Sonntag, Februar 27, 2011

Unknown Identity - Berlin Calling


USA 2011

++1/2

Zu wissen, wer man ist und somit ein Bewusstsein in Bezug auf die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, das zeichnet uns Menschen aus. Was geschieht aber, wenn uns diese fundamentalen Koordinaten in Bezug auf das eigene Leben plötzlich genommen werden? Dem erfolgreichen Wissenschaftler Dr. Martin Harris (Liam Neeson) widerfährt genau ein solches Horrorszenario. Als er nach einem schweren Autounfall aus dem Koma erwacht, muss er mitansehen, wie ein anderer Mann (Aidan Quinn) seinen Platz eingenommen hat. Mehr noch: Sogar seine geliebte Ehefrau Liz (January Jones) erkennt ihn nicht mehr. Martin weiß nicht, wie ihm geschieht. Im verschneiten Berlin, wo er eigentlich einen Biotechnologie-Kongress besuchen wollte, begibt er sich auf die Suche nach Antworten. Schnell wird ihm dabei klar, dass diese Recherche tödlich für ihn enden kann. Ein eiskaltes Killerkommando ist ihm bei seinen Nachforschungen stets dicht auf den Fersen.

Liam Neeson hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Wandlung vom anerkannten Charakterdarsteller zum gefeierten Action-Helden durchlaufen. Diese Metamorphose nach einer bereits so langen Schauspielkarriere ist bemerkenswert und vor allem das Ergebnis eines Films. Der von Luc Besson produzierte Rache-Thriller 96 Stunden katapultierte Neeson nicht nur zurück auf die A-Liste Hollywoods, für den gebürtigen Nordiren war mit der Rolle des aufopferungsvoll kämpfenden Familienvaters zugleich ein gewisser Imagewechsel verbunden. Zwar wurde Neeson aufgrund seiner beeindruckenden Physis auch schon vorher für Actionparts besetzt – Batman Begins sei hier nur erwähnt –, dass ein Film fortan aber ausschließlich über seinen Namen vermarktet wurde, dürfte für ihn eine recht neue Erfahrung gewesen sein.

Nicht anders verhält es sich mit Unknown Identity. Liam Neeson ist Dreh- und Angelpunkt des Films, was sich schon daran zeigt, dass kaum eine Szene ohne ihn auskommt. Seiner Präsenz sind sogar alte Haudegen wie Frank Langella oder Bruno Ganz – letzterer in der ziemlich klischeehaften Rolle eines früheren Stasi-Spions – nicht gewachsen. Wirklich fehlbesetzt erscheint hingegen Diane Kruger, die als Balkan-Flüchtling und Gelegenheits-Taxifahrerin mit ihrem merkwürdigen Ostblock-Akzent lediglich hübsch anzusehen ist. Nicht nur weil die Geschichte in Berlin spielt und mit ihren kinetischen Jagdszenen bisweilen stark an die Bourne-Reihe erinnert, wünschte man sich, Franka Potente hätte die blonde Diane ersetzt.

Nach einer kurzen, vergleichsweise ruhigen Einleitung mit winterlichen Hauptstadt-Impressionen – die Taxifahrt vom Flughafen führt Martin und seine Frau scheinbar an allen Berliner Wahrzeichen einmal vorbei – dreht Regisseur Jaume Collet-Sera (Orphan – Das Waisenkind) das erste Mal den Action-Pegel so richtig auf. Der Autounfall, der Neesons identitätssuchenden Doktor schließlich für vier Tage ins Koma schickt, ist rasch vorbei und doch ein erstes, unübersehbares Ausrufezeichen für das, was folgt. So beglückt uns Unknown Identity später noch mit zwei äußerst dynamisch gefilmten Verfolgungssequenzen, bei denen die Qualitäten eines guten Actionfilms in Montage, Aufbau und einer konsequent forcierten Eskalation unverkennbar sind. Nur Ortskundige werden sich darüber amüsieren, dass der Film dabei plötzlich den Schauplatz wechselt und kurzerhand für einige Szenen von Berlin nach Leipzig springt.

