Donnerstag, September 25, 2008

Wall-e - Der letzte räumt die Erde auf


USA 2008

+++1/2

Pixars jüngstes Animationsabenteuer blickt 800 Jahre in die Zukunft. Während die Erde einer Müllhalde gleicht und die Menschheit den Planeten längst verlassen hat, entwickelt ein kleiner Roboter allzu menschliche Gefühle. Für den Text bitte hier klicken (Ihr werdet weitergeleitet zu Critic.de).

Montag, September 22, 2008

Burn after Reading - Coen'sche Kettenreaktion


USA 2008

+++1/2

Im Universum der Coen-Brüder wimmelt es nur so von verschrobenen Typen, die blindlings in ihr Verderben rennen. Auch Burn after Reading, der auf dem Filmfestival von Venedig seine Weltpremiere erlebte, fühlt sich dieser Tradition verpflichtet. Als eine CD mit brisantem Geheimdienstmaterial in die falschen Hände gerät, nimmt das Unheil für zwei Angestellte eines Fitness-Studios seinen Lauf. Bei den turbulenten Verwicklungen zwischen Fitness-Umkleide und Regierungsviertel mischen neben den alten Coen-Weggefährten George Clooney und Frances McDormand auch Brad Pitt und John Malkovich kräftig mit.

Filmkritik:

Die Zutaten: Eine CD mit vermeintlich brisanten Geheimdienstinformationen, eine sehnsüchtig erwartete Schönheits-OP, zwei kaputte Beziehungen, ein Dutzend heimliche Affären. Das Personal: Ein frustrierter Ex-CIA-Agent, eine untreue Ehefrau, ein sexuell umtriebiger Regierungsbeamter und zwei Fitnesstrainer, die sich als Möchtegern-Erpresser versuchen. Alles zusammen ergibt einen herrlich absurden, schwarzhumorigen Cocktail, der für alle Beteiligten und den Zuschauer die eine oder andere Überraschung bereithält. Burn after Reading heißt das unterhaltsame Gemisch, mit dem die Joel und Ethan Coen höchstwahrscheinlich an den Erfolg ihres Oscar-gekrönten, lakonischen Noir-Thrillers No Country for Old Men anknüpfen dürften.

Dabei stand am Anfang eine denkbar einfache Idee. Die Coens wollten wieder mit George Clooney zusammen arbeiten, mit dem sie bereits zwei Filme – namentlich O Brother, Where Art Thou? und Ein (un)möglicher Härtefall – abgedreht hatten. Auch Brad Pitt und John Malkovich standen auf ihrem Wunschzettel ganz oben. Also erdachten sie für ihre Traumbesetzung die passenden Rollen und eine Geschichte, in deren Verlauf sich die Wege ihrer Figuren mehrfach kreuzen sollten.

Das Schlamassel nimmt seinen Lauf, als das Manuskript mit den Memoiren des geschassten CIA-Agenten Ozzie Cox (John Malkovich) in die Hände zweier leicht trotteliger, aber dennoch liebenswerter Fitnesstrainer fällt. Linda (Frances McDormand) träumt von einer umfassenden Verjüngung ihres in die Jahre gekommenen Körpers, wofür ihr allerdings bislang das nötige Kleingeld fehlte. Mit der CD als Pfand und der Hilfe ihres iPod-süchtigen Kollegen Chad (Brad Pitt) startet sie einen erschreckend amateurhaften Erpressungsversuch.

Wer die Coen-Klassiker wie Blood Simple und Fargo kennt, weiß spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass Lindas Vorhaben grandios scheitern wird. Bis es jedoch soweit ist, schlägt die Geschichte noch zahlreiche, mitunter recht blutige Haken. Teil des Puzzles ist auch Cox’ Ehefrau Katie (Tilda Swinton), die mit ihrer Ehe schon lange abgeschlossen hat und sich statt mit ihrem Gatten lieber mit dem Regierungsbeamten Harry Pfeffer (George Clooney) vergnügt. Der wiederum nutzt jede freie Minute für ausschweifende One-Night-Stands mit einer seiner zahlreichen Internet-Bekanntschaften.

Mit Burn after Reading legen die Coens nach eigenem Bekunden ihre Version eines Tony-Scott- oder Jason-Bourne-Films vor, nur ohne die Explosionen. Der Schauplatz rund um den Regierungsdistrikt in Washington D.C. gaukelt ebenso wie das Mitwirken des typischen Agentenfilm-Personals eine solche Analogie vor. Letztlich entpuppt sich ihr Film jedoch vorrangig als eine turbulente, schwarze Komödie, deren Noir-Einsprengsel für die Coen-typische Düsternis sorgen.

