Donnerstag, September 30, 2010

Ich - einfach unverbesserlich


USA 2010

+++1/2

Nicht noch ein Animationsabenteuer in 3D! Doch siehe da: Die Geschichte um einen vermeintlich herzlosen, in die Jahre gekommenen Superschurken bietet beste Familienunterhaltung mit liebevollen Charakteren und einer nicht zu dick aufgetragenen Humanismus-Botschaft. Wer den ganzen Text lesen will, muss auf Koeln.de gehen.

Mittwoch, September 29, 2010

Hochzeitspolka - Unter Nachbarn


D 2010

+++

Ein deutscher Geschäftsführer mit Rocker-Vergangenheit verliebt sich in der polnischen Provinz in eine junge Frau. Als die Hochzeit des Paares unmittelbar bevorsteht, schauen die alten Bandkollegen plötzlich vorbei. Hochzeitspolka handelt davon, was passiert, wenn unterschiedliche Mentalitäten, Ansichten und Vorurteile aufeinander prallen. Gleichzeitig schildert die deutsch-polnische Co-Produktion in amüsanter Weise das Gefühls- und Identitätschaos eines unsicheren Mittdreißigers. Christian Ulmen füllt die ihm zugedachte Rolle einmal mehr mit Bravour aus.

Filmkritik:

Das Verhältnis von Deutschen und Polen, so entspannt es inzwischen sicherlich ist, wäre ohne die gegenseitigen Vorurteile und Klischees kaum vorstellbar. Jede Seite glaubt ganz genau zu wissen, was sie von der jeweils anderen zu halten hat. Dabei sieht die Realität meist anders aus. Ausgehend von dieser Beobachtung lässt die deutsch-polnische Co-Produktion Hochzeitspolka in der polnischen Provinz Deutsche und Polen aufeinander treffen – mit zumindest für uns Zuschauer amüsanten Folgen. Die Begegnung verläuft nämlich turbulenter, als sich das der heiratswillige Frieder (Christian Ulmen) im Vorfeld so vorgestellt hatte. Eigentlich hoffte er sogar, es würde nie zu einem derartigen nachbarschaftlichen „Clash of Cultures“ kommen.

Frieder selbst stammt aus der norddeutschen Einöde. Zusammen mit seinen Kumpels hat er als Sänger der legendären „Heide Hurricanes“ einst jeden Festsaal und jede Kaschemme nördlich von Itzehoe zum Kochen gebracht. Doch dann verschlägt es ihn nach Polen, wo ihm der Posten des Geschäftsführers einer kleinen Fabrik übertragen wird. Drei Jahre später ist aus dem Rocker fast schon ein Vorzeige-Spießer geworden. Seine Hochzeit mit der schönen Polin Gosia (Katarzyna Maciag) steht unmittelbar bevor, da soll er seinen Angestellten verkünden, dass die Fabrik geschlossen und die Produktion aus Kostengründen in die Ukraine verlegt wird. Als wäre diese Aufgabe nicht schon unangenehm genug, schauen just in diesem Moment auch noch seine alten Bandkollegen unangemeldet in Polen vorbei.

Für Christian Ulmen bietet dieser Frieder eine perfekte Spiel- und Projektionsfläche. Der Schauspieler stellt hier einmal mehr sein Talent für tragikomische, dabei aber stets glaubhafte Charaktere unter Beweis. Frieder ist hin- und hergerissen zwischen seiner bewegten Vergangenheit und seiner neuen Aufgabe als Ehemann, bei der er einem durchaus konservativen Rollenbild zu entsprechen hat. Jedenfalls erwartet seine polnische Verwandtschaft, dass er den Job als Familienoberhaupt wie selbstverständlich annimmt. Die vorgezogene Midlife-Crises eines Ü-Dreißigjährigen ist jedoch nicht das einzige Problem, das er dabei zu managen hat. Auch die zahlreichen Missverständnisse zwischen der polnischen und der deutschen Seite halten Frieder auf Trab.

