Donnerstag, November 29, 2007

Mörderischer Frieden - Balkan-Soap


D 2007

+

Wie man sich möglichst nicht einem schwierigen Thema wie dem ethnischen Konflikt auf dem Balkan und seine mörderische Konsequenzen annimmt, zeigt diese deutsche Produktion eindrucksvoll. Eine Dramaturgie auf Soap-Niveau, unfreiwillig komische Drehbucheinfälle en masse und schmerzhafte Klischees lassen den Film von Rudolf Schweiger zur Farce werden. Wer mehr lesen möchte, geht auf Critic.de.

Dienstag, November 27, 2007

Gone Baby Gone - Der doppelte Affleck


USA 2007

+++1/2

Überraschungen, auch einige sehr unbequeme, liefert Ben Afflecks Regiedebüt. Der als Schauspieler zuletzt verspottete Hollywood-Star wandelt auf Eastwoods Spuren, wenn er die dunkle Poesie von Krimiautor Dennis Lehane auf der Leinwand zum Leben erweckt. Weiterlesen

Sonntag, November 25, 2007

Hunting Party - Satire mit Handbremse


USA 2007

++1/2

Fünf Jahre nach dem Ende des bosnischen Bürgerkriegs schickt Filmemacher Richard Shepard (Mord und Margaritas) drei Journalisten auf einen Abenteuertrip durch nicht nur im übertragenen Sinn vermintes Gebiet. Richard Gere, Terrence Howard und Newcomer Jesse Eisenberg bilden das ungewöhnliche Trio, das zusammen mehr als nur eine brenzlige Situation zu meistern hat. So gerne man ihnen als Zuschauer dabei auch zusieht, frei von Stolpersteinen ist Shepards Film wahrlich nicht.

Filmkritik:

Die alte Weisheit, dass jeder Krieg eine schmutzige Angelegenheit ist, wird TV-Reporter Simon Hunt (Richard Gere) umgehend bejahen. Als Kriegsberichterstatter reist er von einem Krisenherd zum nächsten, immer auf der Suche nach spektakulären Bildern und den aktuellsten Meldungen von der Front. Egal ob Bosnien, Ruanda, El Salvador oder der Irak, Hunt und sein Kameramann Duck (Terrence Howard) waren überall vor Ort, um das grausame Sterben zu dokumentieren. Doch irgendwann rastet Hunt aus – in einer Live-Sendung, was ihn prompt seinen Job kostet. Es vergehen mehrere Jahre, in denen er sich mit schlecht bezahlten Aufträgen notdürftig über Wasser hält. Als Duck eines Tages für eine Reportage nach Sarajevo zurückkehrt, trifft er dort auf Hunt, der ihm einen mehr als abenteuerlichen Vorschlag unterbreitet: Zusammen mit ihm soll Duck den meistgesuchten bosnischen Kriegsverbrecher – genannt der „Fuchs“ – ausfindig machen. Es wäre die Story ihres Lebens.

Das Duo der beiden erfahrenen, mit allen Wassern gewaschenen Reporter wird zum Trio, als Ducks Begleiter Benjamin (Jesse Eisenberg), ein journalistisches Greenhorn, von Hunt ebenfalls für dessen waghalsige Aktion eingespannt wird. In der Folge treffen die Männer und mit ihnen der Zuschauer auf unwissende Blauhelme, zwielichtige Milizen, geldgierige Schmuggler und auffallend schweigsame Dorfbewohner. Richard Shepard, der mit seiner letzten Regiearbeit Mord und Margaritas bei Kritik wie Publikum gleichermaßen Anklang fand, inszeniert die Fahndung nach dem vom Den Haager Kriegsverbrechertribunal gesuchten Serbenführer als eine zwischen dramatischen und schwarzhumorigen Momenten ausbalancierte Schnitzeljagd. Nach der stakkatoartigen Exposition, die Hunts beruflichen Werdegang als Abfolge der immer gleichen Kriegseinsätze portraitiert, und einigen beißenden Off-Kommentaren zum Thema Katastrophenjournalismus startet von Sarajewo aus der Trip in die bosnische Provinz.

