Donnerstag, September 27, 2007

Die Fremde in Dir - Jodie's Got a Gun


USA 2007

++

Jodie Foster wandelt auf Charles Bronsons Spuren, wenn sie in der Rolle eines Gewaltopfers das Gesetz selbst in die Hand nimmt. Neil Jordans neuer Streifen ist ein feministischer Selbstjustiz-Thriller, der an seiner eigenen Unentschlossenheit krankt. Weiterlesen auf Evolver.

Montag, September 24, 2007

Planet Terror - All You Zombies


USA 2007

+++1/2

Am Anfang stand die Idee zweier filmbesessener Freunde, dem kultigen Grindhouse-Kino der 60er und 70er Jahre ein filmisches Denkmal zu setzen. Während Quentin Tarantino in seinem Beitrag Death Proof den eigenen Leidenschaften für starke Frauen, Pop-Talk und Oldschool-Action nachging, kehrt Robert Rodriguez mit Planet Terror nach einigen kommerziell erfolgreichen Ausflügen in die Familienunterhaltung zu seinen bleihaltigen und blutigen Frühwerken zurück. Wunderbar überdreht, garantiert jenseits aller Political Correctness und mit einem spielfreudigen Ensemble, schickt sich Planet Terror an, das Herz eines jeden Horror-Fans zu erobern.

Filmkritik:

Zusammen mit seinem Kumpel Quentin Tarantino wagte sich Sin City-Regisseur Robert Rodriguez an das Grindhouse-Projekt. Grindhouses waren vor allem während der späten 60er und frühen 70er in den USA populär. Sie zeigten meist billig produzierte Filme für Erwachsene aus unterschiedlichen Genres. Der Clou: Für den Preis einer Kinokarte bekam der Zuschauer gleich zwei Filme zu sehen. In dieser Tradition inszenierte das Duo Rodriguez/Tarantino die Grindhouse-Neuauflage als dreistündigen Trip in die cineastische Vergangenheit, stilecht unterbrochen von Trailern zu fiktiven Horror- und Exploitation-Produktionen.

Doch außerhalb der USA wurde das Doublefeature wieder aufgeschnürt, wohl auch, weil die Macher erkannten, dass nur wenige Kinogänger die Geduld für ein dreistündiges B- und C-Movie-Potpurri aufbringen würden. So läuft Planet Terror hierzulande mit einiger Verspätung gegenüber Tarantions Death Proof an.

Darin gerät ein biologisches Experiment außer Kontrolle. Giftgas strömt aus und infiziert eine Armee militanter Söldner (darunter Bruce Willis in einem Cameo-Auftritt), welche sich daraufhin in menschenfressende Bestien verwandeln. Rodriguez stellt diesen eine Gruppe aus stoischen Texanern, wortkargen Draufgängern, verführerischen Go-Go-Girls und verrückten Zwillingen gegenüber. Nach einer ersten äußerst blutigen Konfrontation rund um den Laden des eigensinnigen JT (Jeff Fahey) mündet der Plot in einem irrwitzigen Showdown auf dem Gelände der Militärbasis. Dabei wächst nicht nur Cherry (Rose McGowan) über sich hinaus. Die Tänzerin hat soeben ein Bein verloren, was sie jedoch nicht daran hindert, es mit den herrlich scheußlichen Monstern aufzunehmen. Unterstützung erhält sie von Wray (Freddy Rodriguez), einem mysteriösen Einzelgänger, und der resoluten Ärztin Dr. Dakota Block (Marley Shelton).

Über die gesamte Laufzeit bleibt Rodriguez dem Retro-Stil treu. Die Nachbearbeitung des digitalen Bildmaterials erschafft einen authentischen Alterungsprozess, ganz so, als wäre Planet Terror ein Produkt der von Zombiefilmen überschwemmten 70er. Es ist eine ganz spezielle Kunst, etwas eigentlich aufwändig produziertes, billig aussehen zu lassen. Das Team um Multitalent Rodriguez – der gebürtige Texaner ist Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Cutter und Kameramann in einer Person – beherrscht sie nahezu perfekt. Während einer Sexszene erlaubt er sich einen besonders originellen, an das vordigitale Kinozeitalter angelehnten Spaß, der wie der gesamte Film gleichsam als liebevolle Ehrerbietung zu verstehen ist.