Das Autoren-Trio aus Ingo Haeb, Przemyslaw Nowakowski und Regisseur Lars Jessen nimmt sich des Nachbarschaftsthemas wunderbar unverkrampft an. So finden sich viele durchaus böse Pointen, die bis heute weit verbreitete Vorurteile aufs Korn nehmen und diese offen ansprechen. Die Deutschen müssen sich mit Nazi-Anspielungen herumschlagen, die Polen mit dem von Frieders Eltern erhobenen Vorwurf der Kulturlosigkeit. Dass beide Seiten somit gleichermaßen ihr Fett wegbekommen, ist sicherlich auch einer gewissen politischen Korrektheit geschuldet.

Auch wenn Hochzeitspolka immer mit mehr als nur einem Auge auf die deutsch-polnischen Befindlichkeiten schielt, so lässt sich der Film doch nicht auf dieses eine Thema reduzieren. Die anfangs abgekühlte Männerfreundschaft zwischen dem Auswanderer und seinen alten Kumpels ist ebenso wie Frieders jederzeit spürbare Verunsicherung von Bedeutung. Zum Ende hin fahren Jessen und sein Co-Regisseur Przemyslaw Nowakowski dann auch den Comedy-Anteil merklich zurück. Ihren Helden entlassen sie mit einer gewissen Zuversicht in eine ungewisse Zukunft und uns Zuschauer mit dem Gefühl, etwas mehr über einen doch gar nicht so anderen Nachbar erfahren zu haben.

Für Programmkino.de.

The Town - Stadt ohne Gnade


USA 2010

+++

Ben Affleck hat längst Gefallen daran gefunden, auch hinter der Kamera zu agieren. Nach seinem düsteren, mit viel Lob bedachten Regiedebüt Gone Baby Gone mutet er sich nun gleich das doppelte Arbeitspensum zu. Sein packender Heist-Thriller zeigt ihn in Hochform – als Hauptdarsteller und Filmemacher. Weiter geht's auf Koeln.de.

Dienstag, September 21, 2010

Der letzte Exorzismus - Rendezvous mit dem Teufel


USA 2010

+++


Spätestens seit Cloverfield steht virales Marketing hoch im Kurs. Gerade kleine Produktionen nutzen dabei den Werbekanal Internet, um bereits lange vor Kinostart auf sich aufmerksam zu machen und die Erwartungshaltung in ihrer Zielgruppe mit immer neuen Trailern und Clips gezielt anzuheizen. So auch die Low-Budget-Produktion Der letzte Exorzismus, hinter der mit Eli Roth eines der Aushängeschilder des modernen amerikanischen Terrorkinos steht. Seit dem Startwochenende in den USA ist klar, dass dieses inzwischen hinlänglich erprobte Konzept wieder einmal aufgegangen ist. Über 20 Mio. Dollar nahm das Abenteur allein an den ersten drei Tagen ein. Im Vergleich dazu erscheinen die Produktionskosten von geschätzt 2 Millionen Dollar vernachlässigbar.

Die Filmemacher bringen dieses Mal zwei Dinge zusammen, die man so verknüpft noch nicht zusammen gesehen hat. In der Verpackung einer fiktiven TV-Reportage begleitet ein Kamerateam einen Geistlichen bei seiner Arbeit als Exorzist im ländlichen Louisiana. Der aus anderen Genrebeiträgen wie dem eingangs erwähnten Cloverfield oder dem spanischen Zombieschocker Rec bekannte Fake-Dokumentationsstil wird hier zum Ausgangspunkt für eine zunehmend bedrohliche Reise in die Welt des (Aber-)Glaubens, der Dämonen und einer gottesfürchtigen Verblendung. Dabei fängt alles ganz harmlos an. Eigentlich will der engagierte Reverend Cotton Marcus (Patrick Fabian) nur den Schwindel um die bis heute angewandten Exorzismen aufdecken und diese als großen Budenzauber entlarven.

Cotton weiß, wovon er spricht. Immerhin war schon sein Vater Priester, für den Teufelsaustreibungen praktisch neben Taufen, Heirat und Beerdigungen zum Alltag seines Jobs gehörten. Als sein Sohn führte Cotton dieses Erbe zunächst lange Jahre fort, wissend, dass das Ganze eigentlich nur eine große Show ist. Berichte, wonach vor allem Kinder immer wieder nach vollzogenen Exorzismen starben, weil ihnen die eigentlich notwendige medizinische oder psychologische Behandlung nicht zuteil wurde, bewirkten in ihm allmählich ein Umdenken. Cotton hofft nunmehr, dass der Blick hinter die Kulissen des Exorzisten-Handwerks die Menschen von ihrem Aberglauben an derartige Praktiken „heilt“. Der Fernsehzuschauer soll hautnah dabei sein, wenn er seinen letzten Exorzismus vollführt.

