Freitag, August 31, 2007

Death Sentence - Ein Mann sieht rot


USA 2007

++

Dass Filme ein ganzes Leben verändern können, wird James Wan vermutlich bestätigen. Der Mann hat mit Saw einer der erfolgreichsten Horror-Franchises der letzten Jahre erschaffen. Zusammen mit seinem Freund Leigh Whannell erdachte er das Konzept des Jigsaw-Killers, der mit immer ausgeklügelten Folter-Spielereien seine Opfer zu besseren Menschen erziehen wollte. Derzeit befindet sich bereits Teil 4 der Reihe in der Post-Produktion. Wan, der die Sequels lediglich noch als ausführender Produzent betreut, widmete sich neuen Aufgaben. Auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest wird sein wiederum mit Whannell erarbeiteter Bauchredner-Grusler Dead Silence zu sehen sein, dem nach mäßigen Einspielergebnissen hierzulande eine Kinoauswertung verweigert wurde. Dafür erhielt Wans mit Kevin Bacon prominent besetzter Rache-Thriller Death Sentence grünes Licht für einen Kinostart.

Der Film beginnt mit einer im Heimvideostil festgehaltenen Familienchronik. Geburtstage und Feiertage dienen als besondere Fixpunkte. Von der Geburt der beiden Söhne Lucas (Jordan Garrett) und Brendan (Stuart Lafferty) bis zu deren Pubertät zeigt die Einleitung, dass wir es hier mit einem kleinen Idyll zu tun haben. Eine glückliche Familie mit einem stolzen Daddy (Kevin Bacon). Nick geht einer geregelten Arbeit nach, während seine von ihm über alles geliebte Frau Helen (Kelly Preston) das Zuhause mit den Kindern managt. Natürlich gehört es zu den Regeln des Thriller-Genres, das je heller ein Glück anfangs strahlt, es später umso erbarmungsloser niedergerissen wird. So auch im Fall von Death Sentence.

Der Zufall will es, dass der älteste Sohn in einen außer Kontrolle geratenen Überfall gerät. Er stirbt auf grausame Weise, ohne dass sein Vater daran etwas ändern kann. Der ultimative Albtraum, das Undenkbare wird plötzlich zur grausamen Realität. Gefühle wie Wut und Rache überkommen den ansonsten ruhigen und disziplinierten Büro-Angestellten. Irgendwann lassen sich seine Rache-Gelüste nicht länger kontrollieren. Er fällt den folgenschweren Entschluss, jeden zu töten, der seinerzeit in den Mord seines Sohnes verwickelt war.

Damit begibt sich die Dramaturgie auf eine zuvor bereits von unzähligen Filmen beschrittene Reise in ein (selbst-)zerstörerisches Waterloo, an dessen Ende zwar nicht alle Hoffnung verloren aber zumindest unter einem Meer aus Blut verschüttet ist. Auf diesem Weg werden von Death Sentence – wie im Übrigen von jedem anderen Revenge-Movie auch – die Grundprinzipien jedes demokratischen Rechtsstaates vorsätzlich aus den Angeln gehoben, was Jugendschützern und Politiker reflexartig neue Indizierungsaufforderungen entlocken dürfte. Die während der zweiten Filmhälfte ausgeübte und offensiv zur Schau gestellte Selbstjustiz-Odyssee des einst so besonnenen Familienvaters ist mit dem Anspruch des Staates auf sein Gewaltmonopol unvereinbar. Kein Wunder, dass dieser allergisch auf Geschichten mit dem alttestamentarischen Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ reagiert.

I Spit on Your Grave, The Crow, The Punisher, Irreversibel, die Liste verfilmter Rache-Fantasien ist ebenso lang wie blutig. Während manche auf einen kaum mehr erträglichen Realismus setzen (Irreversibel), nutzen andere (The Crow, The Punisher) eine von Comics beeinflusste Gothic-Optik, um ihren an sich meist schlichten Plot ansprechend zu verkleiden. Death Sentence ist in diesem Punkt gewissermaßen ein Zwitter, besitzt er doch von beiden Stilrichtungen etwas. Zumindest anfangs gibt Wan seinem Film einen durchaus realistischen Anstrich, der, je weiter Nick seine Rachepläne in die Tat umsetzt, von einer zunehmend stilisierten Ästhetik des modernen Horrorkinos abgelöst wird. Dann leuchtet das Licht derart schummerig durch den Fensterspalt, dass man sich zuweilen glatt in Wans Meisterstück Saw oder in Marcus Nispels Texas Chainsaw Massacre-Remake wähnt. Das sieht alles zum Sterben schön und schaurig aus, nur kann das perfekte Styling nicht über die ungelenkte Konstruktion des Plots hinwegtäuschen.

Dabei stört nicht einmal die Einfachheit des Ganzen – im Gegenteil. Denn gerade aus dem Spiel mit den simplen Mechanismen des Genres zieht ein Film wie Death Sentence einen Großteil seiner Faszination. Eher schon krankt Wans neueste Regiearbeit an der unentschlossenen Vermischung von melodramatischen und spaßig-skurrilen Tönen, welche zumindest in ein und demselben Film nicht so recht zusammen passen wollen.

