Das Mädchen aus dem Wasser - Von Narfs, Scrunts und Tartutics
USA 2006
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Wann haben Sie zuletzt eine Gutenachtgeschichte erzählt bekommen? Wer sich nicht mehr erinnert, kann zwecks Auffrischung M. Night Shyamalans (The Sixth Sense, The Village) fantastisches Märchen Das Mädchen aus dem Wasser im Kino bestaunen. Der für seine mysteriösen, meta-physischen Stoffe und finalen Plot-Twists bekannte Filmemacher entführt den Zuschauer dieses Mal in das Universum einer Bedtime Story, die von unterschiedlichen Fabelgestalten, gut wie böse, bevölkert wird. Das titelgebende Mädchen ist eines dieser geheimnisvollen Wesen. Sie hat als Grenzgängerin zwischen den Welten eine äußerst gefährliche Mission zu erfüllen.
FILMKRITIK:
Cleveland Heep (Paul Giamatti) ist alles andere als ein lebensbejahender Optimist. Der Hausmeister einer Wohnblockanlage bemüht sich im Alltag möglichst wenig aufzufallen. Wenn er nicht Glühbirnen auswechselt oder Ungeziefer verjagt, lebt er zurückgezogen in seiner kleinen Wohnung. Kontakte zu anderen Menschen scheut er.
Eines Abends entdeckt Cleveland im Swimming Pool eine junge Frau (Bryce Dallas Howard). Story nennt sie sich. Sie offenbart ihm, dass sie in den Kanälen unter dem Pool leben musste, weil ihr der Weg zurück in ihr Reich versperrt wurde. Cleveland findet heraus, dass das Mädchen ein „Narf“ ist, ein nymphenähnliches Wesen, das über seherische Fähigkeiten verfügt. So ist sie nicht nur in der Lage in Clevelands Zukunft sondern auch in die der anderen Mieter zu blicken. Die Bewohner stellen erstaunt fest, dass ihre Leben untrennbar mit dem Schicksal des Mädchens verbunden sind. Gemeinsam versuchen sie schließlich, Storys sichere Heimkehr zu organisieren. Ein gefährliches, lebensbedrohliches Unterfangen, sind doch bösartige Kreaturen hinter dem Mädchen her, die genau dieses zu verhindern suchen. Erst allmählich wird den Bewohnern bewusst, dass auch sie Teil einer irrealen Geschichte sind, die sich mit der realen Welt zu vermischen droht.
Shyamalan entwickelte den Plot des Films auf Basis einer Gutenachtgeschichte, welche er für seine beiden kleinen Töchter erdachte. Beherrschte sein vorangegangenes Mystery-Drama The Village noch die Frage, was der Mensch bereit ist, für eine vermeintlich sichere Existenz aufzugeben, was er freiwillig seinen Kindern vorenthalten will, um sie vor den Gefahren dieser Welt zu beschützen, stehen dieses Mal wie schon in Signs die großen spirituellen Fragestellungen klar im Zentrum der Handlung. Gibt es einen höheren Sinn hinter allem? Weshalb bin ich hier? Wo gehe ich hin? Shyamalans Filme waren immer schon mehr profunde menschliche Dramen als simple Gruselschocker, was den Verleih aber nicht daran hinderte, diese unter der Bezeichnung „Horror“ zu vermarkten. Enttäuschte Publikumsreaktionen waren oftmals die Folge.
Ähnliches könnte auch auf Das Mädchen aus dem Wasser zukommen. Immerhin schaffte Warner es, den abermals zu sehr auf Action ausgerichteten Trailer mit dem Zusatz „Eine Gutenachtgeschichte“ zu versehen, was den kindlich-naiven Kern des Films pointiert widerspiegelt. Shyamalan ist ein Meister des reduzierten und deshalb so effektiven Einsatzes filmischer Mittel, die er stets in den Dienst seiner Filmhandlung stellt. Die ruhige, fast elegische Kamera, der sparsame Einsatz der Tonspur und der traumwandlerische Score von James Newton Howard erschaffen auch in seinem neuesten Werk eine wohlig schaurige Aura, in der Schicht um Schicht ein klassisches Märchen zum Vorschein kommt. Mit Paul Giamatti in der Hauptrolle des eigenbrötlerischen Cleveland Heep konnte Shyamalan einen der profiliertesten Charakterdarsteller Hollywoods für sein Projekt gewinnen. Der schwierige Balanceakt zwischen komischen und tragischen Augenblicken gelingt dem bereits mehrfach oscar-nominierten Giamatti derart überzeugend, dass man als Zuschauer sogar über die nur bescheidenden schauspielerischen Fähigkeiten des Regisseurs hinwegsieht, der erstmals selber eine größere Nebenrolle übernahm.