Nicht nur Fans der Splatter-Orgie Form Dusk till Dawn dürften Rodriguez’ Ideenreichtum (MG-Prothese) und dessen organischer Mix aus alten und neuen Story-Elementen goutieren. So vermischt er in Planet Terror moderne Bedrohungsszenarien wie die gerade von der US-Regierung geschürte Angst vor chemischen und biologischen Waffen (Irakkrieg?) mit Zitaten an die Zombie-Klassiker eines Lucio Fulci und George A. Romero. Die bewusst überzeichnete Action mit ihren nicht weniger grotesken Gore-Einlagen erlaubt einem kaum eine Atempause. Greg Nicotero – der neue Star unter den Make up-Künstlern und ein enger Freund des legendären hier in einer Gastrolle anzutreffenden Tom Savini – lässt genüsslich das Blut über die Leinwand spritzen, Schädel spalten, und Gedärme herausreißen, alles aber mit einem unübersehbaren Augenzwinkern.

Stolz kann Rodriguez nicht zuletzt auf seine Schauspielgarde sein. Dass sein Cast mit soviel Engagement bei der Sache ist, macht Planet Terror zu einem ganz besonderen Stück Genrekino. Rose McGowan gelingt die Verkörperung der wohl tödlichsten Kampf-Amazone seit Uma Thurmans Auftritt als „The Bride“ in Kill Bill. Und Mary Sheltons spritzenliebende Anästhesistin darf nach diversen Tiefschlägen und Demütigungen zum großen Gegenschlag ausholen. Wie immer drehte Rodriguez mit vielen Bekannten und Freunden. Egal ob Tom Savini, Bruce Willis, Quentin Tarantino oder Michael Parks, sie alle haben mit Rodriguez bei einem oder mehreren Projekten bereits zusammengearbeitet. Dieser revanchiert sich, in dem er seinen Schauspielern die Rollen auf den Leib schreibt. Es bedarf insgesamt nur weniger Worte, damit man ein Gespür für die Figuren und ihre Eigenarten bekommt und – das ist im Horrorbereich eine Seltenheit – sie ins Herz schließt.

Planet Terror, dem höchstens Etikettenschwindel vorgeworfen werden kann, da es sich bei ihm keineswegs um einen Low Budget-Streifen handelt, ist das blutigste und zugleich unterhaltsamste Schlachtfest seit einem gewissen From Dusk till Dawn.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, September 19, 2007

Chuck und Larry - I'm every (Wo-)Man


USA 2007

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Nach seinem kommerziell wenig erfolgreichen Ausflug ins dramatische Fach (Die Liebe in mir) ist Adam Sandler wieder da anzutreffen, wo ihn das Publikum sehen will: In einer Buddy-Komödie als leicht chaotischer, aber stets liebenswerter Frauenversteher. Das mit den Frauen ist bei Chuck aber so eine Sache, nachdem er seinem besten Freund Larry (King of Queens-Star Kevin James) versprochen hat, ihm zum Schein das „Ja“-Wort zu geben. Denn nur, wenn Larry wieder heiratet, sind seine beiden Kinder für den Fall, dass ihm etwas passiert, finanziell auch abgesichert. Die gleichgeschlechtliche Wohngemeinschaft wird für Chuck zu einer echten Bewährungsprobe, als er die attraktive Anwältin Alex (Jessica Biel) kennenlernt. Wenn er ihr verrät, dass er in Wirklichkeit gar nicht schwul ist, macht auch sie sich als Mitwisserin strafbar.

Was nach der Beschreibung Befürchtungen nährt, Hollywood habe eine weitere homophobe Gag-Parade produzieren lassen, ist tatsächlich ein herrlich unverkrampfter, durchaus intelligenter Spaß mit einer nur zum Ende hin arg dick aufgetragenen Toleranzbotschaft. Das u.a. von Alexander Payne (Sideways) verfasste Drehbuch verzichtet weitgehend darauf, bekannte Schwulen-Gags auf Spielfilmlänge auszuwalzen. Stattdessen zielt der Film auf heterosexuelle Männer und den immer noch arg gehemmten Umgang mit ihren schwulen Geschlechtsgenossen. Pointierter, als in der Duschszene lässt sich kaum darstellen, was manch einem dieser ewig Gestrigen beim Gedanken an Liebe zwischen Männern durch den Kopf schießt. Dass Regisseur Dennis Dugan bei seiner Inszenierung auf typische Insignien der Gay-Community wie Songs von George Michael und Whitney Houston zurückgreift, ist vor allem als Hommage an eine Szene zu verstehen, die den Mainstream und seine Kultur in den letzten zwei Jahrzehnten maßgeblich mgeprägt hat. Last but not least sorgen Dan Aykroyd, Rob Schneider und Ving Rhames in Nebenrollen für heftige Zwerchfallattacken.