Shepard verfasste das Drehbuch nach Studium eines Esquire-Artikels von Scott Anderson (Titel: „What I Did on my Summer Vacation“). Wie die drei Protagonisten im Film begab sich auch Anderson mit Kollegen auf eine nicht immer ungefährliche Reise durch das Nachkriegs-Bosnien. Sie hefteten sich dabei an die Fersen des früheren Präsidenten der Republika Srpska, Radovan Karadzic, der seit Kriegsende mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Seine Person diente Shepard als Vorlage für den „Fuchs“, auf den es Hunt – Nomen est Omen – abgesehen hat.

Charakteristisch für Shepards Film, der mehr Züge einer Medien- denn einer Polit-Satire trägt, ist das Spiel mit verschiedenen Genres und Tonlagen. Nach einigen eher harmlosen Späßen zwischen Hunt und Duck konfrontiert Shepard den Zuschauer mit drastischen Kriegsbildern, die sehr plastisch den Horror der damaligen Ereignisse rekonstruieren. Am Beispiel einer hochschwangeren Frau, deren Bauch mit Einschusswunden übersäht ist, zeigt Hunting Party, welches Leid die Zivilbevölkerung zu erdulden hatte. So verständlich Shepards Ansatz ist, dann, wenn es hässlich und schmerzhaft wird, nicht einfach abzublenden, wollen sich die einzelnen Teile nicht immer zu einem stimmigen Ganzen zusammenfinden. Die dramatischen Einschübe wie Diane Krugers kurzer Gastauftritt wirken zuweilen gewollt und reichlich ostentativ, gleichzeitig mangelt es den sarkastischen Kommentaren an Biss und Schärfe. Sowohl Thank You for Smoking als auch Lord of War gingen im vergangenen Jahr mit ihren jeweiligen Sujets (Lobbyismus, Waffenhandel) weitaus härter ins Gericht.

Immerhin vereint Hunting Party ein hochkarätiges Schauspielensemble. Richard Gere, Terrence Howard und Newcomer Jesse Eisenberg bilden ein ungewöhnliches Team, das sich in bester Buddy Movie-Tradition gegenseitig zu Höchstleistungen antreibt. Wie schon in Mord und Margaritas beweist Shepard erneut ein glückliches Händchen bei der Wahl seiner Darsteller. Richard Gere als desillusionierter Kriegsberichterstatter zu besetzen, zeugt von mindestens soviel Mut wie Ex-007 Pierce Brosnan die Rolle des Auftragskillers zu überlassen. Beide revanchierten sich mit einer Leistung, die mehr als der restliche Film zu beeindrucken wusste.

Für Programmkino.de.

Donnerstag, November 22, 2007

Machtlos - Ausgeliefert


USA 2007

+1/2

Aus guten Absichten müssen noch lange keine guten Filme entstehen - eine These, die dieses "Message-Movie" des Südafrikaners Gavin Hood leider nur allzu deutlich unterstreicht. Weiterlesen auf evolver.

Montag, November 19, 2007

Mr. Brooks - Saubermann auf Abwegen


USA 2007

+1/2

Ist es schon eine Erwähnung wert, wenn Mister Saubermann Kevin Costner einmal nicht den Saubermann gibt? Jedenfalls drängt sich dieser Eindruck auf, wenn man Kritiken und Texte über Mr. Brooks liest, Costners neuester Versuch, in die Erfolgsspur in Hollywood zurückzukehren. Der ansonsten in der Rolle des Weltenretters, Playboys, oder Frauenverstehers anzutreffende Costner darf sich hier als Mann mit zwei Gesichtern präsentieren. Eines davon zeigt ihn als den treusorgenden Familienvater und erfolgreichen Unternehmer Earl Brooks. Das andere, sein unterdrücktes Ich, steht für seine geheimen Sehnsüchte. Praktischerweise übernimmt mit William Hurt gleich ein anderer Schauspieler Earl Brooks’ Alter Ego. Mittels Wortgefechten zwischen Costner und Hurt veranschaulicht Regisseur Bruce A. Evans den inneren Zwiespalt seiner Hauptfigur, die zwar nicht schizophren ist, aber dennoch unter einer schweren psychischen Störung leidet.

