Mittwoch, September 28, 2011

The Guard - Ein Ire sieht schwarz


IRL 2011

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Brendan Gleeson ist Sergeant Gerry Boyle, ein unorthodoxer Dorfpolizist an der irischen Westküste, der einen besonders derben Humors pflegt, gerne verbal austeilt und gelegentlich ein paar Stunden bei Prostituierten verbringt. In die Ruhe seines meist wenig spektakulären Arbeitsalltags platzt ein schreckliches Verbrechen. Zusammen mit einem erfahrenen FBI-Agent (gespielt von Don Cheadle) soll er einen Mord im Drogenmilieu aufklären. Das Ergebnis ist die sehr irische Version eines Buddy-Movies – mit zwei glänzend aufgelegten Hauptdarstellern.

Filmkritik:

Sein Charakter und sein Gemüt sind so rau wie die irische Landschaft, mit der er aufgewachsen ist. Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist ein Dorfpolizist und als ein solcher hat er es für gewöhnlich mit harmlosen Verkehrsdelikten oder hin und wieder einer Kneipenschlägerei zu tun. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Doch dann erschüttert plötzlich ein mysteriöser Mord die Idylle des kleinen Örtchens und als wäre das nicht bereits Aufregung genug, verschwindet auch noch sein neuer Partner eines Abends spurlos. Vieles deutet darauf hin, dass das organisierte Verbrechen in Gerrys Revier Einzug gehalten hat. Aus diesem Grund trifft schon bald Unterstützung aus dem fernen Amerika ein. FBI-Agent Wendell Everett (Don Cheadle) kennt sich aus mit wirklich bösen Jungs, doch mit einem Raubein wie Gerry hat er noch keine Erfahrung. Die Zusammenarbeit des ziemlich ungleichen Gespanns verläuft dann auch nicht ohne Reibereien und Meinungsverschiedenheiten, die lautstark und bevorzugt bei einem frisch gezapften Pint ausgetragen werden.

Autor und Regisseur Michael McDonagh wählte für seine von Beginn an unterhaltsame Thrillerkomödie die Verpackung eines klassischen Buddy-Movies. Zwei Typen, die miteinander auskommen müssen, obwohl sie nicht wirklich etwas verbindet – der eine ist weiß, rau, direkt, ein Landei, der andere schwarz, kultiviert, höflich und weitgereist –, aus dieser Konstellation bezogen schon viele ähnlich aufgebaute Geschichten ihren Witz. Und auch in diesem Fall funktioniert das Prinzip der sorgsam aufeinander abgestimmten Gegensätze erstaunlich gut, was weniger dem nur bedingt aufregenden Kriminalplot als den beiden Vollblutdarstellern Brendan Gleeson und Don Cheadle zu verdanken ist. Bereits Cheadle beweist in der Rolle des überlegten, feinsinnigen FBI-Agenten seine Qualitäten in Sachen Humor und Selbstironie. Übertroffen wird er jedoch noch von Gleeson, der eigentlichen Seele des Films. Die Rolle des trinkfesten, irischen Originals hat McDonagh ihm praktisch auf den Leib geschrieben. Gleeson revanchiert sich mit einer in jeder Hinsicht einnehmenden Vorstellung, die aus The Guard einen echten Publikumsliebling und aus Gerry den Held aller kleinen Leute machen dürfte.

Für die nötige Schärfe sorgt vor der toll fotografierten irischen Landschaft McDonaghs Faible für böse, erfrischend unkorrekte Pointen. Der schwarze Humor bildet das Fundament, auf dem Gleeson, Cheadle und der restliche Cast – darunter so prominente Namen wie Liam Cunningham, Mark Strong und Fionnula Flanagan – ihre augenscheinlich immens große Spielfreude demonstrieren und ausleben dürfen. Bei allen derben Späßen bewahrt sich McDonaghs Film gleichzeitig eine anrührende Ehrlichkeit für die Menschen und die Landschaft, die er liebevoll überzeichnet und mit einem fortlaufenden Hang zum Klischee portraitiert. Auch erlaubt der launige Plot um einen auf der Insel operierenden Drogenschmuggler-Ring bisweilen ruhige, fast andächtige Momente, in denen Gerrys raue Schale plötzlich einen Riss erhält und er uns tief in seine irische, melancholische Seele blicken lässt.

