Invasion - Zu spät, zu hektisch, zu laut
USA 2007
+1/2
Die Körperfresser (Body Snatchers) zählen zu den Klassikern des Science Fiction- und Horror-Genres. In Don Siegels erster Verfilmung von Jack Finneys Roman aus dem Jahr 1956 spielte noch die Angst vor der roten Gefahr namens Kommunismus die eigentliche Hauptrolle, während im Remake Ende der 70er Jahre die Vertrauenskrise in die politische Führung nach verlorenem Vietnam-Krieg und Watergate-Skandal ihren Ausdruck fand. Nun also, 2007, kehrt die mysteriöse Infektion für ein weiteres Gastspiel auf die Erde zurück. Regie führte dieses Mal der Deutsche Oliver Hirschbiegel, der mit seinen letzten Produktionen Das Experiment und Der Untergang auch international für Furore sorgte. Letztere erhielt sogar eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film“.
Auch in Invasion kommt die Gefahr aus dem All. Nach der Explosion des Spaceshuttles „Patriot“, tauchen Gerüchte auf, dass die Wrackteile mit einer seltsamen Substanz kontaminiert sein sollen. Während Beamte des Seuchenzentrums die Untersuchung leiten, beginnt sich das Virus über den Kontakt von Mensch zu Mensch auszubreiten. Dabei greifen die Sporen das Erbgut an, bis die Infizierten jedes menschliche Gefühl verloren haben. Die Psychiaterin Carol Bennell (Nicole Kidman) nimmt anfangs kaum Notiz von der Veränderungen, die in ihrer Umgebung von statten gehen. Eine Patientin (Veronica Cartwright, spielte bereits in Philip Kaufmans Remake mit) berichtet, dass sich ihr Mann plötzlich seltsam verhält. „Mein Mann ist nicht mehr mein Mann!“ klagt sie Carol ihr Leid. Erst als diese an den Halloween-Süßigkeiten ihres Sohnes eine merkwürdige klebrige Substanz entdeckt, beginnt sie, misstrauisch zu werden. Schließlich zieht sie ihren guten Freund und Kollegen Ben Driscoll (Daniel Craig) zu Rate. Zusammen wollen sie dem unheimlichen Phänomen auf die Schliche kommen.
Die Filme der Body Snatcher-Reihe waren immer mehr als bloße SciFi-Kost. Zwar funktionierten sie auch auf der Unterhaltungsschiene, aber erst ihr unterschwelliger Kommentar zum gesellschaftlichen Klima der jeweiligen Zeit machte sie populär. Dieser Tradition folgend, darf der neuste Körperfresser-Angriff gleichsam eine Breitseite gegen den politischen Staus Quo abfeuern. Drehbuchautor David Kajganich dachte sich vermutlich, dass es chic wäre, die Neocons um Präsident Bush und Vize Dick Cheney einmal mehr an den Pranger zu stellen. Leider kommt die Kritik an der Angst-Ideologie der aktuellen Administration mindestens fünf Jahre zu spät. Jetzt, wo das Ende von Bushs Amtszeit kurz bevor steht und das konservative Lager sich in einem insgesamt erbärmlichen Zustand präsentiert, wirken manche Spitzen („Bush und Venezuelas Präsident Chavez unterzeichnen ein Handelsabkommen über die Lieferung von Erdöl.“) reichlich feige. Witze über den Papst ist man selbst als Kritiker des Vatikans irgendwann überdrüssig.
Der eigentliche Plot wirkt mit heißer Nadel zusammengestrickt. Der Vorlage gewinnen Hirschbiegel und Kajganich jedenfalls keine neuen Aspekte ab. Dafür ist ihr Film schneller, actionreicher und lauter, wobei vieles keinem erkennbaren Zweck dient. So will sich der Sinn der an mehreren Stellen eingeflochtenen stakkatoartig geschnittenen „Flashforward“-Sequenzen dem Verfasser dieser Zeilen einfach nicht erschließen. Der gesamte Film ist auf eine möglichst leichte Konsumierbarkeit getrimmt. Dass er darüber hinaus aber keine Identität, keine Persönlichkeit entwickelt, sondern sich letztlich vor allem an durchgestylten Bildern delektiert, scheinen die Verantwortlichen mittels einer möglichst hektischen Rennerei kaschieren zu wollen. Zuweilen, wenn die Kidman wieder einmal von Schauplatz zu Schauplatz hetzt, gibt sich Invasion wie die Hochglanz-Version von Lola rennt.
Für Subtilität scheint Hirschbiegel bei seinem Hollywood-Debüt nur wenig übrig zu haben. Die Infizierten müssen wie Karikaturen seelenloser Roboter herumstolzieren, was nicht nur unfreiwillig komisch sondern zugleich auch ideenlos anmutet. Vergleichbares zeigt jeder Zombiefilm, der allerdings nicht gleich den Anspruch erhebt, ungemein subversiv und doppelbödig zu sein. Im Krawall der schlichten Dramaturgie geht die eher stille Bedrohung deshalb weitgehend unter.
Erschienen bei BlairWitch.
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