Samstag, Oktober 20, 2007

Halloween - Das Ende eines Mythos


USA 2007

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Mit der ersten Meldung, dass niemand Geringerer als Horror-Fanatic Rob Zombie sich an ein Remake von John Carpenters Klassiker Halloween wagen würde, begann unter Freunden des legendären Slashers das große Hoffen und Bangen. Denn auch wenn Zombie mit seinen letzten beiden Produktionen Haus der 1000 Leichen und The Devil’s Rejects hinlänglich bewiesen hat, dass für ihn Horror mehr als nur ein Genre sondern eine echte Herzensangelegenheit ist, für die er lebt und der er sich tief verbunden fühlt, lässt sich nicht leugnen, dass Neuauflagen ruhmreicher Originale nur äußerst selten auf ungeteilte Begeisterung stoßen. Alexandre Ajas ultraharte Version von Wes Cravens Mutantensplatter The Hills Have Eyes stellt eines dieser Raritäten im zuletzt immer dichteren Remake-Dschungel dar.

Nun also Halloween, Michael Myers, Haddonfield. Der Psychopath mit der ausdruckslosen Maske und dem tödlichen Appetit auf Babysitter. Es wird sich – zumindest unter Horror-Freunden – kaum jemand finden lassen, der Carpenters Weckruf für den modernen Slasherfilm nicht gesehen hat. Die zugegeben simple Story wurde in sieben Fortsetzungen mal mehr, mal weniger gelungen neu aufgeführt. Warum sollte die Filmwelt also noch einen neunten Halloween mit offenem Armen empfangen?

Vielleicht weil Zombie einen Ansatz wählte, der schon bei Batman Begins und einem ganz anderen „Held“ der Popkultur funktionierte: Er macht sich daran, die Lücken in der Geschichte zu füllen und offene Fragen zu beantworten. Vor diesem Hintergrund erscheint die erste Dreiviertelstunde der Neuauflage wie ein „Was Sie schon immer über Michael Myers verkorkste Kindheit wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten“. Wo Carpenters Original nach einer kurzen Exposition recht schnell fünfzehn Jahre in der Zeit vorwärts sprang, nimmt sich Zombies Version für die Schilderung der Ereignisse vor der eigentlichen Halloween-Nacht deutlich mehr Zeit. Wir lernen den kleinen Michael (Daeg Faerch) im Umfeld seiner von einem saufenden Stiefvater (wunderbar abgewichst: William Forsythe) drangsalierten Familie kennen. Wir erleben, wie er von Mitschülern gehänselt und verspottet wird, eher sich seine Aggressionen und die angestaute Wut ein schreckliches Ventil suchen. Besonders die Beziehung zu seiner Mutter (Sheri Moon Zombie) arbeitet Zombie, der auch das Drehbuch schrieb, in der Einleitung heraus.

Insofern trifft auf den neunten Halloween zumindest für die erste Hälfte mehr die Umschreibung als Prequel denn als Neuauflage oder bloße Kopie zu. Dabei hat der Film jedoch mit ähnlichen Problemen wie schon andere Prequels vor ihm zu kämpfen. Ganz gleich, wie interessant es sein mag, tiefer in Michaels Kindheit einzutauchen und zu beobachten wie aus einem kleinen Jungen einer der „Kultstars“ des Horrorfachs wurde, eine Ikone, deren Insignien bereits unzählige Male in anderen Werken (Scream) Verwendung fanden, geht mit der detaillierten Rückblende auch immer ein Teil des Mythos verloren. Der bei Carpenter noch so geheimnisvolle, weitgehend identitätslose Killer, der gerade aus diesem Grund Angst und Beklemmung erzeugte, wird hier seiner letzten Rätsel beraubt. Zombie erklärt uns, dass niemand als Psychopath geboren wird, sondern dass erst innere wie äußere Faktoren zusammenkommen müssen, bis jemand schlussendlich zum Massenmörder mutiert. Eine Banalität.

Nach zwei Zeitsprüngen landet der Film schließlich in jener Nacht des 31. Oktober, in der für die junge Laurie Strode (Scout Taylor-Compton) der Kampf ums Überleben beginnen soll. Obwohl sich Zombie ab diesem Punkt weitgehend an der Vorlage orientiert, setzt er stilistisch wie inhaltlich erkennbar eigene Akzente. Neben dem abweichenden Ende fällt auf, dass Laurie nur noch eine Nebenrolle zukommt und die Handlung klar auf Michael zugeschnitten wurde. Ging Carpenter in Sachen Gore seinerzeit noch recht zurückhaltend zu Werke, spritzt das Blut in der 2007er-Version aus allen nur erdenklichen Körperöffnungen. Egal ob Michael seine Opfer ganz oldschool mit dem Messer aufschlitzt, ihnen die Kehle durchschneidet oder lieber den Baseballschläger benutzt und ihnen dabei das Gesicht zu Brei schlägt, blutig wird es in jedem Fall. Zweifel scheinen angebracht, ob die zuletzt in Sachen Gewalt recht rigide FSK eine Freigabe ohne zusätzliche Schnitte erlaubt.

Bei Zombie ist nicht mehr viel übrig geblieben, von der reichlich sauberen Kleinstadt-Idylle, die Carpenter einst präsentierte. Dafür atmen die Bilder von Kameramann Phil Parmet eine dreckige Düsternis. Der Eindruck, Zombie habe über dem Original einen Eimer Schmutz ausgeleert, zieht sich bis kleinste Ausstattungsdetails wie Michaels versiffte „Arbeitskleidung“. Und auch die Sprache ist ungleich verrohter und härter. Der Eingangsmonolog von Michaels Stiefvater ist eine einzige widerwärtige verbale Entgleisung.

Indem der Film recht explizit zur Sache geht und das Duell zwischen Laurie und Michael vor allem als eine physische Grenzerfahrung interpretiert, bei dem das Haus zur Kleinholz verarbeitet wird, mangelt es Halloween zuweilen an der psychologischen Raffinesse und dem Thrill des Carpenter-Erstlings. Die Sorgfalt, mit der Zombie die zentralen Charaktere – Michael, seine Mutter, sowie Dr. Samuel Loomis (dargestellt von Clockwerk Orange-Star Malcolm Mcdowell) – einführt, erscheint rückblickend betrachtet nicht ganz nachvollziehbar. Denn für die grobschlächtige letzte halbe Stunde hätte es eines solchen Aufwands gar nicht bedurft. Als Bewunderer des Ur-Halloween dürfte man das Kino nach 110 Minuten folglich mit durchaus gemischten Gefühlen verlassen. Unbestreitbar ist, dass Zombie mit seiner stilistischen Neuordnung und dem ausführlichen Prolog einem bereits tot geglaubten Franchise neues Leben eingehaucht hat. Bleibt abzuwarten, ob wir demnächst tatsächlich ein Sequel zum Remake vorgesetzt bekommen.

Für BlairWitch.

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

Eigentlich habe ich mich schon genung zu Halloween ausgekotzt, ich finde eigentlich nur den Teil gelungen bis Michael Myers aus der Anstalt flüchte, danach hat der Film außer lauter langeweile nichts zu bieten. Zombie kann es besser, das hat er ja mit seinen beiden Vorgängern mehr als bewiesen!
Legen wir Halloween als Huldigung an Carpenter zu den Akten.
Aber noch so ein halbherzigen Film werde ich Zombie nicht verzeihen.

Oktober 20, 2007 6:41 PM  

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