Freitag, Juni 29, 2007

Black Snake Moan - Let It Shine


USA 2007

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Der Blues heilt alle Wunden. Jedenfalls, wenn es nach Regisseur und Autor Craig Brewer geht. Wie schon in seinem Debüt Hustle & Flow beschwört er die kathartische Wirkung der Musik. In Black Snake Moan – der eigenwillige Titel geht auf einen Blues-Song zurück – finden zwei verletzte Seelen über eine schicksalhafte Begegnung zueinander. Während sich das White Trash-Girl Rae (Christina Ricci) von Männern immer wieder missbrauchen lässt und ihren Schmerz mit Drogen zu betäuben versucht, leidet der alte, streng gläubige Lazarus (Samuel L. Jackson) unter der Trennung von seiner Frau. Eines Morgens entdeckt er ein Mädchen leicht bekleidet und offenbar mit Drogen vollgepumpt auf der Straße vor seinem Haus. Er beschließt, sie bei sich aufzunehmen und auf den rechten Weg zurückzuführen.

Aus dieser Konstellation entspinnt sich eine religiös eingefärbte Erlösungsgeschichte, die dem Zuschauer trotz ihrer christlichen Untertöne kein plattes klerikales Glaubensbekenntnis serviert. Eher nutzt Brewer die gesamte Kultur der früheren Südstaaten für seine stimmige Milieuschilderung. Dazu gehören neben den starken christlichen Einflüssen auch die Blues-Musik und das einfache Leben auf dem Land. Im Gegensatz zu den immer schon weiterentwickelten und reicheren Staaten rund um die großen Seen und entlang der Ostküste ist der Alltag vieler Menschen im Süden bis heute von einem unmittelbaren Verhältnis zur Natur bestimmt. Diese Erdung und das Wissen um die spezielle Mentalität des Bible-Belts zeichnen Brewers in seiner Anlage überaus klassisches, geradliniges Drama aus.

Hustle & Flow eröffnete einen anderen Blick auf die ansonsten von Klischees zugepflasterte Hip Hop-Szene und einen Charakter, dessen Rap-Leidenschaft alles in seinem Leben verändern sollte. In Black Snake Moan spielt Samuel L. Jackson Blues-Melodien mit einer Hingabe und Intensität, dass nicht nur Rae die ihr angelegten Fesseln vergisst. Es ist die vielleicht eindrucksvollste Leistung in Jacksons langer Karriere. Gäbe es nicht Christina Ricci, die aufopferungsvoll und mehr als mutig Raes verletzte Seele offen legt und damit bereits zum jetzigen Zeitpunkt als heiße Oscar-Anwärterin gehandelt wird, Jackson wäre alle Aufmerksamkeit gewiss. Ricci und er treiben sich gegenseitig zu Höchstleistungen an, womit Brewer einmal mehr beweist, dass er sich als Schauspiel-Regisseur versteht, der seine Inszenierung ganz in den Dienst der Akteure vor der Kamera stellt.

Der Zusammenprall von Raes und Lazarus’ Welt verdichtet er zu einem energetischen „Clash of Minds“, welcher für seine Protagonisten manch heilsamen Schock beinhaltet. Besonders Raes Freund Ronnie (Justin Timberlake) lernt, dass es okay ist, auch einmal schwach zu sein, wie das Schlussbild eine Spur zu plakativ beweist.

Eine konsequent realistische Abhandlung über den Umgang mit eigener Verantwortung und Verantwortungslosigkeit wäre vermutlich nur halb so spannend, wie das, was Brewer uns hier zu erzählen hat. Die subtile Märchenhaftigkeit aus Hustle & Flow findet sich auch in Black Snake Moan wieder. Das beweisen die Ereignisse der letzten Viertelstunde. Vor der Kulisse des heißen Südens markiert sein Selbstfindungs-Drama eine fast schon kontemplative Reise zu dem, was jeder von uns als universale Erfahrung von Erfüllung und Glück am liebsten für die Ewigkeit konservieren möchte.