautet die Antwort eindeutig "Ja". Zwischen Teil drei und vier der Blutsauger-Romanze um Edward, Bella und Jacob versucht es der Unterhaltungskonzern daher mit einer intergalaktisch eingefärbten Twilight-Variante. Edward heißt hier John. Er sieht aus wie der typische Posterboy aus der Bravo, wird von Jungstar Alex Pettyfer verkörpert und besitzt die Lizenz zum Herzensbrecher. In Summe sind das keine schlechten Voraussetzungen, um bei der jugendlichen Zielgruppe ein gewisses Interesse zu entfachen. Wenn der Film dann noch auf einem Bestseller basiert, riecht das fast schon nach einem garantierten Box-Office-Hit. Um jedoch ganz sicher zu sein, engagierte man bei Disney Erfolgsproduzent Michael Bay und dessen Schützling D.J. Caruso. Letzterer hat mit der Fenster zum Hof-Neuauflage Disturbia sein Gespür für zeitgemäßes, schickes Zielgruppenkino bereits unter Beweis gestellt.

Kurz zur Story: John befindet sich seit Jahren auf der Flucht. Obwohl er selbst ein Außerirdischer ist, verfolgen ihn andere, extraterrestrische Kreaturen, die dem schönen Teenie lieber gestern als heute den Garaus machen würden. Drei seiner Artgenossen fielen den Killern bereits zum Opfer. Zusammen mit seinem Bodyguard Henri (Timothy Olyphant) zieht John sodann von Ort zu Ort. Dabei ist er gezwungen, immer wieder seine Identität, seinen Namen und auch die Schule zu wechseln. So ist es für ihn nahezu unmöglich, echte Freundschaften aufzubauen. Erst als er in dem kleinen Städtchen mit dem bezeichnenden Namen „Paradise“ ankommt, scheint sich daran etwas zu ändern. Vor allem entdeckt er sein Interesse an Mädchen. Sarah (Dianna Agron), seine neue Mitschülerin, hat es ihm besonders angetan und so fahren Johns Gefühle bei ihrem Anblick ungebremst Achterbahn.

Das folgende, post-pubertäre Hormonchaos bietet reichlich Anlass für schmachtende Blicke, schmutzige Gedanken und jede Menge Herzschmerz. Bis hierhin erscheint Ich bin Nummer Vier wie die emotionale Blaupause für sehr weit verbreitete Teenagerfantasien. Wie schon Bella und Edward durchstreifen auch Sarah und John die Wälder auf der Suche nach Romantik und in der Hoffnung auf zumindest einen Moment ungestörter Zweisamkeit. Diesen wird es für unser Liebespaar zunächst jedoch nicht geben, dafür sorgen schon Johns überaus hartnäckige Verfolger, die hier gewissermaßen als intergalaktische Anstands-Nannys Moral und Keuschheit hochhalten. Nicht nur Stephenie Meyer dürfte dies Gefallen.

Die erste große Liebe bedroht von hässlichen Kreaturen, die so gar keinen Spaß verstehen, viel mehr als das hat der Film am Ende allerdings nicht zu erzählen. Dass sich Caruso bei der Umsetzung einer derartigen Schmalspur-Dramaturgie aus dem Fundus oller Teenie-Geschichten bedient, macht den Film für Menschen jenseits der 20 auch nicht interessanter. Ertränkt wird Johns Wettlauf gegen die bösen Außerirdischen schließlich von einer auf Hochglanz polierten Michael-Bay-Optik. Die Handschrift des Blockbuster-Titans ist jederzeit präsent und ertränkt jeden noch so zarten Anflug eines womöglich aufrichtig empfundenen Gefühls. Ein Zahnpasta-Lächeln in der Werbung besitzt dann auch mehr Ausdruck, als das, was uns Caruso und Bay hier anzubieten haben. Den Darstellern möchte man angesichts solcher Umstände gar keinen Vorwurf machen. Alex Pettyfer und seine Filmpartnerin Dianne Agron haben nie eine echte Chance, dem kalkulierten und dabei so leblosen Konstrukt zu entfliehen.

Zum Finale scheint dann endgültig Michael Bay auf dem Regiestuhl Platz genommen zu haben. In den Räumen von Johns Highschool veranstaltet der Film einen rein effektgetriebenen Budenzauber, dessen absurde Abfolge aus Explosionen, Verwandlungen und Kampfsequenzen in eine Bay-typische Zerstörungsorgie mündet. Überdeutlich soll das Action-Feuerwerk gerade den männlichen Teenager zufriedenstellen und ihn für manchen, zuvor erlittenen Durchhänger entschädigen. Das hat dann was von Men in Black (nur ohne dessen Witz) und Harry Potter (nur ohne britisches Understatement). Gerecht wird schließlich auch das vom Film angebotene Eyecandy unter den Geschlechtern aufgeteilt. Während die Mädels den durchtrainierten Alex und seinen Milchbubi-Sidekick Callan McAuliffe anschmachten dürfen, soll sich die Aufmerksamkeit der Jungs auf Dianne Agron und die als Motorrad-Luder gecastete Teresa Palmer konzentrieren.

Mag das Schielen auf den Twilight-Erfolg zumindest gemäß einer betriebswirtschaftlichen Logik erklären, warum es Filme wie Ich bin Nummer Vier überhaupt gibt, so fühlt man sich als Zuschauer gleichwohl nicht wirklich ernst genommen. In dieser Ausprägung verkommt das Kino letztlich zu einer mechanischen Kosten-Nutzen-Rechnung – auf der einen Seite stehen die Produktions- und Marketingaufwendungen, auf der anderen der Erlös –, in der kein Platz für Neues, für kreative Ideen oder Abschweifungen vorgesehen ist. Alles folgt stattdessen einem ziemlich mutlosen Schema, das sich selbst mit dem Verweis auf bestimmte Genrespielregeln nicht länger rechtfertigen lässt. Im vorliegenden Fall lag der Nutzen nach Meinung des Studios augenscheinlich über den Kosten. Bei entsprechendem Erfolg dürfte Disney daher weitere Teile in Auftrag geben lassen. Da ist es nur praktisch, wenn das Ende gleich offen als Cliffhanger und Fortsetzungsversprechen angelegt wurde.

Für BlairWitch.de.

Freitag, März 04, 2011

Der Adler der neunten Legion


USA/GB 2011

++1/2

Der Sandalenfilm versucht sich gut zehn Jahre nach Ridley Scotts Gladiator an einem Comeback. Mutige Helden, blutige Duelle und reichlich Pathos – die neue Arbeit von Regisseur Kevin MacDonald bietet das, was man von einer Produktion solchen Formats auch erwarten kann. Dazu wandelt Hauptdarsteller Channing Tatum auf den Spuren Russell Crowes. Na ja, er versucht es. Weiterlesen auf Koeln.de.