Solange nicht genau geklärt ist, welches (falsche?) Spiel mit Martin gespielt wird und wieso sogar seine Frau von ihm auf einmal nichts mehr wissen will, hält die Geschichte eine gewisse Suspense. Die präsentierten Hinweise, die recht früh in eine bestimmte Richtung zeigen, ergeben rückblickend glücklicherweise ein halbwegs stimmiges Bild. Gleichwohl hätte man sich eine raffiniertere Auflösung gewünscht. Bei Collet-Seras letztem Film, dem cleveren Mystery-Thriller Orphan – Das Waisenkind, ging man diesbezüglich ein wesentlich höheres Risiko ein. Dort überraschte und verstörte das Ende gleichermaßen, was sich von Unknown Identity wahrlich nicht sagen lässt. Stattdessen lenkt die Genrelogik das Geschehen zum Finale in sehr vertraute Bahnen.

Das in Summe solide Thriller-Konstrukt, das letztlich doch sehr an Polanskis Frantic erinnert, kann jedoch nicht jede Peinlichkeit überdecken. Neben Krugers offenkundige Fehlbesetzung sorgt auch der ziemlich naive und gerade in den letzten Minuten präsente Weltverbesserungsgedanken für Belustigung. Der Versuch, dem Film quasi im Schlepptau seines Actionplots eine politische Agenda anzuhängen, wird von Collet-Sera mit Vollgas gegen die Wand gefahren. Es ist der einzige Crash, der mitanzusehen nun wirklich keinen Spaß macht.

Für BlairWitch.de.

Samstag, Februar 26, 2011

True Grit - Kaltes Lachen


USA 2011

++1/2

Wenn die Lieblinge des amerikanischen Independent- und Autorenkinos, die Gebrüder Coen (Fargo, No Country for Old Men), einen Western-Klassiker neu verfilmen, dann darf man gewiss viel erwarten. Ihre Version des Charles-Portis-Romans ist düster, kühl und durchzogen von einem sehr speziellen Humor. Weiter auf Koeln.de.

Freitag, Februar 25, 2011

Drive Angry - Motorschaden


USA 2011

+1/2

Die Zeiten, in denen Nicolas Cage in den großen Hollywood-Blockbustern zu sehen war und allein sein Name die Zuschauer ins Kino lockte, sind schon etwas länger vorbei. Zuletzt war Cage vor allem für weniger aufwändige Genre-Produktionen mit im besten Fall akzeptablem B-Movie-Charme gebucht. Knowing, Ghost Rider oder Next lauten einige der jüngeren Einträge in seiner Vita. Mit Ausnahme von Werner Herzogs grandioser Thriller-Groteske Bad Lieutenant und dem verspielt-frechen Superhelden-Mashup Kick-Ass bewies der Mann mit dem ungelösten Frisurenproblem in den letzten Jahren kein wirklich glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Rollen. Bisweilen konnte gar der Eindruck entstehen, dass er so ziemlich jedes Angebot ungeprüft annimmt.

Ob er im Fall von Drive Angry vor seiner Zusage tatsächlich das Drehbuch gelesen hat, ist nicht bekannt. Eigentlich spielt das auch keine Rolle, denn das nun vorliegende Resultat kann sich ohnehin auf keinerlei inhaltliche Qualitäten berufen. Was hier unter der Regie des Amerikaners Patrick Lussier (My Bloody Valentine) entstanden ist, will allein über die Zurschaustellung von bewusst coolen Bildern, noch cooleren Sprüchen und schicken 3D-Spielereien unterhalten. Aber selbst gemessen an diesem nicht gerade übermäßig hohen Anspruch bleibt der Film eine Enttäuschung und eine recht langweilige Veranstaltung noch dazu. Darüber kann Lussier auch mit reichlich nackter Haut und einer überaus attraktiven Hauptdarstellerin nicht hinwegtäuschen. Am Ende laufen all seine optischen Bestechungsversuche ins Leere.

