Donnerstag, August 28, 2008

Mensch, Dave! - Man in White


USA 2008

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Ein von Außerirdischen gesteuertes Raumschiff in Menschengestalt irrt durch New York City. Als „Man in White“ ist Eddie Murphy mit an Bord – und das in doppelter Ausführung. Weiter geht's auf Critic.de.

Sonntag, August 24, 2008

Grace is Gone - An der Heimatfront


USA 2007

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Keine Szenen vom Schlachtfeld, keine Zurschaustellung von Tod und Gewalt - James C. Strouse drehte einen Antikriegsfilm der leisen Töne. Grace is Gone erzählt vom Verlust der Angehörigen und der schmerzhaften Konfrontation mit einer für immer mehr Amerikanern bitteren Realität. Dreh- und Angelpunkt dieses bereits in Sundance mehrfach ausgezeichneten Familiendramas ist die Leistung von Hauptdarsteller John Cusack.

Filmkritik:

Stanley Philips (John Cusack) ist ein ganz normaler Amerikaner. Der Vater von zwei Töchtern verdient sein Geld in einem Baumarkt. Seine Frau Grace ist derweil als Sergeant im Irak stationiert. Dort, wo fast täglich amerikanische Soldaten umkommen. Auch wenn Stan versucht, die Gefahren des Einsatzes zu verdrängen, ist er sich des Risikos bewusst. Immerhin war er früher selbst Soldat, eher er aus gesundheitlichen Gründen die Armee verlassen musste. Und dann – ohne Vorwarnung – ist der Moment gekommen, vor dem sich Stan immer gefürchtet hat. Plötzlich sitzt er in seinem eigenen Haus zwei Militärs gegenüber, die ihm die Nachricht vom Tod seiner Frau überbringen. Was für sie längst traurige Routine ist, zieht Stan den Boden unter den Füßen weg.

Am liebsten würde er seine Trauer und seinen Schmerz einfach herausschreien, doch weiß er nicht, wie er den gemeinsamen Töchtern Heidi (Shélan O’Keefe) und Dawn (Gracie Bednarczyk) den Tod ihrer Mutter erklären soll. So entscheidet er sich zunächst für ein Ablenkungsmanöver. Zu Dritt fahren sie in den Freizeitpark „Enchanted Gardens“ im tausende Kilometer entfernten Florida. Unterwegs trifft Stan dabei auf seinen Bruder John (Alessandro Nivola), der im Gegensatz zu ihm den Krieg im Irak vehement ablehnt und lautstark die Politik der Regierung verurteilt. Während bei den Mädchen die Vorfreude auf das Ziel ihres Ausflugs wächst, sucht Stan nach einem Weg, ihnen die schreckliche Wahrheit beizubringen.

Der Krieg im Irak ist längst an der Heimatfront angekommen. Und im Kino Hollywoods. Sowohl der missglückte Home of the Brave, der hierzulande lediglich als Videopremiere erschien, als auch Paul Haggis’ Im Tal von Elah griffen explizit die Folgen des Kriegsgeschehenes auf die Psyche der Soldaten und ihrer Angehörigen auf. Bei James C. Strouse trauert ein Familienvater um seine Ehefrau, die es als ihre soldatische Pflicht ansah, ihrem Land zu dienen. Auch Stan ist ein Patriot und niemand, der von Strouse, nur um politisch korrekt zu sein, in die Schablone eines liberalen Pazifisten gepresst wurde. Diese Rolle fällt vielmehr Stans Bruder zu. Als das Sprachrohr des Regisseurs und Autors Strouse wirkt sein Auftritt reichlich schwach motiviert und durchschaubar.

Von den zumindest ungelenken Dialogen zwischen Stan und seinem Bruder einmal abgesehen, überzeugt Grace is Gone jedoch durch seine unaufgeregte und zutiefst ehrliche Annäherung an ein schwieriges Sujet. Der Film ruft einem als Zuschauer die sehr konkreten Folgen eines abstrakten und von den Medien mit den immer gleichen Bildern aufbereiteten Kriegsgeschehens ins Bewusstsein. In den USA – und nicht nur dort – gibt es immer mehr Menschen, denen es wie Stan Philips ergeht. Die auf einmal mit einem Verlust konfrontiert werden, den sie für sich nur schwer verarbeiten können, weil sie den Gedanken daran so gut es geht zu verdrängen suchten.

