Sonntag, Januar 09, 2011

Devil - Wenn der Teufel Aufzug fährt


USA 2010

++1/2

Fünf Menschen sitzen in einem Aufzug fest. Eine alte Frau, eine junge Frau, ein Wachmann, eine Quasselstrippe und ein Schweiger. Einer von ihnen ist der Teufel. An diesem düsteren Geheimnis lässt Devil schon in seinem Titel keinen Zweifel. Und damit beginnt ein fröhliches Ratespiel, bei dem die Frage, wer der fünf Eingeschlossenen Höllenfürst ist, vom Zuschauer von einem Verdächtigen zum nächsten in Gedanken durchgespielt werden kann. Natürlich legt der Film auf dem Weg zur Lösung manch falsche Fährte, wobei es ihm letztlich nicht gelingt, mit seiner ziemlich vorhersehbaren Auflösung für eine Überraschung oder gar echte Verwunderung zu sorgen. Dafür sind die einzelnen Puzzleteile der von Mystery-Filmer M. Night Shyamalan erdachten Story zuvor einfach viel zu schlampig gemischt worden.

Das fängt mit der tragischen Vergangenheit von Polizei-Ermittler Detective Bowden (Chris Messina) an, die bereits in der Einleitung derart überbetont wird, dass man nicht anders kann, als sie fortan im Hinterkopf zu behalten und Bezüge zu den im Aufzug eingeschlossenen Charaktere herzustellen. Als Shyamalans Sprachrohr und personifiziertes Voice Over installierten der Sixth Sense-Schöpfer und sein Autor Brian Nelson den religiösen, mexikanischen Wachmann Ramirez (Jacob Vargas). Dieser darf nicht nur die Geschehnisse kommentieren, er nimmt den Ausgang des Belzebub-Angriffs praktisch vorweg, was der Suspense nicht wirklich zuträglich ist.

Gleichwohl macht Devil durchaus Spaß. Der im Wesentlichen auf ein Hochhaus konzentrierte Okkult-Thriller verzichtet auf allen unnötigen Ballast, der anderen Genre-Vertretern nicht selten anhängt. Seine in 80 kompakte Minuten gepresste Story wird gradlinig, fast schon schnörkellos erzählt. Spielereien – aber auch Innovatives – sucht man hier vergebens. Allein die Kamera von Tak Fujimoto findet immer wieder atmosphärische Bilder und schöne Einstellungen wie die auf den Kopf gestellte Skyline Philadelphias oder die lange, hypnotische Fahrt durch den Aufzugsschacht, die das nächste Unheil ankündigt.

Shyamalans Idee und deren Umsetzung durch Quarantäne-Regisseur John Erick Dowdle entspringt der Vorstellung eines erweiterten Kammerspiels. Zwar wird die bedrohliche Enge der nur wenige Quadratmeter großen Fahrstuhlkabine anders als bei „Buried“ regelmäßig aufgebrochen, viel weiter als einen Häuserblock entkommt aber kaum eine Einstellung der dämonischen Menschenjagd, deren kalkulierte Schocks hier nach bewährten Mustern abgespult werden. In die Schablone des Genres fügen sich die einzelnen Figuren widerstandslos ein. Neben dem Klischee vom desillusionierten Cop findet sich in Devil eine Vielzahl bekannter Stereotypen. Gleich fünf von ihnen wurden von Shyamalan in den zum Höllentour umfunktionierten Aufzug eingesperrt.

Dass die Eingeschlossenen und ihr Handeln hauptsächlich als Zahnräder im großen Drehbuch-Getriebe wahrgenommen werden, erweist sich mitunter als hinderlich. Waren wir bei Buried noch ganz nah bei dem um sein Leben kämpfenden Ryan Reynolds, ist hier stets eine gewisse Distanz spürbar. Diese unsichtbare Grenze mag nicht zuletzt aus der aufgebauten Whodunit-Konstellation resultieren. Schließlich wollen sich nur die wenigsten mit einem Charakter identifizieren, der wenig später bereits als Fürst der Finsternis enttarnt wird. Dadurch kann der Film nie so ganz sein irgendwo zwischen erster Idee und finaler Umsetzung verloren gegangenes Potenzial ausspielen. Statt atemloser Spannung bietet Shyamalans okkulter Belzebub-Thriller eher ein temporeiches, durchaus unterhaltsames Potpourri aus Ratequiz und Bibelstunde.

Letzteres war ein unverzichtbares Element fast aller bisherigen Shyamalan-Arbeiten. Mal beherrscht der Glauben an ein Leben nach dem Tod (The Sixth Sense) seine Filme, dann wiederum kreisen seine Geschichten um den Verlust des Glaubens (Signs) oder die Suche nach der eigenen – spirituellen – Identität (Unbreakable). Dieses Mal geht es um Vergebung und Buße und damit um insbesondere im Christentum verankerte Themen. Dabei schließt Devil mit einer versöhnlichen, angenehm einfachen Pointe, in der die gesamte religiöse Dialektik auf den Punkt gebracht wird. Dort, wo Schatten ist, muss auch Licht sein und ohne eine Idee vom Guten wüssten wir vermutlich nicht, wie sich das Böse anfühlt. Für Shyamalan ist der Glauben der Kompass zwischen diesen beiden Welten. Schon deshalb ist Devil ein durch und durch amerikanischer Film.

Erschienen bei BlairWitch.de.