Für Programmkino.de.

Sonntag, September 25, 2011

Hell - German Apocalypse


D 2011

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In fünf Jahren ist aus der Erde, wie wir sie heute kennen, ein lebensfeindlicher, fast menschenleerer, verwaister Ort geworden. Mit diesem Szenario eröffnet Hell, ein Genrefilm aus heimischen Gefilden und damit irgendwie auch eine filmische Rarität. Die wenigen Versuche, die deutsche Regisseure und Autoren in den letzten Jahren in diese Richtung unternahmen, fuhren nahezu ausnahmslos gegen die Wand – und das wie beim Großstadt-Vampirthriller Wir sind die Nacht oder beim düsteren Heimatthriller „Tannöd“ sogar meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur wenige Zuschauer verirren sich in Filme „Made in Germany“, wenn diesen nicht das Etikett der unverfänglichen Komödie oder des Denkerdramas anhaftet.

Diese traurige Tatsache, welche angesichts der durchaus bescheidenen Qualität des deutschen Genrekinos nicht ganz unverständlich erscheint, macht es gerade jungen Filmemachern beinahe unmöglich, ihre Ideen aus dem Horror- oder Thrillersujet für die große Leinwand umzusetzen. Tim Fehlbaum ist dieses Kunststück trotz aller Widrigkeiten gelungen. Dabei erwiesen sich seine teils preisgekrönten Kurzfilme wie der mit dem „Shocking Shorts Award“ ausgezeichnete Für Julian als Visitenkarte und Türöffner. Auch hilft es, wenn dadurch jemand wie Roland Emmerich auf einen aufmerksam wird. Schwabens Hollywoodexport war von Fehlbaums Idee zu seinem Langfilmdebüt derart angefixt, dass er die Geschichte als ausführender Produzent begleitete. Mit Emmerich an Bord konnte zumindest aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kaum mehr etwas schief gehen. Die Finanzierung stand und die Dreharbeiten in den bayerischen Wäldern und auf Korsika konnten beginnen.

In Hell, dessen doppeldeutiger Name von der ersten Einstellung an Programm ist, begleiten wir zwei Schwestern auf ihrer gefährlichen und beschwerlichen Reise durch ein apokalyptisches Endzeitszenario. Die Sonne ist darin zum Feind jeden Lebens geworden. Ihre plötzlich millionenfach erhöhte Strahlkraft hat weite Teile der Erde inzwischen in eine öde Wüsten- und Steppenlandschaft verwandelt und sie praktisch unbewohnbar gemacht. Marie (Hannah Herzsprung) und ihre kleine Schwester Leonie (Lisa Vicari) zieht es dorthin, wo sie noch Wasser und Leben vermuten. Sie wollen mit ihrem abgedunkelten Auto und Maries Freund Phillip (Lars Eidinger) das Gebirge erreichen. Unterwegs treffen sie auf Tom (Stipe Erceg), einen Gestrandeten, der wie sie auf Rettung, etwas Wasser und Essen hofft. Mit ihm setzen sie schließlich ihre Reise durch eine inzwischen gänzlich fremde Welt fort.

Fehlbaums Endzeitvision besteht größtenteils aus gleißendem Licht, verlassenen Ruinen, endlosen Staubwüsten und ausgezehrten Blicken. Jede Hoffnung scheint hier verloren ebenso wie die Farben, die aus Hell mit Ausnahme verschiedener Erdtöne restlos getilgt sind. Es ist ein Szenario, das sich sehr nahe an Cormac McCarthys The Road entlang bewegt und das im direkten Vergleich jedoch eher auf die Methode „Holzhammer“ setzt. Schließlich positioniert sich Fehlbaums Film nach einer eher ruhigen und noch recht zurückgenommenen – manchmal auch etwas langweiligen – Einleitung immer stärker in Richtung des klassischen Survival-Horrors. Dazu passt auch der Schauplatzwechsel, der Hell nach knapp der Hälfte seiner Laufzeit eine neue Dynamik verleihen soll.