Schauplatz ist eine abgelegene Farm im tiefsten Louisiana. Dort, wo der Süden sich noch besonders nach Süden anfühlt und die Menschen selbst für amerikanische Verhältnisse ausgesprochen religiös sind, ersucht ein verzweifelter Witwer (Louis Herthum) die Hilfe des erfahrenen Priesters. Der Mann glaubt, dass seine 16-jährige Tochter Nell (Ashley Bell) von Dämonen besessen ist. Immer wieder komme es vor, dass nachts eines seiner Schafe oder Hühner grausam getötet wird. Nells Kleidung sei am nächsten Morgen stets blutverschmiert, wobei sich das Mädchen an nichts erinnern könne. Für den Vater gibt es nur eine mögliche Erklärung. Das Böse muss von Nell Besitz ergriffen haben.

Die erste halbe Stunde von Der letzte Exorzismus funktioniert bestens als Satire auf religiösen Fundamentalismus und Heuchlerei. Der von Patrick Fabian großartig verkörperte Cotton demonstriert nicht nur eindrucksvoll seine Qualitäten als Entertainer, er lässt auch immer wieder erkennen, wie verlogen manches von dem ist, was die Kirche offiziell als Lehre vertritt. Die vom Vatikan abgesegnete Teufelsaustreibung ist da letztlich nur ein besonders schauriges Beispiel. Geistlichen kommt auch heute noch vielerorts eine Macht zu, die sie mitunter überfordert oder gar zu Missbrauch verleitet. Dabei bleibt Cotton in seinen Überzeugungen zweifelsfrei ein religiöser Mensch. Er – und damit gewissermaßen auch der Film – plädiert jedoch für eine aufgeklärte, durchaus pragmatische Sichtweise auf zunächst unerklärliche Phänomene. Als es Nell immer schlechter geht, drängt er darauf, die junge Frau von einem Psychologen behandeln und im Krankenhaus medizinisch untersuchen zu lassen.

Nach gut einem Drittel kippt die Stimmung allmählich. Dann wird aus einer anfangs amüsanten, Kirchen-kritischen Fake-Dokumentation ein mysteriöses Verwirrspiel, bei dem der offensichtliche Kontrollverlust schließlich immer besorgniserregendere Ausmaße annimmt. Bemerkenswert ist hierbei, wie sparsam der Film in der Wahl seiner Mittel ist. Der deutsche, in Hamburg aufgewachsene Regisseur Daniel Stamm vertraut vor allem seinen drei Hauptdarstellern und der Authentizität der seit Blair Witch Project erprobten Doku-Optik. Das Ergebnis ist gruseliger, als man denkt. Sogar wer üblicherweise übersinnliche Schilderungen als Hokuspokus abtut, dürfte sich in der meisterhaft montierten Stallszene in seinen Kinositz verkriechen. In der Wahl seiner Perspektive ist Der letzte Exorzismus jedoch weniger stringent als seine Genrekollegen. Neben den Aufnahmen des TV-Teams streut Stamm mehrmals Szenen ein, die offensichtlich nicht mit deren Kamera aufgenommen sein können. Sie zeigen das Farmhaus in der Außenansicht oder die unmittelbare Umgebung. Dem ansonsten puristischen Dogma-Look widerspricht auch die Filmmusik. Diese wird gezielt zum Spannungsaufbau eingesetzt. In dieser Hinsicht ist der Film eine Mogelpackung, da er von seiner eigenen Vorgabe abweicht.