Ein in jedem Moment souverän agierender John Cusack – sein stärkster Auftritt seit Ein Mann, ein Mord – sowie das natürliche Spiel seiner beiden Film-Töchter Shélan O’Keefe und Gracie Bednarczyk schenken Grace is Gone die nötige emotionale Tiefe und Authentizität. Clint Eastwoods musikalisches Thema ist so schlicht wie seinerzeit bei Million Dollar Baby und dabei ähnlich wirkungsvoll. Dass Strouse zudem auf weinerliche Melodramatik weitgehend verzichtet und immer wieder auch heitere, bisweilen gar richtig komische Momente in den Road Movie-Plot einbaut, verhilft seinem leisen Antikriegsfilm erst zu echter Größe und Relevanz. Und während die Fahrt an unzähligen Fast Food-Restaurants und Einkaufszentren vorbeiführt, ändert sich allmählich unser Blick auf ein Land und seine Menschen, für die familiärer Zusammenhalt in diesen Zeiten zur vielleicht letzten gelebten Hoffnung wird.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, August 21, 2008

Gewinner - Zohan-Gewinnspiel

Es ist soweit!

Über ein Zohan-Fan-Paket (bestehend aus T-Shirt und Hacky-Sack) können sich

schuchi

und

Vengeance

freuen!

Die Gewinner würde ich bitten, über die Feedback-Funktion (an der rechten Seite des Blogs) und der dort angegebenen Email-Adresse mir Ihre Kontaktdaten zukommen zu lassen!

Samstag, August 16, 2008

The Dark Knight - Bitte lächeln!


USA 2008

++++

"Entweder man stirbt als Held…

oder man lebt lange genug, um Bösewicht zu werden."


Mit Batman Begins gelang Christopher Nolan vor drei Jahren so etwas wie die Neubelebung des Superheldenfilms. Der von Joel Schumacher einst zum Witz degradierte Fledermann-Mythos feierte dabei ein grandioses Comeback. Düster, ernst und kalt, so sah Nolan Batman und dessen Refugium Gotham City. Mit Christian Bale in der Rolle des schwarz gekleideten Anwalts für Recht und Ordnung erschien die von Bob Kane entwickelte Comic-Legende männlicher und charismatischer denn je.

Nolan beendete Batman Begins mit einem wagemutigen Versprechen. In dem zweiten von ihm inszenierten Batman-Abenteuer soll es der exzentrische Milliardär mit dem wohl exzentrischsten Bösewicht der Reihe zu tun bekommen: Vorhang auf für den Joker! Dass Jungstar Heath Ledger in die Fußstapfen von Jack Nicholson treten wird, brachte dem Projekt bereits lange vor Kinostart einiges an Publicity ein. Diese steigerte sich traurigerweise mit dem frühen Tod Ledgers in bislang so nicht für möglich gehaltene Dimensionen. Nun wird darüber spekuliert, ob Ledger vielleicht wie Peter Finch vor über dreißig Jahren posthum mit dem Oscar ausgezeichnet wird. Verdient – das steht nach Ansicht des Films fest – wäre es in jedem Fall.

Ledger begeht gar nicht erst den Fehler, das von Nicholson zur Perfektion gebrachte Overacting nochmals überbieten zu wollen. Seine Joker-Interpretation steht für sich und wird als solche in die Filmgeschichte eingehen. Bei Nolan ist der Joker kein grinsender Clown. Er ist ein radikaler Anarchist, dessen Todessehnsucht allgegenwärtig ist und der sich weder Regeln noch der Vernunft beugt. Für ihn gellten keine logischen Motive. Ihm geht es nicht um Geld oder Macht, einzig das Chaos ist sein Antrieb, sein Verbündeter. Ledger verkörpert all dies mit einer unglaublichen physischen Präsenz. Sein seltsames Schmatzen, seine leeren Augen, und gespenstischen Gesichtszüge funktionieren als Projektionsfläche bizarrer Albträume. Hinter der dreckig, verschmierten Clowns-Maskerade lauert die ultimative Bedrohung für jede zivilisierte Gesellschaft.