Es sind Szenen wie die, als Nick erfährt, dass die Killer auch seine Frau getötet und seinen anderen Sohn schwer verletzt haben, die einem als Zuschauer erst einen emotionalen Tiefschlag versetzen und für die man bereits im nächsten Moment am liebsten schamhaft im Boden versinken würde. Dann nämlich, wenn einem bewusst wird, dass der Film sein zuvor sorgsam aufgebautes dramatisches Potenzial ohne Not über Bord wirft, um sich an vermeintlich spaßigen Charakteren – John Goodman als versoffener Waffen-Freak – und grotesker Action zu delektieren. Der finale Shootout mit seinem ungezügelten, slapstickartigen Geballere wäre in jedem Guy Ritchie-Film besser aufgehoben (sogar in Gigli). Als das Ende dieser Geschichte entwertet er nur nachträglich jedes Interesse für das, was Death Sentence bis dahin zu erzählen hatte.

Für BlairWitch.

Donnerstag, August 30, 2007

Sakuran - Wilde Kirschblüte


JPN 2006

+++

Basierend auf einem Manga erzählt Sakuran die Geschichte einer Kurtisane im Japan der Edo-Zeit. Mit seiner suggestiven Farbästhetik und detailgetreuen Ausstattung ist der Film ein wahres Fest für die Sinne. Aber auch abseits aller Schauwerte weiß Sakuran zu überzeugen. Weiterlesen auf Critic.de.

Dienstag, August 28, 2007

Rezept zum Verlieben - Kantinenessen


USA 2007

+1/2

Die Remake-Industrie Hollywoods hat wieder einmal zugeschlagen. Dieses Mal traf es Sandra Nettelbecks charmante Liebeskomödie Bella Martha. Der australische Regisseur Scott Hicks – immerhin Oscar-nominiert für sein Außenseiter-Drama Shine – hielt bei der Neuverfilmung die Fäden in der Hand. Mit Catherine Zeta-Jones statt Martina Gedeck entpuppt sich seine Version aber als eine ziemlich glatte romantische Komödie nach bewährtem Strickmuster.

Filmkritik:

Kate Armstrong (Catherine Zeta-Jones) ist ein wahrer Workaholic. Sie lebt für ihren Beruf, dem sie alles andere unterordnet. Die ehrgeizige und disziplinierte Meisterköchin führt in der Küche des noblen New Yorker Restaurants 22 Bleecker ein strenges Regiment. Nahezu rund um die Uhr kreisen ihre Gedanken um neue Rezepte und Zutaten, was bei Kollegen und Freunden nicht immer nur Bewunderung auslöst. Erst ein tragischer Zwischenfall soll daran etwas ändern. Nachdem ihre Schwester bei einem Autounfall stirbt, nimmt sie deren neunjährige Nichte Zoe (Abigail Breslin) bei sich auf. Das aufgeweckte Mädchen bringt mit ihrer kindlichen Unbekümmertheit Kates minutiös durchgeplanten Tagesablauf gehörig durcheinander.

Zu allem Überfluss geraten in dieser Situation auch auf der Arbeit die Dinge zunehmend außer Kontrolle. So stellt ein neuer Kollege ihren Perfektionismus auf eine harte Probe. Nick (Aaron Eckhart) ist spontan, chaotisch und scheinbar immer gut gelaunt. Für ihn hat Kochen vor allem etwas mit Leidenschaft und Spaß zu tun, zwei Worte, die Kate aus ihrem Leben fast gänzlich verbannt hat. Da sich Gegensätze aber bekanntlich anziehen, soll es nicht lange dauern, bis die ungleichen Meisterköche mehr als nur den Herd miteinander teilen.

Weichgespült, ohne die im Original vorhandenen Ecken und Kanten präsentiert sich die Hollywood-Version von Sandra Nettelbecks Überraschungserfolg Bella Martha. Es waren Kleinigkeiten, die den Film seinerzeit aus der Masse der romantischen Komödien und Beziehungsfilme heraustreten ließen. Die männliche Hauptrolle entzog sich in ihrer Besetzung mit dem italienischen Charakterdarsteller Sergio Castellitto ganz bewusst gängigen Schönheitsidealen. Bei Scott Hicks Remake verhält es sich da schon anders. Aaron Eckhart – zweifellos ein Vollblutschauspieler wie seine Auftritte in der Satire Thank You for Smoking und der James Ellroy-Adaption Die schwarze Dahlie beweisen – darf frisch blondiert und mit Zahnpasta-Lächeln das Herz der strengen Kate erobern. Dabei wirkt sein Typ ungefähr so authentisch wie das Mitglied einer zusammengecasteten Boyband.

Der kreative Prozess des Kochens, die Leidenschaft, mit der Sterneköche aus Lebensmitteln kleine Kunstwerke erschaffen, all das versucht Rezept zum Verlieben in den Szenen des Restaurantbetriebs zu vermitteln. Doch statt sinnlicher Verführung und subtiler Erotik á la Chocolat, statt Genuss und Hingabe präsentiert Hicks nur Bilder aus einem vor Klischees triefenden Küchen-Almanach. Bei ihm gibt es lediglich ein hektisches Klappern mit Töpfen und Pfannen garniert mit der in Nick personifizierten Vorstellung des Kochs als kreatives Enfant Terrible.

In jedem Moment ist spürbar, wie Hicks Film geradezu sklavisch dem dramaturgischen Korsett gängiger romantischer Komödien folgt. Punkt für Punkt arbeitet die Geschichte die für das Genre wesentlichen Story-Elemente ab. Selbst auf die obligatorische Trennung des vermeintlichen Traumpaares kurz vor Filmende verzichtet Rezept zum Verlieben nicht. Und das, obwohl an einem Happy End zu keiner Zeit auch nur die geringsten Zweifel bestehen. Das Ziel ist ebenso klar definiert wie der Weg dahin, was letztlich den Erfolg des Genres sogar erklärt. Ein Zuschauer, der sich für einen Film wie Rezept zum Verlieben entscheidet, weiß, was er bekommt. Filmische Experimente müssen woanders stattfinden.