Earl Brooks wird nach zwei Jahren, in denen er „clean“ war, wieder rückfällig. Er tötet ein junges Paar, kaltblütig und mit erschreckender Präzision. Auch wenn er sich hinterher für das, was er getan hat, schwere Vorwürfe macht, scheint ihm das Töten im ersten Moment Erleichterung und sogar einen Lustgewinn zu verschaffen. Allerdings bleibt seine Tat nicht unbeobachtet. Ein Fotograf (Dane Cook) wird Zeuge des Doppelmordes. Doch statt Brooks bei der Polizei anzuzeigen, wünscht er sich, ihn bei dessen Mord-Touren in Zukunft begleiten zu dürfen. Brooks hat keine Wahl. Er lässt sich auf den ungewöhnlichen Deal an.

Damit handelt sich unser Teilzeit-Mörder jedoch nur weitere Probleme ein. So ist ihm die Sonderermittlerin Tracy Atwood (Demi Moore) längst dicht auf den Fersen und auch Töchterchen Jane (Danielle Panabaker) verhält sich nicht so, wie man es von einem Teenager gemeinhin erwarten kann. Spätestens als ein weiterer Killer aus Atwoods Vergangenheit auf den Plan tritt, ist das Chaos perfekt. Von da an spinnt der Film seine anfangs geradlinige und deshalb angenehm klar strukturierte Handlung in abstruse Regionen weiter, die sich im Dickicht der einzelnen Erzählstränge recht schnell ineinander verheddern. Auch der Auflösung gelingt es nicht, diesen Knoten wieder zu lösen. Nebensächlichkeiten wie der Scheidungskrieg der taffen Polizistin wälzt Evans unnötig aus, andere Plotbestandteile – Tochter Brooks wandelt auf Daddys Spuren – werden wiederum allzu lieblos und überhastet abgearbeitet, so dass man sich letztlich fragt, warum sie nicht gleich ganz der Schere zum Opfer gefallen sind.

Für das Drehbuch zur Coming-of-Age-Geschichte Stand by Me von Stephen King erhielten Evans und sein Co-Autor Raynold Gideon seinerzeit viel Lob. In der Tat zählt Rob Reiners Adaption zu den besten King-Verfilmungen überhaupt. Doch auch alte Meriten können die Qualität dieses aufgeblasenen Nonsens nicht verbessern. Mr. Brooks versucht einfach zu viel zu erzählen, worüber er die eigentlich spannende Charakterstudie eines biederen Mörders mit zunehmender Laufzeit aus den Augen verliert. Die Überkonstruiertheit des Ganzen geht dabei nicht nur zu Lasten der Übersichtlichkeit, Evans Serienkiller-Puzzle krankt gleichsam an seiner verkrampften Ernsthaftigkeit. Viel zu selten gestattet sich der Film, den lächerlichen Plot mit einem subversiven Kommentar selbst auf die Schippe zu nehmen. Größtenteils beschränken sich die ironischen Einwürfe auf die Selbstgespräche, die Brooks mit seiner dunklen Seite (William Hurt) führt.

Während Kevin Costner genügend Zeit bekommt, die Rolle des Nadelstreifen-Psychopathen mit stoischer Miene und ebenso großer Gelassenheit auszufüllen, hinterlassen die übrigen Darsteller keinen bleibenden Eindruck. William Hurt markiert einmal mehr den Grimassenschneider vom Dienst – A History of Violence lässt grüßen –, wohingegen Demi Moore sich bereits damit zufrieden gibt, einfach da zu sein und weitgehend gelangweilt durchs Bild zu laufen. Offenkundig hat Hollywoods einstiges Sexsymbol an einem Comeback kein allzu großes Interesse. Immerhin können sich Fans der Krimiserie CSI Las Vegas auf ein Wiedersehen mit Marg Helgenberger freuen.