Obwohl Ledgers Joker nicht selten zu einem makabren Scherz aufgelegt ist, dürfte einem das Lachen desöfteren im Halse stecken bleiben. So perfide und brutal war noch keiner von Batmans bisherigen Gegenspielern. Und so unberechenbar. In Nolans Gotham City, das dieses Mal weniger dreckig, dafür umso kälter erscheint, ist niemand sicher. Immer wieder verpasst einem der Film einen empfindlichen Nackenschlag, wenn der Nihilismus des Jokers ein neues, unerwartetes Opfer fordert. Wie schon bei Prestige und Memento hat Nolan, der dieses Mal zusammen mit seinem Bruder Jonathan das Drehbuch verfasste, einige (böse) Überraschungen für uns in Petto. Immer wieder kann der Joker ein Ass aus dem Ärmel ziehen, was in dieser Perfektion sicherlich nicht unbedingt glaubwürdig ist und vielleicht die einzige Schwachstelle eines ansonsten erschreckend makellosen Films darstellt.

The Dark Knight beginnt mit einem bitteren Eingeständnis. Bruce Wayne, der Batman als Vorbild verstanden wissen wollte und damit andere Menschen zu inspirieren hoffte, muss sich der Realität stellen. Und die sieht alles andere als ermutigend aus. Die Stadt ist keineswegs sicherer geworden, noch immer wuchert die Korruption wie ein Krebsgeschwür in Gotham und nur einige Freaks, die in selbstgeschneiderten Batman-Anzügen herumturnen, scheinen ihrem Vorbild nacheifern zu wollen. Die meisten Bürger haben sich daran gewöhnt, dass Batman ihre Probleme löst und sie vor dem Verbrechen schützt.

Erst als ein junger, engagierter Staatsanwalt die Bühne betritt, schöpft auch Bruce Wayne neue Hoffnung. Und das, obwohl Harvey Dent (Aaron Eckhart) mit Bruces Jugendliebe Rachel (Maggie Gyllenhaal) liiert ist. Zusammen mit Batmans loyalem Partner-in-Crime Lieutenant Gordon (Gary Oldman) macht sich das Trio daran, dem organisierten Verbrechen das Handwerk zu legen. Erste Erfolge lassen nicht lange auf sich warten, doch diese sind – wie sich wenig später herausstellt – nur von kurzer Dauer. Denn in dem durch die Verhaftung von Mafia-Boss Salvatore Maroni (Eric Roberts) entstandenen Vakuum nistet sich ein Gegner ein, der sich konsequent jeder Logik entzieht und so zur Bedrohung für Gotham City und Batman wird.

Man braucht nicht lange suchen, um in Nolans epischem Crime-Drama einen Subtext zu entdecken. Die Bezüge zum politischen Status Quo unserer Nach-9/11-Welt sind überdeutlich. Da ist die Rede davon, dass Batman für einen Einzelnen über „zu viel Macht“ verfüge. Was das konkret bedeutet, zeigt sich im adrenalintreibenden Finale, das vom Joker kurzerhand zu einem perfiden „sozialen Experiment“ umfunktioniert wird. So heiligt ein hehres Ziel im Kampf gegen das Böse letztlich jedes Mittel. Sogar Batman erliegt der Versuchung. Diese nüchterne Erkenntnis serviert einem The Dark Knight praktisch en passant zwischen all seinen wuchtig inszenierten Action-Tableaus.

Wie schon in Batman Begins legte Nolan auch dieses Mal großen Wert auf eine in sich kohärente und möglichst geerdete Darstellung der Batman-Mythologie. The Dark Knight bringt die Fassade des omnipotenten Superhelden endgültig zum Einsturz. Batman muss einiges einstecken. Es sind Schläge und Tritte, die nicht ohne Folgen bleiben. Sein schwarzer, von Chef-Tüftler Lucius Fox (Morgan Freeman) weiterentwickelter Anzug ist keine undurchdringliche Rüstung, im Gegenteil. Wenn die Gegner auf ihn einprügeln, dann hinterlässt das blutige Wunden.