Für Programmkino.de.

Sonntag, August 26, 2007

Die Regeln der Gewalt - Let Loose


USA 2007

++1/2

Mit Die Regeln der Gewalt gibt Scott Frank, Drehbuchautor der beiden Elmore Leonard-Verfilmungen Out of Sight und Get Shorty, sein Regiedebüt. Die offenkundig vom Film Noir beeinflusste Geschichte um einen reichlich banalen Banküberfall besticht durch ihre ausgeklügelte Charakterzeichnung, die zwischenzeitliche Längen äußerst elegant zu kaschieren weiß. Jungstar Joseph Gordon-Levitt brilliert nach seiner ähnlich gelagerten Rolle in Brick einmal mehr als melancholischer, depressiver Anti-Held, der schwer unter der Last seiner Vergangenheit zu tragen hat.

Filmkritik:

Wenn Chris (Joseph Gordon-Levitt) morgens aufwacht, benötigt er zunächst einige Minuten, um sich zu orientieren. Seit einem tragischen Verkehrsunfall, bei dem zwei seiner Freunde starben und den er zu verantworten hat, leidet er unter den Folgen einer schweren Kopfverletzung. Chris muss sich Dinge aufschreiben, damit er sie nicht vergisst. Er wirkt oft geistig abwesend, in sich gekehrt und verschlossen. Auch wenn er immer wieder die Rückkehr in ein normales Leben probt, seine Versuche sind zumeist zum Scheitern verurteilt. Nur sein blinder Zimmergenosse Lewis (Jeff Daniels) hält zu ihm. Erst als Chris in einer Bank einen Job als Putze annimmt, soll sich daran etwas ändern. Plötzlich interessiert sich ein früherer Mitschüler (Matthew Goode) für ihn. Dieser plant in das Geldhaus einzubrechen, wobei Chris ihm behilflich sein soll.

Von da an wandelt Die Regeln der Gewalt auf den Pfaden eines typischen Heist-Movies. Auf Planung und Durchführung folgt die unvermeintliche gewalttätige Eskalation des Coups. So lässig und fast schon nebensächlich Regisseur und Autor Scott Frank allerdings seinen Plot ausrollt, drängt sich der Verdacht auf, dass es ihm auf den Überfall – ganz im Gegensatz zu anderen Vertretern des Heist-Genres – überhaupt nicht ankommt. Er nutzt vielmehr ein Tableau, das seit Jean-Pierre Melvilles Drei Uhr nachts bereits unzählige Male zu Aufführung kam, für eine sehr intime Geschichte über den Umgang mit persönlicher Schuld und Verantwortung. Sein Hauptcharakter, ein einst talentierter Eishockeyspieler, dem eine große Karriere vorausgesagt wurde, und der sich jetzt nach einem selbstverschuldeten Autounfall als emotionaler und körperlicher Krüppel mit Aushilfsjobs über Wasser hält, erinnert wohl nicht ganz zufällig an die abgewrackten Anti-Helden des Film Noir auf.

Überhaupt weist Die Regeln der Gewalt in seiner Dramaturgie und Personenkonstellation zahlreiche Parallelen zu den Filmen der Schwarzen Serie auf. Auch hier schlägt der Plot kleinere und größere Haken, taucht eine geheimnisvolle Femme fatale (Isla Fisher) auf und kommt es am Ende zu einem blutigen alles entscheidenden Showdown. Dabei hebt sich Scott Franks Regiedebüt gerade in Punkto Charakterzeichnung wohltuend vom Gros der durchgestylten aber oftmals inhaltsleeren Neo-Noirs ab.

Bis nach über einer Stunde der eigentliche Coup anläuft, passiert auf der Handlungsebene kaum etwas. Stattdessen spielt sich die gesamte Action in Chris Innerem ab. In einer Schlüsselszene versucht er, mit dem, was gewesen ist und was sich nicht mehr ändern lässt, klar zu kommen. Über ihm leuchtet währenddessen die Silhouette eines Kreuzes, was den für die Geschichte integralen Schuld- und Buße-Gedanken in nur einem Bild zusammenfasst. Später dann, als Chris gezwungen ist, unter Druck zu funktionieren, schreit er seinem Peiniger die Worte „I Have the Power!“ entgegen, was durchaus auch an die Adresse seiner eigenen Dämonen gerichtet zu sein scheint.

Franks Vergangenheit als Drehbuchautor, seine Erfahrung bei der Ausarbeitung einer in sich widersprüchlichen Figur hilft Die Regeln der Gewalt über die Ereignislosigkeit seines Mittelteils hinweg. Das und Joseph-Gordon Levitts erneut beeindruckende Darstellung eines melancholischen Einzelgängers. In seiner Langzeitwirkung ist das Ergebnis dem meisten, was unter dem Etikett des „modernen Spannungs-Kinos“ vermarktet wird, zweifellos überlegen.

Für Programmkino.de.

Freitag, August 24, 2007

Zimmer 1408 - Tödliches Check-In


USA 2007

++

Wer über modernen Horror in Literatur wie Film schreibt, kommt an einem Mann nicht vorbei: Stephen King, das Synonym für Gänsehaut, okkultem Grusel und eiskalte Thrills. Egal ob Roman oder Kurzgeschichte, King beherrscht das Spiel auf der Klaviatur des Grauens in nahezu jeder Verpackung. Umso enttäuschter müssen King-Fans mit den meisten der bisherigen Verfilmungen seiner Horror-Geschichten sein. Nur wenige wie Stanley Kubricks Klassiker Shining oder das simple aber effektive Psychopathen-Stück Misery überzeugten auch auf der Kino-Leinwand. Gleichzeitig versuchten sich viel zu oft weitgehend talentfreie Regisseure und Drehbuchautoren an den King’schen Erzählungen, die zudem nicht selten mit B- und C-Movie-Personal besetzt wurden. Ironischerweise erging es seinen „ernsten“ Arbeiten wie Die Verurteilten und The Green Mile weitaus besser – in künstlerischer wie kommerzieller Hinsicht.