Glanzstück des Films sind zweifellos die geschliffenen Dialoge. Ihnen gelingt das Kunststück, die Absurdität des ohnehin absurden Plots nochmals zu übertreffen. Unterhaltungen wie die zwischen Chad und Linda über die Vor- und Nachteile von Internetkontaktbörsen erinnern nicht nur wegen Frances McDormand an alte Fargo-Zeiten. McDormand, aber auch den anderen Darsteller, allen voran George Clooney, der sein öffentliches Image als Herzensbrecher genüsslich persifliert, merkt man an, wie sehr sie sich für ihre Rollen ins Zeug legen. Die Chance, in einem Coen-Film mitwirken zu dürfen, wollte sich niemand entgehen lassen. Die Chance, einen Coen-Film im Kino zu sehen – dafür ist Burn after Reading Beweis genug – sollte sich erst Recht niemand entgehen lassen!

Für Programmkino.de.

Donnerstag, September 18, 2008

Tropic Thunder - Blackface und Simple Jack


USA 2008

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An einem Filmset geht es bisweilen zu wie in einem Irrenhaus. Das weiß auch Ben Stiller, der mit seiner ätzenden Satire der eigenen Zunft einen ebenso dreckigen wie aberwitzigen Spiegel vorhält. Weiter geht's auf evolver.

Donnerstag, September 11, 2008

Stiefbrüder - Generation "Hotel Mama"


USA 2008

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Will Ferrell und John C. Reilly sind Stiefbrüder - wenn auch nur in der neuen Komödie von Ricky Bobby-Regisseur Adam McKay. Die von Judd Apatow produzierte Geschichte um zwei ewig pubertierende Mama-/Papa-Söhnchen treibt den infantilen, dreckigen Humor seiner bisherigen Arbeiten auf die Spitze. Weiterlesen bei evolver.

Dienstag, September 09, 2008

Kurzkritik - Gomorra


I 2008

+++1/2

Zu den traurigen Konstanten in Italiens Gesellschaft gehört der gerade im Süden weiterhin spürbare Einfluss des organisierten Verbrechens. Neben der Mafia zählt die Camorra zu den einflussreichsten Verbrecher-Syndikaten des Landes. In Neapel liegt das Epizentrum ihrer Macht. Die Stadt wurde bereits im 19. Jahrhundert von den verschiedenen Camorra-Clans in zwölf Zonen aufgeteilt, die bis heute zumeist von mehreren Familien kontrolliert werden. Der Journalist Roberto Saviano beschrieb in seinem 2006 erschienenen Roman Gomorra bis ins Detail die Praktiken der Camorra und ihre Vernetzung mit Italiens Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Das brachte ihm nicht nur viel Respekt und Zuspruch sondern zugleich auch zahlreiche Morddrohungen ein. Heute lebt Saviano unter Polizeischutz an ständig wechselnden Orten.

Der italienische Filmemacher Matteo Garrone nahm Savianos Bestseller zur Vorlage für sein gleichnamiges, dieses Jahr bei den Filmfestival in Cannes uraufgeführtes Crime-Drama, das sich fundamental von den bekannten Mafia-Epen des US-Kinos wie Der Pate oder Goodfellas unterscheidet. Die Camorra bleibt über die gesamte Laufzeit nur ein Phantom, eine schwer greifbare Bedrohung, die im Verborgenen operiert und dabei dennoch zu keiner Zeit keinen Zweifel an ihrer Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit aufkommen lässt. Der Film schildert das System auf der Mikroebene, dort, wo es mitunter schwer fällt, seinen Spuren zu folgen. Marco und Ciro sind zwei Teenager, die davon träumen, eines Tages echte Gangster zu sein. Der diskrete Don Ciro arbeitet als Geldbote für die Familien der inhaftierten Camorra-Mitglieder und der junge Uniabsolvent Roberto soll gegen ein üppiges Salär den illegalen Müllhandel für das Syndikat organisieren. Garrone verwebt fünf solcher Episoden zu einem atmosphärisch dichten und beängstigenden Kaleidoskop.

Dienstag, September 02, 2008

Unholy Women - Östrogene Schauermär


JPN 2006

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Das Dunkle und Abseitige in der weiblichen Natur beschäftigte die drei japanischen Regisseure Keita Amemiya, Takuji Suzuki und Keisuke Toyoshima in ihrer Kurzfilmsammlung Unholy Women. Jeder Filmemacher entwickelte auf Basis der recht losen Vorgabe, eine Horror-Geschichte mit einer zentralen Frauenfigur zu inszenieren, eine rund 30minütige Episode. Das Ergebnis fiel – wie bei solchen Projekten üblich – stilistisch und qualitativ recht unterschiedlich aus, wobei sich in der Gesamtschau eher Ernüchterung breit macht.

Der Auftakt mit Keita Amemiyas Beitrag „Das Klappern“ erzählt von einer jungen Frau, die sich nach einem Treffen mit ihrem Geliebten von einem seltsamen Geräusch verfolgt fühlt. Als sie plötzlich ohnmächtig zusammenbricht und kurze Zeit später wieder zu sich kommt, findet sie sich in einem albtraumhaften Szenario wieder. Eine mysteriöse, ganz in Rot gekleidete Killerin, hat es augenscheinlich auf sie abgesehen, wobei das potenzielle Opfer anfangs im Dunkeln über das Motiv der Jägerin tappt. Es entbrennt ein mitunter durchaus spannendes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem Amemiya über weite Strecken den erprobten und daher bekannten Werkzeugen des asiatischen Suspense-Kinos vertraut.

