Donnerstag, April 22, 2010

Kick-Ass - Heldenzeit


USA 2010

+++1/2


Ein ganz normaler Teenager träumt von einer Karriere als Superheld. Dumm nur, dass ihm dazu die nötigen Superkräfte fehlen. Die etwas andere Comic-Verfilmung Kick-Ass verknüpft eine unschuldige Coming-of-Age-Story mit dem Plot eines typischen Marvel-Abenteuers und einer knallbunten Pulp-Ästhetik. Weiterlesen auf Koeln.de.

Dienstag, April 20, 2010

Vincent will Meer - Auf der Flucht


D 2009

++1/2

Ein an Tourette erkrankter junger Mann, eine rebellische Magersucht-Patientin und ein Zwangsneurotiker unternehmen in der deutschen Tragikomödie Vincent will Meer einen abenteuerlichen Road Trip. Hauptdarsteller Florian David Fitz schrieb das Drehbuch, Ralf Huettner (Die Musterknaben) übernahm die Regie. Herausgekommen ist dabei ein mitunter etwas oberflächlicher Film, der aber als Feel-good-Stück funktioniert und durch liebenswerte Charaktere und einen unverkrampften Umgang auch mit ernsten Themen besticht.

Filmkritik:

Noch einmal das Meer sehen. Das ist der größte Wunsch von Vincents Mutter. Da gibt es nur ein Problem. Vincents Mutter ist erst vor wenigen Tagen verstorben. Und der Sohn (Florian David Fitz), der an Tourette erkrankt ist, wird vom Vater (wunderbar überdreht: Heino Ferch) umgehend in eine Klinik eingewiesen, wo sich Spezialisten um den Jungen kümmern sollen. Vincent beugt sich zunächst eher widerwillig dem väterlichen Druck. Im Therapiezentrum angekommen trifft er das erste Mal auf die rebellische Marie (Karoline Herfurth) und den eigenbrötlerischen Alexander (Johannes Allmayer). Mit letzterem teilt sich Vincent zudem ein Zimmer – sehr zu dessen Leidwesen.

Eines Nachts überredet Marie Vincent zu einem abenteuerlichen „Fluchtversuch“. Mit dem gestohlenen Auto ihrer Therapeutin soll es nach Italien gehen – genauer ans Meer. Zusammen mit Vincents Mitbewohner, der die Ausreißer im letzten Moment verraten wollte, brechen die beiden kurzerhand zu einer Fahrt ins Ungewisse auf. Für Vincents Vater, einen Vollblut-Politiker, kommt der spontane Italien-Trip des Filius zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Es ist Wahlkampf. Negative Schlagzeilen gilt es daher um jeden Preis zu verhindern. Zusammen mit der Klinikpsychologin Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau) nimmt er schließlich die Verfolgung des ungewöhnlichen Trios auf.

Vincent will Meer verknüpft die Dramaturgie eines klassischen Road Movies mit der einer konfliktreichen Vater-Sohn-Geschichte und einer zumindest im Kino bislang weitgehend unbeachteten Krankheits-Biographie. Tourette ist vor allem für Außenstehende ein Problem, weil sie nicht wissen, wie sie auf die motorischen und verbalen Ticks reagieren sollen. In dieser Hinsicht plädiert der Film von Beginn an für einen entspannten, vorurteilsfreien Umgang mit der Erkrankung. Der Ton ist heiter, die Stimmung trotz des ernsten Hintergrunds vorwiegend positiv und lebensbejahend. Es ist erlaubt, ja sogar gewünscht, dass man lacht, wenn Vincent, seine Ticks und die meist unvorbereitete Umwelt aufeinander treffen. Der Witz geht dabei nicht auf Kosten des Erkrankten sondern allenfalls auf die seines Gegenübers. Auch in die Falle, das Tourette-Syndrom als komödiantisches respektive tragisches Kuriosum auszustellen, tappt der Film zum Glück nicht.

