The Dark Knight - Bitte lächeln!
USA 2008
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"Entweder man stirbt als Held…
oder man lebt lange genug, um Bösewicht zu werden."
Mit Batman Begins gelang Christopher Nolan vor drei Jahren so etwas wie die Neubelebung des Superheldenfilms. Der von Joel Schumacher einst zum Witz degradierte Fledermann-Mythos feierte dabei ein grandioses Comeback. Düster, ernst und kalt, so sah Nolan Batman und dessen Refugium Gotham City. Mit Christian Bale in der Rolle des schwarz gekleideten Anwalts für Recht und Ordnung erschien die von Bob Kane entwickelte Comic-Legende männlicher und charismatischer denn je.
Nolan beendete Batman Begins mit einem wagemutigen Versprechen. In dem zweiten von ihm inszenierten Batman-Abenteuer soll es der exzentrische Milliardär mit dem wohl exzentrischsten Bösewicht der Reihe zu tun bekommen: Vorhang auf für den Joker! Dass Jungstar Heath Ledger in die Fußstapfen von Jack Nicholson treten wird, brachte dem Projekt bereits lange vor Kinostart einiges an Publicity ein. Diese steigerte sich traurigerweise mit dem frühen Tod Ledgers in bislang so nicht für möglich gehaltene Dimensionen. Nun wird darüber spekuliert, ob Ledger vielleicht wie Peter Finch vor über dreißig Jahren posthum mit dem Oscar ausgezeichnet wird. Verdient – das steht nach Ansicht des Films fest – wäre es in jedem Fall.
Ledger begeht gar nicht erst den Fehler, das von Nicholson zur Perfektion gebrachte Overacting nochmals überbieten zu wollen. Seine Joker-Interpretation steht für sich und wird als solche in die Filmgeschichte eingehen. Bei Nolan ist der Joker kein grinsender Clown. Er ist ein radikaler Anarchist, dessen Todessehnsucht allgegenwärtig ist und der sich weder Regeln noch der Vernunft beugt. Für ihn gellten keine logischen Motive. Ihm geht es nicht um Geld oder Macht, einzig das Chaos ist sein Antrieb, sein Verbündeter. Ledger verkörpert all dies mit einer unglaublichen physischen Präsenz. Sein seltsames Schmatzen, seine leeren Augen, und gespenstischen Gesichtszüge funktionieren als Projektionsfläche bizarrer Albträume. Hinter der dreckig, verschmierten Clowns-Maskerade lauert die ultimative Bedrohung für jede zivilisierte Gesellschaft.
Obwohl Ledgers Joker nicht selten zu einem makabren Scherz aufgelegt ist, dürfte einem das Lachen desöfteren im Halse stecken bleiben. So perfide und brutal war noch keiner von Batmans bisherigen Gegenspielern. Und so unberechenbar. In Nolans Gotham City, das dieses Mal weniger dreckig, dafür umso kälter erscheint, ist niemand sicher. Immer wieder verpasst einem der Film einen empfindlichen Nackenschlag, wenn der Nihilismus des Jokers ein neues, unerwartetes Opfer fordert. Wie schon bei Prestige und Memento hat Nolan, der dieses Mal zusammen mit seinem Bruder Jonathan das Drehbuch verfasste, einige (böse) Überraschungen für uns in Petto. Immer wieder kann der Joker ein Ass aus dem Ärmel ziehen, was in dieser Perfektion sicherlich nicht unbedingt glaubwürdig ist und vielleicht die einzige Schwachstelle eines ansonsten erschreckend makellosen Films darstellt.
The Dark Knight beginnt mit einem bitteren Eingeständnis. Bruce Wayne, der Batman als Vorbild verstanden wissen wollte und damit andere Menschen zu inspirieren hoffte, muss sich der Realität stellen. Und die sieht alles andere als ermutigend aus. Die Stadt ist keineswegs sicherer geworden, noch immer wuchert die Korruption wie ein Krebsgeschwür in Gotham und nur einige Freaks, die in selbstgeschneiderten Batman-Anzügen herumturnen, scheinen ihrem Vorbild nacheifern zu wollen. Die meisten Bürger haben sich daran gewöhnt, dass Batman ihre Probleme löst und sie vor dem Verbrechen schützt.