Donnerstag, September 13, 2007

Disturbia - Rendezvous mit dem Teufel


USA 2007

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Das Grauen lauert in Suburbia, hinter herausgeputzten Gärten und schicken Fassaden nobler Einfamilienhäuser. Seit American Beauty wird dem wohl niemand ernsthaft widersprechen wollen. In Anspielung an die typisch amerikanischen Vororte – Suburbs genannt – trägt Disturbia den Ort des Grauens bereits im Titel. Dabei könnte das Leben in dieser brüchigen Martha Stewart-Fantasie doch so unbeschwert und entspannt sein. Für Kale (Shia LaBeouf) ist es ein Gefängnis. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem der Teenager von einem Gericht zu drei Monaten Hausarrest verurteilt wurde, versucht er sich mit Videospielen, Fernsehen und dem Surfen im Internet die Zeit zu vertreiben. Doch irgendwann beginnt er seine Nachbarn zu beobachten. Erst aus Langeweile, dann, weil er zunehmend davon fasziniert ist, in das Leben anderer einzutauchen.

Besonders hat es ihm die attraktive Ashley (Sarah Roemer) angetan. Das Mädchen ist mit ihren Eltern gerade in das Haus nebenan eingezogen. Obwohl sie bemerkt, dass Kale sie mit dem Fernglas beobachtet, kommen sich beide bald näher. Nach einigen mysteriösen Zwischenfällen glauben die Teenager, ihr Nachbarn (David Morse) sei ein gesuchter Serienmörder. Kale ist überzeugt, dass sich im Haus gegenüber schreckliche Dinge abspielen, doch Beweise hierfür kann er keine vorbringen. Nur das, was er mit seinen eigenen Augen gesehen hat, will ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Wem an dieser Stelle die Grundkonstruktion des voyeuristischen „Ich-sehe-was-was-Du-nicht-siehst“-Spiels bekannt vorkommt, der dürfte mit der Geschichte vermutlich Alfred Hitchcocks Suspense-Klassiker Das Fenster zum Hof in Zusammenhang bringen. Zwar ist Shia LaBeouf nicht James Stewart und auch Sarah Roemer sieht nicht ganz so betörend wie seinerzeit Grace Kelly aus, dennoch lässt sich die Story von Christopher Landon und Carl Ellsworth eindeutig als Hommage an Hitchcocks Glanzstück interpretieren. Dabei verpassen die Filmemacher dem mittlerweile über 50 Jahre alten Vorbild ein zeitgemäßes Facelifting. Schließlich soll sich die jugendliche Zielgruppe des Films gut unterhalten fühlen.

Die Besetzung mit Shia LaBeouf war diesbezüglich der erste und wichtigste Coup. Hollywoods neuer Shooting-Star ist vor allem dann gut, wenn er wir schon in Transformers den netten, leicht verpeilten Jungen von nebenan spielen darf. In Disturbia verkörpert glaubhaft das emotionale Chaos, in das seine Filmfigur nach dem Tod des Vaters geworfen wird. Dieser starb bei einem tragischen Verkehrsunfall, für den sich Kale noch heute die Schuld gibt. Als Identifikationsfigur ist LaBeouf für das Gelingen des Films unabdingbar. Immerhin wurde der Plot von der ersten Szene bis zum adrenalintreibenden Finale komplett auf ihn zugeschnitten. Gerade weil Kale nicht als ein mutiger Draufgänger vorgestellt wird, wirkt LaBeoufs sympathische Everybo(d)y-Attitüde hier so passend. Kale hat bei all dem, was er tut, mindestens so große Angst wie der Zuschauer, der ihm dabei über die Schultern guckt.