Aber auch das Leben als Milliardär und Playboy zwingt Bruce Wayne eine Maskerade auf. Er spürt, dass ihn die Dämonen der Vergangenheit einzuholen drohen. Das Bedürfnis nach Rache wächst mit jedem Haken, der sein Erzfeind schlägt, und eine mitunter nur schwer kontrollierbare Bitterkeit liegt wie Mehltau auf seiner Seele. In der Darstellung dieser inneren Zerrissenheit gelingt Christian Bale einmal mehr ein beeindruckender schauspielerischer Kraftakt, der nur von der Leistung seiner Kollegen Ledger und Eckhart noch in den Schatten gestellt wird. Die Metamorphose des strebsamen, idealistischen Anwalts Harvey Dent zum Psycho Two-Face bringt Aaron Eckhart hoffentlich die nach Filmen wie Die schwarze Dahlie und Thank You for Smoking längst verdiente Aufmerksamkeit ein.

Nach dem knallbunten Eskapismus der beiden Schumacher-Batmans führte Christopher Nolan mit Batman Begins und The Dark Knight eine neue Zeitrechnung in Gotham City ein, die das Genre des Superheldenfilms in seinen Grundfesten erschütterte. Nolans nun vorliegender zweiter Ausflug nach Gotham ist cineastisches Dynamit. Ein beängstigender Albtraum, der existenzielle Fragen aufwirft und uns ohne Antworten sprachlos zurücklässt.

Für BlairWitch.de.

Donnerstag, August 14, 2008

Der Baader-Meinhof-Komplex - So nicht, Herr Eichinger!

Es kommt durchaus häufiger vor, dass Journalisten, die Pressevorführungen besuchen, eine Erklärung unterschreiben müssen, wonach sie ihre Kritik nicht vor einem bestimmten Termin veröffentlichen. So weit, so gut (oder auch nicht). Aber das, was sich Constantin Film nun anlässlich einer exklusiven Vorab-Pressevorführung des lang erwarteten RAF-Dramas Der Baader-Meinhof-Komplex ausdachte, schlägt dem Fass den Boden aus. So sollen die Teilnehmer des Screenings bei Zuwiderhandlung gegen die bis zum 17. September geltende Berichtssperre eine Konventionalstrafe von 50.000 EUR (!!!) zahlen. Die ganze Unverschämtheit wird heute auch in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung diskutiert. Die SZ-Online-Redaktion beschloss, als Reaktion auf eine Berichterstattung zu verzichten. Ich werde mich diesem Boykott anschließen und kann nur alle Kollegen ermuntern, auch so zu handeln. Das müssen wir uns nicht bieten lassen.

Mittwoch, August 13, 2008

Leg Dich nicht mit Zohan an - Gewinnspiel


Anlässlich des Kino-Starts von Leg Dich nicht mit Zohan an am 14. August verlose ich zwei Zohan-Fanpakete bestehend aus einem Zohan-T-Shirt und einem Hacky-Sack. Hinterlasst einfach einen Kommentar, wenn Ihr teilnehmen wollt. Aus allen Teilnehmer werden dann die zwei hoffentlich glücklichen Gewinner gezogen (von mir höchstpersönlich!) und hier auf dem Blog veröffentlicht. Das Gewinnspiel läuft bis zum 20. August (einschließlich). Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen ;)

Wünsche Euch viel Spaß beim Mitmachen und mit Zohan im Kino!

Montag, August 11, 2008

Zurück im Sommer - Wenn der Vater mit dem Sohne


USA 2008

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Mein Vater, der Tyrann. In Dennis Lees prominent besetztem Familiendrama dreht sich alles um einen langjährigen Vater-Sohn-Konflikt. Weiterlesen auf Critic.de.