Ohne jemals zuviel zu zeigen, zieht Fehlbaum die Stellschrauben seines in der Perspektive doch sehr beengten Endzeitthrillers sukzessive an. Mit der Verdichtung auf einen einzigen Ort gleicht sich die Geschichte zudem immer stärker den Spielregeln des Genres an. Dazu gehört es, im unerwarteten Moment die richtigen Schocks zu platzieren und seine anfangs scheue Heldin in ein zupackendes Final Girl zu verwandeln. Die große Apokalypse rückt unterdessen zunehmend in den Hintergrund, wobei Hell die moralischen und sozialen Folgen des tödlichen Sonnenschauspiels ohnehin nur am Rande streift. Das lässt den Film einerseits etwas eindimensional und flach erscheinen, auf der anderen Seite verfängt sich Fehlbaum wie viele seine Kollegen – man denke nur an Lars Kraumes gefloppter Terroristen-Utopie Die kommenden Tage – nicht in einem Netz aus wirren Umwelt- und Sozialthesen.

Insofern fällt das Ergebnis recht zwiegespalten aus. Für einen deutschen Film, noch dazu, wenn er augenscheinlich als Genrekino verstanden werden will, mag es ein Schritt in die richtige Richtung sein. Jetzt müssen aber auch weitere folgen. Ansonsten bleibt Hell ein – zumindest stellenweise – talentierter Einzelkämpfer ohne wirkliche Streitmacht, womit er seiner Hauptfigur ähnlicher wäre, als es sich Fehlbaum und der deutsche Film wünschen dürften.

Für BlairWitch.de.

Donnerstag, September 22, 2011

Colombiana - La Chica Nikita


USA 2011

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Aus der Kreativschmiede Luc Bessons kommt dieser rasante und ziemlich coole Rachethriller, in der eine junge Frau den Mördern ihrer Eltern auf der Spur ist. Avatar-Star Zoe Saldana lässt als gnadenloser Racheengel nicht nur die Männer vor ihr erzittern, auch Action-Ikonen wie Lara Croft haben gegen ihre smarte und verdammt attraktive Killerin kaum eine Chance. Weiter auf Koeln.de.

Mittwoch, September 14, 2011

Freunde mit gewissen Vorzügen - Verantwortung, nein danke!


USA 2011

++1/2

Nach Natalie Portman und Ashton Kutcher haben nun also auch Justin Timberlake und Mila Kunis die vermeintlichen Vorteile einer „Beste Freunde mit Sex“-Beziehung für sich entdeckt. Unter der Regie von Komödien-Spezialist Will Gluck (Einfach zu haben) entwickelt sich eine mit viel Wortwitz gespickte Romanze, die jedoch ausgerechnet so nicht genannt werden darf. Dabei bedient der Film trotz einiger selbstironischer Einschübe weitgehend die Vorgaben anderer Hollywood-Beziehungskomödien.

Filmkritik:

Eigentlich könnten sie das perfekte Paar sein. Jamie (Mila Kunis) ist New Yorkerin mit Leib und Seele, erfolgreiche Headhunterin, ziemlich hübsch und Single. Dylan (Justin Timberlake) wiederum zieht der Karriere wegen vom sonnigen L.A. an den Hudson River, wo er fortan für das GQ-Magazin als Art Director arbeiten soll. Jamie hat ihm die Stelle verschafft und auch sonst sind sich die beiden ziemlich sympathisch. Doch nach mehreren gescheiterten Beziehungen, in denen stets sie diejenigen waren, die verlassen wurden, hat beide eine schleichende Bindungsangst befallen. Ein Paar wollen sie daher partout nicht sein, höchstens beste Freunde mit gewissen Vorzügen. Was das heißt, wird schnell klar. Sie suchen Sex, wenn möglich ohne Verpflichtungen und ohne das Korsett einer gewöhnlichen Beziehung. Da ist es eher hinderlich, wenn sich gewisse Gefühle auf Dauer nicht wie vereinbart abstellen lassen.