Über das Ende, das an dieser Stelle nicht verraten werden soll, darf man ebenfalls geteilter Meinung sein. Immerhin verweigert sich der Film einer allzu umfassenden Erklärung. Vieles wie die Ursache für Nells Erkrankung bleibt im Ungefähren, was letztlich für vielfältige Interpretationsspiele genutzt werden kann. An der Crux, dass bei einem solchen Mockumentary-Ansatz im Horrorfach eigentlich schon vorher klar ist, wie genau die letzte Einstellung auszusehen hat, kommt aber auch Stamm nicht vorbei.

Für BlairWitch.de

Sonntag, September 19, 2010

Fish Tank - Gettin' Up


UK 2009

+++1/2

Viel Beifall und Beachtung fand Andrea Arnolds Sozialdrama Fish Tank bereits bei den letztjährigen Filmfestspielen von Cannes, wo es mit dem „Großen Preis der Jury“ ausgezeichnet wurde. In einer tristen Hochhaussiedlung und ohne echte Perspektive wächst die 15-jährige Mia auf. Als sich der rebellische Teenager in den neuen Freund der Mutter verliebt, bleibt das nicht ohne Folgen. Neuentdeckung Katie Jarvis ist dank ihrer Präsenz der emotionale Dreh- und Angelpunkt dieser feinen britischen Produktion.

Filmkritik:

Für Mia (Katie Jarvis) hält der Alltag in einer tristen Sozialsiedlung kaum Höhepunkte bereit. Der Teenager kämpf mit sich, seiner oftmals wechselnden Gefühlslage und gegen alle anderen. Eine Schule besucht sie schon länger nicht mehr. Wer Streit sucht, der muss auf diesen bei Mia nicht lange warten. Und doch ist die 15-jährige kein gefühlskalter Eisklotz. Sie hat Wünsche und Ziele. Das Tanzen zum Beispiel, das lässt sie für kurze Zeit ihre Probleme vergessen. Wie es in ihr aussieht, was sie bewegt, dafür interessiert sich niemand so wirklich. Auch nicht ihre Mutter (Kierston Wareing), die sich lieber mit wechselnden Männern die Zeit vertreibt.

Einer von ihnen steht an einem heißen Sommertag plötzlich halbnackt in der Küche. Connor (Michael Fassbender) ist der neue Freund von Mias Mutter und so ganz anders als deren frühere Liebhaber. Er hat Humor, ist cool, charmant und aufmerksam. Mia fühlt sich gleich zu ihm hingezogen. Seine Ausstrahlung und selbstsicheres Auftreten lösen in ihr etwas aus, das sie sich zunächst nicht eingestehen will. Sie ist verliebt. Vor allem aber nimmt er sie Ernst. Er interessiert sich für ihr Leben und das nicht aus bloßer Höflichkeit. Schließlich kommen sich beide näher.

Manche Wege, die Fish Tank im Verlauf seiner 122 Minuten nimmt, scheinen lange vorgezeichnet, andere wiederum entstehen praktisch aus dem Nichts. Das verleiht dieser realistischen, von falscher Sozialromantik glücklicherweise befreiten Milieustudie eine bis zum Schluss authentische Lebendigkeit und Spannung. Die Orte, an denen Filmemacherin Andrea Arnold ihre Kamera aufschlägt, erzählen ihre eigenen Geschichten. Es sind triste Sozialbauten, zum Teil gar leere Wohnungen, in denen die Perspektivlosigkeit von jungen Familien und alleinerziehenden Müttern zu Hause ist. Es ist ein Blick wie aus einem Aquarium, den Mia auf die Welt hat und der ihren Wunsch, bei einem Tanz-Casting teilzunehmen, zusätzlich befeuert.

Doch Arnold belässt es nicht bei einer Bestandsaufnahme des Status Quo. Ihr Fish Tank ist weit mehr als ein Ausflug in die Wirklichkeit der britischen Under Class, es ist zugleich auch ein Ausflug in das Leben eines rebellierenden Teenagers, einer heranwachsenden jungen Frau. Der Film portraitiert Mia mit all ihren Widersprüchen und Fehlern. Mal sucht sie die Freiheit, die Emanzipation von ihrem chaotischen Zuhause – das Tanzen ist ihre Form, diesen Impuls auszudrücken –, dann wieder flüchtet sie genau dorthin zurück. Sich nichts Gefallen lassen, nach außen hin Stärke demonstrieren, auch wenn es in einem ganz anders aussieht, zwischen diesen Gegensätzen eines Teenager-Lebens bewegt sich Mia und mir ihr Arnolds couragierter Film, in dem ein „I hate You“ nicht immer wörtlich zu verstehen ist.