Donnerstag, August 07, 2008

Leg Dich nicht mit Zohan an - Die Rückkehr des Vokuhila


USA 2008

+++1/2

Er ist die mit Abstand geschmackloseste Schnittmenge aus Borat Sagdiyev, George Michael und Jason Bourne: Der Zohan (Adam Sandler), Israels Top-Anti-Terror-Kämpfer verpasste bislang jedem Börsewicht eine gehörige Abreibung. Er ist der Mann für alle Fälle, der von seinen Landsleuten wie ein Pop-Star gefeiert wird. Und dennoch sehnt er sich nach einem ganz anderen Leben. Um es auf den Punkt zu bringen: Zohan will umschulen. Hairstylist ist sein wahrer Traumberuf. Wie ein gewisser Paul Mitchell möchte er die Welt mit seinen Frisurkompositionen erobern. Um diese Sehnsucht endlich nachgehen zu können, beschließt er seinen eigenen Tod vorzutäuschen und in New York – wo sonst? – ein neues Leben mitsamt neuer Identität zu beginnen.

So aberwitzig und skurril sich bereits die Ausgangslage der neuen Adam-Sandler-Komödie anhört, der fertige Film übertrifft diese Absurdität nochmals um Längen. Leg Dich nicht mit Zohan an ist ohne jeden Zweifel Sandlers bislang komischste und überdrehteste Komödie. Nach den kommerziell zwar wenig erfolgreichen, bei der Kritik aber umso gefeierten Ausflügen ins dramatische Fach (Punch Drunk Love, Die Liebe in mir) und überaus kurzweiligem Nonsens (Chuck & Larry) scheint Sandler mittlerweile eine gewisse Narrenfreiheit zu besitzen. Sein Zohan ist ein streng durchkomponierter Gag auf zwei Beinen, ein wandelnder Anachronismus mit schaurig-schrecklicher Frisur und garantiert geschmacklosem Styling (oder wie sollte man anders das Tragen von Mariah- Carey-T-Shirts umschreiben?).

Zohans zumindest in der Originalfassung brüllend komischer Akzent stellt selbst Borats gebrochenes Englisch mit Phrasen wie „I make you look silky smooth!“ in den Schatten. Die nicht nur unterschwellig anzutreffenden homoerotischen Einflüsse bei Figur und Story – waschen, schneiden, legen als Lebenstraum – lassen Leg Dich nicht mit Zohan an zuweilen wie die Verfilmung eines Village-People-Stimmungshits erscheinen. Alles ist entweder einen Tick zu bunt oder zu schwul (oder beides). Wenn Zohan Mariah-Carey-T-Shirts zu engen Jeans-Shorts trägt, dann ist das für jeden heterosexuellen Zuschauer eine echte Herausforderung.

Man mag das Ganze nach Borat nicht unbedingt originell finden, in dieser Konsequenz ist die zweite Zusammenarbeit von Sandler und Regisseur Dennis Dugan (nach Chuck & Larry) aber ein echter Glücksfall für das oftmals biedere amerikanische Unterhaltungskino. Unterstützung erfährt Sandler von einem blendend aufgelegten Ensemble. John Turturro darf als Hisbollah-Kämpfer „Das Phantom“ ebenso wie Rob Schneider Overacting bis zum Anschlag zelebrieren. Letzterer verkörpert einen palästinensischen Taxi-Fahrer, der wie Zohan in New York seinen lange gehegten Traum leben will. Dieser – soviel sei verraten – unterscheidet sich nur unwesentlich von Zohans Paul-Mitchell-Fantasie.

Wenn ein Film und noch dazu eine Komödie den Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser thematisiert, ist Fingerspitzengefühl erforderlich. Leg Dich nicht mit Zohan an stellt in dieser Hinsicht viele pointierte Beobachtungen an, die erfrischend unverkrampft das Sich-im-Kreis-drehen und das Prinzip von Vergeltung und Rache als Weg in eine Sackgasse entlarven. Allein für die Idee einer Selbstmordattentäter-Hotline, bei der sich die Terroristen in spe zunächst durch ein sprachbasiertes Menüführungssystem kämpfen müssen, möchte man Sandler und seinen beiden Co-Autoren Judd Apatow (Mr. Comedy himself) und Robert Smigel spontan applaudieren.