Der im Thriller- und Horror-Genre erprobte schwedische Regisseur Mikael Håfström (Entgleist, The Drowning Ghost) war von Beginn an darauf aus, die Fehler der meisten seiner Kollegen zu vermeiden. Die 2002 im Rahmen einer Sammlung von Kurzgeschichten erschienene Story Zimmer 1408 sollte mit einem Vollblutschauspieler besetzt und möglichst geradlinig inszeniert werden. Bei John Cusack wurde man schließlich fündig. Dieser übernahm die Rolle des zynischen, vom Leben enttäuschten Bestsellerautors Mike Enslin, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, angeblich übersinnliche Phänomene als kruden Hokus Pokus zu enttarnen. Doch als er in das Zimmer mit der Nummer 1408 des New Yorker Dolphin Hotel eincheckt, beginnen sich die Dinge, in eine für ihn zunehmend unerklärliche Richtung zu entwickeln. Erst zu spät wird ihm bewusst, dass er die Warnungen des Hotel-Managers (Samuel L. Jackson) besser nicht hätte ignorieren sollen.

Für King typisch (siehe The Green Mile) durchläuft der Held einen inneren Läuterungsprozess, an dessen Ende er sein bisher vorherrschendes rationales Weltbild offen in Frage stellt. Die Entwicklungen der letzten zwanzig Minuten mit ihrer zu erwartenden Schlusspointe bieten dabei Raum für allerlei Spekulationen, inwieweit der zuvor von Mike durchlittene kafkaeske Albtraum doch mehr als nur ein Produkt des eigenen Unterbewusstseins war. Eindeutige Antworten wird man nicht finden, was zunächst frustriert, in letzter Konsequenz aber das Thema von Kings Geschichte, die um die schmerzliche, niemals endende Verarbeitung erlittener Traumata kreist, adäquat widerspiegelt.

Zimmer 1408 ließe sich ebenso gut in anderer Verkleidung aufführen. Was King und Håfström uns hier präsentieren, könnte auch als Vorlage für ein schweres Psycho-Drama herhalten. Eine Person, ein Zimmer, eine Tragödie. Doch an die Stelle eines subtilen Seelen-Striptease setzen die Verantwortlichen laute, mit Ansage vorgetragene Schockeffekte. Dabei können es rein von deren Quantität nur wenige Produktionen in diesem Jahr mit Håfströms Werk aufnehmen. Allein das reicht nicht aus. Die unter dem plötzlichen Aufheulen der Tonspur vor allem im Mittelteil exzessiv eingesetzten „Buh!“-Momente nutzen sich in ihrer Anhäufung vielmehr recht schnell ab.

Dafür spielt der Film auf visueller Ebene überaus elegant mit den Reizen des sehr beschränkten Setups. Wie schon bei Entgleist arbeitete Håfström mit Kameramann Benoît Delhomme zusammen. Letzterer leuchtet das mysteriöse Hotelzimmer wie den physischen Gegenspieler von John Cusack aus. Über die Lichtsetzung und das düstere Farbdesign erhält der Ort seine eigene Persönlichkeit, mit der es der scheinbar abgeklärte Realist und Rationalist aufnehmen muss, bevor ihm selber der Boden unter den Füßen weggerissen wird und sich sein Geisteszustand langsam demjenigen von Jack Nicholson in Shining angleicht.

Das Zimmer ist der Hurrikan, in dessen Auge John Cusack gemeinsam mit dem Zuschauer nach Erklärungen für das Unerklärliche sucht. King ist bekannt dafür, dass er seine Geschichten nur zu gerne mit religiösen Untertönen und allerlei übersinnlichen Mumpitz anreichert. So auch in diesem Fall. Nach einer stimmigen Exposition erreicht der Film recht schnell einen Punkt, ab dem man entweder kopfschüttelnd das Kino verlassen oder sich dem dahin schmelzenden Tableau surrealer Bildern hingeben kann. Wer geht, verpasst einen schauspielerischen Gewaltakt. Mit brachialer Wucht schreit sich Cusack den Schmerz eines traumatisierten Familienvaters aus dem Leib. Aufkommende Paranoia, blanke Todesangst, ihm nimmt man in dieser Rolle jede Emotion ab, ganz gleich wie verquer sich der Rest des Films anfühlt.

Zimmer 1408, der mitunter an ein David Lynch-Puzzle erinnert und eine vergleichbare Orientierungslosigkeit und Verunsicherung evoziert, empfiehlt sich trotz seines herausragenden Hauptdarstellers und aller optischer Finessen unter dem Strich aber nur für eingefleischte King-Freunde, denen die spirituellen, übersinnlichen Peitschenhiebe nichts ausmachen.

Erschienen bei BlairWitch.

Das Bourne Ultimatum - Lauf, Jason, Lauf


USA 2007

+++

Ein Agent ohne Erinnerung, eine Flucht ohne Ziel. Matt Damon alias Jason Bourne verkörpert einmal mehr die moderne Synthese aus Dr. Richard Kimble und James Bond. Unter der Regie von Paul Greengrass liefert er sich mit seinen Gegnern ein atemberaubendes Hase-und-Igel-Spiel quer durch Europa. Die energetische, fast ausschließlich mit Handkamera gefilmte Action etabliert ebenso wie der Inszenierungsstil einen für das Genre ungewöhnlichen Grad an Realismus.