Die Newcomerin Katie Jarvis gibt hier ihr Filmdebüt. Von Arnold wurde sie durch Zufall auf der Straße entdeckt, als sie sich angeblich lautstark mit ihrem Freund stritt – für die Rolle in Fish Tank keine schlechte Vorbereitung. Jarvis verkörpert Mia mit unbändiger Energie und Hingabe. Man hat sofort das Gefühl, dass sie weiß, was sie da spielt. Ihre Souveränität wird lediglich noch von ihrer Präsenz übertroffen. Gegen ihre Mia hat es selbst ein gestandener Schauspieler wie Michael Fassbender schwer. Schon allein um diese Rotzgöre in Aktion zu erleben, lohnt ein Besuch von Fish Tank.

Erschienen bei Programmkino.de.

Donnerstag, September 16, 2010

Ponyo - Ein japanisches Öko-Märchen


JPN 2008

+++

Es ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft, die Anime-Legende Hayao Miyazaki in seiner Version von Hans Christian Andersens Märchen Die kleine Meerjungfrau erzählt. Das Schicksal bringt darin ein verzaubertes Goldfischmädchen und einen kleinen Jungen zusammen. Zur Kritik auf Koeln.de.

Sonntag, September 12, 2010

Verlobung auf Umwegen - Die ultimative RomCom-Formel


USA/IRL 2010

++

Romantische Komödien verlaufen meist nach festen Strickmustern und den immer gleichen Regeln. Merke: Was sich liebt, das neckt sich. Dabei entdecken die zukünftigen Partner auch in dieser, im malerischen Irland angesiedelten Romanze ihre Gefühle erst nach einigen turbulenten, unplanmäßigen Verwicklungen. Zur Kritik auf Koeln.de.

Donnerstag, September 09, 2010

Beilight - Bis(s) zum Abendbrot


USA 2010

+

In einem Restaurant vorher genau zu wissen, wie ein Gericht schmeckt, mag vielleicht etwas langweilig sein. Allerdings reduziert es auch die Gefahr, dass man später mit hungrigem Magen wieder nach Hause gehen muss. Auf das Kino übertragen führt einen die „Safety First“-Regel früher oder später in den Mikrokosmos der Film-Spoofs. Gemeint sind Parodien auf bekannte Blockbuster oder kultige Genrewerke, die längst Teil der Popkultur sind. Selbst wer Spider-Man nie gesehen hat, dürfte sich an das Bild des Kopf-über-Kusses zwischen Tobey Maguire und Kirsten Dunst erinnern.

Den meist geringen Produktionskosten stehen recht verlässliche Einnahmen an der Kinokasse gegenüber, weshalb sich Spoofs nicht zuletzt bei ihren Machern einer anhaltend hohen Beliebtheit erfreuen. Auf den Horror-Spaß namens Scary Movie – überflüssigerweise gleich in vierfacher Ausführung – folgten Parodien auf den Superheldenfilm („Disaster Movie“), die romantische Komödie („Date Movie“) und diverse Hollywood-Blockbuster („Fantastic Movie“). Bei all diesen Werken des nur sehr begrenzt vorhandenen guten Geschmacks mischte das Duo Jason Friedberg und Aaron Seltzer kräftig mit – wahlweise als Autor, Regisseur oder gleich in doppelter Verantwortung. Ihr neuester „Coup“ knöpft sich die derzeit dank Stephenie Meyers Bis(s)-Reihe besonders unter Teenagern angesagten Vampirgeschichten vor.

