Dienstag, März 15, 2011

Der Plan - Matrix im Lala-Land


USA 2011

++1/2

Was wäre, wenn hinter allem, was uns widerfährt und was wir erleben, nicht der Zufall sondern ein vorgeschriebenes Drehbuch stünde? Dieser Frage geht Der Plan nach und verknüpft dabei Mystery- und Fantasyelemente mit einer hoffnungslos kitschigen Hollywood-Romanze. Matt Damon und Emily Blunt müssen gegen eine Armee geheimnisvoller Herren im Nadelstreifenanzug um ihre Liebe kämpfen.

Jeder kennt diese Momente, in denen man kurzzeitig meint, es könne kein Zufall sein, wenn man zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt einen ganz bestimmten Menschen trifft. Und doch scheint es genau das zu sein, als der junge, charismatische Nachwuchspolitiker David Norris (Matt Damon) eines Morgens im Bus auf die hübsche Tänzerin Elise (Emily Blunt) trifft und sie ihm ihre Nummer gibt. Dabei sind sich beide bereits einmal begegnet – ausgerechnet auf der Herrentoilette des weltberühmten Waldorf Astoria. Auch wenn das schon längere Zeit her ist, erinnert sich jeder von ihnen noch sehr genau an dieses erste, ziemlich ungewöhnliche Aufeinandertreffen. David erinnert sich auch deshalb, weil er an diesem Abend die wohl bitterste Niederlage seiner jungen Politkarriere hinnehmen musste.

Wie sich schon bald herausstellt, ist ihre Begegnung im Bus tatsächlich so etwas wie Schicksal. Es ist zugleich aber auch das Einzige, was rund um David weder geplant noch koordiniert geschieht. Dieser kleinste Anflug von Zufall setzt eine gewaltige Maschinerie in Gang, die einer allwissenden Buchhalter-Organisation ähnelt und die letztlich dafür sorgt, dass alles auf diesem Planeten „nach Plan“ verläuft. Und der Plan sah eben nicht vor, dass sich David und Elise wiedersehen sollten. Warum und weshalb, das ist anfangs weder dem überraschten David noch dem Zuschauer so richtig klar.

Der Plan
beschreibt ähnlich wie Peter Weirs Mediensatire Die Truman Show oder der völlig unterschätzte Dark City die Welt als Kulisse, in der echte Menschen unwissentlich ein falsches, weil fremdbestimmtes Leben führen. Blicken sie wie David erst einmal für einen kurzen Moment hinter die Bühne, auf der sie zuvor selbst als Darsteller agierten, kann es kein Zurück mehr in den früheren, inzwischen als Lüge enttarnten Alltag geben. Dazu bauen alle Filme ein mehr oder weniger plausibles Gerüst aus wechselseitig gültigen Bedingungen und Erklärungen auf, aus denen sich im besten Fall eine innere Logik rekonstruieren lässt. In diesem Fall arbeitet gleich eine ganze Armee diskreter Schlips- und Hutträger an der Umsetzung eines von einem gott-gleichen „Vorsitzenden“ ausgetüftelten Masterplans. Dessen Angestellte nutzen gewöhnlichen Türen wie die Besatzung der „Enterprise“ einen Teleporter, was aus ihnen überaus hartnäckige Verfolger macht.

Matt Damon dürfte das Gefühl, ständig auf der Flucht sein zu müssen, nach drei Auftritten als Jason Bourne längst verinnerlicht haben. Entsprechend souverän meistert er die vor allem zum Ende hin recht dominanten Action-Parts, bei denen bisweilen echtes Lola rennt-Feeling aufkommt. Da wird Downtown Manhattan plötzlich zu einem einzigen Labyrinth aus Türen, Sackgassen und überraschenden Ortswechseln. Das Stakkato der Tür-auf-Tür-zu-Abfolgen gibt den Rhythmus des Films vor, der nur selten wirklich zu Ruhe kommt, um sich Zeit für seine Figuren zu nehmen. Das Profil des mehrfach unfreiwillig getrennten Liebespaares bleibt dementsprechend oberflächlich. Während er als jemand charakterisiert wird, der in die Fußstapfen seines Vaters treten will und als ein weißer Obama für ein besseres Amerika kämpft, lebt sie als Tänzerin auf der Bühne ihren Traum. Es sind zwei Welten, die nicht so recht zueinander passen wollen und von denen man nie genau weiß, warum ihre Repräsentanten soviel füreinander empfinden.

Die nicht sonderlich genau gezeichneten Gefühlslagen sind allerdings nicht das einzige, was an Der Plan nur begrenzt stimmig erscheint. Man muss schon sehr viel guten Willen in die Geschichte investieren, um bei manchen Ausführungen über den – Zitat – „großen Plan des Vorsitzenden“ oder Möglichkeiten zur Gedankenmanipulation mittels spezieller „Reset“-Technik nicht gleich lauthals loszulachen. Wenn Sätze wie „Sir, er hat einen Hut!“ voller Inbrunst und Dramatik aufgesagt werden, ist schließlich das Maximum an unfreiwilliger Komik erreicht. Da ist es fast schon egal, wenn Regie-Debütant und Autor George Nolfi seine arg konstruierte Fantasy-Love-Story mit religiösen Zweideutigkeiten und Erlöser-Metaphern überfrachtet.

Die Vorlage zu Der Plan lieferte eine Kurzgeschichte von Science-Fiction-Autor Philip K. Dick. Die an sich nette Grundidee, die mit tief philosophischen Fragen, gängigen Verschwörungstheorien und unserer Paranoia vor Männern in grauen Anzügen spielt, wurde hier mit Gewalt in die Schablone einer hoffnungslos verkitschten Hollywood-Romanze gepresst, über deren Mechanismen man besser nicht länger nachdenken sollte. Dann nämlich bietet der Film für die Dauer des Kinobesuchs durchaus ein gewisses Maß an Unterhaltung – wenngleich auf eine nicht immer beabsichtigte Art. Aber wer weiß? Vielleicht steckt auch hinter diesem vermeintlichen Fast-Food-Kino am Ende wieder nur der Plan des allwissenden Vorsitzenden.