Donnerstag, Juni 28, 2007

28 Weeks later - Albtraumhafte Inszenierung


GB 2007

+1/2

Noch bevor Zack Snyder mit dem Remake von George A. Romeros Klassiker Dawn of the Dead den bereits tot geglaubten Zombiefilm neues Leben einhauchte, in dem er vor allem auf rasante Action setzte, führte Danny Boyle in seinem 28 Days later eine ungleich düstere Variante des Untoten-Themas auf. Dabei blieben weniger die eigentlichen Zombie-Attacken als Cillian Murphys Odyssee durch das menschenleere London in Erinnerung. Rund fünf Jahre später kommt nun die Fortsetzung 28 Weeks later in unsere Kinos. Boyle beschränkte sich dieses Mal darauf, als ausführende Produzent tätig zu sein. Die Regie übernahm der Spanier Juan Carlos Fresnadillo. Dessen wendungsreicher Mystery-Thriller Intacto brachte ihm nicht nur einiges an Publicity sondern prompt auch einen Vergleich mit M. Night Shyamalan ein.

Inhaltlich knüpft der Film recht genau an den Vorgänger an. Die Epidemie hat England seit ihrem Ausbruch vor einem halben Jahr fest im Griff. Teile Londons wurden zur Sperrzone erklärt, in der sich niemand mehr aufhalten darf. Die einst pulsierende Metropole ähnelt zunehmend einer Geisterstadt. Bei der Bekämpfung und Überwachung des Virus hilft auch die US Army, darunter die engagierte Ärztin Scarlet (Rose Byrne), die an vorderster Front die Folgen der Epidemie untersucht. Ihr Weg soll sich später mit dem der beiden Kinder von Don (Robert Carlyle) and Alice (Catherine McCormack) kreuzen. Tammy (Imogen Poots) and Andy (Mackintosh Muggleton) waren zum Zeitpunkt des Ausbruchs in Spanien. Sie ahnen zunächst nicht, was für einen Albtraum ihre Eltern in den zurückliegenden Wochen und Monaten durchleben mussten. Erst nachdem ihr Vater ihnen die ganze schreckliche Wahrheit beichtet, dass er Alice bei einem Angriff der Untoten zurück gelassen hat, beginnen sie das Ausmaß der Katastrophe zu begreifen.

Nun mag es ein falscher Automatismus sein, bei Sequels grundsätzlich einen Qualitätsabfall zu vermuten, in diesem Fall werden sich Skeptiker jedoch bestätigt fühlen. Und das, obwohl der bei vielen Fortsetzungen feststellbare Makel einer ideenlos kopierten Geschichte und Dramaturgie auf 28 Weeks later gar nicht einmal zutrifft. Das Drehbuch von Rowan Joffe und Regisseur Fresnadillo überzeugt anfangs nämlich durch seine genaue Beobachtung der zersplitterten Familiensituation. Fast schon lässig viel Zeit nehmen sich die Autoren für die Einführung der vier Hauptcharaktere. Sie wissen, dass eine überhastete Exposition nur dazu führen würde, dass Tammy und die Anderen lediglich als identitätsloses Kanonenfutter für die nach Blut lechzenden Zombiehorden wahrgenommen würden. Zwar ertrinkt manch ein Moment in peinlicher Melodramatik, im Großen und Ganzen bekommt der Zuschauer aber ein authentisches Gefühl für den Horror, der nicht nur diese Familie heimgesucht hat.

Später dann, wenn sich die wie schon in Teil 1 bedrohlich, apokalyptischen Bilder Londons aus ihrem Stillleben befreien und der Angriff der infizierten Massen startet, mutiert 28 Weeks later zu einem gewöhnlichen Chase-Movie, was dann schon eher den Tatbestand der Einfallslosigkeit erfüllt. Fresnadillo ist offensichtlich ein Freund von Snyders Dawn-Remake, denn auch bei ihm wird gerannt bis der Arzt – sprich die resolute Scarlet – kommt. Das sah bei Romero noch ganz anders aus. Da waren die Untoten eher das Symbol eines slackerhaften Außenseitertums, entschleunigt und dumm wie Brot. Immerhin eignen sich Fresnadillos durchtrainierte Sprinter als Kommentar auf den heute vorherrschenden und zur Kultur erklärten Karriere- und Leistungswahn, wobei diese Intention sicherlich nicht im Vordergrund stand. Eher ist der Grund darin zu suchen, dass rennende Zombies schlichtweg cooler aussehen.

Trotz mancher Schwächen ist es jedoch nicht der Plot, es ist die Art, wie Fresnadillo inszeniert, die dem Sequel schwer zu schaffen macht. Die Unsitte, eine Handkamera zum ultimativen Stilmittel zu erheben, hat mittlerweile in nahezu allen Genres Einzug gehalten. Wie einen Fetisch scheint Fresnadillo die das Bild bis zur Unkenntlichkeit verstümmelnde Handkamera anzubeten, anders lässt es sich nicht erklären, wieso er einen an sich soliden Schocker derart ohne Not ruiniert. Nur die eingestreuten Luftaufnahmen der brennenden City bieten die Möglichkeit für eine kurze Atempause. Ansonsten zieht sich das enervierende Gewackel bis in die Schlusspointe. Die Idee, über die Subjektivität der Perspektive ein Gefühl der Involviertheit zu erzeugen, führt der Film mit jeder Minute mehr ad absurdum. Statt dass man als Zuschauer ganz dicht bei den Gejagten ist, steigt man gedanklich früher oder später ganz aus.

Wie eine Handkamera bzw. Steadicam effektiv zu führen ist, hätten sich Fresnadillo und sein Team besser einmal bei Emmanuel Lubezki abgeschaut. Dessen Arbeit für den gleichsam dystopischen Children of Men setzte in dieser Hinsicht neue Maßstäbe. Während dort sogar in den Action-Sequenzen eine klare Strukturierung des Bildes zu erkennen war, erkennt man bei Fresnadillo eben nichts mehr (was zu manchen Irritationen führt). Als wäre die nervöse Kameraführung nicht schon schlimm genug, verleidet einem das einem Videoclip nicht unähnliche Schnittinferno jeglichen Filmgenuss. Mit der Vorgabe, jede Sekunde einen Cut anzusetzen, scheint der Film einmal komplett durch den Mixer gedreht worden zu sein.

Wo die Verpackung derart rücksichtslos den Inhalt niedermäht, interessiert sich für diesen kaum jemand mehr. In 28 Weeks later - soviel steht fest - geht der wahre Horror jedenfalls nicht von den Zombies aus.

Erschienen bei BlairWitch.

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Ich sage nur, ich finde den Film sowas von ätzend!

Wie du schon sagtest zuviel gewackel!

Juni 28, 2007 4:32 PM  
Anonymous Anonym said...

Wieso wird "28 Days Later" eigentlich immer dem Zombiegenre zugeordnet, obwohl in dem Film nicht ein einziger Zombie (Untoter) vorkommt?

Ich habe den Film immer mehr als Endzeit- denn als Zombiefilm verstanden...

Juli 03, 2007 11:47 AM  

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