Hochzeitspolka - Unter Nachbarn
D 2010
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Ein deutscher Geschäftsführer mit Rocker-Vergangenheit verliebt sich in der polnischen Provinz in eine junge Frau. Als die Hochzeit des Paares unmittelbar bevorsteht, schauen die alten Bandkollegen plötzlich vorbei. Hochzeitspolka handelt davon, was passiert, wenn unterschiedliche Mentalitäten, Ansichten und Vorurteile aufeinander prallen. Gleichzeitig schildert die deutsch-polnische Co-Produktion in amüsanter Weise das Gefühls- und Identitätschaos eines unsicheren Mittdreißigers. Christian Ulmen füllt die ihm zugedachte Rolle einmal mehr mit Bravour aus.
Filmkritik:
Das Verhältnis von Deutschen und Polen, so entspannt es inzwischen sicherlich ist, wäre ohne die gegenseitigen Vorurteile und Klischees kaum vorstellbar. Jede Seite glaubt ganz genau zu wissen, was sie von der jeweils anderen zu halten hat. Dabei sieht die Realität meist anders aus. Ausgehend von dieser Beobachtung lässt die deutsch-polnische Co-Produktion Hochzeitspolka in der polnischen Provinz Deutsche und Polen aufeinander treffen – mit zumindest für uns Zuschauer amüsanten Folgen. Die Begegnung verläuft nämlich turbulenter, als sich das der heiratswillige Frieder (Christian Ulmen) im Vorfeld so vorgestellt hatte. Eigentlich hoffte er sogar, es würde nie zu einem derartigen nachbarschaftlichen „Clash of Cultures“ kommen.
Frieder selbst stammt aus der norddeutschen Einöde. Zusammen mit seinen Kumpels hat er als Sänger der legendären „Heide Hurricanes“ einst jeden Festsaal und jede Kaschemme nördlich von Itzehoe zum Kochen gebracht. Doch dann verschlägt es ihn nach Polen, wo ihm der Posten des Geschäftsführers einer kleinen Fabrik übertragen wird. Drei Jahre später ist aus dem Rocker fast schon ein Vorzeige-Spießer geworden. Seine Hochzeit mit der schönen Polin Gosia (Katarzyna Maciag) steht unmittelbar bevor, da soll er seinen Angestellten verkünden, dass die Fabrik geschlossen und die Produktion aus Kostengründen in die Ukraine verlegt wird. Als wäre diese Aufgabe nicht schon unangenehm genug, schauen just in diesem Moment auch noch seine alten Bandkollegen unangemeldet in Polen vorbei.
Für Christian Ulmen bietet dieser Frieder eine perfekte Spiel- und Projektionsfläche. Der Schauspieler stellt hier einmal mehr sein Talent für tragikomische, dabei aber stets glaubhafte Charaktere unter Beweis. Frieder ist hin- und hergerissen zwischen seiner bewegten Vergangenheit und seiner neuen Aufgabe als Ehemann, bei der er einem durchaus konservativen Rollenbild zu entsprechen hat. Jedenfalls erwartet seine polnische Verwandtschaft, dass er den Job als Familienoberhaupt wie selbstverständlich annimmt. Die vorgezogene Midlife-Crises eines Ü-Dreißigjährigen ist jedoch nicht das einzige Problem, das er dabei zu managen hat. Auch die zahlreichen Missverständnisse zwischen der polnischen und der deutschen Seite halten Frieder auf Trab.
Das Autoren-Trio aus Ingo Haeb, Przemyslaw Nowakowski und Regisseur Lars Jessen nimmt sich des Nachbarschaftsthemas wunderbar unverkrampft an. So finden sich viele durchaus böse Pointen, die bis heute weit verbreitete Vorurteile aufs Korn nehmen und diese offen ansprechen. Die Deutschen müssen sich mit Nazi-Anspielungen herumschlagen, die Polen mit dem von Frieders Eltern erhobenen Vorwurf der Kulturlosigkeit. Dass beide Seiten somit gleichermaßen ihr Fett wegbekommen, ist sicherlich auch einer gewissen politischen Korrektheit geschuldet.
Auch wenn Hochzeitspolka immer mit mehr als nur einem Auge auf die deutsch-polnischen Befindlichkeiten schielt, so lässt sich der Film doch nicht auf dieses eine Thema reduzieren. Die anfangs abgekühlte Männerfreundschaft zwischen dem Auswanderer und seinen alten Kumpels ist ebenso wie Frieders jederzeit spürbare Verunsicherung von Bedeutung. Zum Ende hin fahren Jessen und sein Co-Regisseur Przemyslaw Nowakowski dann auch den Comedy-Anteil merklich zurück. Ihren Helden entlassen sie mit einer gewissen Zuversicht in eine ungewisse Zukunft und uns Zuschauer mit dem Gefühl, etwas mehr über einen doch gar nicht so anderen Nachbar erfahren zu haben.
Für Programmkino.de.
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