Zu wirr, zu unlogisch, zu konstruiert, zu ernst. Mr. Brooks mag eine interessante Prämisse besitzen, mehr aber auch nicht. Das mit einstigen A-Stars besetzte Filmchen ist nichts anderes als ein auf Hochglanz getrimmtes B-Movie, das von sich selber glaubt, es würde in der ersten Liga spielen.

Für BlairWitch.

Freitag, November 16, 2007

American Gangster - Heat Reloaded


USA 2007

+++

Zwei Superstars, ein episches Crime-Drama. Der von Ridley Scott verfilmte Aufstieg und Fall des ersten schwarzen Gangster-Bosses, Frank Lucas, bietet Schauspielkunst auf höchstem Niveau und eine zunehmend packende und spannungsreiche Dramaturgie. Zwar kann sich American Gangster nicht mit Martin Scorseses Mafia-Thrillern messen, unterhaltsames Kino ist Scott aber allemal gelungen. Weiterlesen auf Critic.de.

Mittwoch, November 14, 2007

Die Legende von Beowulf - Action für Testosteron-Junkies


USA 2007

++

Er gehört zu den Urgesteinen der abendländischen Sagen- und Mythenkultur: Der mächtige Wikinger-Krieger Beowulf repräsentiert seit dem 7. Jahrhundert, als er erstmals in Erzählungen und Gedichten Erwähnung fand, den Prototyp des unerschrockenen Kämpfers. Sein Duell mit dem monströsen Dämon Grendel, die Verführung durch Grendels Mutter und sein anschließender Aufstieg zum König, all das schrie geradezu danach, auf einer großen Leinwand gezeigt zu werden. Oscar-Preisträger Robert Zemeckis (Forrest Gump) brauchte allerdings einige Zeit, um sich mit der Idee eines Beowulf-Kinofilms anzufreunden. Das mag – so resümiert er im Nachhinein – daran gelegen haben, dass er wie so viele andere Schulkinder mit dem in altenglischer Sprache verfasstem Epos nicht unbedingt die besten Erinnerungen verband. Erst nachdem sich Pulp Fiction-Co-Autor Roger Avary und Neil Gaiman der alten Geschichte annahmen, Lücken in der Erzählung füllten und sie den modernen Sehgewohnheiten anpassten, entwickelte Zemeckis den für ein solches Projekt notwendigen Ehrgeiz.

Das Erste, was einem an Die Legenge von Beowulf auffallen wird, ist seine sehr spezielle Optik. Wie schon bei seiner letzten Regie-Arbeit, dem Familienfilm Der Polarexpress, entschied sich Zemeckis für das so genannte „Performance-Capture“-Verfahren. Dabei werden reale Schauspieler mit unzähligen digitalen Sensoren überklebt und vor einer leeren Kulisse abgefilmt. Der Computer kombiniert diese Daten dann mit den Animationen der CGI-Techniker. Zum Teil entstehen dadurch fotorealistische Motive und Szenen. Im Fall von Bewoulf kommt zudem ein besonderer Effekt zum Tragen. Da Schauspielgrößen wie John Malkovich und Anthony Hopkins den computergenerierten Figuren Gesicht und Stimme liehen, scheinen die Grenzen zwischen Real- und Trickfilm desöfteren zu verschwimmen. Besonders Hopkins in der Rolle des Dänen-Königs Hrothgar zelebriert die hohe Kunst des gnadenlosen Overactings.

Bei einer derart legendären Fantasy-Geschichte muss eben alles eine Nummer gewaltiger, monumentaler kurzum wahnwitziger ausfallen – auch das Schauspiel. Große Gesten treffen hier auf pathosgetränkte Ansprachen, tapfere Helden auf blutrünstige Dämonen und Drachen. Es stimmt wohl, dass in Beowulf mehr gebrüllt, denn gesprochen und mehr gelitten, denn gelacht wird. In dieser Hinsicht können nur wenige Filme Zemeckis Helden-Epos Paroli bieten. Lediglich 300, die Adaption von Frank Millers Kult-Comic, bewegte sich in Sachen Pathos und Heldenverehrung auf einem vergleichbaren schwindelerregenden Niveau.