Bedenkt man, wie viele moralinsaure Filme bereits über den Nahostkonflikt gedreht wurden, erscheint das Ergebnis dieser cineastischen Disco-Kugel umso bemerkenswerter. Auch wenn Leg Dich nicht mit Zohan an im letzten Drittel etwas an Schwung verliert und sich der Zohan’sche Dadaismus in eine allgemein verständliche Multikulti-Botschaft wandelt, schmälert das nicht den über weite Strecken immens hohen Unterhaltungswert dieser Produktion. Leg Dich nicht mit Zohan an ist das Komödien-Highlight dieses Sommers. Selbst notorische Adam-Sandler-Hasser werden dem zustimmen.

INFO: Zum Filmstart wird es in der nächsten Woche eine Verlosung von Zohan-Goodies auf meiner Seite geben! Es lohnt sich also dann wieder vorbeizuschauen!

Mittwoch, August 06, 2008

Der Mongole - Steppenwolf


D/RUS/KAZ 2007

++1/2

Temudgin, besser bekannt als Dschingis Khan, eroberte im 13 Jahrhundert Weite Teile Asiens. Mit großem Aufwand, Tausenden Komparsen und einem Budget von 20 Mio. Dollar entstand unter der Regie des russischen Filmemachers Sergei Bodrov (Nomad) ein bildgewaltiges Portrait des legendären Mongolen-Herrschers, der schon zu Lebzeiten ein Mythos war. Der Mongole brachte Kasachstan eine Oscar-Nominierung als „Bester fremdsprachiger Film“ ein.

Filmkritik:

Der Mongole
ist niemand geringeres als der legendäre Krieger und Herrscher Dschingis Khan. Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts stieg dieser zum Anführer über die bis dato autonomen mongolischen Stämme auf. Er einigte sie und führte sie in seiner rund zwanzigjährigen Herrschaft als Großkhan an, wobei er in dieser Zeit mit seinen Kriegern Weite Teile Zentralasiens und Chinas eroberte. Dschingis Khan, der eigentlich Temudgin hieß, was soviel wie „der Eiserne“ bedeutet, ist zugleich auch ein historischer, in sich widersprüchlicher Mythos. Während er von seinen Feinden als grausamer Schlächter beschrieben wurde, loben ihn andere für seine Toleranz in religiösen und kulturellen Dingen. Vor allem Loyalität und Treue waren ihm wichtig. Für Verräter, auch für solche die von seinen Feinden zu ihm überlaufen wollten, hatte er nicht viel übrig.

Die deutsch-russisch-kasachische Co-Produktion Der Mongole versucht sich an einer Rekonstruktion des mongolischen Volkshelden, um den sich bis heute zahlreiche Legenden ranken. Als der erste Teil einer geplanten Trilogie liegt der Fokus des Films auf den Jugendjahren des späteren Khans, auf seinem Leben in Gefangenschaft und seinem Unterfangen, die mongolischen Stämme zu einigen und sie im Kampf gegen die anderen Steppenvölker anzuführen. Regisseur und Autor Sergei Bodrov ist erfahren im Umgang mit derart historischem Material. Bereits der mit einer internationalen Besetzung abgedrehte Nomad zelebrierte vor traumhafter Kulisse nationalistisches Pathos und Drama. Beides findet sich auch in Der Mongole zu genüge wieder. Dabei übernahm kein Nachfahre des großen Dschingis Khan sondern Japans Tadanobu Asano die Rolle des Titelhelden.

Letzteres mag erklären, wieso das Projekt nur wenige Unterstützer in Khans Heimat fand. Dabei macht Asano seine Sache mehr als ordentlich. Seine melancholischen, zuweilen geradezu verloren wirkenden Augen spiegeln das Leid und die Opfer wider, die Temudgin auf sich nehmen musste, als er noch nicht unangefochten über die Steppe herrschte. Khans Schicksal erinnert an Maximus Decimus Martyrium in Gladiator oder an Conan, die B-Movie-Ikone der frühen Achtziger. Denn obwohl Bodrov und sein Co-Autor Arif Aliyev einerseits um Faktentreue bemüht sind, können sie oftmals nicht anders, als Ereignisse zu verkürzen und in ihrem Verlauf zuzuspitzen. Dadurch erscheint Temudgins Aufstieg mitunter wie die asiatische Antwort auf Hollywoods immer leicht cheesige Revenge-Geschichten, denen es nicht selten an der nötigen Glaubwürdigkeit mangelt und die in erster Linie unter dem Unterhaltungsaspekt funktionieren.