Regisseur Ralf Huettner gilt spätestens seit Die Musterknaben als Spezialist für sympathische Loser und Anti-Helden. Bei Vincent will Meer – eine Auftragsarbeit – verfilmte er ein Drehbuch von Hauptdarsteller Florian David Fitz. Dessen Skript mangelt es bei aller Wertschätzung für seinen trotzig-mutigen Titelhelden an einer eigenen Handschrift. Sowohl die Road-Movie-Konstellation mit dem eher symbolischen Ziel als auch die schicksalhafte Begegnung unterschiedlicher Charaktere diente bereits zahlreichen Produktionen wie Knocking on Heaven’s Door als Aufhänger für die eigene Geschichte. Die Tourette-Thematik, zumal sie nicht wirklich vertieft wird, kann dieses Originalitätsdefizit nur bedingt ausgleichen. Akzeptiert man erstmal den Déjà-vu-Effekt, so funktioniert Vincent will Meer aber zumindest in den Grenzen eines gut gespielten Feel-Good-Stücks.

Erschienen bei Programmkino.de.

Sonntag, April 18, 2010

Chloe - Drei sind einer zuviel


USA/F 2009

+++

Aus Nathalie wurde Chloe. Das Remake der im Original mit Fanny Ardant und Emmanuelle Béart prominent besetzten französischen Dreiecksgeschichte ist ein Genre-Zwitter, der zwischen kühlem Eifersuchts-Thriller und erotischem Drama changiert. Regisseur Atom Egoyan – bislang als Autorenfilmer bekannt – spielt darin mit unserer Wahrnehmung, wobei er den Mechanismen des Suspense-Kinos vertraut. Julianne Moore und Amanda Seyfried sind die Hauptdarsteller in dieser zunehmend gefährlichen Ménage-à-trois.

Filmkritik:

Es könnte die perfekte Ehe sein. Jedenfalls gibt es wohl nicht wenige, die Catherine (Julianne Moore) und ihren Mann David (Liam Neeson) um ihr scheinbares Glück beneiden. In ihrem Beruf sind beide überaus erfolgreich, er als Musikprofessor, sie als Gynäkologin mit eigener Praxis. Das Paar kann zudem stolz auf sein repräsentatives Zuhause und seinen Sohn Michael (Max Thieriot) sein, der bereits im Teenager-Alter Klavierkonzerte gibt. Die Wahrheit – man ahnt es bereits – ist indes eine ganz andere. Schon länger verdächtigt Catherine ihren Mann der Untreue. Doch der letzte Beweis hierfür fehlte ihr bislang. Um ganz sicher zu sein, setzt sie schließlich ein Callgirl auf ihn an. Chloe (Amanda Seyfried) ist jung, sexy, attraktiv und somit ein echter Prüfstein für Davids Treue und Loyalität.

Mit der Neuverfilmung der französischen Dreiecksgeschichte Nathalie betritt der kanadische Independent-Regisseur Atom Egoyan nur auf den ersten Blick für ihn ungewohntes Terrain. Es stimmt, dass Chloe an der Oberfläche wesentlich konventioneller als die meisten seiner früheren Arbeiten anmutet – der Plot folgt nahezu lehrbuchmäßig dem Aufbau eines typischen Eifersuchts-Thrillers –, gleichwohl verstecken sich in der geradlinigen Erzählung viele Gedanken und Ideen, die Egoyan schon immer beschäftigten. Vor allem spielt das von Secretary-Autorin Erin Cressida Wilson verfasste Drehbuch mit der nicht immer klar erkennbaren Grenze zwischen dem, was wahr ist und dem, was lediglich unserer subjektiven Perspektive und Wahrnehmung entspringt. Dahinter verbirgt sich die Frage, wem man vertrauen kann und wem nicht. Es ist eine Frage, die hier auch den Zuschauer umtreibt und die eine Brücke zu Egoyans Noir-Thriller Wahre Lügen schlägt.

Wir erleben die Dinge aus Catherines Sicht und nicht von einem neutralen Standpunkt aus – ein kleiner, aber am Ende doch entscheidender Unterschied, der in diesem Genre zugegeben gerne als recht banaler Plot-Twist benutzt wird. Nicht so bei Egoyan und Wilson. Die Konstruktion der narrativen Perspektive verweist auf einen gefährlichen Kontrollverlust, dessen Brisanz Catherine erst bemerkt, als es fast schon zu spät ist. Sie ist es, die sich von Chloe und ihren erotischen Beichten auf eine bestimmte Art angezogen fühlt. Die anfängliche Angst, ihr diffuses Misstrauen gegenüber dem eigenen Ehemann weicht unmerklich einer erotischen Faszination.

