Everybody's Fine - Die Robert-De-Niro-Show
USA 2009
++1/2
Ein „I’m fine“ ist schnell daher gesagt und entspricht nicht immer der Wahrheit. Diese Erkenntnis lehrt das Hollywood-Remake des italienischen, seinerzeit von Giuseppe Tornatore inszenierten Stanno tutti bene. Der Brite Kirk Jones schickt in Everybody’s Fine einen grandios aufspielenden Robert De Niro in der Rolle eines um den Zusammenhalt seiner Familie besorgten Witwers auf eine tragikomische Reise quer durch die USA. Die prominente Besetzung wird komplettiert durch Drew Barrymore, Kate Beckinsale und Sam Rockwell.
Filmkritik:
Für den Witwer Frank Goode (Robert De Niro) beginnt nach dem Tod seiner geliebten Frau erzwungenermaßen ein neuer, zunächst bitterer Lebensabschnitt. Die vier Kinder sind längst aus dem adretten Einfamilienhaus ausgezogen, in dem er sich plötzlich irgendwie allein und verlassen fühlt (was er allerdings nie zugegeben würde). Daran ändert auch ein gelegentlicher Plausch mit Freunden oder die von seinem Arzt empfohlene Gartenarbeit nichts. Erst die Idee zu einem Familientreffen erfüllt Frank mit neuem Tatendrang. Umso mehr schmerzt es ihn, als seine Kinder praktisch in letzter Minute absagen und ihn auf einen anderen Termin vertrösten.
Doch Frank hat sich im Handumdrehen einen Plan B zu Recht gelegt. Wenn ihn seine Kinder schon nicht besuchen wollen oder können, dann stattet er ihnen halt einen Überraschungsbesuch ab. Vom beschaulichen Connecticut zieht es ihn als erstes in den Big Apple. Dort im stets geschäftigen Manhattan lebt und arbeitet David (Austin Lysy) als Künstler mit einem kleinen Atelier. Als Frank jedoch vor Davids Wohnung klingelt, bleibt die Tür verschlossen. Auch ein zweiter Versuch zu einer anderen Tageszeit bleibt erfolglos. Etwas irritiert verlässt Frank daraufhin New York Richtung Chicago, wo seine Tochter Amy (Kate Beckinsale) eine Werbeagentur leitet. Schließlich will der Witwer noch nach Denver und Las Vegas weiterreisen. Hier hofft er seinen Sohn Robert (Sam Rockwell) und seine Tochter Rosie (Drew Barrymore) nach langer Zeit einmal wiederzusehen.
Everbody’s Fine ist das Hollywood-Debüt des Briten Kirk Jones (Lang lebe Ned Devine) und zugleich das Remake des Giuseppe Tornatore Films „Stanno tutti bene“ aus dem Jahre 1990. Robert De Niro, der nach der überaus erfolgreichen Zusammenarbeit mit Martin Scorsese viel zu oft in zweit- und drittklassigen Produktionen zu sehen war, kann in der Rolle des treusorgenden Familienoberhauptes endlich wieder einmal seine ganze schauspielerisches Klasse unter Beweis stellen. Mit einer nuancierten Darstellung, die zwischen bittersüßen, heiteren und tragischen Tönen genau zu unterscheiden weiß und die bisweilen an Jack Nicholsons ergreifenden Auftritt in About Schmidt erinnert, hält er die episodenhafte, gerade zum Ende hin recht schematische Geschichte souverän zusammen.
Dass eine solche Reise, wie Frank sie unternimmt, niemals frei von Sentimentalitäten ist, dürfte klar sein. Das von Jones überarbeitete Originalskript hält aber selbst für die besonderen Umstände dieses Trips eine viel zu rührselige Auflösung bereit, bei der das unüberhörbare Loblied auf die Familie manche der zuvor sichtbaren Konflikte entschärft und weichspült. Damit macht es sich Jones etwas zu leicht. Fast kann der Eindruck entstehen, als wolle er im Schlusssprint die zuvor oftmals als reine Schutzbehauptung enttarnte Äußerung „I’m Fine“ in ihrer naiven Bedeutung wieder herstellen. Durch sein mutloses, viel zu sehr auf Konsens bedachtes Ende wird Franks über weite Strecken mit viel leisem Humor und Fingerspitzengefühl erzählter Roadtrip über Gebühr entwertet.
Für Programmkino.de.
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