Beilight – Bis(s) zum Abendbrot folgt dabei in seiner recht überschaubaren Handlung – von einer Geschichte zu sprechen wäre reichlich übertrieben – zu weiten Teilen dem ersten Bella-Edward-Abenteuer und dem Beginn ihrer keuschen Romanze. Eine detaillierte Inhaltsangabe oder gar Zusammenfassung braucht im vorliegenden Fall kein Mensch, zumal sich allenfalls Zuschauer in Beilight verirren dürften, denen das parodierte Vorbild bereits bekannt ist. Ansonsten wird der Film noch fader, als er ohnehin schon ist. Es geht also um Bella, die hier Becca heißt, und ihren heißen und doch so blassen Vampir-Lover Edward. Bis zum Finale, das glücklicherweise nach knapp 80 Minuten und maximal vier oder fünf wirklich überzeugenden Gags erreicht ist, hauen Friedberg und Seltzer in gewohnter Brachialgewalt auf alles ein, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.

Kollateralschäden außerhalb des Twilight-Universums sind hierbei ausdrücklich gewollt und darüber hinaus noch das Lustigste an ihrer ansonsten ziemlich zahn- und harmlosen Vampir-Verarsche. Ob die erschreckende Inhaltsleere womöglich als ein überlanger Seitenhieb auf das Original gedacht war, kann bis zum Ende nicht restlos geklärt werden. In beiden Fällen ist letztlich der Zuschauer der Leidtragende. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich einmal mehr pubertäre Späße, die mit Sex oder Fäkalattacken in Verbindung gebracht werden. Auch an schlechten, weil viel zu fantasielosen Slapstickeinlagen herrscht erneut kein Mangel. Von dem körperlichen Wahnsinn eines Leslie-Nielsen-Klamauks oder einer der bis heute unerreichten Zucker-Abrahams-Zucker-Parodien ist Beilight mehr als ein Vampirleben entfernt.

Nicht allein in der hohen Filmkunst, auch im Nonsens gibt es gewaltige Hürden, die Friedberg und Seltzer hier zumeist feige umlaufen oder an denen die Spoof-„Experten“ gleich im ersten Anlauf scheitern. Das ist umso ärgerlicher, als dass die vor überhöhten Teenagerfantasien nur so triefende Vorlage eigentlich genügend Steilvorlagen für richtig böse Pointen böte. Doch die zumindest diskussionswürdige Weltanschauung der gläubigen Mormonin Stephenie Meyer, ihre Einstellung zu Sexualität und Partnerschaft, ist den Blödelspezialisten offenbar ein zu heißes Eisen. An dem sollen sich gefälligst andere ihre Finger verbrennen. Man selber will es sich trotz aller ausgestellten Häme mit der Zielgruppe nicht wirklich verscherzen. Schließlich sorgt die dafür, dass man weiter solchen Unsinn drehen kann.

Für BlairWitch.de.

Mittwoch, September 08, 2010

Black Death - Geschichte wiederholt sich


GB 2010

+++

Willkommen in der Zeit der Kreuzzüge, von Aberglauben, Bigotterie, Fanatismus und Intoleranz. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Wer nicht an Gott glaubt, der ist des Teufels. Das Mittelalter kannte noch eine klare Verteilung von Gut und Böse, über die der Klerus mit Argusaugen wachte. Für alles gab es eine religiöse Deutung und so sahen viele Geistliche in der Pest, die fast die Hälfte der europäischen Bevölkerung kostete, Gottes gerechte Strafe für die Sünden seiner Schäfchen.

So weit die historische Wahrheit. Nun folgt der Wechsel ins Fiktive, den Christopher Smiths Mittelalter-Thriller Black Death recht überzeugend und geräuschlos vollführt. Der Schauplatz liegt dabei im Nirgendwo. Ein kleines, entlegenes Dorf bleibt wie durch ein Wunder von der Epidemie verschont. Dieser Umstand wird für die Kirche allmählich zu einem ernstzunehmenden Problem. Denn es kursieren Gerüchte von heidnischen Ritualen, mit denen sich die Bewohner vor dem dunklen Mantel der Pest schützen. Um der Sache auf den Grund zu gehen, soll der glaubensfeste Ritter Ulric (stark in einer vertrauten Rolle: Sean Bean) im Auftrag des Bischofs das Dorf aufsuchen und dem heidnischen Spuk wenn möglich ein geräuschloses Ende bereiten.