Egoyan transportiert den Taumel zwischen obsessivem Verlangen, Ekel, Abscheu und Hingabe vornehmlich über eine kühl-elegante Bildsprache – Designerchic, wohin das Auge blickt – und eine Betonung der Details. Die erste Berührung zwischen Catherine und Chloe ist beispielhaft für diese Inszenierung, bei der jeder Blick, jede Geste wie ein Rad in das andere greift. Dazu liefert Filmkomponist Mychael Danna die passende, stimmungsvolle Untermalung. In den feinen Verästelungen aus (homo-)erotischer Suspense und bewährten Thriller-Elementen bewegen sich die Schauspieler jederzeit souverän. Vor allem Julianne Moore und Amanda Seyfried bieten eine couragierte Leistung. Die eine als verletzte Ehefrau, die andere als verführerische Femme fatale.

Für Programmkino.de.

Freitag, April 16, 2010

Black Forest - Dunkelkammer


D 2009

+

Die Grenze zwischen Hommage und Plagiat, zwischen einem versierten Umgang mit Vorbildern und einer schludrigen Copy-and-Paste-Mentalität ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Der deutsche Mystery-Thriller Black Forest - was irgendwie cooler als „Schwarzwald“ klingt - macht es seinem Publikum hingegen viel zu leicht. Um die dünne Story als ungelenke Zusammenstellung bekannter US-Produktionen enttarnen zu können, muss man wahrlich kein Kenner des Horrorgenres sein. Dabei verschenkt Regisseur und Autor Gert Steinheimer seinen Heimat-Bonus an einen Film ohne eigene Identität und Seele.

Man mixe Ideen aus Blair Witch Project mit Elementen aus Amityville Horror, Tanz der Teufel und The Ring, gebe eine Prise Lokalkolorit wie in Tannöd dazu und fertig ist das, was uns hier eiskalt als eigenständiger Film vorgesetzt wird. Schon die Synopsis dokumentiert die Einfallslosigkeit des Skripts. Da zieht es zwei Pärchen für einen Kurztrip raus in die Natur. In einer entlegenen, urigen Schwarzwaldhütte, ohne modernen Firlefanz wie Handys und Internet möchte das Gespann vom hektischen Alltag entspannen und sich der Philosophie des „Simple Life“ hingeben. Der gute Vorsatz ist schnell vergessen, als der reparierte Fernseher seltsame Bilder zeigt, die unsere Naturfreunde allmählich an ihrem Verstand zweifeln lassen.

Die Gefahren reichen im vorliegenden Fall von einem vergifteten Pilzessen bis zu zwischenmenschlichen Missverständnissen, die für die Betroffenen mitunter recht unschöne Konsequenzen mit sich bringen. Eines haben all diese Vorfälle gemein: Sie sind in ihrem Ablauf so vorhersehbar und bieder inszeniert, dass man sich fortlaufend fragt, ob die Verantwortlichen diesen Zirkus wirklich Ernst meinen. Die Parallelen insbesondere zu The Ring sind zudem an Dreistigkeit kaum mehr zu überbieten und schlecht abgekupfert sind sie noch dazu. Nur auf den Geist, der aus der Flimmerkiste klettert, hat Steinheimer verzichtet (warum bloß?). Während spannende Mindfucks wie Richard Kellys The Box hierzulande die verdiente Kinoauswertung verwährt bleibt, verstopfen teutonische Rohrkrepierer im Fernsehfilm-Format die wenigen, für Genrefilme vorgesehenen Slots.

Es gibt nicht viel, was an Black Forest gefällt. Der kurze Gastauftritt von „Tatort“-Kommissar Andreas Hoppe sorgt zumindest für etwas Abwechslung und eine Auszeit vom lethargischen, öden Gruppen-Palaver. Leider ist die auch wieder so schnell vorbei wie sie begonnen hat. Danach schaukeln sich die Psycho-Spielchen in der zu erwartenden Eskalationsspirale weiter hoch. Spannung und eine intelligente Narration scheinen nach Meinung von Steinheimer mit der hier portraitierten Horror-Variante des „Simple Life“ ganz offensichtlich nicht vereinbar zu sein. Dafür finden sich unter dem Dach des rustikalen Terrorhäuschens lächerliche Enthüllungen (Big Brother is watching you!) und strunzdumme Dialoge im Überfluss.