Mit Beowulfs Ankunft in Horthgars Königreich beginnt die Inszenierung des mutigen Wikinger-Kriegers als Kampfkoloss und muskelbepackter Übermensch. Die Kamera kniet nieder, wenn Beowulf redet, wenn er sein Schwert zieht oder wenn er seinen gestählten Körper – computergeneriertes Sixpac inklusive – präsentiert. Leni Riefenstahl setzte bereits vor über sieben Jahrzehnten in ihrem Olympia-Film Sportler in ein ähnlich heroisches Licht und wie 300 frönt auch Zemeckis’ Epos einen homoerotisch konnotierten Körperkult, der in seiner übertriebenen Darstellung testosterongesteuerter Kraft und Potenz nicht selten reichlich lächerlich erscheint.

Das ist jedoch nicht weiter schlimm, kann man die Story ohnehin nicht wirklich Ernst nehmen. Denn obwohl Avary und Gaiman dem über Tausend Jahre alten Stoff eine halbwegs stringente Dramaturgie verpassten, ist Beowulf vor allem ein Film für Jungs, denen der Sinn nach rasanter Action, coolen Bildern und ein bisschen Gemetzel steht. Hierbei sorgen vor allem die Momente unfreiwilliger Komik dafür, dass es einem nie wirklich langweilig wird. Wenn Hrothgars Gattin Wealthow (Robin Wright Penn) zur Harfe greift und „A Hero Comes Home“ trällert, karikiert der Film ohne es zu merken sich selbst. Und der verklemmt-pubertäre Gag um Beowulfs Gemächt, das während des Kampfes mit dem Monster Grendel nie zu sehen ist, obwohl sich der Held nackt seinem Opponenten entgegenstellt, ist dermaßen abgedroschen, dass man schon wieder über ihn lachen muss.

Beowulf ist trotz all seines modernen Schnickschnacks eben auch ein Werk, das auf Experimente weitgehend verzichtet und stattdessen den ewig währenden Kampf des Guten gegen das Böse in seiner eigenen Videospiel-Optik nachstellt. Mit Grendel, der aussieht, als wäre er Gunther von Hagens „Körperwelten“-Ausstellung entlaufen, und dessen rachsüchtige Mama (eine computeranimierte Angelina Jolie, die nackt auf High Heels herumstolzieren darf) bietet er darüber hinaus das skurrilste Mutter-Sohn-Gespann seit Hitchcocks Psycho.

Erschienen bei BlairWitch.

Montag, November 12, 2007

King of California - Der Schatzsucher


USA 2007

++1/2

Hollywood-Ikone Michael Douglas fügt als King of California seiner an Höhepunkten wahrlich nicht armen Karriere zumindest unter dem schauspielerischen Aspekt ein weiteres Meisterstück hinzu. Zwar reiht Mike Cahills tragikomische Vater-Tochter-Studie weitgehend bekannte Elemente des Feel Good-Kinos aneinander, dank Douglas’ Spielfreude fällt das Ergebnis aber dennoch recht kurzweilig aus. King of California ist seine One Man Show.

Filmkritik:

Bereits nach den ersten Minuten wird klar, dass in Mike Cahills Regiedebüt King of California die Norm keinen Platz hat. Denn normal wäre es, wenn ein Vater sich um seine Kinder kümmert, und er ihnen mit auf den Weg gäbe, was es heißt, Verantwortung im Leben zu übernehmen. Da das Normale nicht selten aber auch schrecklich langweilig ist und erst die Variation, sprich die Abweichung von der Norm, unser Interesse entfacht, ist Charlie (Michael Douglas) anders als die meisten Väter. Er hat die letzten Jahre in einer Psychiatrie verbracht, während sich seine noch minderjährige Tochter Miranda (Evan Rachel Wood) alleine durchs Leben schlagen musste. Jetzt, wo Charlie wieder zu Hause wohnt, gerät Mirandas geordneter Tagesablauf zunehmend aus den Fugen. So glaubt ihr Vater tatsächlich, einem alten Schatz aus dem 16. Jahrhundert auf die Spur gekommen zu sein. Dumm nur, dass dieser 2 Meter unter der örtlichen Costco-Filiale vergraben liegt.