Erst als ein junger, engagierter Staatsanwalt die Bühne betritt, schöpft auch Bruce Wayne neue Hoffnung. Und das, obwohl Harvey Dent (Aaron Eckhart) mit Bruces Jugendliebe Rachel (Maggie Gyllenhaal) liiert ist. Zusammen mit Batmans loyalem Partner-in-Crime Lieutenant Gordon (Gary Oldman) macht sich das Trio daran, dem organisierten Verbrechen das Handwerk zu legen. Erste Erfolge lassen nicht lange auf sich warten, doch diese sind – wie sich wenig später herausstellt – nur von kurzer Dauer. Denn in dem durch die Verhaftung von Mafia-Boss Salvatore Maroni (Eric Roberts) entstandenen Vakuum nistet sich ein Gegner ein, der sich konsequent jeder Logik entzieht und so zur Bedrohung für Gotham City und Batman wird.
Man braucht nicht lange suchen, um in Nolans epischem Crime-Drama einen Subtext zu entdecken. Die Bezüge zum politischen Status Quo unserer Nach-9/11-Welt sind überdeutlich. Da ist die Rede davon, dass Batman für einen Einzelnen über „zu viel Macht“ verfüge. Was das konkret bedeutet, zeigt sich im adrenalintreibenden Finale, das vom Joker kurzerhand zu einem perfiden „sozialen Experiment“ umfunktioniert wird. So heiligt ein hehres Ziel im Kampf gegen das Böse letztlich jedes Mittel. Sogar Batman erliegt der Versuchung. Diese nüchterne Erkenntnis serviert einem The Dark Knight praktisch en passant zwischen all seinen wuchtig inszenierten Action-Tableaus.
Wie schon in Batman Begins legte Nolan auch dieses Mal großen Wert auf eine in sich kohärente und möglichst geerdete Darstellung der Batman-Mythologie. The Dark Knight bringt die Fassade des omnipotenten Superhelden endgültig zum Einsturz. Batman muss einiges einstecken. Es sind Schläge und Tritte, die nicht ohne Folgen bleiben. Sein schwarzer, von Chef-Tüftler Lucius Fox (Morgan Freeman) weiterentwickelter Anzug ist keine undurchdringliche Rüstung, im Gegenteil. Wenn die Gegner auf ihn einprügeln, dann hinterlässt das blutige Wunden.
Aber auch das Leben als Milliardär und Playboy zwingt Bruce Wayne eine Maskerade auf. Er spürt, dass ihn die Dämonen der Vergangenheit einzuholen drohen. Das Bedürfnis nach Rache wächst mit jedem Haken, der sein Erzfeind schlägt, und eine mitunter nur schwer kontrollierbare Bitterkeit liegt wie Mehltau auf seiner Seele. In der Darstellung dieser inneren Zerrissenheit gelingt Christian Bale einmal mehr ein beeindruckender schauspielerischer Kraftakt, der nur von der Leistung seiner Kollegen Ledger und Eckhart noch in den Schatten gestellt wird. Die Metamorphose des strebsamen, idealistischen Anwalts Harvey Dent zum Psycho Two-Face bringt Aaron Eckhart hoffentlich die nach Filmen wie Die schwarze Dahlie und Thank You for Smoking längst verdiente Aufmerksamkeit ein.
Nach dem knallbunten Eskapismus der beiden Schumacher-Batmans führte Christopher Nolan mit Batman Begins und The Dark Knight eine neue Zeitrechnung in Gotham City ein, die das Genre des Superheldenfilms in seinen Grundfesten erschütterte. Nolans nun vorliegender zweiter Ausflug nach Gotham ist cineastisches Dynamit. Ein beängstigender Albtraum, der existenzielle Fragen aufwirft und uns ohne Antworten sprachlos zurücklässt.
Für BlairWitch.de.
3 Comments:
Überrascht mich nicht, hätte ich genauso eingeschätzt deine Wertung, weil du solche Filme bzw. Nolans Inszenierungsstil glaube ich sehr magst und ja auch schon (den aufgeblasenen) PRESTIGE super fandest. ;)
ja, den nolan und seine filme mag ich ;)
Stimme mit deiner Rezension überein, aber das war jetzt auch nicht weiter verwunderlich ;-)
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