Noch als Kind muss Temudgin den gewaltsamen Tod des Vaters verkraften. Er wird gefangen genommen und von seinen Peinigern wie ein Sklave behandelt. Nachdem er all das überstanden hat, folgt bereits kurze Zeit später das nächste Martyrium. Es kommt zu einer weiteren Gefangenschaft und zum Verrat durch seinen Blutsbruder Dschamucha (Honglei Sun), der mit Temudgins Todfeind Targutai (Amadu Mamadakov), dem Mörder seines Vaters, ein Bündnis gegen ihn schmiedet. Die Botschaft dieser fast schon biblischen Passion ist unmissverständlich: Temudgin musste zunächst Unmenschliches auf sich nehmen, um der zu werden, der bis heute unzählige Geschichtsbücher füllt. Kraft gab ihm die Liebe zu seiner Frau Börte (Khulan Chuluun). So wie es die Tradition seinerzeit vorschrieb, wurde sie ihm bereits im Kindesalter versprochen. Was nach Zwangsehe klingt, war – so suggeriert uns der Film – der Antrieb, der ihn am Leben hielt.

Die Handlung folgt weitestgehend der Dramaturgie vergleichbarer Heldengeschichten. Temudgin porträtieren Bodrov und Aliyev als benevolenten, ehrbaren und prinzipientreuen Krieger. Immer wieder vermischt der Film dabei Mythos mit Realität, Dichtung mit historisch gesicherten Fakten. Die Szenen, in denen Temudgin tief versunken im Gebet von einem Wolf beobachtet zu werden scheint, rücken ihn gar in die Nähe eines von höheren Mächten auserwählten Herrscher. Mit der Absage an einen unumstößlichen Realismus lassen sich auch die zahlreiche Sprünge in der Narration erklären. War seine Frau in einem Moment noch beinahe mittellos, ist sie nur wenig später zu einer wohlhabenden Dame aufgestiegen, die sich sogar mehrere Diener leistet. Was dazwischen geschah, wird allenfalls vage angedeutet.

Bodrov interessiert sich augenscheinlich für andere Dinge. Er sucht das Epos, die großen Bilder und die noch größeren Gefühle. Der Mongole bombardiert den Zuschauer förmlich mit grandiosen Landschaftsaufnahmen der mongolischen Steppe. Der Einzelne erscheint in dieser Weite unbedeutend und klein – selbst wenn sein Name Dschingis Khan ist. Energetisch, wild, testosterongeladen, gerade am Beispiel der blutigen Schlachten zeigt sich Bodrovs handwerkliches Können. Wenn passend zum Showdown ein unheilvolles Gewitter heraufzieht und unzählige Blitze den Nachthimmel erleuchten, empfiehlt sich Der Mongole als visuelles Spektakel, dem es letztlich nicht so sehr auf erzählerische Stringenz und Logik ankommt.

Für Programmkino.de.

Sonntag, August 03, 2008

Unter Kontrolle - Ich sehe was, was Du nicht siehst


USA 2008

+

Fünfzehn Jahre nach ihrem verstörenden Erstling Boxing Helena nahm Jennifer Lynch, Tochter des von den einen vergötterten, von den anderen regelrecht verhassten Filmemachers David Lynch, wieder auf dem Regiestuhl Platz. Ihr in Cannes uraufgeführter Suspense-Thriller Unter Kontrolle kommt im Stil des Kurosawa Klassikers Rashomon daher und mit dem Versprechen, den Zuschauer auf eine Reihe falscher Fährten locken zu wollen. Wenn sich Frau Lynch da nicht mal verhoben hat.