Angelegt ist Drive Angry als Hybrid aus Rache- und Fantasy-Geschichte. Cage spielt darin einen Vater, dessen Tochter von einem fanatischen Sekten-Heini (Billy Burke) ermordet wurde und der daraufhin aus der Hölle zurückkehrt, um dem selbstverliebten Möchtgern-Jesus endlich das Handwerk zu legen. Zudem will er sich seine erst wenige Wochen alte Enkelin zurückholen und sie der Gewalt des wahnsinnigen Egomanen entreißen. Unterstützung erfährt Cages Back-from-Hell-Papa dabei von der patenten Piper (Amber Heard), einer klassischen Südstaaten-Schönheit mit mehr als nur zwei schlagkräftigen Argumenten. Zusammen nehmen sie schließlich die Verfolgung auf, wobei auch ihnen ein sehr spezieller Reisender dicht auf den Fersen ist. Er (William Fichtner) nennt sich selbst nur der „Buchhalter“, trägt einen schwarzen Anzug und scheint geradezu übermenschliche Fähigkeiten zu besitzen.

Im Grunde besteht Drive Angry nur aus einer Aneinanderreihung pubertärer Kalauer, von denen nur wenige wirklich zünden. Manches ist einfach nur albern, wie die in Zeitlupe gefilmte Schießerei, während der Cages Figur nebenbei ein blondes Dummchen vögeln darf, anderes erscheint aus vergleichbaren B-Movies in Guttenberg-Manier zusammengeklaut. Der Einwand, dass auch ein hochgelobter Filmemacher wie Quentin Tarantino im Grunde nur kopiert, kann Lussier jedoch kaum zu seiner Verteidigung anführen. Dafür sind seine Copy-and-Paste-Bilder viel zu langweilig und beliebig. So ist beispielsweise die Idee, Satans Handlanger als coolen Schlipsträger vorzustellen, spätestens nach einem Film wie Im Auftrag des Teufels nicht mehr als ein quälender, weil überlanger Gag. Da hilft es nur wenig, dass William Fichtner seine Rolle von Beginn an wunderbar neben der Spur interpretiert.

Dabei fängt Drive Angry durchaus verheißungsvoll an. Wie Cages Chad-Kroeger-Doppelgänger mit drei bösen Jungs kurzen Prozess macht und gleichzeitig Lussier aus Filmzitat, plastischem 3D-Effekt und dynamischer Montage einen launigen Einstand bastelt, lässt für den weiteren Verlauf hoffen. Auch Amber Heards erster Auftritt – in einem typischen Diner samt ekligem Chef und einer Menge White-Trash-Feeling – wirft uns gleich tief in die Klischeekiste des Bible Belts hinein. Auf dieses frühe Versprechen, dass zunächst einen unterhaltsamen Ritt durch das B-Movie-Universum ankündigt, folgt jedoch keine Einlösung. Nicht nur löst sich der dünne Plot ziemlich rasch in eine monotone Abfolge aus recht ähnlichen Action- und Verfolgungssequenzen auf, Lussier fehlt überdies der Mut, den selbstironischen Anstrich wirklich auf die Spitze zu treiben oder mit unerwarteten Einfällen zumindest ab und an zu überraschen. Und so schleppt sich Drive Angry mit unübersehbaren Konditionsschwächen auf seine Zielgerade, die mit dem lang herbeigesehnten Duell zwischen Gut und Böse und einer weiteren Überdosis Hardrock einen insgesamt mut- und fantasielosen Film beschließt.

Für BlairWitch.de.

Samstag, Februar 19, 2011

The King's Speech - And the Oscar goes to...


GB 2010

+++1/2

Der diesjährige Oscar-Favorit verknüpft eine hübsche Anekdote der britischen Monarchie mit tragikomischen Beobachtungen eines unsicheren Thronfolgers, dessen Stottern eine ganze Nation in Atem hielt. Als George VI., König von England, greift Hauptdarsteller Colin Firth erneut nach dem Preis aller Filmpreise. Die Chancen stehen gut, dass er ihn am Ende auch in den Händen halten wird. Weiter auf Koeln.de.