Nach einem kurzen Appetithappen, der zeigt, wie Miranda, Charlie und dessen Kumpel Pepper (Willis Burks II) in den Supermarkt einbrechen, springt die Handlung fünf Monate in der Zeit zurück. Eher sich King of California dann im letzten Drittel zunehmend in eine charmante Heistfilm-Parodie verwandelt, darf das ungleiche Vater-Tochter-Gespann erst einmal seinen Rollentausch aufführen. Während sich Miranda um ihren Vater sorgt, ist dieser mit Feuereifer dabei, einem vermeintlichen Hirngespinst hinterher zu jagen. Jedenfalls scheint nichts und niemand ihm von seiner Schatzsuche abhalten zu können.

Evan Rachel Wood und vor allem Michael Douglas sorgen dafür, dass dieser Generationenwechsel letztlich funktioniert. Als eine Mischung aus Forrest Gump und Baron Münchhausen sind Douglas’ Filmcharakter die Sympathien des Publikums gewiss, wobei erst die schelmische Art, mit der Douglas Charlie spielt, die Rolle wirklich komplettiert. Dem mittlerweile 63jährigen Hollywood-Veteranen bereitet es sichtlich Freude, sein durch Filme wie Wall Street und Basic Instinct zementiertes Alphamännchen-Image Stück für Stück auseinander zu nehmen. Wie Rumpelstilzchen tollt Douglas durch den Film, der ihm endlich einmal die Möglichkeit zu gnadenlosem Overacting bot.

Gegen soviel schauspielerische Potenz kommt die junge Evan Rachel Wood nicht an. Muss sie auch nicht, nimmt sie doch mit ihren Off-Kommentaren eher den Part eines reflektierenden und im Gegensatz zu Charlie erwachsenden Beobachters ein. Durch ihre Augen erlebt der Zuschauer die Annäherung zwischen Vater und Tochter, die bis zuletzt glücklicherweise sämtliche melodramatische Klippen umschifft. Es bedarf insgesamt nur weniger Worte („Warum nennst Du mich nicht einmal Dad?“), um ein Gespür für die Ambivalenz ihrer Beziehung zu erhalten. Denn obwohl sich Miranda gerne über ihren allzu sorglosen Vater beschwert, fühlt sie, dass sie für ihn der wichtigste Mensch auf der Welt ist.

King of California, dem man vorwerfen mag, er sei in mancherlei Hinsicht einfach zu harmlos – das penetrante Product Placement erscheint eher als eine Anbiederung denn als eine Kritik an Corporate America und dessen Konformitätszwang –, ist ein typischer Vertreter des amerikanischen Feel Good-Kinos. Seine leise und deswegen bewegende Auflösung entlässt den Zuschauer mit einem wohligen Gefühl, das allerdings nur von begrenzter Dauer ist. Ohne einen Michael Douglas liefe Cahills Film vermutlich Gefahr, schon bald in Vergessenheit zu geraten.

Für Programmkino.de.

Freitag, November 09, 2007

Mein Kind vom Mars - Kitsch as Kitsch can


USA 2007

+

Was ist nur aus John Cusack geworden? Einst brillierte er in kleinen Perlen wie Ein Mann , ein Mord und heute? Da darf er beispielsweise in diesem SF-Märchenkitsch zum wiederholten Mal den sympatischen Nobody und herzensguten Daddy geben. Dabei ist Cusack noch das Beste, was einem hier begegnet. Ansonsten strotz das biedere Vater-Sohn-Rührstück nur so vor manipulativen Ideen. Weiterlesen auf Critic.de.

Sonntag, November 04, 2007

Abbitte - Liebe in Zeiten des Krieges


GB/F 2007

+++

Für Abbitte schnappte sich Stolz und Vorurteil-Regisseur Joe Wright abermals Englands derzeit wohl gefragteste Aktrice Keira Knightley. Die schöne Britin, die mit Kick it Like Beckham ihren Durchbruch feierte und mit den Filmen der Fluch der Karibik-Reihe weltberühmt wurde, darf erneut in einer epischen Liebesgeschichte ihr Können unter Beweis stellen. Abbitte, der in diesem Jahr die Filmfestspiele von Venedig eröffnete, ist einer der gelungensten Vertreter des Gefühlskinos seit langem.