Filmkritik:

Manche Filme scheinen als Relikte ihrer Zeit heute nicht mehr zu funktionieren. Der Spionage- und Agenten-Thriller klassischer Prägung gehörte nach dem Ende des Kalten Krieges sicherlich dazu. Umso eindruckvoller fiel 2002 dessen Comeback aus. Während sich die Bond-Reihe zunehmend in technischem Firlefanz und den immer gleichen Posen merklich kraftlos von Film zu Film schleppte, verpasste Die Bourne Identität dem gesamten Genre die lang erhoffte Frischzellenkur. Matt Damon hetzte in der Rolle des Profikillers ohne Erinnerung quer durch Europa, auf der Suche nach Antworten und den Leuten, die ihn für ihre Zwecke zu einer Kampfmaschine ausbilden ließen. Bereits zwei Jahre später folgte das von Paul Greengrass (Flug 93) inszenierte Sequel Die Bourne Verschwörung, in der Damon als Jason Bourne vor allem auf Rache sann.

Die Bourne-Reihe – eine lose Adaption der Spionage-Romane Robert Ludlums, die noch den Ost-West-Konflikt zum Gegenstand hatten – findet ihren vorläufigen Abschluss in Das Bourne Ultimatum. Darin kehrt der von der Bildfläche verschwundene Auftragskiller auf den Radarschirm seiner Verfolger zurück. Noah Vosen (David Strathairn), der neue Leiter jener Geheimabteilung des CIA, die früher unter dem Namen „Treadstone“ firmierte und fernab aller Kontrollgremien operierte, hat es sich zum Ziel gesetzt, Jason Bourne aufzuspüren und endgültig auszuschalten.

Dazu vertraut er auf das Wissen der CIA-Agentin Pamela Landy (Joan Allen). Sie kennt Bourne und seine Gewohnheiten besser als irgendwer sonst. Allerdings hegt sie auch gewisse Sympathien für ihn, so dass sie Vosens Absicht, den abtrünnigen Mitarbeiter zu töten, nicht rückhaltlos unterstützen kann. Bournes Flucht soll ihn dieses Mal nicht nur in diverse europäische Hauptstädte sondern auch ins nordafrikanische Tanger und letztlich bis nach New York führen. Dort, wo die Ereignisse ihren Anfang nahmen, will er sich seiner Vergangenheit stellen und all dem ein Ende setzen.

Die Faszination der Bourne-Filme liegt in der direkten und ohne lange Exposition vorgetragenen Geschichte eines Mannes, der sich allein gegen einen übermächtigen Apparat behaupten muss. Matt Damon ist die perfekte Besetzung für den einerseits eiskalten, dann wiederum sich selbst in Zweifel ziehenden Helden, der Dinge getan hat, die alles andere als heldenhaft sind. In albtraumhaft verzerrten Rückblenden durchlebt er immer wieder den Tag, an dem er seine alte Identität ablegte und zu Jason Bourne wurde. Der Schmerz über den Tod seiner Freundin Marie (Franka Potente) treibt ihn an, lässt ihn die eigene Angst vergessen und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu einem letzten Gegenschlag ausholen. Dabei steuert Das Bourne Ultimatum auf ein clever konstruiertes Finale zu, dessen letzte Einstellung auf eine äußerst elegante Weise den Kreis zum ersten Teil schließt.

Wie schon bei Die Bourne Verschwörung nahm Paul Greengrass auf dem Regiestuhl Platz. Der Brite bleibt seinem unverwechselbaren, hektisch-impulsiven Stil treu. Nahezu vollständig mit der Handkamera gefilmt, mit schnellen Schnitten und einem harten, militaristischen Score unterlegt, gibt es für den Zuschauer nur selten einen Moment der Ruhe. So atemlos wie Jason Bourne rennt, springt, und sich mit seinen Kontrahenten spektakuläre Verfolgungsjagden liefert, so rastlos und vital gibt sich der gesamte Film. Die Action setzt auf das Duell Mann gegen Mann, auf den erbarmungslos ausgetragenen Infight, in den auch die Kamera zuweilen verwickelt wird. Bewusst verzichtet Greengrass hierbei auf CGI-generierte Explosionen und pyrotechnischen Ballast. Vielmehr zieht sich der realistische Anstrich bis in die Choreographie der einzelnen Action-Sequenzen.

Noch bevor Daniel Craig in Casino Royale einen neuen, geerdeten Bond-Typus darstellen durfte, zeigte dieser Jason Bourne bereits, dass die Antwort auf die Effektgewitter der großen Action-Blockbuster nur in der Rückbesinnung auf ein nüchternes und dennoch leidenschaftliches Testosteron-Kino liegen kann. Neben Matt Damons physisch beeindruckendem Jump’n’Run-Part, wartet der dritte Bourne aber zudem mit einem psychologisch ausgefeilten Duell zwischen Joan Allen und David Strathairn auf. Über die Diskussionen ihrer Filmfiguren liefert Das Bourne Ultimatum ganz nebenbei einen Einblick in die nach den Terroranschlägen des 11. Septembers schwer traumatisierte Seele Amerikas und in zwei nicht miteinander vereinbare Philosophien von Sicherheit und Freiheit.

Für Programmkino.de.