Auch wenn der Film mit technischen Fetischen wie Apples Musikladen iTunes oder der Spielekonsole Xbox ausstaffiert wurde, kommt der eigentliche Plot angenehm „oldschool“ daher. Hier wird ein Junge kopfüber in eine Situation geschmissen, die viel zu groß und undurchsichtig für ihn ist. Regisseur D. J. Caruso, der mit Taking Lives bereits einen Serienkiller-Stoff verfilmte, erweist sich dabei als solider Handwerker. Schnörkellos und mit einer dem Genre angemessenen Geradlinigkeit inszenierte er dieses Hitchcock-Rip Off. Vor allem aber sorgt er dafür, dass man auch als Kenner des Originals seinen Spaß an der Neuauflage haben kann. So wurde auf ein bloßes Kopieren von Szenen und Einstellungen glücklicherweise verzichtet.

Mit zunehmender Laufzeit zieht Caruso die Spannungsschraube immer weiter an. Dann erhält auch David Morse endlich seinen großen Auftritt. Der Charakterdarsteller, dessen Spiel zuweilen an den großen Anthony Hopkins erinnert, ist geübt im Umgang mit dem Dunklen und Abseitigen. Als biederer Nachbar Mr. Turner lädt er zu einem Rendezvous mit dem Teufel. Natürlich kann die folgende Auflösung nicht überraschen. Natürlich wird jeder, der jemals einen thematisch ähnlich gelagerten Thriller gesehen hat, wissen, in welche Richtung sich die Geschichte letztlich entwickeln wird. Dafür stimmt Disturbia aber auf der bekannten Klaviatur die richtigen Töne an. Angesichts der zahllosen peinlichen bis grotesk platten Genre-Vertreter ist das schon eine ganze Menge.

Erschienen bei BlairWitch.

Montag, September 10, 2007

Könige der Wellen - Born 2 Surf


USA 2007

+++

Madagascar, Die Reise der Pinguine, Happy Feet. An Geschichten mit und über Pinguine herrschte zuletzt wahrlich kein Mangel. Insofern erscheint das Timing der neuen Sony-Animation über einen surfenden Frackträger durchaus nicht optimal. Leicht kann der Eindruck entstehen, hier werde versucht, einen Trend bis zum Äußersten auszureizen. Denn dass die putzigen Gesellen an der Kinokasse für hohe Umsätze sorgten, dürfte auch den Verantwortlichen bei Sony nicht entgangen sein. Dabei entpuppt sich Könige der Wellen mit seinem innovativen filmischen Ansatz als eine echte Bereicherung für das Genre des modernen, computergenerierten Animationsfilms.

Filmkritik:

Pinguine sind echte Sympathieträger. Die kleinen, an Land eher unbeholfenen, im Wasser dafür umso eleganteren Gesellen sehen nicht nur zum Knuddeln aus, sie verfügen auch über echte Star-Qualitäten wie ihre Auftritte in zahlreichen Animations- und Dokumentarfilmen belegen. Dabei müssen sie mal als freche, mal als verspielte Entertainer das Publikum bei Laune halten, während sie gleichzeitig von christlichen Gruppierungen (Die Reise der Pinguine) und Umweltschützern (Happy Feet) unverhohlen für mehr oder weniger lobenswerte Ziele vereinnahmt werden.

Da ist es eine echte Wohltat, wenn ein Film wieder stärker den Spaß-Faktor seiner Geschichte betont. Natürlich vertritt auch Sonys neuester Animationsstreich Könige der Wellen eine klar verständliche Agenda – die Beschwörung von Freundschaft und Altruismus als Gegenpol zu einem ungezügelten Karrieredenken passt perfekt in die heutige Zeit –, diese wird aber keineswegs zum alleinigen Zentrum des Plots aufgeblasen.

Die beiden im Animationsfach geschulten Regisseure Ash Brannon (Toy Story 2) und Chris Buck (Tarzan) erdachten zusammen mit ihren Co-Autoren Christopher Jenkins und Don Rhymer die mit vielen liebenswerten Details ausstaffierte Geschichte des jungen Felsenpinguins Cody Maverick (gesprochen von Robert Stadlober). Cody hat nur ein Ziel: Er will Profi-Surfer werden, ganz so wie sein großes Vorbild „Big Z“. Doch damit dieser Traum in Erfüllung gehen kann, muss er zunächst seine Heimat Buenos Eisig verlassen. Erst dann kann für ihn das Abenteuer – eigentlich ein Coming-of-Age-Trip – beginnen.