Dass unsere vier Kurzzeit-Aussteiger allesamt eingebildete, unsympathische Vollidioten sind, mag erklären, wieso die Identifikation mit ihren Problemen und ihrer Situation nicht so recht funktionieren will. Für einen Film, der auf eine Verdichtung von Raum und Zeit setzt und hierüber ein klaustrophobisches, diffuses Bedrohungsszenario etablieren will, ist ein solches Desinteresse an seinen Protagonisten letztlich tödlich. Hinzu kommt, dass Black Forest trotz seiner gerade einmal 79 Minuten einen gewaltigen Leerlauf aufweist. Die gefühlte Laufzeit liegt näher an drei als an zwei Stunden, was viel über den Unterhaltungswert dieser komplett verunglückten Produktion aussagt.

Besonders schmerzhaft wird es immer dann, wenn uns Steinheimer seine Vorbilder mit der Vehemenz eines Vorschlaghammers um die Ohren haut. Der Irrlauf durch den angrenzenden Wald schreit in jeder Einstellung nach Raimis Tanz der Teufel - natürlich ohne auch nur im Ansatz eine ähnlich verstörende Wirkung zu entfalten - und wenn das blonde Dummchen der Gruppe im roten Mäntelchen Pilze suchen geht, könnte er die gesamte Leinwand auch gleich mit dem Titel eines weltberühmten Grimm’schen Märchens übermalen. Black Forest schmückt sich mit Zitaten, um sie als inhaltsleere Gesten zu missbrauchen. So etwas sollte zumindest im Horrorfilm nicht ungestraft bleiben.

Für BlairWitch.de.

Donnerstag, April 15, 2010

Das Bildnis des Dorian Gray


GB 2009

++

Es gibt Geschichten, die werden immer und immer wieder verfilmt. Oscar Wildes Hedonismus-Anklage Das Bildnis des Dorian Gray gehört dazu. Dieses Mal schnappte sich der britische Regisseur Oliver Parker den Literaturklassiker, um ihn mit Jungstar Ben Barnes und Colin Firth in den Hauptrollen als düstere Gruselmär neu aufzuführen. Obgleich Parker schon zwei Wilde-Arbeiten für die Leinwand adaptierte, vermag das nun vorliegende Resultat kaum zu überzeugen. Weder als Literaturverfilmung noch als Genre-Beitrag bleibt sein Film lange in Erinnerung.

Nach dem Tod seines Großvaters sagt der junge, gut aussehende Dorian Gray (Barnes) dem idyllischen Landleben Lebewohl. Ihn zieht es in die Großstadt, genauer nach London, wo sein Großvater ein repräsentatives Stadthaus besaß. Schon bald lernt der Neuankömmling einige einflussreiche Vertreter der besseren Gesellschaft kennen. Unter ihnen befindet sich auch der Maler Basil Hallward (Ben Chaplin), der von Dorians Schönheit fasziniert ist und ihn kurzerhand zu einem Porträt überredet. Die Nachricht von Dorians Ankunft macht die Runde. Sie erreicht schließlich auch den charismatischen Lebemann Lord Henry Wotton (Firth). Als väterlicher Freund und Mentor führt er den jungen Mann in die Freuden und Versuchungen des Großstadtlebens ein. Bereitwillig lässt sich Dorian auf diese für ihn bislang unbekannte Welt ein, in der Alkohol, Drogen und Frauen jederzeit verfügbar sind.

Wie einst Faust schließt auch Dorian einen Pakt mit dem Teufel. Er verspricht Lord Wotton, seine Seele gegen ewige Jugend und Schönheit einzutauschen. Nur sein Porträt hält sich nicht an diese Abmachung. Während Dorian der Alterung entgehen kann, zeigen sich an dem Bild mit der Zeit immer deutlicher furchteinflößende Verfallserscheinungen. An dieser Spiegelung von Innen und Außen, von Körper und Seele, manifestiert sich Wildes Kritik an der zügellosen, zunehmend unkontrollierbaren Genusssucht seiner Titelfigur. Es ist zugleich eine Kritik, die heute - über ein Jahrhundert nach Veröffentlichung des Romans - grundsätzlich nichts von ihrer Aktualität und Brisanz eingebüßt hat. Flatrate-Parties und Konsumfetischismus bestimmen schließlich die Freizeitgestaltung nicht weniger Menschen.