Dienstag, Februar 15, 2011

Dschungelkind - Am Ende der Welt


D 2011

+++


Mit acht Jahren verschlägt es die kleine Sabine in den tiefsten Dschungel West-Papuas. Dort, wo der Vater die Sprache eines bislang unerforschten Eingeborenenstamm lernen und dokumentieren will, trifft sie – und mit ihr der Zuschauer – auf eine archaische, faszinierend fremde Welt. Die mit großem logistischen Aufwand im Urwald Malaysias abgedrehte Bestsellerverfilmung schildert mit viel Empathie und Respekt die langsame, nicht immer konfliktfreie Annäherung zwischen Eingeborenen und ihren „Gästen“ aus Europa.

Filmkritik.

Es ist das Gegenteil einer normalen Kindheit oder dem, was wir Europäer wohl darunter verstehen. Ein junges Mädchen, gerade einmal acht Jahre alt, wandert mit seinen Eltern und den beiden Geschwister in den Dschungel von West-Papua aus. Der Vater (Thomas Kretschmann) ist dort auf einen bislang unerforschten Eingeborenenstamm gestoßen. Nun will er dessen Sprache und Sozialverhalten erstmals wissenschaftlich dokumentieren. Dazu ist es erforderlich, ganz nah bei und mit den Eingeborenen zu leben. Der Anführer des Stamms erteilt der Familie schließlich hierfür seine Erlaubnis. Sabine (Stella Kunkat), so der Name des Mädchens, ist begeistert von dieser neuen, ihr anfangs so fremden Welt. Und anders als ihre ältere Schwester ist sie neugierig auf die Menschen und das Leben im Dschungel. Dabei sieht sich die Familie jeden Tag neuen Herausforderungen gegenüber. Auch ein alter, für Außenstehende undurchschaubarer Stammeskrieg, bei dem die Neuankömmlinge plötzlich zwischen die Fronten geraten, sorgt immer wieder für Anspannung und Misstrauen.

Die Geschichte, die Dschungelkind erzählt, ist wahr und nicht zuletzt deshalb beeindruckend. Sabine Kuegler verpackte ihre Kindheitserinnerungen in den gleichnamigen, autobiographischen Roman, der nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2005 schnell zum Bestseller avancierte. Unter der Regie von Roland Suso Richter wird daraus vor allem ein spannendes Aufeinandertreffen zweier gänzlich unterschiedlicher Welten, deren langsame Annäherung nicht ohne Missverständnisse und Rückschläge gelingen will. Das Volk der Fayu führt ein Leben in und mit der Natur. Während sich die Welt woanders in den letzten Tausend Jahren rasant weiterentwickelt hat, scheint tief im Urwald West-Papuas die Zeit still gestanden zu haben.

Als Zuschauer nimmt man mit großen Augen diese faszinierende, von Holly Fink überaus einnehmend fotografierte Landschaft in sich auf. Über das direkte Erleben von Natur, Wildnis und dem hier allgegenwärtigen Tod schlägt der Film zugleich eine Brücke zu den Figuren. Denn Sabine und ihre Geschwister blicken anfangs ähnlich erstaunt und mitunter auch ein bisschen ratlos auf die Menschen in ihrer neuen Umgebung, die mit der Zeit ihr Zuhause werden soll. Der Aufenthalt im Dschungel verändert alle – vor allem Sabine. Aus dem kleinen Mädchen ist am Ende eine junge Frau geworden, die zurück in Deutschland nicht ohne Wehmut erkennt, dass sie in ihrem Herzen „immer ein Dschungelkind bleiben werde“. So pathetisch der Satz auch klingen mag, er erscheint glaubhaft, wenn man bedenkt, welch unvergessliche Erinnerungen sie bis hierhin mit ihrer Zeit im Urwald verbindet. Die tiefe Freundschaft zu dem Fayu-Jungen Auri (Emmanuel Simeon) war davon sicherlich eines der wichtigsten Erlebnisse, weshalb es im Film auch großen Raum einnimmt.

