The Smartest Guys in the Room - Des Kaisers neue Kleider
USA 2005
+++1/2
Sie hielten sich für Genies: Auf einer Art gläserner Kommandobrücke wachten die beiden Enron-Vorstände Kenneth Lay und Jeffrey Skilling über ein Imperium aus Luftschlössern, das auf Außenstehende den Eindruck einer Black Box machte. Alex Gibneys Dokumentation beleuchtet den Aufstieg und Fall eines sehr speziellen amerikanischen Traums, dessen Scheitern nicht nur die Finanzmärkte stark erschüttert hat.
Filmkritik:
Es war der spektakulärste Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Vereinigten Staaten und zugleich die größte Insolvenz, die das Land jemals erlebt hatte: Enron, der Energiehändler, trat an, um die Geschäftswelt zu revolutionieren – doch stattdessen stürzten die Mannen um Firmenchef Kenneth Lay ein ganzes Wirtschaftssystem in eine schwerwiegende Vertrauenskrise.
Basierend auf der von Bethany McLean und Peter Elkind verfassten Chronik „The Smartest Guys in the Room: The Amazing Rise and Scandalous Fall of Enron“ schildert die Dokumentation von Alex Gibney Enrons aus heutiger Sicht surrealen Aufstieg in den Kreis der – gemessen an der Marktkapitalisierung – größten und einflussreichsten Konzerne der USA, auf den der rapide Verfall aller zuvor aufgebauten Firmenwerte folgen sollte. Vermutlich trifft die Umschreibung „Firmenwerte“ in diesem Fall nicht wirklich zu, da sich Enrons ausgewiesene Gewinne letztlich nur als das nebulöse Resultat einer rechtswidrigen Buchführung, kriminellen Verhaltens und undurchsichtiger Konzernstrukturen entpuppten.
Gibney lässt ausgiebig Insider, Analysten, Wirtschaftsexperten und Journalisten zu Wort kommen, um sich dem Phänomen Enron auf diese Weise aus einer möglichst umfassenden Perspektive zu nähern. Die Journalistin Bethany McLean, die seinerzeit die Ermittlungen rund um das Geschäftsgebaren des Konzerns mit ins Rollen brachte, erzählt, wie sie im Laufe ihrer Recherche immer misstrauischer wurde. Eigentlich hätte es jedem auffallen müssen, das an den veröffentlichen Zahlen etwas nicht stimmen konnte. Nun war es jedoch so, dass Bankanalysten bewusst unter Druck gesetzt wurden, möglichst eindeutige Kaufempfehlungen für die Aktie auszusprechen, da Enron andernfalls den Entzug lukrativer Berateraufträge in die Tat umgesetzt hätte. Und auch die Wirtschaftsprüfer von Arthur Anderson übten sich lieber in der heute bereits legendären Vernichtung brisanter Dokumente, anstatt die wirre Bilanzierungspraxis des Finanzvorstands Andrew Fastow zu bemängeln und von der Vergabe eines Testats abzusehen.
Neben einer detaillierten Aufarbeitung eines der spannendsten Kapitel amerikanischer Wirtschaftsgeschichte liefert The Smartest Guys in the Room einen Einblick in die internen Denk- und Arbeitsweisen eines von jeglichen ethischen Grundsätzen losgelösten Konzerns. In Firmenvideos feiern sich Lay &. Company als die Heilsbringer eines freien Marktes („Enron steht für Integrität!“). Während sie mit breitem Grinsen Mitarbeiter dazu ermutigen, ihre gesamte Altersvorsorge in das eigene Unternehmen zu investieren, verkaufen sie selber vor dem Bekanntwerden des Super-GAUs Aktienpakete in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe. Man möchte seinen Ohren nicht trauen, wenn Enron-Händler ungeniert in Telefongesprächen damit angeben, wie sie den Staat Kalifornien mit bewusst herbeigeführten Stromausfällen zu einem überteuerten Rückkauf von Elektrizität zwangen. Am Widerlichsten erscheint jedoch ein Vergleich, den der langjährige Chairman und Vorstandschef Kenneth Lay bemüht. Darin stellt er eine Analogie zwischen den Terroranschlägen des 11. September und den Untersuchungen der Börsenaufsicht SEC her. Soviel Verlogenheit und Geschmacklosigkeit macht sprachlos.