Dienstag, August 21, 2007

Beim ersten Mal - Bong oder Baby


USA 2006

+++1/2

Hier ist sie, die Komödie des diesjährigen Kinosommers! Judd Apatow, der mit Jungfrau (40), männlich, sucht ... bereits einen veritablen Überraschungserfolg landete, liefert mit Beim ersten Mal ein weiteres, ebenso komisches wie charmantes Meisterstück ab. Wer mehr erfahren möchte, liest auf evolver weiter.

Montag, August 20, 2007

Die letzte Legion - Blutige Sandalen


USA/GB/F 2007

+1/2

Der Kampf einer letzten Legion tapferer Römer gegen wilde Barbarenstämme ist die jüngste Produktion aus der Erfolgschmiede von Dino de Laurentiis. Der Ansatz, ein actionreiches, spektakuläres Epos mit Fantasy-Touch auf die Leinwand bringen zu wollen, kann getrost als gescheitert angesehen werden. Sogar gestandene Schauspieler wie Ben Kingsley und Colin Firth ändern hieran nichts. Allenfalls unter dem Trash-Aspekt erscheint der Film noch goutierbar.

Filmkritik:

Dino de Laurentiis ist eine lebende Produzenten-Legende. Der mittlerweile 87jährige Italiener hatte das erste King Kong-Remake in den 70ern mitfinanziert, er war ausführender Produzent bei Krieg und Frieden, Schwarzeneggers Hollywood-Durchbruch Conan – Der Barbar und der dritten Thomas Harris-Verfilmung Hannibal. Wenn er ein neues Filmprojekt initiiert, kann er sich der Unterstützung bekannter und renommierter Kollegen gewiss sein. Zusammen mit seiner Frau Martha und seiner Tochter Raffaella nahm er sich zuletzt des historischen Fantasy-Stoffs Die letzte Legion an. Unter der Regie von Doug Lefler sollte ein bildgewaltiges und actionreiches Epos um Verrat, Intrigen und Loyalität entstehen.

Soweit der Wunsch, die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus. Lefler, der zuvor nur mit dem müden hierzulande direkt auf Video erschienenen Fantasy-Märchen Dragonheart 2 - Ein neuer Anfang auf sich aufmerksam machte und einige Folgen der TV-Serie Xena abdrehte, inszenierte den Kampf der letzten aufrechten Römer gegen eine Armee finsterer Barbarenstämme als laues, erschreckend plattes Action-Gekloppe mit reichlich unfreiwilliger Komik und einem nicht zu unterschätzenden Trash-Faktor. Die Frage, warum sich gestandene Schauspieler wie Ben Kingsley, Colin Firth und Peter Mullan für diesen Film hergaben, kann nur mit einem Verweis auf den Namen „De Laurentiis“ und dessen umfangreiche Branchenkontakte erklärt werden.

Wir schreiben das Jahr 476 n. Christus. Das römische Imperium befindet sich bereits in der Auflösung, als der gerade einmal 12jährige Romulus Augustus (Thomas Sangster) zum neuen Kaiser gekrönt wird. Noch eher er seine Regentschaft antreten kann, werden er und sein Lehrmeister Ambrosinus (Ben Kingsley) von den Barbaren entführt und auf die Insel Capri verbracht. Dorthin eilt ihnen der Befehlshaber der kaiserlichen Leibgarde, Aurelius (Colin Firth), mit einigen seiner Männer zur Hilfe. Es gelingt Aurelius tatsächlich, Romulus und Ambrosinus zu befreien, doch der Sieg ist trügerisch. Denn eine Rückkehr in das nunmehr besetzte Rom scheint ausgeschlossen. Den Männern bleibt nur eine Möglichkeit: Sie müssen ins weit entfernte Britannien reisen, wo die letzte Legion des einst so mächtigen römischen Heeres den Feinden Caesars um den grausamen Lord Vortgyn (Harry van Gorkum) trotzt.

Was als monumentales Spektakel und emotionaler Kraftakt im Gladiator-Stil angelegt war, hat letztlich mehr Ähnlichkeit mit TV-Fließbandproduktionen und dramaturgisch äußerst simpel gestrickten B-Movies wie Der letzte Krieger und Pathfinder. Ungelenkt drückt Lefler immer wieder auf den Pathos-Knopf. Unter dem dramatischen Anschwellen der Musik wird bedeutungsschwanger in die Kamera geblickt und fortwährend Nonsens gefaselt. Kingsley und die anderen Darsteller müssen alberne Dialoge aufsagen, von denen man dachte, sie wären in Telenovelas verbannt. Immerhin blitzt zuweilen die Fähigkeit zur Selbstironie auf. Besonders das Ende mit seinem Verweis auf eine andere weltbekannte Legende relativiert mit einem Augenzwinkern vieler der vorausgegangenen Peinlichkeiten.

Die Zielgruppe des Films – ganz eindeutig junge, Fantasy-affine Männer, wie auch die Installation der verführerischen Kampf-Amazone Mira (Aishwaya Rai) beweist – soll bis dahin mit zweitklassig choreographierten Kampfszenen bei Laune gehalten werden. Zwar ist die Kulisse des alten Roms noch halbwegs einer Kinoproduktion würdig, später jedoch, wenn im Feld Römer und „Barbaren“ die Schwerter zücken, lässt sich der Klassenunterschied zu Ridley Scotts Oscar-prämierter Sandalen-Oper nicht mehr leugnen. In Bezug auf die Schauwerte muss sich Die letzte Legion sogar der mediokren Bruckheimer-Produktion King Arthur geschlagen geben. Den alten Haudegen de Laurentiis dürfte das aber vermutlich kalt lassen.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, August 15, 2007

Fata Morgana - Wüste nichts als Wüste


D 2007

+

Was war das? Der sperrige, unsäglich langweilige Wüsten-Trip des deutschen Filmemachers Simon Groß versucht den Spagat zwischen Psycho-Drama und intellektuellem Mystery-Rätsel, bei dem die Existenz eines namenlosen Fremden bis zum Schluss ungeklärt bleibt. Statt Thrill und Interesse produziert das Ergebnis jedoch nur Gleichgültigkeit und Achselzucken. Schade um Matthias Schweighöfer und Marie Zielcke, die einen Kampf auf verlorenem Posten kämpfen. Weiter geht's auf Critic.de.