Das Verdienst von Richters Regie und seiner weitestgehend glaubhaften Inszenierung liegt in dem staunenden Blick, den sich „Dschungelkind“ bis zum Schluss bewahrt. Er zeugt zugleich von Hochachtung, Respekt und Anerkennung für ein Volk, das so anders ist als wir. Nur gelegentlich übertreibt es der Film mit seiner etwas zu westlich eingefärbten Urwaldromantik. Wenn das neue Zuhause der Familie wieder mal zum ultimativen Abenteuerspielplatz aufgebaut wird, bedient die Geschichte – vermutlich sogar ohne es zu wollen – recht einseitige Bilder über diesen entlegenen Teil der Welt.

Für Programmkino.de.

Montag, Februar 14, 2011

Freundschaft Plus - Spiel nach Plan


USA 2011

++1/2

Teil 3 der Natalie-Portman-Festspiele: Nach Black Swan und Brothers wechselt die Oscar-Anwärterin das Fach und versucht sich erstmals in einer romantischen, ganz nach Hollywoodmuster gestrickten Komödie. An der Seite von Co-Star Ashton Kutcher und unter der Regie von Komödien-Veteran Ivan Reitman spielt sie eine junge Ärztin, die sich bei regelmäßigen Sex-Dates in ihren besten Freund verliebt (und dieser sich in sie). Der Film bedient alle Vorgaben an einen harmlosen und doch unterhaltsamen (Nach-)Valentinstag-Kinobesuch.

Filmkritk:

Am 14. Februar ist Valentinstag. Pünktlich zu diesem Datum der Frisch- und Immer-Noch-Verliebten bietet der Kinospielplan das passende Begleitprogramm. Dazu zählt bevorzugt romantische Kost, gerne mit komödiantischem Einschlag, bekannten Gesichtern und einer weitgehend überraschungsfreien Geschichte. Letzteres ist weniger ein Kritikpunkt denn ein beabsichtigter Schachzug, schließlich spielt der Film nicht selten nur eine Nebenrolle. Da hilft es, wenn die Handlung stets übersichtlich bleibt. Überhaupt scheinen Überraschungen in diesem Genre kaum erwünscht zu sein und so liegen zwischen Vor- und Abspann meist keine unüberwindbaren Hindernisse.

Für Freundschaft Plus gelten all die eingangs erwähnten Spielregel. Mit der Besetzung von Natalie Portman und Ashton Kutcher schielt der Film auf ein junges Zielpublikum, das seine Entscheidungen an der Kinokasse vor allem spontan und anhand der Prominenz der Darsteller trifft. Die zwei Hollywoodstars spielen hier zwei Menschen, denen die Liebe letztlich ihre Planung einer unverbindlichen Sex-Freundschaft durchkreuzt. Adam (Kutcher) und Emma (Portman) kennen sich schon seit ihrer Pubertät. Über die Jahre treffen sich beide immer mal wieder, meist jedoch nur für kurze Zeit. Das ändert sich erst, als Adam von seiner Freundin verlassen wird, und er daraufhin unter nicht unerheblichem Alkoholeinfluss eine zufällige, in seinem Handy gespeicherte Nummer anwählt.

Der Zufall trifft Emma, die als Ärztin einem ziemlich stressigen Job nachgeht und die sich daher auf keine echte Beziehung einlassen will. Sie und Adam sind sich einig, dass sie miteinander nur Spaß haben wollen. Obwohl – oder gerade weil – der Sex für beide so erfüllend ist, merken sie irgendwann, dass trotz aller Bekenntnisse mehr als nur freundschaftliche Gefühle im Spiel sind. Dies ist auch der Zeitpunkt, ab dem die unkomplizierte Bettgeschichte plötzlich kompliziert zu werden droht. Emma und Adam müssen sich entscheiden, was sie wollen.