Für Programmkino.de.
+++1/2
Sie hielten sich für Genies: Auf einer Art gläserner Kommandobrücke wachten die beiden Enron-Vorstände Kenneth Lay und Jeffrey Skilling über ein Imperium aus Luftschlössern, das auf Außenstehende den Eindruck einer Black Box machte. Alex Gibneys Dokumentation beleuchtet den Aufstieg und Fall eines sehr speziellen amerikanischen Traums, dessen Scheitern nicht nur die Finanzmärkte stark erschüttert hat.
Filmkritik:
Es war der spektakulärste Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Vereinigten Staaten und zugleich die größte Insolvenz, die das Land jemals erlebt hatte: Enron, der Energiehändler, trat an, um die Geschäftswelt zu revolutionieren – doch stattdessen stürzten die Mannen um Firmenchef Kenneth Lay ein ganzes Wirtschaftssystem in eine schwerwiegende Vertrauenskrise.
Basierend auf der von Bethany McLean und Peter Elkind verfassten Chronik „The Smartest Guys in the Room: The Amazing Rise and Scandalous Fall of Enron“ schildert die Dokumentation von Alex Gibney Enrons aus heutiger Sicht surrealen Aufstieg in den Kreis der – gemessen an der Marktkapitalisierung – größten und einflussreichsten Konzerne der USA, auf den der rapide Verfall aller zuvor aufgebauten Firmenwerte folgen sollte. Vermutlich trifft die Umschreibung „Firmenwerte“ in diesem Fall nicht wirklich zu, da sich Enrons ausgewiesene Gewinne letztlich nur als das nebulöse Resultat einer rechtswidrigen Buchführung, kriminellen Verhaltens und undurchsichtiger Konzernstrukturen entpuppten.
Gibney lässt ausgiebig Insider, Analysten, Wirtschaftsexperten und Journalisten zu Wort kommen, um sich dem Phänomen Enron auf diese Weise aus einer möglichst umfassenden Perspektive zu nähern. Die Journalistin Bethany McLean, die seinerzeit die Ermittlungen rund um das Geschäftsgebaren des Konzerns mit ins Rollen brachte, erzählt, wie sie im Laufe ihrer Recherche immer misstrauischer wurde. Eigentlich hätte es jedem auffallen müssen, das an den veröffentlichen Zahlen etwas nicht stimmen konnte. Nun war es jedoch so, dass Bankanalysten bewusst unter Druck gesetzt wurden, möglichst eindeutige Kaufempfehlungen für die Aktie auszusprechen, da Enron andernfalls den Entzug lukrativer Berateraufträge in die Tat umgesetzt hätte. Und auch die Wirtschaftsprüfer von Arthur Anderson übten sich lieber in der heute bereits legendären Vernichtung brisanter Dokumente, anstatt die wirre Bilanzierungspraxis des Finanzvorstands Andrew Fastow zu bemängeln und von der Vergabe eines Testats abzusehen.
Neben einer detaillierten Aufarbeitung eines der spannendsten Kapitel amerikanischer Wirtschaftsgeschichte liefert The Smartest Guys in the Room einen Einblick in die internen Denk- und Arbeitsweisen eines von jeglichen ethischen Grundsätzen losgelösten Konzerns. In Firmenvideos feiern sich Lay &. Company als die Heilsbringer eines freien Marktes („Enron steht für Integrität!“). Während sie mit breitem Grinsen Mitarbeiter dazu ermutigen, ihre gesamte Altersvorsorge in das eigene Unternehmen zu investieren, verkaufen sie selber vor dem Bekanntwerden des Super-GAUs Aktienpakete in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe. Man möchte seinen Ohren nicht trauen, wenn Enron-Händler ungeniert in Telefongesprächen damit angeben, wie sie den Staat Kalifornien mit bewusst herbeigeführten Stromausfällen zu einem überteuerten Rückkauf von Elektrizität zwangen. Am Widerlichsten erscheint jedoch ein Vergleich, den der langjährige Chairman und Vorstandschef Kenneth Lay bemüht. Darin stellt er eine Analogie zwischen den Terroranschlägen des 11. September und den Untersuchungen der Börsenaufsicht SEC her. Soviel Verlogenheit und Geschmacklosigkeit macht sprachlos.
Für Programmkino.de.
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