Montag, August 13, 2007

Gucha - Serbiens (etwas andere) Antwort auf Romeo & Julia


SER/BUL/A/D 2006

++1/2

Romeo & Julia trifft Balkan-Folklore in farbenfroher Bollywood-Verpackung. Filmemacher Dušan Miliæ verlegte Shakespeares Klassiker in die Provinz seiner serbischen Heimat. Genau wie in der weltberühmten Vorlage geht es auch bei ihm um die eine große Liebe, die nicht sein darf. Doch während sich bei Shakespeare die Capulets und Montagues einen Kampf bis aufs Blut liefern, wird dieser in Gucha in Form eines weniger tödlichen Musik-Wettbewerbs ausgetragen. Auf dem größten Blasmusik-Festival des Balkans kommt es schließlich zum Showdown zwischen den beiden rivalisierenden Familienclans.

Filmkritik:

Bereits die Namen der beiden Liebenden verweisen auf das wohl berühmteste Liebespaar der Weltliteratur. Juliana (Aleksandra Manasijeviæ) hat sich in Romeo (Marko Markoviæ) verliebt und er sich in sie. Doch das junge Glück droht an den äußeren Umständen zu zerbrechen. Denn während sie die Tochter des berühmtesten und beliebtesten Trompeters Serbiens ist, spielt er in einem konkurrierenden Roma-Orchester. Ausgerechnet ein Zigeuner, denkt sich Satchmo (Mladen Neleviæ), Julianas Vater. Dem Familienpatriarchen sind fortan alle Mittel recht, um Juliana und Romeo wieder auseinander zu bringen.

Eher widerwillig lässt er sich die Zusage entlocken, dass er die Beziehung der beiden akzeptieren will, wenn Romeo ihn beim Blasmusik-Festival von Gucha besiegt. Als wäre diese Herausforderung nicht schon groß genug, erfährt Romeo erst zu spät von Satchmos Angebot. Denn nicht nur mit der Familie seiner Freundin gibt es Probleme. Auch in der eigenen Sippe hängt zuweilen der Haussegen schief. So kämpft er mit seinem Bruder Rocky (Svetislav Pešiæ) darum, auf dem Festival die erste Trompete spielen zu dürfen. Davon hängt nicht nur seine Zukunft mit Juliana sondern zugleich sein weiterer Werdegang als Musiker ab.

Dušan Miliæ Blick auf den Wettstreit zwischen den rivalisierenden Familien beleuchtet über das Vehikel der verbotenen Liebe eine Vielzahl gängiger Vorurteile. Das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Ethnien, in diesem Fall zwischen Serben und Romas, wird nach wie vor von Misstrauen und zuweilen auch offen ausgetragener Feindschaft bestimmt. Nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien regiert heute in nicht wenigen Köpfen ein neuer, von Intoleranz befeuerter Nationalismus. Die Gegensätze und kulturellen Unterschiede zwischen Satchmos und Romeos Familie drückt der Film vorrangig über die Musik aus. Die eher langsameren, bluesigen Stücke der Romas heben sich deutlich von Satchmos temporeichen Fanfaren-Nummern an, die tief in der Tradition der serbischen Folklore verwurzelt sind. Intuitiv wird dadurch klar, was Satchmo und Romeo trennt, und – viel wichtiger – was sie trotz allem auch verbindet.

Als integraler Bestandteil der Geschichte erfüllt das ausgiebige Musizieren noch eine weitere wichtige Funktion. Für Romeo entspricht das Komponieren seiner eigenen Stücke einem Initiationsritus, der ihn von seiner Jugend Abschied nehmen lässt und ihn die Welt der Erwachsenen einführt. Sein Coming-of-Age mag zwar im Trubel des Bläser-Wettstreits und der eigenen Beziehungsturbulenzen nicht immer ohne störende Nebengeräusche herauszuhören sein, dennoch muss man Miliæ für diesen frischen und unverbrauchten Ansatz einfach dankbar sein. Immerhin schafft er es auf diese Weise, den bereits unzählige Male verfilmten Prozess des Erwachsenwerdens einmal vollkommen anders zu erzählen.

Und das ist keineswegs die einzige Überraschung. Bei der Inszenierung ließ Miliæ sich augenscheinlich von dem quietschbunten, kitschigen Kino Bollywoods inspirieren. Kräftige, kontrastreiche Farben illustrieren den unterschiedlichen kulturellen Background von Juliana und Romeo. Zusammen mit der von ihm präferierten Handkamera entwickelt die Bildkomposition ihre ganz eigene Dynamik, die gelegentlich nur von der etwas mutlosen sprich zu braven Skizzierung der einzelnen Milieus ausgebremst wird. An diesem Punkt fehlt es Miliæ Film einfach an Biss und Zuspitzung, was erklärt, warum Gucha trotz seiner vielen originellen Ideen letztlich nicht restlos zu überzeugen vermag.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, August 08, 2007

Evan Allmächtig - Zum Lachen in die Arche


USA 2007

+

Der Nachfolger zum Jim Carrey-Klamaukvehikel Bruce Allmächtig wartet mit dem für eine Komödie rekordverdächtigen Budget von 175 Mio. Dollar auf, erzeugt abseits dieser Gigantomanie aber nur Langeweile. Eine mit Penetranz vorgetragene, religiös eingefärbte Öko-Botschaft, ein lustloser Steve Carrell und schmerzhaft unlustige Späßchen stellen die Geduld des (erwachsenen) Zuschauers auf eine harte Probe. Weiterlesen auf Critic.de.