Bereits mit der ersten Einstellung etabliert Könige der Wellen eine für den Animationsfilm gänzlich neue Ästhetik, die sich bis in die Erzählstruktur zieht. In der Art einer TV-Reportage begleitet die Kamera und mit ihr der Zuschauer Cody bei seinem fantastischen Wellenritt. In Interviews kommen er, seine Freunde und Familie zu Wort, werden Rivalen und Mitstreiter rund um den großen Surf-Wettbewerb zu Ehren von „Big Z“ befragt. Der nachgeahmte Dokumentarstil, welcher außerhalb des Trickfilmbereichs bereits in der Comedy-Serie Stromberg zum Einsatz kam, pumpt frisches Blut in die Adern des zuletzt unter Ideenarmut und schleichender Konformität leidenden Animationsgenres. Und nicht nur das. So suggeriert das von Brannon und Buck entwickelte Reality TV-Format paradoxerweise Spontaneität und Authentizität, auch wenn in Wirklichkeit jeder Pixel durchgeplant wurde.

Technisch geben sich die Animationskünstler von Sony keine Blöße. Die Natürlichkeit der Lichtreflexionen auf der Wasseroberfläche oder des Wellenspiels zeigen eindrucksvoll die Möglichkeiten moderner Tricktechnik auf. Sogar den Look alter, vergilbter Archivaufnahmen imitiert der Film nahezu perfekt. Wenn Cody begleitet von Pearl Jams „Big Wave“ dem Sonnenuntergang entgegensurft, dann ist jeder Gedanke an Bits und Bytes vergessen. Übrig bleibt ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, September 06, 2007

Schwesterherz & Saint Jacques


Schwesterherz

D 2007

++1/2

Heike Makatsch als gestresste, ausgebrannte Business-Frau, Anna Maria Mühe als ihre kleine Schwester, von der die ältere des Duos noch einiges lernen kann. In einem gemeinsamen Spanien-Urlaub erleben sie zusammen emotionale Höhen und Tiefen, an denen Makatschs moderner Jederzeit-Erreichbar-Typus zu zerbrechen droht. Durchaus sehenswert, vor allem wegen der Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen. Weiter auf Critic.de.

Saint Jacques - Pilgern auf Französisch

F 2005

++

Dank Hape Kerkeling ist das Pilgern wieder "in". Und so kommt es, dass mit rund zweijähriger Verspätung diese Tragikomödie über eine Gruppe Pilgern auch den Weg in unsere Kinos gefunden hat. Das Konzept, die Gruppe als Abbild der westlichen Gesellschaft auf einen Pfad der Läuterung zu schicken, geht jedoch nur sehr bedingt auf. Den Text gibt es auf Critic.de.

Dienstag, September 04, 2007

Ein mutiger Weg - Chronik einer Geisterfahrt


USA 2007

+++1/2

Immer wieder müssen Journalisten während eines Einsatzes an den Krisenherden dieser Welt ihr Leben lassen. Daniel Pearl, Asien-Korrespondent des Wall Street Journal, sollte seine Recherchen im Umfeld des Terrornetzwerkes Al-Qaida mit dem Leben bezahlen. Basierend auf den Erinnerungen seiner Frau Mariane schildert der neue Film des Briten Michael Winterbottom in kühlen, nüchternen Bildern die Chronik eines menschenverachtenden Verbrechens, die Verzweiflung der Angehörigen und die Ohnmacht der Ermittler. Hollywood-Superstar Angelina Jolie – zusammen mit Lebensgefährte Brad Pitt erklärtes Lieblingsmotiv aller Paparazzi – übernahm die Rolle von Pearls Ehefrau Mariane.

