Zimmer 1408 - Tödliches Check-In
USA 2007
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Wer über modernen Horror in Literatur wie Film schreibt, kommt an einem Mann nicht vorbei: Stephen King, das Synonym für Gänsehaut, okkultem Grusel und eiskalte Thrills. Egal ob Roman oder Kurzgeschichte, King beherrscht das Spiel auf der Klaviatur des Grauens in nahezu jeder Verpackung. Umso enttäuschter müssen King-Fans mit den meisten der bisherigen Verfilmungen seiner Horror-Geschichten sein. Nur wenige wie Stanley Kubricks Klassiker Shining oder das simple aber effektive Psychopathen-Stück Misery überzeugten auch auf der Kino-Leinwand. Gleichzeitig versuchten sich viel zu oft weitgehend talentfreie Regisseure und Drehbuchautoren an den King’schen Erzählungen, die zudem nicht selten mit B- und C-Movie-Personal besetzt wurden. Ironischerweise erging es seinen „ernsten“ Arbeiten wie Die Verurteilten und The Green Mile weitaus besser – in künstlerischer wie kommerzieller Hinsicht.
Der im Thriller- und Horror-Genre erprobte schwedische Regisseur Mikael Håfström (Entgleist, The Drowning Ghost) war von Beginn an darauf aus, die Fehler der meisten seiner Kollegen zu vermeiden. Die 2002 im Rahmen einer Sammlung von Kurzgeschichten erschienene Story Zimmer 1408 sollte mit einem Vollblutschauspieler besetzt und möglichst geradlinig inszeniert werden. Bei John Cusack wurde man schließlich fündig. Dieser übernahm die Rolle des zynischen, vom Leben enttäuschten Bestsellerautors Mike Enslin, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, angeblich übersinnliche Phänomene als kruden Hokus Pokus zu enttarnen. Doch als er in das Zimmer mit der Nummer 1408 des New Yorker Dolphin Hotel eincheckt, beginnen sich die Dinge, in eine für ihn zunehmend unerklärliche Richtung zu entwickeln. Erst zu spät wird ihm bewusst, dass er die Warnungen des Hotel-Managers (Samuel L. Jackson) besser nicht hätte ignorieren sollen.
Für King typisch (siehe The Green Mile) durchläuft der Held einen inneren Läuterungsprozess, an dessen Ende er sein bisher vorherrschendes rationales Weltbild offen in Frage stellt. Die Entwicklungen der letzten zwanzig Minuten mit ihrer zu erwartenden Schlusspointe bieten dabei Raum für allerlei Spekulationen, inwieweit der zuvor von Mike durchlittene kafkaeske Albtraum doch mehr als nur ein Produkt des eigenen Unterbewusstseins war. Eindeutige Antworten wird man nicht finden, was zunächst frustriert, in letzter Konsequenz aber das Thema von Kings Geschichte, die um die schmerzliche, niemals endende Verarbeitung erlittener Traumata kreist, adäquat widerspiegelt.
Zimmer 1408 ließe sich ebenso gut in anderer Verkleidung aufführen. Was King und Håfström uns hier präsentieren, könnte auch als Vorlage für ein schweres Psycho-Drama herhalten. Eine Person, ein Zimmer, eine Tragödie. Doch an die Stelle eines subtilen Seelen-Striptease setzen die Verantwortlichen laute, mit Ansage vorgetragene Schockeffekte. Dabei können es rein von deren Quantität nur wenige Produktionen in diesem Jahr mit Håfströms Werk aufnehmen. Allein das reicht nicht aus. Die unter dem plötzlichen Aufheulen der Tonspur vor allem im Mittelteil exzessiv eingesetzten „Buh!“-Momente nutzen sich in ihrer Anhäufung vielmehr recht schnell ab.
Dafür spielt der Film auf visueller Ebene überaus elegant mit den Reizen des sehr beschränkten Setups. Wie schon bei Entgleist arbeitete Håfström mit Kameramann Benoît Delhomme zusammen. Letzterer leuchtet das mysteriöse Hotelzimmer wie den physischen Gegenspieler von John Cusack aus. Über die Lichtsetzung und das düstere Farbdesign erhält der Ort seine eigene Persönlichkeit, mit der es der scheinbar abgeklärte Realist und Rationalist aufnehmen muss, bevor ihm selber der Boden unter den Füßen weggerissen wird und sich sein Geisteszustand langsam demjenigen von Jack Nicholson in Shining angleicht.
Das Zimmer ist der Hurrikan, in dessen Auge John Cusack gemeinsam mit dem Zuschauer nach Erklärungen für das Unerklärliche sucht. King ist bekannt dafür, dass er seine Geschichten nur zu gerne mit religiösen Untertönen und allerlei übersinnlichen Mumpitz anreichert. So auch in diesem Fall. Nach einer stimmigen Exposition erreicht der Film recht schnell einen Punkt, ab dem man entweder kopfschüttelnd das Kino verlassen oder sich dem dahin schmelzenden Tableau surrealer Bildern hingeben kann. Wer geht, verpasst einen schauspielerischen Gewaltakt. Mit brachialer Wucht schreit sich Cusack den Schmerz eines traumatisierten Familienvaters aus dem Leib. Aufkommende Paranoia, blanke Todesangst, ihm nimmt man in dieser Rolle jede Emotion ab, ganz gleich wie verquer sich der Rest des Films anfühlt.
Zimmer 1408, der mitunter an ein David Lynch-Puzzle erinnert und eine vergleichbare Orientierungslosigkeit und Verunsicherung evoziert, empfiehlt sich trotz seines herausragenden Hauptdarstellers und aller optischer Finessen unter dem Strich aber nur für eingefleischte King-Freunde, denen die spirituellen, übersinnlichen Peitschenhiebe nichts ausmachen.
Erschienen bei BlairWitch.
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