Letzteres erklärt, weshalb einen die Episode trotz ihrer dynamischen und straffen Dramaturgie nicht wirklich bis zum Schluss fesseln kann. Die einzelnen Elemente – angefangen bei den Ringu-typischen kurzen Schreckmomenten bis hin zu den kreidebleichen Geister-Kinder – wurden in den letzten Jahren zu oft zu einem genre-typischen Einheitsbrei zusammengerührt und immer wieder aufgewärmt. Sogar auf die obligatorische Schlusspointe will Amemiya nicht verzichten. An „Das Klappern“ werden sich folglich wohl nur Genre-Neulinge erfreuen können. Allen anderen bleibt auch bei einer Laufzeit von nur rund 30 Minuten der Blick zur Uhr, verbunden mit dem Wunsch, das Gerenne und Geschrei möge bald ein Ende finden.

Da kommt Takuji Suzukis skurriles Date-Movie „Stahl“ gerade recht. Was nach dem eher nüchternen Titel recht unspektakulär klingt, entpuppt sich als grandios durchgeknallter Wahnsinns-Trip auf vielerlei Ebenen. Sekiguchi, ein schüchterner, zurückhaltender junger Mann, wird von seinem Chef zu einem Rendezvous überredet. Er soll mit dessen Schwester ausgehen, was Sekiguchi schon aus Respekt gegenüber seinem Vorgesetzten akzeptiert. Doch was ihn dann erwartet, hätte sich er nicht einmal in seinen verrücktesten Träumen ausmalen können. Denn wo normale Menschen Kopf und Oberkörper haben, befindet sich bei seinem Date ein hässlicher Sack, der an der Hüfte mit einer Kordel zusammengebunden ist. Nur die Beine ragen aus dieser Verpackung heraus und deuten an, dass es sich bei dem seltsamen Wesen tatsächlich um eine Frau handeln könnte.

Was Suzuki aus dieser Konstellation herausholt, muss man gesehen haben, um es zu glauben. Kopfschütteln und ein ungläubiges Staunen werden wohl die häufigsten Reaktionen sein, die sein Film hervorruft. „Stahl“ besitzt in der Interaktion des gegensätzlichen Paares eine verführerische, groteske Faszination. Dabei steht weniger der Thrill-Faktor im Vordergrund, Suzuki vertraut eher dem Spiel mit dem Unvorhersehbaren. Zu jedem Zeitpunkt könnte sich der Plot in unzählige Richtungen entwickeln. Nichts scheint bei ihm undenkbar. Wie sein Landsmann Takashi Miike nimmt sich auch Suzuki alle Freiheiten, um dem Mainstream zu entfliehen. Es ist nicht zuletzt sein absurder Humor, welcher der ansonsten eher braven Unholy Women-Trilogie einen Schuss erfrischender Radikalität verpasst.

Auf den Hochgenuss folgt nicht selten der Kater. So auch hier. Der Abschluss der Unholy Women-Reihe bringt einen jähen Absturz in Punkto Qualität und Ideenreichtum mit sich. Keisuke Toyoshima quetscht für seine Mutter-Sohn-Meditation nahezu jedes erdenkliche Klischee des modernen asiatischen Horrorfilms aus. Konnte schon „Das Klappern“ die enge Anlehnung mit Werke wie The Grudge oder Ringu nicht leugnen, so erscheint Toyoshimas „Erbschaften“ wie eine lustlose Kopie der erfolgreichen Originale. Ein kleiner Junge muss feststellen, dass sich seine Mutter nach einem Umzug aufs Land zunehmend seltsam benimmt. Auch die Großmutter macht ihm Angst. Das Kind ahnt, dass in der Vergangenheit etwas Schreckliches vorgefallen sein muss.

Vor 10 Jahren hätte man sicherlich noch gebannt dem morbiden Treiben im Haus der Drei-Generationen-WG zugesehen, doch im Jahr 2007 kann einem Toyoshima kaum noch einen echten Schrecken einjagen. Die kurzen Schocks – Achtung! Geisterkind im Anmarsch! – kommen geradezu mechanisch wie auf Knopfdruck daher und die Auflösung bedient sich zu allem Überfluss bei den gängigen küchenpsychologischen Erklärungen. Leider ist auch der Weg dahin zugepflastert mit langweiligen und langatmigen Szenen. Spannung will keine aufkommen. Das einzige Gefühl, was Toyoshima erzeugt, ist Verwunderung. Man wundert sich, wer nach Meinung des Regisseurs für den kruden Plot überhaupt noch Interesse aufbringen kann. Selbst unter dem Deckmäntelchen der „Hommage“ lässt sich das Ganze nur schwer verkaufen. „Erbschaften“ verkörpert Ödnis in Perfektion.

Gäbe es nicht Suzukis „Stahl“, das Experiment Unholy Women liefe bereits mit dem Abspann Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Dank Suzuki bleiben einem dann doch einige absurde Momente in Erinnerung. Sie deuten an, was eine experimentierfreudigere Regie aus der Grundidee alles hätte rausholen können.

Für BlairWitch.de.