In unserem Facebook-Zeitalter müsste man Jamies und Dylans Beziehungsstatus vermutlich mit „Es ist kompliziert“ umschreiben. In der Tat bewegen sich beide nach ihrer kurzen und intensiven Phase des Kennenlernens auf einem schmalen Grat. Gut gemeinte Ratschläge, egal ob von Jamies Hippie-Mutter (Patricia Clarkson) oder Dylans schwulem Arbeitskollegen Tommy (Woody Harrelson), werden in dieser Situation für gewöhnlich ignoriert und so nimmt die absehbare emotionale Achterbahnfahrt ihren Lauf.

Damit bleibt Freunde mit gewissen Vorzügen den Grundzügen seines Genres allen Bekundungen, anders sein zu wollen, bis in den Abspann hinein treu. Auch hier kommt es vor dem programmierten Happy End, welches zumindest auf einer Meta-Ebene – über kleine Film-im-Film-Clips – ironisch die Gesetzmäßigkeiten der romantischen Hollywood-Komödie kommentiert, zu einer angeblich ernsthaften „Beziehungskrise“ unter besten Freunden. Als Zuschauer weiß man es besser und so lässt sich das Liebestohuwabohu unbeschwert und größtenteils amüsiert verfolgen. Weniger in dieses unverfängliche Stimmungsbild passt hingegen die Alzheimer-Erkrankung von Dylans Vater (Richard Jenkins). Allerdings reduziert der Film diese auf ein verzichtbares Storyelement, über dessen Sinn und Unsinn lange gestritten werden darf.

Für Regisseur Will Gluck, der in seinem Durchbruch Einfach zu haben dem College-Film im Allgemeinen und John Hughes im Speziellen ein ungemein charmantes Denkmal setzte, bedeutet Freunde mit gewissen Vorzügen die erste echte Feuertaufe im Hollywood-System. Obwohl sich die Geschichte deutlich geschliffener als Glucks Überraschungs-Hit anfühlt, hat sie sich eine gewisse Schlagfertigkeit doch bewahren können. Insbesondere die Zeitgeist-Kommentare – Stichwort: Bibel-App – zünden. Nur gelegentlich übertreibt es das Autoren-Trio mit seinen Dialogkaskaden. An dieser Variante altkluger Geschwätzigkeit litt jedoch bereits Einfach zu haben, zu dem sich einige nette versteckte Hinweise finden lassen.

Ganz brav und zugeknöpft gibt sich der Film dafür immer, wenn es zwischen seinen beiden, zueinander durchaus kompatiblen Stars zur Sache gehen soll. Das Wesentliche spielt sich hier unter ausreichend großen und blickdichten Bettlaken ab. Zu viel Nacktheit scheint zumindest beim oftmals prüden Heimatpublikum immer noch als Kassengift zu gelten. Um sich sein „R-Rating“ zu verdienen, reicht es hingegen bereits, für den Bruchteil einer Sekunde ein nacktes Männerhinterteil zu zeigen. Auch das ist typisch Hollywood.

Für Programmkino.de.

Mittwoch, September 07, 2011

Kill the Boss - Drei Männer, eine Mission


USA 2011

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Mein Chef, der Tyrann. Ein verwegenes Mordkomplott wird für drei geknechtete Angestellte zu ihrer letzten Hoffnung. Doch leider oder – aus der Sicht ihrer Vorgesetzten – auch zum Glück läuft die Sache nicht nach Plan. Diverse Pannen und Missgeschicke durchkreuzen das Vorhaben und sorgen für ausgiebige Zwerchfellattacken. Weiterlesen auf koeln.de.

Sonntag, September 04, 2011

Rollergirl - Being Different


USA 2009

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Zusammen sind sie ein starkes Team: Drew Barrymore und Juno-Darstellerin Ellen Page. In Barrymores Regie-Debüt Rollergirl vermischt sich eine charmante, temporeiche Coming-of-Age-Geschichte mit reichlich Indie-Feeling und der Dramaturgie eines Sportfilms. Dabei reißt die Subkultur der Rollerszene eine rebellische Teenagerin aus ihrem langweiligen Alltag einer texanischen Kleinstadt.