Begleitet wird er auf dieser nicht ganz ungefährlichen Mission von seinen treuen Männern und dem Mönchsnovizen Osmund (eine echte Entdeckung: Eddie Redmayne). Der will den engen Klostermauern entfliehen – aus einem durchaus weltlichen Grund. Er hat sich verliebt. Die Frau seines Herzens musste er zuvor wegschicken, aus Sorge, sie könnte sich andernfalls auch infizieren und an der Pest sterben. Es dauert eine Weile bis Ulric und Osmund am Ziel ihrer Reise angelangt sind. Dort erwartet sie eine trügerische Idylle. Diese ist ebenso wie die ihnen entgegen gebrachte Gastfreundschaft jedoch nur von kurzer Dauer. In Wahrheit verfolgt die geheimnisvolle Heilerin Langiva (Carice van Houten) einen überaus gerissenen Plan.

Es ist zunächst einmal schon erstaunlich, warum nicht mehr Genre-Produktionen die dunkle, mysteriöse Kulisse des Mittelalters für ihre Geschichten um Okkultismus und Aberglauben nutzen. Immerhin bietet die Epoche von all dem mehr als reichlich – ein Großteil noch dazu historisch verbürgt. Für Regisseur Christopher Smith war Black Death der erste Ausflug in Europas finsteres Zeitalter und er filmt ihn so, als habe er bis dahin nichts anderes gemacht. Mit einer Handkamera, die stets ganz nah an den Darstellern und mittendrin im Geschehen ist, auf 16mm und einem beeindruckenden Gespür für atmosphärische Bilder. Die alten Burgen des Harzes und die Wälder Brandenburgs boten die passende Bühne für diesen dreckigen, mittelalterlichen Road Trip, der sich dank der Grobkörnigkeit des Filmmaterials jederzeit ungemein real und plastisch anfühlt.

Vor allem die erste Dreiviertelstunde wirkt durchzogen von einer kalten, fast schon nihilistischen Düsternis. Bis Ulric und seine Männer das kleine Dorf erreichen ist schon reichlich Blut vergossen worden. Dabei werden nicht zuletzt dem jungen Osmund irreversible Entscheidungen abverlangt, die in ihrer Radikalität und Tragweite Black Death als von Grund auf ernsthaften Horrorbeitrag charakterisieren. Nicht nur weil einer von Ulrics Getreuen glatt als Kinski-Doppelgänger durchgehen könnte – Aguirre lässt grüßen –, gelingt es Smith, den Wahnsinn der damaligen Zeit äußerst kraftvoll und direkt zu transportieren. Anders als bei Herzog ist jedoch nicht die Natur, sondern der Mensch der größte Feind des Menschen. Und der versteht keinen Spaß, wenn sein Refugium auf einmal bedroht wird.

In der Siedlung entspinnt Black Death dann eine mittelalterliche Wicker Man-Variante, deren Suspense-Potenzial allerdings nicht ganz ausgeschöpft wird. Das liegt in erster Linie an der (zu) frühen Aufdeckung des okkulten Treibens, bei dem leider wenig Raum für Interpretationen bleibt. Auch verlässt sich die schöne Carice van Houten in ihrer Darstellung der resoluten Anführerin zu sehr auf bekannte Sektenguru-Klischees. Wirklichen Schaden können aber selbst diese Schönheitsfehler nicht anrichten. Dafür hat Smith bis zur finalen Terrorlektion samt blutigem Folterritual einfach viel zu viel richtig gemacht. Mit zwei herausragenden Hauptdarstellern erzählt er kompromisslos von Aberglauben, Bigotterie, Fanatismus und Intoleranz. Dabei wird deutlich: Das hier ist kein Film nur über das Mittelalter, das ist auch ein Film über die Gegenwart. Es ist eine schmerzhafte, unbequeme Wahrheit, an die uns Black Death mit jedem Opfer gemahnt.

Für BlairWitch.de.

Sonntag, September 05, 2010

Männertrip - Mythos Rock'n'Roll


USA 2010

+++


Es darf gelacht werden: Ohne Angst vor derben Zoten und peinlichen Anzüglichkeiten setzt diese Komödie aus dem Apatow-Stall auf Gags im Minutentakt. Nicht alle zünden, aber das ist am Ende nur halb so schlimm. Denn man fühlt sich dank des blendend auf gelegten Ensembles auch so gut unterhalten. Zur Kritik auf Koeln.de.