Es ist immer gefährlich, einen gesamten Film auf einen finalen Plot-Twist hin zu konstruieren. Wenn die Teile auch hinterher noch zusammen passen und die Pointe nicht zum Selbstzweck verkommt, können daraus in der Tat unvergessliche Kinomomente entstehen. M. Night Shyamalan hat mit The Village bewiesen, wie sich beides auf eine sinnvolle Art miteinander verbinden lässt. Dort regte die letzte Enthüllung einen ethischen Diskurs aus, der weit über den abgesteckten Rahmen der Filmhandlung hinausreichte. Wie überflüssig ein Plot-Twist zuweilen aber auch sein kann, zeigt das Beispiel Haute Tension. Das tat richtig weh.

Unter Kontrolle schildert ein spektakuläres Verbrechen anhand dreier unterschiedlicher Zeugenaussagen. Auf einer Landstraße irgendwo im Nirgendwo ereignet sich eine brutale Mordserie, die von einem achtjährigen Mädchen (Ryan Simpkins), einer zugedröhnten Kokserin (Pell James) und einem der örtlichen Kleinstadt-Cops (Kent Harper) beobachtet wird. Die Bundespolizei schickt die beiden Ermittler Anderson (Julia Ormond) und Hallaway (Bill Pullmann) an den Tatort, wo sie die Zeugen getrennt voneinander befragen sollen. Schnell wird deutlich, dass Details in den Aussagen nicht zusammenpassen. Alle Drei verstricken sich in Widersprüche, was den Verdacht nahe legt, dass sie den Ermittlern nicht die Wahrheit über das berichten, was sich tatsächlich ereignet hat.

Lynchs Rückkehr als Filmemacherin beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Die ersten Minuten von Unter Kontrolle, in denen zu einer bedrohlichen Soundkulisse ein eruptiver Gewaltausbruch den Zuschauer förmlich überrollt, sind verstörend und beklemmend. Und sie machen Lust auf einen spannenden Thriller, auf den man dann allerdings vergebens wartet. Denn nach der Exposition und dem ersten Auftritt der FBI-Ermittler verliert sich Lynch in einem nur leidlich interessanten Geflecht aus Rückblenden, die weder spannend noch besonders dynamisch erzählt sind. Dass einem der Film fortwährend suggeriert, wie wahnsinnig clever und durchdacht er doch sei, macht die Sache eher noch schlimmer.

Man würde sich nur zu gerne von der stilvollen Optik in dieses dreckige Kaff und in die beängstigende Weite dieser Einöde entführen lassen – die Dreharbeiten fanden in der kanadischen Provinz Saskatchewan statt – aber daraus wird nichts, wenn immer jemand am Horizont den sorgsam gehüteten Plot-Twist mit wehenden Fahnen ankündigt. Wenn das Geheimnis dann endlich gelüftet ist, schleppt sich die Geschichte in einer Art Anti-Klimax noch rund 20 Minuten dahin, in denen Minute für Minute jede Menge heiße Luft abgelassen wird. Spätestens dann hat Lynch auch den letzten Rest an Kredit verspielt und man wünscht sich, ihr verhätscheltes „Baby“ hätte nie das Licht der (Kino-)Welt erblickt.

Papa David, der hier als ausführender Produzent seine Finger im Spiel hatte, vermag es ebenfalls nicht, der Geschichte eine interessante Richtung zu geben. Lediglich das Arsenal schrulliger Charaktere trägt erkennbar auch seine Handschrift. Der örtliche Sheriff (Schurken-Darsteller Michael Ironside) ist ebenso eine Karikatur wie die anderen Landeier und Pullmans FBI-Agent. Unter lautem Getöse mutiert letzterer gar zum grimassenschneidenden Hampelmann. Julia Ormond, die wie Pullmann schon viel zu oft in schlechten Filmen mitspielen musste – zuletzt in dem trashigen Ich weiß, wer mich getötet hat an der Seite von Party-Luder Lindsay Lohan –, sind die leisen Töne vorbehalten. An ihrer Darstellung gibt es nichts zu mäkeln oder zu kritisieren. Ganz im Gegensatz zu Lynchs zweiter Regiearbeit, die sich beizeiten selbst ins Aus manövriert.

Erschienen bei BlairWitch.