Freitag, März 20, 2009

Die Herzogin - Freigeist und Party-Girl


GB 2008

++1/2

Heute würde sie von der Presse wahrscheinlich als „It-Girl“ hofiert. Georgiana, Herzogin von Devonshire, verdrehte der englischen Aristokratie Ende des 18. Jahrhunderts gehörig den Kopf. Ihre wohl überlegte Charmeoffensive blieb nicht ohne Folgen, wie Saul Dibbs opulent ausgestattetes Period Piece Die Herzogin beweist. In der Rolle der adeligen Rebellin stellt Keira Knightley die bisweilen recht vertraute Geschichte in den Schatten.

Filmkritik:

Wir schreiben das Jahr 1774. Während in Frankreich bereits erste Vorboten der Revolution am Horizont aufziehen, vergnügt sich der britische Adel davon unbeeindruckt weiterhin bei rauschenden Festen und prunkvollen Bällen. Die Probleme der royalen Kaste nehmen sich verglichen mit denen des einfachen Volkes reichlich banal aus. Da zerbrechen sich die Damen über die Wahl der Abendgarderobe ihren Kopf, wohingegen die Herren nur darauf aus sind, einen männlichen Nachkommen zu zeugen. Auch für William Cavendish (Ralph Fiennes), dem fünften Herzog von Devonshire, hat der Wunsch nach einem Stammhalter oberste Priorität. In einer arrangierten Hochzeit ehelicht er die deutlich jüngere Georgiana (Keira Knightley), eine geborene Spencer, die dadurch zur Herzogin von Devonshire aufsteigt. Zu Georgianas Aufgaben gehört es, ihren Gatten bei offiziellen Anlässen zu begleiten.

Sie gibt sich selbstbewusst und emanzipiert, was ihr Mann ebenso wie die Liaison mit dem Jung-Politiker Charles Grey (Dominic Cooper) zunehmend argwöhnisch beobachtet. Dass sie ihm statt des erhofften Thronfolgers „lediglich“ zwei Töchter schenkt, treibt ihn schließlich in die Arme von Lady Elisabeth „Bess“ Foster (Hayley Atwell). Es dauert nicht lange und der ersehnte Nachwuchs stellt sich ein. Jedoch kann und will Georgiana eine solche Dreiecksbeziehung nicht tolerieren. Sie sucht fortan Liebe und Bestätigung bei Grey, mit dem sie einige wahrhaft glückliche Stunden verlebt.

Man muss kein Kenner royaler Gepflogenheiten sein, um in der höfischen Amour fou gewisse Parallelen zu den heutigen Geschichten der Yellow Press zu entdecken. Der Herzog von Devonshire hatte seine Bess, Prince Charles wiederum seine Camilla und auch Lady Di, die wie Georgiana der einflussreichen Spencer-Dynastie entstammte, war erwiesenermaßen kein Kind von Traurigkeit. Saul Dibbs Kostüm-Drama spielt gekonnt mit dieser moralischen Ambivalenz. Dabei lebt der Film zu einem Großteil von der schillernden Persönlichkeit seiner Titelheldin, die gegen den herrschenden, stark patriarchalisch geprägten Moralkodex rebellierte. Dass ihr Aufbegehren letztlich erfolglos blieb und sie sich dem Willen ihres Mannes unterzuordnen hatte, darin liegt die Tragik dieser mit viel Prunk und Glanz erzählten Geschichte.

Der Vergleich mit Sofia Coppolas Marie Antoinette – einer anderen Produktion über ein reiches und doch so armes Mädchen des 18. Jahrhunderts – drängt sich förmlich auf. Abseits ihrer exponierten Frauenfiguren trennt beide Filme auf formaler Ebene jedoch mehr, als sie verbindet. Wo Coppola das oftmals angestaubte Genre des Kostümfilms mit punkingen Farbakzenten und Pop-Songs von Air und New Order einem erfrischenden Facelift unterzog, gibt sich Die Herzogin typisch britisch, sprich konservativ und traditionell.

Aber auch wenn an verschwenderischen Kostümen und opulenten Sets wahrlich nicht gespart wurde, sind es keineswegs allein die Schauwerte, die Dibbs Zeitgemälde tragen. Ohne eine ungemein selbstsicher aufspielende Keira Knightley, die ein besonderes Faible für historische Stoffe mitzubringen scheint, liefe der Film vermutlich Gefahr, alsbald in Vergessenheit zu geraten. Immerhin ist seine Geschichte um Eifersucht und gekränkte Eitelkeit zu einem gewissen Grade austauschbar. Ganz und gar nicht austauschbar sind dagegen die Blicke, die sich Knightley und ihr Filmpartner Ralph Fiennes am sechs Meter langen Esstisch zuwerfen. Sie erzählen, was kein Dialog auszudrücken vermag.

Für Programmkino.de.

2 Comments:

Blogger spidy said...

Mochte bzw. mag die Herzogin nicht, liegt wohl daran, dass ich immer herzlich wenig mit so "Kostümschinken" anfangen kann. :-)

März 21, 2009 3:19 PM  
Anonymous Anonym said...

Etwas komisch, aber durchaus interessant!

Februar 11, 2010 2:06 PM  

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