Trotz dieser leicht herstellbaren Bezüge und Parallelen verharrt Parkers Dorian Gray in einem merkwürdigen, recht eingestaubten Vakuum. Das viktorianische Dekor und die zugegeben prachtvollen Sets werden von Parker und seinem Drehbuchautor Toby Finlay nie wirklich mit Leben und echter Leidenschaft gefüllt. Es bleibt bei einem Abfilmen der Oberfläche. Zu diesem Eindruck trägt auch das Spiel von Hauptdarsteller Ben Barnes bei, dem es nicht gelingt, die innere Zerrissenheit und fast schon pathologischen Zwänge seines Charakters glaubwürdig zu transportieren. Das schöne und makellose Gesicht des Schauspielers stellt sinnbildlich für all die Langeweile, die Parkers Film mit seiner nur sehr eingeschränkt effektiven Grusel-Interpretation verbreitet.

Dabei fügt sich das im Horror-Genre vorherrschende, oftmals konservative Weltbild, in dem Sex nicht ohne Folgen bleibt und insbesondere bei unverheirateten Paaren gerne auch schon mal mit dem Tod bestraft wird, eigentlich schlüssig in den moralischen Impetus der Geschichte. Dumm nur, dass das Drehbuch so rein gar nichts mit dieser Vorgabe anzufangen weiß. Viel mehr als einige klischeehafte, weil schwülstige Sexszenen mit S/M-Anstrich, die als Beleg für des Jünglings unaufhaltsame Verrohung herhalten müssen, hat Dorian Gray in dieser Hinsicht nicht zu bieten. Wäre da nicht ein gestandener Darsteller wie Colin Firth, man müsste Parkers Besetzung ein miserables Zeugnis ausstellen. Denn auch die Nebenrollen (Rachel Hurd-Wood, Rebecca Hall) fallen vornehmlich durch ihre Unauffälligkeit auf, was sich nur zum Teil Finlays biederem Skript in die Schuhe schieben lässt.

Es mangelt Parkers Version insgesamt an erzählerischer Finesse, Tempo und Ideen. Statt zu fesseln schleppt sich Dorians moralischer wie seelischer Verfall eher zäh dahin. Nicht nur Freunden des Horror-Kinos dürfte der inszenierte Budenzauber rund um das Gemälde - samt ach so ekligem Maden- und Blutauswurf - vor allem ein mitleidiges Schmunzeln entlocken. Der Schrecken hält sich hingegen nicht nur in diesen Momenten sehr in Grenzen. Parkers „Viktorian Psycho“ sollte erst einmal bei Patrick Bateman in die Lehre gehen.

Für BlairWitch.de.

Freitag, April 09, 2010

A Single Man - Von Meisterhand


USA 2009

+++1/2

Modemacher Tom Ford hat das Genre gewechselt und die Welt des Glamours gegen den Regiestuhl eingetauscht. Seinem Filmdebüt A Single Man merkt man eine einnehmende Passion für alles Schöne und Elegante dann auch jederzeit an: Die Geschichte einer vom Schicksal auseinander gerissenen Liebe ist bewegendes Gefühlskino und eine Lehrstunde in großer Schauspielkunst. Weiterlesen auf Koeln.de.

Donnerstag, April 08, 2010

Kampf der Titanen - Murks in drei Dimensionen


USA 2010

+

Männer, Muskeln und Testosteron. Genau das verspricht die Neuverfilmung Kampf der Titanen, in der Hollywood die griechische Mythologie erst als Disney-Park-Attraktion zusammensetzt, um sie später gnadenlos zum Einsturz zu bringen. Mit dabei sind große Namen wie Liam Neeson und Ralph Fiennes, was zumindest anfangs die Hoffnung auf ein unterhaltsames Action-Abenteuer schürt. Die Hauptrolle ergatterte zur Abwechslung nicht Spielberg-Protegé Shia LaBeouf sondern der Engländer Sam Worthington, der zuletzt mit James Cameron nach Avatar aufbrechen durfte.

