Win Win - Im Ring
USA 2011
++1/2
Nur eine Woche nach Barney’s Version startet ein weiterer feiner Film mit Paul Giamatti in der Hauptrolle. In Win Win, der dieses Jahr auch in Sundance lief, spielt er einen finanziell klammen Anwalt, dessen väterliche Gefühle nach der Begegnung mit einem jugendlichen Ausreißer geweckt werden. Als Trainer einer High-School-Ringer-Mannschaft nimmt er den Jungen unter seine Fittiche. Warmherzig, charmant, aber auch ein bisschen frei von Überraschungen ist McCarthys Film ein typischer Vertreter des amerikanischen Independent-Kinos.
Filmkritik:
In Tom McCarthys Filmen geht es immer um Begegnungen zwischen Menschen, zwischen ganz unterschiedlichen Menschen. Das war so in dem Independent-Hit The Station Agent über einen kleinwüchsigen Einzelgänger, der im ländlichen New Jersey unerwartet neue Freunde fand, und auch in Ein Sommer in New York – The Visitor, wo ein College-Professor in seinem eigenen Appartement auf ein junges Paar traf, kam es zu einer solchen Begegnung. McCarthys diesjähriger Sundance-Beitrag Win Win setzt diese filmische Tradition nahtlos fort. Paul Giamatti spielt darin einen engagierten, leider aber auch etwas erfolglosen Anwalt, der von Existenzängsten geplagt wird und in seiner Freizeit ehrenamtlich die Ringer-Mannschaft der örtlichen High School trainiert.
Dann tritt der Enkel eines Mandanten in Mikes Leben. Kyle (Alex Shaffer) ist ein jugendlicher Ausreißer. Er will nicht länger bei seiner drogenabhängigen Mutter (Melanie Lynskey) leben. Zu groß ist die Enttäuschung und die Wut, die sich über die Jahre in ihm angesammelt haben. Kyle zieht es zu seinem Großvater (Burt Young). Doch weil dieser nicht ganz legal und vor allem ganz nicht uneigennützig von Mike kurzerhand in ein Altenheim abgeschoben wurde, entscheiden er und seine Frau (Amy Ryan), den Jungen bei sich aufzunehmen. Es zeigt sich, dass Kyle fürs Ringen ein besonderes Talent mitbringt. Mike erkennt die Chance, sein bislang eher erfolgloses Team endlich zu dem lang ersehnten Erfolg zu führen. Schließlich entwickelt sich mit der Zeit zwischen ihm und Kyle ein echtes Vater-Sohn-Verhältnis.
Mit einer Mischung aus emotionalen, manchmal auch tragischen Momenten und einem im Verhältnis dazu sauber ausbalancierten Humor, für den vorrangig Mikes charmant-verrückte Arbeitskollegen zuständig sind, gelingt es McCarthy, den Zuschauer in seine kleine Geschichte hineinzuziehen. Dass er dabei nur auf die bewährten Mechanismen des amerikanischen Independentkinos vertraut, dessen etwas zu naiver Optimismus letztlich die Oberhand gewinnen soll, lässt Win Win zugegeben wenig innovativ oder gar mutig erscheinen. Vielmehr regiert hier das Prinzip eines bewährten Feel-Good-Movies, in dem Probleme auf mancherlei Umwegen am Ende doch gelöst werden. Damit passt McCarthys Film bestens in das Programmschema des berühmten Sundance Festivals, dem Kritiker nur zu gerne eine gewisse Harmlosigkeit vorwerfen.
Als Zuschauer muss man sich um Kyle, Mike und die Anderen nie echte Sorgen machen. Man ahnt: Die Dramaturgie und der Wunsch, uns mit einem guten Gefühl zu entlassen, werden es schon richten. Obwohl der Mechanismus der Geschichte somit leicht zu durchschauen ist, fühlt man sich in McCarthys Film jederzeit gut aufgehoben und unterhalten. Er verzichtet auf inszenatorische Tricks und Spielereien, stattdessen liegt der gesamte Fokus auf den Schauspielern, die wie Paul Giamatti und der junge Alex Shaffer recht mühelos in ihre doch sehr vielschichtigen Charaktere vordringen. Als ehrlicher und überaus menschlicher Film, der weitgehend ohne forcierte Sentimentalitäten auskommt, dürfte Win Win in Erinnerung bleiben.
Für Programmkino.de.
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