Filmkritik:

In Bodeen, Texas, ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest aus der Sicht mancher Erwachsener, die es sich wie die Eltern der 17-jährigen Bliss Cavendar (Ellen Page) zwischen einem ziemlich langweiligen Job, absurden Miss-Wahlen und ungesundem Fast Food bequem gemacht haben. Während für Bliss’ Dad (Daniel Stern) die regelmäßigen TV-Football-Übertragungen bereits ein echtes Highlight sind, drängt ihre resolute Mutter (Marcia Gay Harden) sie mit Ehrgeiz in eine Ecke, aus der sie lieber heute als morgen ausbrechen würde. Bliss ist anders. Sie macht sich nicht viel aus dem üblichen Mädchenkram, und so erscheint es fast logisch, dass sie sich bei einem Ausflug in das großstädtische Austin vom Gegenentwurf des spießigen Kleinstadtlebens magisch angezogen fühlt.

Bliss besucht heimlich ein Rollerderby. Der rasante Sport, das besondere Gefühl von Freiheit und Abenteuer, die wilden Mädels mit ihren Punk-Klamotten und bunten Tattoos, all das übt auf Bliss eine wahnsinnige Anziehungskraft aus. Mit der kleinen Notlüge, sie sei bereits volljährig, schafft sie es schließlich sogar in die Mannschaft um Maggis Mayhem (Kristen Wiig), Rosa Sparks (Eve), Smashley Simpson (Drew Barrymore) und Bloody Holly (Zoe Bell). Noch aufregender als die Rennen und der harte Wettkampf ist für sie jedoch die Erfahrung der ersten großen Liebe.

Mit der Verfilmung des Romans Whip it von Shauna Cross beweist Regie-Debütantin Drew Barrymore das richtige Gespür bei der Umsetzung einer erfrischenden Coming-of-Age-Geschichte. Nicht nur weil Ellen Page hier wieder einmal ihr Indie-Image pflegt, lassen sich so manche Parallelen zum Oscar-Erfolg Juno konstruieren. Die Dopplungen liegen dabei praktisch auf der Hand. Auch Bliss ist ein rebellischer Teenager, der nur zu gerne mit coolen Sprüchen die eigene Unsicherheit überspielt. Und wie die schwangere Juno sucht sie nach etwas, das sich von ihrem grauen, langweiligen Leben zu Hause deutlich abhebt. Beide Filme zeichnen überdies das Bild eines mitfühlenden, verständnisvollen Vaters – Daniel Stern ist zweifelsfrei die gute Seele der Geschichte –, der bereit wäre, alles für seine Tochter zu tun, wohingegen Bliss’ Mum wie schon Junos Stiefmutter als eher nervige Karikatur herhalten muss.

Mag der Alternative-Anstrich des Films bisweilen wenig originell erscheinen, so erzählt Barrymore doch mit großer Hingabe und Empathie für ihren weiblichen Underdog. Dabei verrät schon die Perspektive, auf was es ihr bei ihrem Regie-Debüt vornehmlich ankommt. In Rollergirl sehen wir die Welt durch die Augen einer 17-jährigen Außenseiterin, die durch die Bekanntschaft mit Gleichgesinnten ein neues Selbstbewusstsein und Selbstverständnis entwickelt. Die Subkultur der Rollerszene mit ihrem ganz besonderen Kodex von Zusammenhalt und Körperkult übernimmt bei dieser temporeichen Coming-of-Age-Variante die Funktion eines sich allmählich öffnenden Ventils. Bliss’ Durchsetzungskraft und Ausdauer, die sie bei den harten Roller-Duellen auf dem engen Oval beweist, nutzt „Rollergirl“ für ein charmantes Plädoyer gegen Konformität und Mittelmaß. Anders sein ist letztlich immer nur eine Frage des Blickwinkels. Das weiß auch Bliss. Auf die Frage, ob sie eine jener „Alternativen“ sei, antwortet sie ohne zu zögern: „Alternative? Alternative to what?“.

Für Programmkino.de.