Funny Games U.S. - Auf der Anklagebank
USA/F/D/AT/I/UK 2007
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Die Aufregung war groß. Mit seiner radikalen und schonungslosen Darstellung einer in vielerlei Hinsicht beklemmenden Extremsituation erhielt der kleine österreichische Film Funny Games nicht nur eine Unmenge an Publicity, die Reaktion der Medien, die sich wie Aasgeier auf den Gewalt-Aspekt der Geschichte stürzten, sollte zudem Regisseur und Autor Michael Haneke in seinen Thesen über die Gewaltfixierung unserer Gesellschaft Recht geben. Für Haneke war Funny Games eine einzige Anklage. An die Wirkung der Darstellung von Gewalt in den modernen Massenmedien, an die Macher solcher Programme und letztlich auch an uns Zuschauer, die bereitwillig alles konsumieren, was man ihnen vorsetzt.
Für Haneke lässt sich die Verrohung unserer Sehgewohnheiten zum Teil auf das angelsächsische Kino - sprich Hollywood - zurückführen. Es ist seiner Meinung nach mitverantwortlich dafür, dass die Hemmschwelle in Sachen Gewalt immer weiter absinkt. Und weil er mit seinem Film vor allem das „englischsprachige Gewaltkonsumentenpublikum“ (Zitat Presseheft) erreichen wollte, drehte er zehn Jahre nach Funny Games eine 1-zu-1-Kopie in englischer Sprache und mit bekannten Hollywood-Gesichtern in den Hauptrollen. Schließlich soll die Botschaft beim Empfänger auch ankommen.
Auch im Remake bricht der Terror unvermittelt über eine glückliche, wohl situierte Familie herein. George (Tim Roth) und Ann (Naomi Watts) wollen zusammen mit ihrem kleinen Sohn Georgie (Devon Gearhart) die Sommerferien in ihrem idyllisch an einem See gelegenen Ferienhaus verbringen. Vater und Sohn lassen gerade das Segelboot zu Wasser, da taucht im Haus bei Ann ein junger Mann auf, der sich als Gast der Nachbarn ausgibt. Peter (Brady Corbet) scheint zunächst wohlerzogen und freundlich. Doch das ist nur eine Maskerade. Als plötzlich ein zweiter Mann (Michael Pitt) in der Tür steht, wird Ann die Situation allmählich unheimlich. Sie ruft ihren Mann zur Hilfe, der die beiden Besucher höflich aber bestimmt nach draußen bitten soll. Doch daraus wird nichts. Die Eindringlinge haben längst die Kontrolle übernommen und bitten die Kleinfamilie zu einem menschenverachtenden Spiel.
Wer das Original nicht gesehen hat, dem kann Funny Games U.S. eine Horrorerfahrung bieten, die durch Mark und Knochen geht. Alle anderen dürften sich zu Recht fragen, wieso sie sich dieser Tortur nochmals freiwillig aussetzen sollten. Schließlich bleiben die größten Schockeffekte aus, wenn man den Fortgang der Story bereits kennt. Dabei ist Funny Games U.S. wie das österreichische Original kein klassischer Horrorfilm, da er auf viele Genre-Mechanismen bewusst verzichtet. Die Inszenierung will keine Suspense erzeugen – die oftmals viel zu langen, monotonen Einstellungen sind nur eins: langweilig –, ebenso untypisch ist das Fehlen jeglicher Filmmusik und auch Naomi Watts Charakter mutiert entgegen erster Vermutungen nicht zum Final Girl.
Dennoch verfehlt das, was Haneke hier ungemein lässig und langsam vor unseren Augen ausbreitet, zumindest bei erster Ansicht nicht seine Wirkung. Obwohl die Gewalt zumeist Off-Screen stattfindet, ist der Horror, den diese Familie durchleidet, in jeder Einstellung präsent. Die Kälte und der Zynismus der beiden Täter ist derart verstörend, dass man sich am liebsten vor Ekel und Abscheu abwenden möchte. Ein großes Kompliment geht in diesem Zusammenhang an Michael Pitt und Brady Corbet, die als versnobter, arroganter Wohlstands-Nachwuchs ihre Rollen so überzeugend wie einst Frank Giering und Arno Frisch ausfüllen. Vielleicht sind sie sogar noch etwas besser. Watts und Roth, beides erfahrene und gestandene Schauspieler, dürfen in zahlreichen Wein- und Heulkrämpfen ihre Bereitschaft zur absoluten Selbstaufgabe unter Beweis stellen.
Das Grundproblem des Originals bleibt aber auch im Remake evident. Funny Games U.S. ist nur schwerlich als „Film“ im herkömmlichen Sinn zu bezeichnen. Hanekes Arbeit ähnelt eher einem verfilmten Thesenpapier, einer Ansammlung von Anschuldigungen, die wie ein Kübel voller Dreck über dem Publikum ausgekippt werden. Die Protagonisten bleiben stets Erfüllungsgehilfen für Hanekes eingangs erwähntes Welt- und Menschenbild. Spätestens wenn sie die direkte Ansprache zum Publikum suchen und dazu in die eigentlich unsichtbare Kamera blicken, enttarnt sich Funny Games als pädagogisches, selbstgefälliges Experiment, das vorrangig auf Belehrung und die Zurschaustellung eines krankhaften, vermeintlich durch die Medien herangezüchteten Voyeurismus abzielt.
Für BlairWitch.
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