Die Story ist in ihren Grundzügen an den Original-Film von Stop-Motion-Legende Ray Harryhausen angelehnt. Am Anfang steht eine ernsthafte Verstimmung zwischen den Menschen und ihren Göttern. Seitdem Hades (Fiennes) hier auf Erden ordentlich aufräumt, kocht die Volksseele. Auch Perseus (Worthington) ist auf die Mächtigen im Olymp nicht gut zu sprechen, da er hilflos mitansehen musste, wie seine Familie Hades zum Opfer fiel. Dass er selber als Gott geboren und als Mensch aufgewachsen ist, hat seinem Selbstbewusstsein nicht geschadet. So glaubt er doch tatsächlich, es mit Hades und dessen Unterwelt-Schergen aufnehmen zu können. Eine Gruppe furchtloser, tapferer Männer begleitet ihn fortan auf seiner gefährlichen Mission.

Diese führt Perseus nicht nur in eine blutige Schlacht mit Riesenskorpionen, er begegnet auch dem Blick der todbringenden Medusa und Hades' Lieblingsmonster, dem mächtigen Kraken. Wie in einem Videospiel kämpft sich der muskelbepackte Gottessohn dabei Level um Level vor, was seiner Mannschaft bisweilen schmerzhafte Verluste beschert. Aber was tut man nicht alles für die Rettung der Welt. (ProSieben hat dafür ja eigens den „GreenSeven“-Day erfunden.) Wenn das Staunen über die immer einen Tick zu künstlichen Monster-Animationen jedoch erst einmal nachgelassen hat, fällt es sichtlich schwer, dem Geschehen noch die nötige Aufmerksamkeit entgegen zu bringen. Trotz wechselnder Gegner schleicht sich schon bald eine tödliche Monotonie und Langeweile ein.

Regisseur Louis Leterrier inszenierte das göttliche Get-Together im Olymp als Glitter-Travestie-Show. Zeus' Gewand glitzert mehr als das von Gloria Gaynor und auch sonst weht ein Hauch von Hochglanz-Trash durch die freakige Versammlung in luftiger Höhe. Schon die extrem verzerrten Stimmen von Neeson und Fiennes bieten eine wunderbare Angriffsfläche für allerhand Spott und Häme. Das Diktat der unfreiwilligen Komik, welches von der Ernsthaftigkeit des mythologischen Hokuspokus zusätzlich angeheizt wird, rettet Kampf der Titanen allerdings nicht über die Ziellinie. Das von CGI-Schnickschnack zugekleisterte Schlachtgetümmel knockt sich vor seinem rührseligen Ende nämlich gleich mehrfach selber aus, weil es außer einiger leidlich interessanter Action-Tableaus so rein gar nichts zu erzählen hat.

Das wirklich Ärgerliche an dem Film ist jedoch der einfallslose Gebrauch der 3D-Technik. Dass diese erst in der Post-Produktion hinzugefügt wurde, weil man ganz offensichtlich der Versuchung erlag, über höhere Ticketpreise seine Einnahmen maximieren zu wollen, versetzt Leterriers Testosteron-Schinken den endgültigen Todesstoß. Der räumliche Effekt war selten überflüssiger, was angesichts der späten Entscheidung zur Umrüstung auf 3D nicht verwundert. Der Mangel an Kontrast und Schärfe erschwert insbesondere im Mittelteil, wenn Perseus der dunklen Unterwelt einen Besuch abstattet, die Übersicht über das Kampfgeschehen. Wenn so die Zukunft des Kinos aussähe, könnte man auf den ganzen 3D-Kram getrost verzichten.

Es dürfte spannend zu beobachten sein, ob das Publikum den billigen 3D-Trick durchschaut und dem Film seine Gefolgschaft verweigert. Sogar das bislang meist gültige technische Gütesiegel, das mit der Einzigartigkeit eines dreidimensionalen Kinoerlebnisses warb, wird durch Langweiler-Kandidaten wie Kampf der Titanen entwertet. In der Konsequenz sollten es nachfolgende Produktionen schwerer haben, sich allein über das 3D-Argument zu profilieren, zumal sich inzwischen auch eine gewisse Sättigung am Horizont abzeichnet. Das heimliche Vorhaben, 300 als den ultimativen Männer- und Sandalenfilm abzulösen, wurde hier in jeder nur erdenklichen Weise an die Wand gefahren. Da macht es letztlich auch keinen Unterschied, ob man den Unfall aus zwei oder drei Dimensionen mitansehen muss. Scheußlich bleibt er so oder so.

Für BlairWitch.de.