Bye Bye Blackbird - Trapez-Tristesse
D/ÖST/LUX/UK 2005
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In früheren Zeiten galt vor allem der Zirkus als Ort der Imagination und der Fantasie. Bevor die Bilder laufen lernten und das Kino diesen Platz einnahm, drängte es die Menschen noch in Scharen in die für sie andere Welt unter der Zirkuskuppel. Der in seiner Heimat Frankreich bislang als Porträtfotograf bekannte Robinson Savary wählte diesen Schauplatz, um die Geschichte einer tragischen und unerfüllten Liebe zu erzählen. Auch wenn die höchst ästhetischen Bilder die Faszination des Zirkus erahnen lassen, bleibt das anfängliche Interesse an den Charakteren letztlich in einem zu hoch gewählten künstlerischen Anspruch stecken.
Filmkritik:
Paris um 1900, zur Zeiten der Weltausstellung. In der Stadt der Liebe und der Künste sucht auch der Wanderarbeiter Josef (James Thierree) eine neue Anstellung. Seine letzte Arbeit brach er nach einem tragischen Unfall ab. Dort musste er mitansehen, wie aus großer Höhe ein Kollege beim Bau des Eiffelturms in die Tiefe stürzte. Als Josef gedankenverloren durch die geschäftigen Gassen und Straßen Paris schlendert, fällt sein Blick plötzlich auf ein Zirkusplakat. Es zeigt die wunderschöne Trapezkünstlerin Alice (Izabella Miko). Ihm ist sofort klar, dass sie die Frau seines Lebens ist.
Ohne zu zögern bewirbt er sich in „Dempsey’s Zirkus“, dessen ruhmreiche Tage bereits länger zurückliegen. Zirkusdirektor Lord Dempsey (Derek Jacobi) führt dennoch ein strenges Regiment über seine Mitarbeiter. Er will sich nicht damit abfinden, dass der Glanz und die Tradition seines Namens immer mehr verblasst. Aus diesem Grund nimmt er nach anfänglicher Skepsis Josefs Angebot bereitwillig an, mit Alice eine gemeinsame Trapeznummer aufführen zu wollen. Während Josef hofft, so Alices Herz gewinnen zu können, glaubt der Patriarch an eine Renaissance seines Familienbetriebs. Beides soll sich schlussendlich als eine trügerische Illusion erweisen.
In seiner stimmungsvollen Exposition entführt uns Bye Bye Blackbird in eine fremde und mysteriöse Welt. Dem Zirkus haftet auch im ersten Kinofilm des französischen Regisseurs Robinson Savary der Eindruck eines surrealen Kosmos an, dessen Magie und Faszination aus dem Spiel mit unseren Fantasien und Träumen erwächst. Die grazile, kunstvolle Akrobatik auf dem Trapez im Schein der illuminierten Zeltkuppel erstaunt und regt unterschwellig die eigene Sensationslust an. Gemeinsam mit Kameramann Christophe Beaucarne erschuf der gelernte Fotograf Savary einen Bildertraum, dessen elegante und zugleich schlichte Ästhetik zu beeindrucken weiß. Parallelen zu dem ähnlich stilvoll fotografierten Der Himmel über Berlin sind unübersehbar. Die vorherrschende Farbgebung mittels Braun-, Grau- und Rottönen verortet „Dempsey’s Zirkus“ auf die Schwelle zwischen geheimnisvoller Traumwelt und Realität.
Aber nicht nur Optik und der Schauplatz erinnern an Wenders Schwarz-Weiss-Märchen. Auch die Engelsmetaphorik greift Savary überdeutlich auf. Gerade während der letzten halben Stunde, in der sich die sanfte Liebesgeschichte in ein beinahe philosophisches, existenzielles Drama verwandelt, droht der Film, im symbolischen Nirvana zu enden. Die Dynamik und Atmosphäre der Einleitung ist verschwunden, stattdessen spannt Savary die Geduld des Zuschauers mit dem Anziehen der dramaturgischen Handbremse auf eine harte Probe. Wir erleben in langen redundanten Einstellungen, wie Josef an seinem Schicksal zerbricht, und wie er sich nach den Geschehnissen um Alice in Trauer und Einsamkeit flüchtet. Trotz Thierees physisch sehr präsentem Schauspiel erstarrt Bye Bye Blackbird dabei in einer artifiziellen Tristesse, die einen ratlos und unbefriedigt zurücklässt.
