Die Vorahnung - Ein Film für Eva Herman
USA 2007
+1/2
Geschichten, die mit dem Phänomen des Zeitreisens spielen, verheddern sich oftmals in ihrem eigenen Konstrukt, in Inkonsistenzen und logischen Fallstricken, wenn sie ihr Konzept nicht stringent bis zum Ende durchdenken. So unwahrscheinlich und unrealistisch die Prämisse auch sein mag, damit der Film funktioniert, ist es notwendig, entweder eine zumindest im Rahmen der Geschichte verständliche oder – die Alternative – gar keine Erklärung anzubieten und alles im Bereich der Spekulation zu belassen. Oder gab es jemals eine Begründung dafür, warum Bill Murrays Alter Ego in Und täglich grüßt das Murmeltier plötzlich in der Zeitschleife gefangen war? Nein, der Film war auch ohne dies ein Knaller.
Die Vorahnung entscheidet sich für den gefährlichen Mittelweg und verliert sich dabei in einem spirituellen, religiösen Gerede über Schicksal und Vorbestimmung, kurzum über das, was sich nicht ändern lässt oder worauf man als Mensch nur schwerlich einen Einfluss hat. In einer der für das Verständnis des Films zentralen Szenen erhält die von Sandra Bullock verkörperte Heldin von einem Priester eine Unterweisung in die großen Dinge des Lebens. Danach, so scheinen die Macher zu hoffen, werde der Zuschauer schon nicht länger nach dem „Warum?“ für den unglaublich ernst vorgetragenen Visions-Mumpitz fragen, sondern schlicht akzeptieren, dass sich jede Erklärung auf einer metaphysischen Ebene, sprich im Bereich des Glaubens, abspielt.
Die eigentliche Handlung setzt ein, als Linda Hanson (Sandra Bullock) eines Tages die schreckliche Nachricht vom Unfalltod ihres Ehemanns Jim (Nip/Tuck-Star Julian McMahon) übermittelt bekommt. Der Mann, den sie liebt und der der Vater ihrer beiden Töchter ist, soll bei einem Autounfall gestorben sein. Der Schock darüber erschüttert ihr Innerstes. Unfähig überhaupt noch einen klaren Gedanken zu verfassen, verlebt Linda den Rest des Tages wie in Trance. Am nächsten Morgen muss sie dann eine noch unglaublichere Entdeckung machen: Jim lebt! Ganz so, als hätte es nie einen Unfall gegeben. Linda weiß plötzlich nicht mehr, was sie glauben soll. Hat sie sich das alles nur eingebildet? War der Unfall womöglich nur ein Albtraum?
Dass die erste US-Produktion des deutschen Regisseurs Mennan Yapo, der über das stilistisch aufregende, inhaltlich aber reichlich dröge Profikiller-Drama Lautlos von Hollywood entdeckt wurde, auf jede ironische Brechung des Zeitreise-Aspekts verzichtet und nicht wie der thematisch verwandte The Butterfly Effect zumindest ab und an durchblitzen lässt, dass das Ganze eigentlich vor allem unterhalten soll, gehört zu den vielen unglücklichen Entscheidungen von Drehbuchautor Bill Kelly. Eine andere betrifft die Ausgestaltung der beiden zentralen Charaktere. Linda gehören zweifellos alle Sympathien, doch obwohl der Film ganz auf sie und damit auf Publikumsliebling Sandra Bullock zugeschnitten ist und kaum eine Szene ohne sie auskommt, erfährt man recht wenig über ihre Person. Abseits der klischeebeladenen Bilder einer treusorgenden Mutter und Hausfrau – Eva Herman wäre stolz auf Linda – hat Kelly nicht viel zu erzählen.
Selbiges trifft auf Jim zu, der sich zudem mit deutlich weniger Leinwandzeit begnügen muss. Seine Beziehung zu Linda erscheint als Vakuum. Ihre Liebe, das, was sie verbindet, wird nie wirklich greifbar, weshalb es schwer fällt, zu den beiden und ihrer Geschichte eine Bindung aufzubauen. Das Vor- und Zurückspringen in der Zeit, einmal ist Jim bereits tot, ein anderes Mal hat der Unfall noch nicht stattgefunden, böte genügend Ansatzpunkte für ein interessantes Spiel mit Eventualitäten und den Paradoxien des Zeitsprung-Phänomens. Doch auch an dieser Stelle verschenkt der Film ohne Not sein Potenzial, in dem er keinerlei Interaktion zwischen den einzelnen Handlungssträngen zulässt. Filmisch sind sich darüber hinaus beide Zeitebenen einfach viel zu ähnlich. Yapo bleibt geradezu mechanisch einem Tempo, einem Rhythmus von der ersten Szene bis zum Abspann treu. Und so kocht der groß angekündigte psychologische Suspense-Faktor weitgehend auf Sparflamme.
Bedenkt man, mit welcher Leichtigkeit der mit erheblich weniger Aufwand produzierte TV-Film 12:01 bereits Anfang der 90er die Murmeltier-Pointe in das Thriller-Genre überführte, wiegt die Enttäuschung über das wenige, was Die Vorahnung letztlich zu erzählen hat, umso schwerer nach. Hier haben wir es mit einem laut Pressenotiz „emotionalen Thriller“ zu tun, der weder emotional noch Thriller ist.
Für BlairWitch.
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