Montag, Januar 01, 2007

Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler

D 2006

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Ist es mutig einen Komödie über „den Führer“ zu drehen? Den selbsternannten GröFaZ ganz und gar der Lächerlichkeit preiszugeben? Dani Levy (Alles auf Zucker!) meinte ja und drehte mit Helge Schneider, dem Meister des destruktivistischen Humors, seine ganz eigene Abrechnung mit den Schrecken und Verbrechen der Nazi-Diktatur. Das nun vorliegende Ergebnis mag vieles sein. Mutig ist es jedoch in keinem Fall.

In jenen Weihnachtstagen des Jahres 1944 ist der Krieg längst verloren. Berlin liegt in Schutt und Asche und der Führer (Helge Schneider) leidet unter mehr als einer typischen Winterdepression. Er wirkt kraftlos, leer und ausgezehrt. Für eine geplante Rede vor Millionen Berlinern fehlt ihm jegliche Motivation. Und dabei setzt sein enger Vertrauter, Reichspropagandaminister Goebbels (Sylvester Groth), ganz auf Hitlers Überzeugungskraft, der in dieser Rede das Volk nochmals auf den Kampf gegen die übermächtigen Feinde einschwören soll. Was also tun? Da erinnert sich Goebbels an den einst angesehenen Schauspiellehrer Prof. Adolf Grünbaum (Ulrich Mühe), ein Jude, der mit seiner Familie in das KZ Sachsenhausen deportiert wurde. Er holt Grünbaum aus dem Lager mit der klaren Zielvorgabe, Hitlers Selbstbewusstsein zu stärken und seine alte Kampfeslust neu zu entfachen.

Die Besetzung war bereits der erste Coup. Helge Schneider, die singende Herrentorte aus Mülheim a. d. Ruhr, sollte den Massenmörder und größenwahnsinnigen Mann mit dem markanten Schnauzbärtchen geben. Wer nun aber glaubt, mit Schneider zöge sein polarisierender Humor, sein im positiven Sinn absurder professioneller Dilettantismus in Levys Satire ein, der irrt. Leider, so muss man nach Ansicht von Mein Führer ergänzen, denn mit Ausnahme eines kurzen Moments, als Hitler seiner Geliebten Eva Braun (Katja Riemann in einer verschenkten Mini-Rolle) am Klavier etwas vorspielt, fällt das Multitalent zu keiner Zeit aus der ihm zugedachten Rolle. Von Levy wurde er vornehmlich als Marketing-Gag besetzt. So stellte er sicher, dass die Presse noch vor Drehbeginn über das Projekt ausführlich berichtete. Mr. Katzeklo spielt den größten Verbrecher des 20. Jahrhunderts? Kaum zu glauben. Denn allein die Tatsache, dass sich ein jüdischer Filmemacher an eine „Humorisierung“ der Person Hitler gewagt hat, lockt in Zeiten von Adolf – Die Nazisau und über sechzig Jahre nach Der große Diktator niemand mehr hinter dem Ofen hervor.

Damit kommen wir auch gleich zur großen Achillesverse des Films. Man merkt, wie Levy von der Vorstellung geradezu besessen war, den Irrsinn der Nazi-Diktatur und des Führerkultus der Lächerlichkeit preiszugeben. Abgesehen davon, dass man sich nur wenige Personen vorstellen kann, über die vergleichbar mit Hitler ähnlich mehrheitsfähig gelacht werden darf – vermutlich wird der kleine Österreicher diesbezüglich nur noch von dem Papst in den Schatten gestellt – bedarf es eigentlich keiner Überzeichnung seiner Person. Die historischen Aufnahmen zeigen bereits einen Mann, der sich selbst unfreiwillig zur Karikatur stilisiert hat. Hinzu kommt, dass bei Levy der Humor ohne Biss und oftmals reichlich platt daherkommt. Hitler als Bettnässer, Hitler als Schlappschwanz, Hitler, ein Versager auf ganzer Linie.

Nach dem feinsinnigen Alles auf Zucker! begibt sich Levy in den Niederungen des massenkompatiblen zotenreißenden Humors. Ok, seien wir fair. Da, wo Otto seit Jahrzehnten im Trüben fischt, ist er glücklicherweise noch nicht angekommen. Manche Sätze („Ah, Sie waren in Sachsenhausen. Sie sehen so erholt aus!“) kommen erfrischend direkt und schwarzhumorig. Es fragt sich jedoch, was uns Levy mit Mein Führer überhaupt sagen will. Die Nazis waren eine Bande von Holzköpfen? Der Führer ein verklemmter, traumatisierter Depp? Neben den Späßchen um die Nazi-Garde fällt der Film bei den langweiligen Szenen mit Grünbaums Familie immer wieder in einen ermüdenden ernsten Tonfall, der dem Ganzen – bei allen Kalauern – offenkundig die nötige Tiefe verleihen soll. So kommt es, dass eins nicht zum anderen passt und die Teile wie gewaltsam zusammengepresst wirken.

Ein echtes Highlight hat Mein Führer aber dann doch noch zu bieten. Sylvester Groth als Propagandaminister Joseph Goebbels hat die Lacher – und das ist fast schon perfide – die Sympathien auf seiner Seite. Na ja, zumindest freut man sich als Zuschauer, dass irgendwer diesen Haufen von Langweilern aufmischt.