Während Natalie Portman ihre Wandlungsfähigkeit zuletzt erneut eindrucksvoll in Filmen wie der Oscar-Hoffnung Black Swan und dem Anti-Kriegs-Drama Brothers eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, bedient Kutcher stets die Rolle des jugendlichen Herzensbrechers – so auch hier. Im Gegensatz zu Portman, die eigentlich noch nie in einer klassischen Hollywood-RomCom auftrat, ist er in romantischen Komödien ohnehin längst ein gern gesehener Stammgast. Dementsprechend routiniert spult er auch dieses Mal sein Repertoire ab, wobei der Fairness halber gesagt werden muss, dass Geschichte und Rollenvorgabe nur sehr begrenzt Experimente erlauben. Vielmehr verläuft die Dramaturgie des Plots entlang den bekannten Leitplanken des Genres. Bemerkenswert ist, dass sich der Film für amerikanische Verhältnisse zumindest verbal recht offen und ungezwungen über Sex auslässt.

Ivan Reitmans Regie merkt man die ganze Erfahrung aus über 30 Berufsjahren an. So funktioniert Freundschaft Plus unter der Maßgabe eines glatt geschliffenen Date-Movies recht passabel. Die Pointen sind gut getimt ohne zu überraschen, das Tempo erscheint angemessen und sogar die wenigen ernsten Momente fühlen sich dieses Mal nicht wie ein störender Fremdkörper an. Mit der Besetzung der Nebenrollen gelingt dem Film zudem ein großer Wurf. Reitmans alter Weggefährte Kevin Kline ist als Adams peinlicher Casanova-Vater der eigentliche Star. Im Zusammenspiel mit „Mumblecore“-Actrice Greta Gerwig und Juno-Sidekick Olivia Thirlby lässt er Kutcher und auch Portman ziemlich blass aussehen.

Für Programmkino.de.

Freitag, Februar 11, 2011

Die Kinder von Paris - Reise ohne Wiederkehr


F 2010

++1/2

Es ist eines der dunkelsten Kapitel der französischen Geschichte. Über die Massenrazzia im Juli des Jahres 1942, bei der über 13.000 Pariser Juden erst verhaftet und später deportiert wurden, hat man in Frankreich lange Zeit nicht gesprochen. Aus Sicht eines Kindes, das den Schrecken er- und überlebte, erzählt nun dieser Film, was in jenen Sommertagen geschah. Weiterlesen auf Koeln.de.

Dienstag, Februar 08, 2011

Tucker & Dale vs. Evil - Die Mär vom bösen Hinterwäldler


CAN 2010

+++1/2

Der Horrorfilm folgt festen Regeln. Da gibt es die unschuldigen Opfer, über die plötzlich das Grauen hereinbricht, als auch finstere Psychopathen und perverse Schlächter. Wer gut und wer böse ist, darüber bestehen nur in den seltensten Fällen echte Zweifel. Zu den beliebtesten und zugleich schematischsten Genre-Vertretern zählt der gute, alte Backwood-Horror. Darin unternimmt eine Gruppe mehr oder weniger verwöhnter Großstadtkids einen Ausflug aufs Land, um dort unbeobachtet von den Eltern mal so richtig die Sau rauszulassen. Drogen, Sex, Alkohol. Dabei laufen sie regelmäßig degenerierten, ziemlich ekligen Hinterwäldlern über den Weg, deren Genpool sich im Laufe der letzten Jahrhunderte anscheinend keinen Millimeter weiterentwickelt hat. Am Ende landen die Städter dann meist auf dem Speiseplan der nicht selten kannibalistisch veranlagten Hillbillies.