Erschienen bei Programmkino.de.
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In früheren Zeiten galt vor allem der Zirkus als Ort der Imagination und der Fantasie. Bevor die Bilder laufen lernten und das Kino diesen Platz einnahm, drängte es die Menschen noch in Scharen in die für sie andere Welt unter der Zirkuskuppel. Der in seiner Heimat Frankreich bislang als Porträtfotograf bekannte Robinson Savary wählte diesen Schauplatz, um die Geschichte einer tragischen und unerfüllten Liebe zu erzählen. Auch wenn die höchst ästhetischen Bilder die Faszination des Zirkus erahnen lassen, bleibt das anfängliche Interesse an den Charakteren letztlich in einem zu hoch gewählten künstlerischen Anspruch stecken.
Filmkritik:
Paris um 1900, zur Zeiten der Weltausstellung. In der Stadt der Liebe und der Künste sucht auch der Wanderarbeiter Josef (James Thierree) eine neue Anstellung. Seine letzte Arbeit brach er nach einem tragischen Unfall ab. Dort musste er mitansehen, wie aus großer Höhe ein Kollege beim Bau des Eiffelturms in die Tiefe stürzte. Als Josef gedankenverloren durch die geschäftigen Gassen und Straßen Paris schlendert, fällt sein Blick plötzlich auf ein Zirkusplakat. Es zeigt die wunderschöne Trapezkünstlerin Alice (Izabella Miko). Ihm ist sofort klar, dass sie die Frau seines Lebens ist.
Ohne zu zögern bewirbt er sich in „Dempsey’s Zirkus“, dessen ruhmreiche Tage bereits länger zurückliegen. Zirkusdirektor Lord Dempsey (Derek Jacobi) führt dennoch ein strenges Regiment über seine Mitarbeiter. Er will sich nicht damit abfinden, dass der Glanz und die Tradition seines Namens immer mehr verblasst. Aus diesem Grund nimmt er nach anfänglicher Skepsis Josefs Angebot bereitwillig an, mit Alice eine gemeinsame Trapeznummer aufführen zu wollen. Während Josef hofft, so Alices Herz gewinnen zu können, glaubt der Patriarch an eine Renaissance seines Familienbetriebs. Beides soll sich schlussendlich als eine trügerische Illusion erweisen.
In seiner stimmungsvollen Exposition entführt uns Bye Bye Blackbird in eine fremde und mysteriöse Welt. Dem Zirkus haftet auch im ersten Kinofilm des französischen Regisseurs Robinson Savary der Eindruck eines surrealen Kosmos an, dessen Magie und Faszination aus dem Spiel mit unseren Fantasien und Träumen erwächst. Die grazile, kunstvolle Akrobatik auf dem Trapez im Schein der illuminierten Zeltkuppel erstaunt und regt unterschwellig die eigene Sensationslust an. Gemeinsam mit Kameramann Christophe Beaucarne erschuf der gelernte Fotograf Savary einen Bildertraum, dessen elegante und zugleich schlichte Ästhetik zu beeindrucken weiß. Parallelen zu dem ähnlich stilvoll fotografierten Der Himmel über Berlin sind unübersehbar. Die vorherrschende Farbgebung mittels Braun-, Grau- und Rottönen verortet „Dempsey’s Zirkus“ auf die Schwelle zwischen geheimnisvoller Traumwelt und Realität.
Aber nicht nur Optik und der Schauplatz erinnern an Wenders Schwarz-Weiss-Märchen. Auch die Engelsmetaphorik greift Savary überdeutlich auf. Gerade während der letzten halben Stunde, in der sich die sanfte Liebesgeschichte in ein beinahe philosophisches, existenzielles Drama verwandelt, droht der Film, im symbolischen Nirvana zu enden. Die Dynamik und Atmosphäre der Einleitung ist verschwunden, stattdessen spannt Savary die Geduld des Zuschauers mit dem Anziehen der dramaturgischen Handbremse auf eine harte Probe. Wir erleben in langen redundanten Einstellungen, wie Josef an seinem Schicksal zerbricht, und wie er sich nach den Geschehnissen um Alice in Trauer und Einsamkeit flüchtet. Trotz Thierees physisch sehr präsentem Schauspiel erstarrt Bye Bye Blackbird dabei in einer artifiziellen Tristesse, die einen ratlos und unbefriedigt zurücklässt.
Erschienen bei Programmkino.de.
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