Sonntag, März 13, 2011

Ich bin Nummer Vier - Twilight-Rip-off


USA 2011

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Sind Aliens die neuen Vampire? Wenn es nach Disney geht, dann lautet die Antwort eindeutig "Ja". Zwischen Teil drei und vier der Blutsauger-Romanze um Edward, Bella und Jacob versucht es der Unterhaltungskonzern daher mit einer intergalaktisch eingefärbten Twilight-Variante. Edward heißt hier John. Er sieht aus wie der typische Posterboy aus der Bravo, wird von Jungstar Alex Pettyfer verkörpert und besitzt die Lizenz zum Herzensbrecher. In Summe sind das keine schlechten Voraussetzungen, um bei der jugendlichen Zielgruppe ein gewisses Interesse zu entfachen. Wenn der Film dann noch auf einem Bestseller basiert, riecht das fast schon nach einem garantierten Box-Office-Hit. Um jedoch ganz sicher zu sein, engagierte man bei Disney Erfolgsproduzent Michael Bay und dessen Schützling D.J. Caruso. Letzterer hat mit der Fenster zum Hof-Neuauflage Disturbia sein Gespür für zeitgemäßes, schickes Zielgruppenkino bereits unter Beweis gestellt.

Kurz zur Story: John befindet sich seit Jahren auf der Flucht. Obwohl er selbst ein Außerirdischer ist, verfolgen ihn andere, extraterrestrische Kreaturen, die dem schönen Teenie lieber gestern als heute den Garaus machen würden. Drei seiner Artgenossen fielen den Killern bereits zum Opfer. Zusammen mit seinem Bodyguard Henri (Timothy Olyphant) zieht John sodann von Ort zu Ort. Dabei ist er gezwungen, immer wieder seine Identität, seinen Namen und auch die Schule zu wechseln. So ist es für ihn nahezu unmöglich, echte Freundschaften aufzubauen. Erst als er in dem kleinen Städtchen mit dem bezeichnenden Namen „Paradise“ ankommt, scheint sich daran etwas zu ändern. Vor allem entdeckt er sein Interesse an Mädchen. Sarah (Dianna Agron), seine neue Mitschülerin, hat es ihm besonders angetan und so fahren Johns Gefühle bei ihrem Anblick ungebremst Achterbahn.

Das folgende, post-pubertäre Hormonchaos bietet reichlich Anlass für schmachtende Blicke, schmutzige Gedanken und jede Menge Herzschmerz. Bis hierhin erscheint Ich bin Nummer Vier wie die emotionale Blaupause für sehr weit verbreitete Teenagerfantasien. Wie schon Bella und Edward durchstreifen auch Sarah und John die Wälder auf der Suche nach Romantik und in der Hoffnung auf zumindest einen Moment ungestörter Zweisamkeit. Diesen wird es für unser Liebespaar zunächst jedoch nicht geben, dafür sorgen schon Johns überaus hartnäckige Verfolger, die hier gewissermaßen als intergalaktische Anstands-Nannys Moral und Keuschheit hochhalten. Nicht nur Stephenie Meyer dürfte dies Gefallen.

Die erste große Liebe bedroht von hässlichen Kreaturen, die so gar keinen Spaß verstehen, viel mehr als das hat der Film am Ende allerdings nicht zu erzählen. Dass sich Caruso bei der Umsetzung einer derartigen Schmalspur-Dramaturgie aus dem Fundus oller Teenie-Geschichten bedient, macht den Film für Menschen jenseits der 20 auch nicht interessanter. Ertränkt wird Johns Wettlauf gegen die bösen Außerirdischen schließlich von einer auf Hochglanz polierten Michael-Bay-Optik. Die Handschrift des Blockbuster-Titans ist jederzeit präsent und ertränkt jeden noch so zarten Anflug eines womöglich aufrichtig empfundenen Gefühls. Ein Zahnpasta-Lächeln in der Werbung besitzt dann auch mehr Ausdruck, als das, was uns Caruso und Bay hier anzubieten haben. Den Darstellern möchte man angesichts solcher Umstände gar keinen Vorwurf machen. Alex Pettyfer und seine Filmpartnerin Dianne Agron haben nie eine echte Chance, dem kalkulierten und dabei so leblosen Konstrukt zu entfliehen.

Zum Finale scheint dann endgültig Michael Bay auf dem Regiestuhl Platz genommen zu haben. In den Räumen von Johns Highschool veranstaltet der Film einen rein effektgetriebenen Budenzauber, dessen absurde Abfolge aus Explosionen, Verwandlungen und Kampfsequenzen in eine Bay-typische Zerstörungsorgie mündet. Überdeutlich soll das Action-Feuerwerk gerade den männlichen Teenager zufriedenstellen und ihn für manchen, zuvor erlittenen Durchhänger entschädigen. Das hat dann was von Men in Black (nur ohne dessen Witz) und Harry Potter (nur ohne britisches Understatement). Gerecht wird schließlich auch das vom Film angebotene Eyecandy unter den Geschlechtern aufgeteilt. Während die Mädels den durchtrainierten Alex und seinen Milchbubi-Sidekick Callan McAuliffe anschmachten dürfen, soll sich die Aufmerksamkeit der Jungs auf Dianne Agron und die als Motorrad-Luder gecastete Teresa Palmer konzentrieren.

Mag das Schielen auf den Twilight-Erfolg zumindest gemäß einer betriebswirtschaftlichen Logik erklären, warum es Filme wie Ich bin Nummer Vier überhaupt gibt, so fühlt man sich als Zuschauer gleichwohl nicht wirklich ernst genommen. In dieser Ausprägung verkommt das Kino letztlich zu einer mechanischen Kosten-Nutzen-Rechnung – auf der einen Seite stehen die Produktions- und Marketingaufwendungen, auf der anderen der Erlös –, in der kein Platz für Neues, für kreative Ideen oder Abschweifungen vorgesehen ist. Alles folgt stattdessen einem ziemlich mutlosen Schema, das sich selbst mit dem Verweis auf bestimmte Genrespielregeln nicht länger rechtfertigen lässt. Im vorliegenden Fall lag der Nutzen nach Meinung des Studios augenscheinlich über den Kosten. Bei entsprechendem Erfolg dürfte Disney daher weitere Teile in Auftrag geben lassen. Da ist es nur praktisch, wenn das Ende gleich offen als Cliffhanger und Fortsetzungsversprechen angelegt wurde.

Für BlairWitch.de.