Auch Eli Craig liebt den Backwood-Film. Und doch unterscheidet sich sein eigener Beitrag an einer entscheidenden Stelle von allen anderen Hinterwäldler-Geschichten. Bei ihm sind die Rednecks keine bösen, gefährlichen Psychos sondern entspannte, gemütliche Kumpeltypen, die bereits zufrieden sind, wenn sie ein kühles Bier zur Hand haben und eine ruhige Kugel schieben können. Sie sind herzensgut, freundlich und hilfsbereit, was so leider nicht immer gesehen wird. Denn aus einem von Vorurteilen gespeisten Missverständnis entsteht in Tucker & Dale vs Evil eine blutrote und dabei zum Brüllen komische Verkettung tödlicher – nennen wir es mal – Unfälle.

Die einfache und doch so geniale Idee des Films liegt in seinem konsequenten Wechsel der Erzählperspektive und einer Umkehrung der bekannten Täter-/ Opferrollen. Statt den Kids folgen wir dieses Mal den besten Freunden Tucker (Alan Tudyk) und Dale (Tyler Labine). Sie bedienen auf den ersten Blick so ziemlich jedes Klischee, das man über die Bewohner West Virginias in Filmen wie Wrong Turn vorgesetzt bekommt. Tatsächlich haben die beiden Kumpels nichts Böses im Sinn, im Gegenteil. Sie wollen nur helfen, als sie bei einer Angeltour bemerken, wie eine junge Frau (Katrina Bowden) im See scheinbar zu ertrinken droht. Leider wird ihr Einsatz nicht belohnt. Wo man eigentlich einige Worte des Dankes erwarten könnte, müssen sich unsere Jungs auf einmal mit aggressiven, zu allem entschlossenen Wohlstands-Bubis herumschlagen, die in Tucker und Dale das im Horrorfilm ansonsten kultivierte Zerrbild des irren Hinterwäldler zu sehen glauben.

Eli Craig arbeitet nicht nur geschickt mit den unterschiedlichen Abläufen, Bildern und Vorgaben des Genres, er hält den unglaublich hohen Spaßfaktor auch über die gesamte Laufzeit seines bereits auf dem „Fantasy Filmfest“ mit tosendem Applaus bedachten Debütfilms bei. Aus der 180-Grad-Volte des Drehbuchs resultieren im weiteren Verlauf zahlreiche Katastrophen, die sich – ohne zuviel verraten zu wollen – am ehesten als eine gelungene Übertragung des anarchischen Zucker-Abrahams-Zucker-Humors auf das Horrorgenre umschreiben lassen. Bei aller Albernheit denkt Craig aber stets an seine Zielgruppe, die vor allem deftige Splatter-Einlagen und blondes Eyecandy erwartet. Beides ist hier reichlich vorhanden, was Tucker & Dale vs Evil vor allem als Partyfilm in bierseliger Runde noch große Erfolge bescheren dürfte. Anderen Spaßvehikeln wie Zombie Strippers oder Evil Aliens ist Craigs charmante Hinterwäldler-Verbeugung sowieso haushoch überlegen.

Mit dem gutmütigen Tucker und dem schwer verliebten Dale besitzt der Film zudem zwei uneingeschränkte Sympathieträger, denen man bei ihren meist unfreiwilligen Splatter-Exzessen einfach nur gerne zusieht. Was Jay und Silent Bob für den Slacker-Film darstellen, könnten diese Zwei schon bald im Horrorfach sein: Ikonen der Popkultur. So überzeugend Alan Tudyk und Tyler Labine ihre Hillbillie-Parts spielen, ist man fast geneigt, einen Oscar zu fordern. Dazu wird es selbstverständlich nicht kommen, schon deshalb weil Craig in der Schmuddelecke spielt und sich dort augenscheinlich pudelwohl fühlt. Aber wer weiß, wohin es ihn in zehn oder zwanzig Jahren einmal verschlägt. Ein gewisser Peter Jackson hat auch einst mit Blut, Gedärmen und anderen Schweinereien herumexperimentiert. Heute inszeniert er Blockbuster für die ganze Familie und die eigene Trophäensammlung.

Für BlairWitch.de.