Sonntag, August 05, 2007

Mimzy - Meine Freundin aus der Zukunft


USA 2007

++1/2

Ein süßer, unscheinbarer Stoffhase und ein kleines Mädchen sind die beiden Hauptdarsteller in Robert Shayes Fantasy-Märchen Mimzy – Meine Freundin aus der Zukunft. Basierend auf einer berühmten Science Fiction-Kurzgeschichte von Lewis Padgett (Mimsy were the Borogoves) liefert der Film eine zeitgemäße Neuinterpretation, wobei insbesondere die zunehmende Technologisierung unseres Alltags einer kritischen Betrachtung unterzogen wird.

Filmkritik:

Eine unscheinbare Box soll das Leben der 7-jährigen Emma (Rhiannon Leigh Wryn) und ihres Bruders Noah (Chris O’Neil) auf den Kopf stellen. Die Geschwister entdecken das geheimnisvolle Kästchen eines Tages am Strand vor dem Ferienhaus ihrer Eltern. Darin befindet sich eine Vielzahl von Dingen, die auf den ersten Blick nur wenig miteinander gemein haben. Neben farbigen Steinen und einer seltsamen technischen Apparatur enthält die Box auch einen Stoffhasen, den Emma auf den Namen Mimzy tauft. Es dauert nicht lange, da beginnen sich die Dinge für alle Beteiligten in eine überraschende Richtung zu entwickeln. Mimzy scheint, gezielt mit Emma Kontakt aufnehmen zu wollen. Das kleine Mädchen kann dank ihr plötzlich die Zukunft voraussagen, ihr Intelligenzquotient steigt wie der ihres Bruders auffallend an, was das Misstrauen ihrer Mutter (Joely Richardson) erregt. Während diese nur wenig Verständnis für Emmas neue Freundin aufzubringen vermag, wird ihrer Tochter bewusst, dass Mimzy etwas ganz Besonderes ist: Sie verkörpert die letzte Hoffnung der Menschen aus der Zukunft.

Als New Line-Chef Robert Shaye von der Idee hörte, auf der Grundlage einer Science Fiction-Kurzgeschichte von Lewis Padgett solle ein neues Filmprojekt entwickelt werden, war er sofort Feuer und Flamme. Er wollte die Geschichte nicht nur produzieren, sondern zugleich auch Regie führen. Gesagt, getan. Herausgekommen ist dabei eine nicht nur im Vergleich zu anderen Kinderfilmen äußerst spannende Reise an die Grenze der Rationalität. Denn obwohl manches, was im Film vorkommt, mit physikalischen und soziologischen Theorien unterlegt werden kann, spielt Mimzy vor allem mit der Imagination seiner jungen Zuschauer. Über die Fundstücke in der Kiste fällt Emma und Noah der Türöffner zu einer anderen Dimension – der Zukunft – in die Hände, was Shaye mittels eines sehr dezenten Einsatzes von Spezialeffekten visualisiert. Szenen wie die am Frühstückstisch, als Emma ihre neu erworbenen Fähigkeiten ganz selbstverständlich und mit einem unschuldigen Lächeln einsetzt, bekunden darüber hinaus die Liebe der Macher zum Detail.

Kinder erhalten mit dem Geschwisterpaar eine ideale Projektionsfläche. Wenn es darum geht, etwas Neues zu entdecken, wovon die Eltern nichts wissen wollen, dürfte es vielen wie Emma und Noah gehen. Glücklicherweise findet sich die von nicht wenigen Kinderfilmen vorgenommene strenge Dichotomie zwischen der Welt der Erwachsenen und dem, was Kinder wahrnehmen und erleben, bei Mimzy nur in abgeschwächter Form. So interessieren sich Noahs Physiklehrer (Rainn Wilson) und dessen esoterisch angehauchte Freundin (Kathryn Hahn) brennend für die Veränderungen im Leben der Geschwister. Und auch der nach einem Stromausfall ermittelnde Terrorexperte des FBI (Michael Clarke Duncan) taugt nicht wirklich als finsterer Antagonist.

Für eine Hollywood-Produktion schlägt Mimzy einen ungewöhnlich technologiekritischen Ton an. Anfangs sieht man Noah und viele der anderen Charaktere nie ohne ein Handy, MP3-Player oder Videospiel. Die Fähigkeit zur sozialen Interaktion leidet unter der ständigen Ablenkung und Berieselung mit Medieninhalten, was letztlich – so die These des Films – zu einer schädlichen Isolation und einem Verlust nicht nur der kindlichen Unschuld führt. Dass Unternehmen wie Apple gleichzeitig ihre neuesten Produkte präsentieren, mag in diesem Zusammenhang zugegeben inkonsequent anmuten, letztlich ist es aber nicht mehr als eine Randnotiz, die das junge Zielpublikum wohl kaum ernsthaft beschäftigt.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, August 01, 2007

Transformers - Krieg der Roboter


USA 2007

++

Von Steven Spielberg koproduziert, vom Action-Experten Michael Bay mit großem Aufwand inszeniert: Die Realverfilmung der beliebten Spielzeugreihe zieht optisch zwar alle Register, bleibt dafür aber inhaltlich umso blasser. Weiterlesen auf evolver.