Filmkritk:

Die Nachricht seines Todes schockierte und machte unmissverständlich klar, dass in diesem Krieg keine Regeln mehr gelten. Der Journalist Richard Pearl wurde im Januar 2002 von Extremisten der bis dato unbekannten „Nationalen Bewegung zur Wiederherstellung der pakistanischen Souveränität“ in der Metropole Karatschi entführt und – wie erst im Nachhinein bekannt wurde – bereits wenige Tage später ermodert. Die ideologisch mit der Terrororganisation Al-Qaida und den fundamentalistischen Taliban verbundenen Terroristen, deren Hass sich vor allem gegen das mit dem Westen kooperierende Regime von Präsident Musharraf richtete, besaßen die Grausamkeit, Pearls Hinrichtung auf Video festzuhalten – eine letzte perfide Grausamkeit. Pearl, der über den als „Shoe Bomber“ bekannt gewordenen Terroristen Richard Reid vor Ort in Pakistan Nachforschungen anstellte, sollte von einem Treffen mit einem Informanten nicht mehr zurückkehren. Während zu Hause seine im fünften Monat schwangere Frau auf ihn wartete, begann für den Sohn jüdischer Immigranten ein unbeschreibliches Martyrium.

Für den britischen Regisseur Michael Winterbottom sind politisch brisante Stoffe nichts Neues. Erst sein letzter Film The Road to Guantanamo über drei in jenem Gefangenenlager inhaftierte Muslime sorgte für hitzige Debatten. Die Tragödie des Daniel Pearl, der stellvertretend für so viele Opfer religiös motivierten Terrors steht, inszenierte er als nüchternes, ungemein faktenorientiertes Nachrichtendrama. Unablässig prasseln neue Informationen auf den Zuschauer ein, die es zu sortieren und zu bewerten gilt. Unablässig wird geredet, diskutiert, gemutmaßt, werden Strategien zur Identifikation der Entführer aufgestellt und wieder verworfen. Auf kleine Fortschritte folgen größere Rückschläge. Im Haus einer Freundin von Daniels Frau Mariane schlagen die pakistanischen und amerikanischen Ermittler ihr Hauptquartier auf. Geheimdienstmitarbeiter, FBI-Agenten, Anti-Terror-Fahnder, sie alle kämpfen um das Leben des Entführten, letztlich vergebens.

Auch wenn Ein mutiger Weg im Gegensatz zu dem gleichsam sachlichen und im Tonfall ähnlich ausweglosen Polit-Thriller Syriana lediglich eine und nicht gleich vier Geschichten zu erzählen hat, kommt Winterbottoms Film nicht weniger komplex daher. Das von den Ermittlern in Form einer überdimensionalen Wandzeichnung festgehaltene Geflecht aus ständig neuen Spuren, Namen und Hinweisen wuchert wie ein außer Kontrolle geratener Tumor, bei dem jede Übersicht fast selbstverständlich früher oder später verloren gehen muss. Passend dazu präsentiert Winterbottom Karatschi als einen undurchsichtigen, von hektischer Betriebsamkeit infizierten Moloch, der unter den Menschenmassen jeden Moment zu kollabieren scheint. Die stakkatoartige Szenenabfolge lässt dabei eine Dynamik entstehen, der man sich kaum entziehen kann.

Vor allem das Wissen um den Ausgang und damit das Unausweichliche von Daniel Pearls Schicksal bereitet Bauchschmerzen. Denn trotz aller Faktentreue und Detailverliebtheit ist Winterbottom sichtlich daran gelegen, die menschliche Dimension der Geschichte nicht aus den Augen zu verlieren. In Person von Daniels Frau Mariane, die ebenfalls als Journalistin arbeitete und noch bis heute arbeitet, schlägt – wie es der englische Originaltitel so treffend ausdrückt – „A Mighty Heart“ unter dieser unfassbaren Tragödie. Angelina Jolie, in der sicherlich anspruchsvollsten Rolle ihrer Karriere, porträtiert sie als eine bemerkenswert sanfte und zugleich starke Persönlichkeit. Mariane Pearl geht es nicht um lapidare Schuldzuweisungen sondern um ein ehrliches Verständnis für den Anderen und dessen Kultur.

Ein mutiger Weg hätte leicht mit dem Druck auf die Tränendrüse enden können. Doch statt den Mord als dramatischen Höhepunkt zu missbrauchen, schenkt uns der Film noch einen wahren und deshalb authentischen Hoffnungsschimmer. Ein neues Leben wird in diese Welt hineingeboren. Frei von Wut oder Rache. Es scheint, dass wir noch viel von dieser Mariane Pearl lernen können.

Für Programmkino.de.