Freitag, Februar 12, 2010

Wolfman - Der will doch nur spielen!


USA 2010

+1/2

Der Werwolf zählt zweifellos zu den ältesten und bis heute populärsten Horror-Mythen. Neben Dracula, Frankenstein und der Mumie ist ihm ein Platz in der Ahnengalerie des Gruselkinos längst gewiss. Vor allem aber erstaunt wie unterschiedlich Filmregisseure seine Figur und den auf ihm lastenden Fluch interpretiert haben. Der Schwarz-Weiß-Klassiker Der Wolfsmensch aus dem Jahr 1941 mit Lon Cheney Jr. in der Hauptrolle betonte die tragische Dimension der bis in die griechische Mythologie zurückreichenden Geschichte. In den achtziger Jahren ergänzte Horror-Veteran John Landis die Werwolf-Idee um ein komödiantisches Element, wohingegen Jack Nicholson in Wolf insbesondere die animalische Erotik des Wolfsmenschen verkörperte.

Nachdem sich das Horror-Genre zuletzt an anderen Kreaturen austobte, scheint nach Meinung von Universal die Zeit für ein Reboot der Werwolf-Story gekommen zu sein. Den Vampir als neuen Superstar des Gruselkinos wird der zottelige Hybrid aus Wolf und Mensch damit jedoch kaum Paroli bieten können. Dafür fällt das von Action-Regisseur Joe Johnston (Jurassic Park III) inszenierte Horror-Spektakel in der Gesamtschau viel zu banal und leidenschaftslos aus.

Die Handlung der Neuauflage orientiert sich am Klassiker von 1941, wobei die beiden Autoren Andrew Kevin Walker und David Self durchaus in zentralen Punkten von der Vorlage abweichen. Der erfolgreiche Bühnenschauspieler Lawrence Talbot (Benicio Del Toro) kehrt Ende des 19. Jahrhunderts in seine englische Heimat Blackmoor zurück. Er will die Suche nach seinem vermissten Bruder unterstützen und trifft hierbei nach vielen Jahren erstmals wieder auf seinen herrschsüchtigen Vater (Sir Anthony Hopkins). Der Bruder wird indes bereits kurze Zeit später schrecklich entstellt aufgefunden, was in der Dorfbevölkerung die Angst vor einer unheimlichen Kreatur, die in den angrenzenden Wäldern ihr Unwesen treiben soll, weiter schürt. Auch Lawrence, der gemeinsam mit der Verlobten seines Bruders (Emily Blunt) dem düsteren Geheimnis auf die Spur kommen will, muss schließlich erkennen, dass die Schauermärchen auf eine grausame Art und Weise der Wahrheit entsprechen.

Wie bereits zu lesen war, bastelt Regisseur Joe Johnston für die spätere DVD-Auswertung längst an einem Director’s Cut. Nun mag man lange darüber spekulieren, welche Szenen der Schere zum Opfer gefallen sind, Fakt ist aber, dass sich zunächst nur die 102 Minuten der Kinofassung bewerten lassen. Und diese bietet leider nur eine mehr als mäßige Mixtur aus Actionsequenzen, altbekannter Horror-Ästhetik und wenig überzeugenden Vater-Sohn-Konflikten.

So unvermittelt wir in das Geschehen hineingeworfen werden - gerade die Einleitung wirkt überhastet und fantasielos -, liegt der Verdacht nahe, dass gleich zu Beginn radikal gekürzt wurde. Auch die holprigen Anschlüsse deuten auf ein Massaker im Schneideraum hin. Im weiteren Verlauf kann der Film seinen fahrigen Erzählrhythmus nie ablegen. Die meist kurzen Einschübe zwischen den einzelnen, recht redundanten Action-Tableaus - in der Regel handelt es sich um nächtliche Verfolgungsjagden durch Wald und Feld - erzeugen schnell Langeweile, wobei die hölzernen Dialoge mit ihrer pseudo-poetischen Symbolik (Beispiel: „Die Vergangenheit ist eine Wüste an Grausamkeiten!“) bestenfalls unbeabsichtigte Lacher ernten.

Unfreiwillig komisch ist überhaupt so manches an Wolfman. Das himmelschreiende Overacting der beiden Hauptdarsteller - immerhin zwei gestandene Schauspieler und noch dazu Oscar-Preisträger - gehört dazu. Was Del Toro und vor allem Hopkins hier abliefern, ist im Grunde ein Fall für die Abwrackprämie. In ihren lächerlichen Kostümen mühen sie sich an einem nie glaubhaften Vater-Sohn-Drama ab, das in dieser Ausführung Seichtheit mit Dramatik verwechselt. Geradezu fahrlässig geht der Film auch mit seinem übrigen Personal um. So werden in weiteren Rollen Geraldine Chaplin, Matrix-Bösewicht Hugo Weaving und die als Eyecandy besetzte Emily Blunt grundlos verheizt.

Da ist es nur logisch, dass sich Wolfman zu keiner Zeit ernsthaft für das Seelenleben seiner Figuren interessiert. Stattdessen hetzt der Film von einer Action-Sequenz zur nächsten, untermalt von einem generischen Blockbuster-Score, der angeblich von Tim Burtons Stammkomponist, dem großartigen Danny Elfman, stammen soll. Johnstons Kinoversion arbeitet zudem mit einer erschreckend einfallslosen Bildsprache. Diese setzt sich vorrangig aus nebeligen Landschaften (Nebel, immer wieder dieser Nebel!), schummerigem Licht und allerlei viktorianischem Einrichtungs-Chic zusammen. Eine eigene Handschrift lässt sich hier nicht herauslesen.

Zumindest einer erreicht dann aber doch Normalform. Make-up-Künstler Rick Baker zeichnete für die nicht am Computer entstandenen Elemente der Mensch-zu-Wolf-Verwandlung verantwortlich. Seine scheußlich-schönen Masken und Körperprothesen sind auch in Nahaufnahme ein echter Hingucker. Wenn man das nur von dem Film auch behaupten könnte.

Für BlairWitch.de.