Filmkritik:

Abbitte ist die Verfilmung des gleichnamigen, mit Auszeichnungen überhäuften Romans von Ian McEwan und spielt im England der 1930er Jahre. Knightley schlüpft darin in die Rolle der in wohlbehüteten Verhältnissen aufgewachsenen Cecilia Tallis. Zusammen mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Briony (Saoirse Ronan/Romola Garai), einer passionierten Schriftstellerin, lebt sie in einer prachtvollen Villa auf dem Land. Davon, dass in weiten Teilen Europas der Faschismus auf dem Vormarsch ist, bekommt sie nichts mit. Die Liebe und nicht Politik beschäftigt Cecilia.

So hegt sie heimliche Gefühle für Robbie (James McAvoy), den Sohn des Hausverwalters, mit dem sie schon bald eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Briony, die unfreiwillig Zeuge dieser erotischen Liaison wird, entwickelt eine Abneigung gegen Robbie, den sie als Bedrohung für sich und ihre Schwester wahrnimmt. Einer griechischen Tragödie nicht unähnlich führt eine Verkettung unglücklicher Umstände schließlich dazu, dass Robbie wegen einer angeblichen Vergewaltigung zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wird. Vor allem Brionys Zeugenaussage belastet ihn schwer. Obwohl sie den Täter nicht richtig erkennen konnte, ist sie davon überzeugt, dass Robbie ihre Cousine vergewaltigte.

Abbitte – und das ist nichts Verwerfliches – liefert genau das, was man sich von ihm erwarten durfte: Schauspielerische Glanzleistungen und eine große, tragische Liebesgeschichte vor der Kulisse des Weltkriegsgeschehens. Mit seiner zeitlich verschachtelten Struktur, seinem Vor- und Zurückspringen in der Chronologie der Ereignisse, wartet auch die Erzählstruktur immer wieder mit interessanten Brüchen und Lücken auf, die entweder nachträglich gefüllt oder zu Gänze frei gelassen werden. Obwohl Keira Knightley als das Aushängeschild des Films vermarktet wird, ist es doch die Rolle ihrer Schwester Briony, um die McEwans Roman kreist. Wrights Entscheidung, Briony im Alter von 13 bzw. 18 Jahren von zwei unterschiedlichen Schauspielerinnen darstellen zu lassen, irritiert zunächst, ist aber mit dem Entwicklungssprung während der Pubertät logisch zu begründen. Als Zuschauer bekommen wir die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt, was von Wright geschickt über den Einsatz subjektiver Kameraeinstellungen und eines markanten Musikthemas mit Schreibmaschinenklängen betont wird.

Atmosphärisch und strukturell teilt sich der Film in zwei Segmente auf. Das erste spielt im heißen Sommer das Jahres 1935 auf dem luxuriösen Landsitz der Familie Tallis und umfasst die Ereignisse bis zu Robbies Festnahme. Über diesen schwebt das Gefühl einer diffusen, nicht näher greifbaren Bedrohung, was den Plot anfangs in die Nähe eines Psycho-Thrillers mit unverkennbar erotischen Untertönen rückt. Nachdem Robbie in den Krieg gezogen ist und Briony aus Schuldbewusstsein über ihre falschen Anschuldigungen als Krankenschwester arbeitet, fokussiert sich die Erzählung in erster Linie auf Brionys inneren Zweispalt und ihren Versuch, mit dem, was sie zu verantworten hat, zu Recht zu kommen. Beide Hälften funktionieren erstaunlich gut auch als jeweils eigenständiges Erzählfragment, wobei erst in deren Addition Abbitte seine ganze psychologische Raffinesse und emotionale Wucht entfaltet. Genau so fühlt sich großes Gefühlskino an.

Für Programmkino.de.