Montag, September 10, 2007

Könige der Wellen - Born 2 Surf


USA 2007

+++

Madagascar, Die Reise der Pinguine, Happy Feet. An Geschichten mit und über Pinguine herrschte zuletzt wahrlich kein Mangel. Insofern erscheint das Timing der neuen Sony-Animation über einen surfenden Frackträger durchaus nicht optimal. Leicht kann der Eindruck entstehen, hier werde versucht, einen Trend bis zum Äußersten auszureizen. Denn dass die putzigen Gesellen an der Kinokasse für hohe Umsätze sorgten, dürfte auch den Verantwortlichen bei Sony nicht entgangen sein. Dabei entpuppt sich Könige der Wellen mit seinem innovativen filmischen Ansatz als eine echte Bereicherung für das Genre des modernen, computergenerierten Animationsfilms.

Filmkritik:

Pinguine sind echte Sympathieträger. Die kleinen, an Land eher unbeholfenen, im Wasser dafür umso eleganteren Gesellen sehen nicht nur zum Knuddeln aus, sie verfügen auch über echte Star-Qualitäten wie ihre Auftritte in zahlreichen Animations- und Dokumentarfilmen belegen. Dabei müssen sie mal als freche, mal als verspielte Entertainer das Publikum bei Laune halten, während sie gleichzeitig von christlichen Gruppierungen (Die Reise der Pinguine) und Umweltschützern (Happy Feet) unverhohlen für mehr oder weniger lobenswerte Ziele vereinnahmt werden.

Da ist es eine echte Wohltat, wenn ein Film wieder stärker den Spaß-Faktor seiner Geschichte betont. Natürlich vertritt auch Sonys neuester Animationsstreich Könige der Wellen eine klar verständliche Agenda – die Beschwörung von Freundschaft und Altruismus als Gegenpol zu einem ungezügelten Karrieredenken passt perfekt in die heutige Zeit –, diese wird aber keineswegs zum alleinigen Zentrum des Plots aufgeblasen.

Die beiden im Animationsfach geschulten Regisseure Ash Brannon (Toy Story 2) und Chris Buck (Tarzan) erdachten zusammen mit ihren Co-Autoren Christopher Jenkins und Don Rhymer die mit vielen liebenswerten Details ausstaffierte Geschichte des jungen Felsenpinguins Cody Maverick (gesprochen von Robert Stadlober). Cody hat nur ein Ziel: Er will Profi-Surfer werden, ganz so wie sein großes Vorbild „Big Z“. Doch damit dieser Traum in Erfüllung gehen kann, muss er zunächst seine Heimat Buenos Eisig verlassen. Erst dann kann für ihn das Abenteuer – eigentlich ein Coming-of-Age-Trip – beginnen.

Bereits mit der ersten Einstellung etabliert Könige der Wellen eine für den Animationsfilm gänzlich neue Ästhetik, die sich bis in die Erzählstruktur zieht. In der Art einer TV-Reportage begleitet die Kamera und mit ihr der Zuschauer Cody bei seinem fantastischen Wellenritt. In Interviews kommen er, seine Freunde und Familie zu Wort, werden Rivalen und Mitstreiter rund um den großen Surf-Wettbewerb zu Ehren von „Big Z“ befragt. Der nachgeahmte Dokumentarstil, welcher außerhalb des Trickfilmbereichs bereits in der Comedy-Serie Stromberg zum Einsatz kam, pumpt frisches Blut in die Adern des zuletzt unter Ideenarmut und schleichender Konformität leidenden Animationsgenres. Und nicht nur das. So suggeriert das von Brannon und Buck entwickelte Reality TV-Format paradoxerweise Spontaneität und Authentizität, auch wenn in Wirklichkeit jeder Pixel durchgeplant wurde.

Technisch geben sich die Animationskünstler von Sony keine Blöße. Die Natürlichkeit der Lichtreflexionen auf der Wasseroberfläche oder des Wellenspiels zeigen eindrucksvoll die Möglichkeiten moderner Tricktechnik auf. Sogar den Look alter, vergilbter Archivaufnahmen imitiert der Film nahezu perfekt. Wenn Cody begleitet von Pearl Jams „Big Wave“ dem Sonnenuntergang entgegensurft, dann ist jeder Gedanke an Bits und Bytes vergessen. Übrig bleibt ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer.

Für Programmkino.de.