Bewahrt hat sich Shyamalan dafür sein unverwechselbares Gespür für hochemotionale Momente, die sich konsequent dem herrschenden Zeitgeist aus Coolness und Zynismus verwehren. Wenngleich er dieses Mal mitunter die Originalität seiner früheren Werke vermissen lässt, da er viele bekannte Aspekte lediglich in einem anderen Umfeld über das Vehikel einer Fantasy-Geschichte neu zusammenstellt, gehört dieses Märchen für Erwachsene zu den wirklich bereichernden Kinoerfahrungen der letzten Monate.
Getextet für Programmkino.de.
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Wann haben Sie zuletzt eine Gutenachtgeschichte erzählt bekommen? Wer sich nicht mehr erinnert, kann zwecks Auffrischung M. Night Shyamalans (The Sixth Sense, The Village) fantastisches Märchen Das Mädchen aus dem Wasser im Kino bestaunen. Der für seine mysteriösen, meta-physischen Stoffe und finalen Plot-Twists bekannte Filmemacher entführt den Zuschauer dieses Mal in das Universum einer Bedtime Story, die von unterschiedlichen Fabelgestalten, gut wie böse, bevölkert wird. Das titelgebende Mädchen ist eines dieser geheimnisvollen Wesen. Sie hat als Grenzgängerin zwischen den Welten eine äußerst gefährliche Mission zu erfüllen.
FILMKRITIK:
Cleveland Heep (Paul Giamatti) ist alles andere als ein lebensbejahender Optimist. Der Hausmeister einer Wohnblockanlage bemüht sich im Alltag möglichst wenig aufzufallen. Wenn er nicht Glühbirnen auswechselt oder Ungeziefer verjagt, lebt er zurückgezogen in seiner kleinen Wohnung. Kontakte zu anderen Menschen scheut er.
Eines Abends entdeckt Cleveland im Swimming Pool eine junge Frau (Bryce Dallas Howard). Story nennt sie sich. Sie offenbart ihm, dass sie in den Kanälen unter dem Pool leben musste, weil ihr der Weg zurück in ihr Reich versperrt wurde. Cleveland findet heraus, dass das Mädchen ein „Narf“ ist, ein nymphenähnliches Wesen, das über seherische Fähigkeiten verfügt. So ist sie nicht nur in der Lage in Clevelands Zukunft sondern auch in die der anderen Mieter zu blicken. Die Bewohner stellen erstaunt fest, dass ihre Leben untrennbar mit dem Schicksal des Mädchens verbunden sind. Gemeinsam versuchen sie schließlich, Storys sichere Heimkehr zu organisieren. Ein gefährliches, lebensbedrohliches Unterfangen, sind doch bösartige Kreaturen hinter dem Mädchen her, die genau dieses zu verhindern suchen. Erst allmählich wird den Bewohnern bewusst, dass auch sie Teil einer irrealen Geschichte sind, die sich mit der realen Welt zu vermischen droht.
Shyamalan entwickelte den Plot des Films auf Basis einer Gutenachtgeschichte, welche er für seine beiden kleinen Töchter erdachte. Beherrschte sein vorangegangenes Mystery-Drama The Village noch die Frage, was der Mensch bereit ist, für eine vermeintlich sichere Existenz aufzugeben, was er freiwillig seinen Kindern vorenthalten will, um sie vor den Gefahren dieser Welt zu beschützen, stehen dieses Mal wie schon in Signs die großen spirituellen Fragestellungen klar im Zentrum der Handlung. Gibt es einen höheren Sinn hinter allem? Weshalb bin ich hier? Wo gehe ich hin? Shyamalans Filme waren immer schon mehr profunde menschliche Dramen als simple Gruselschocker, was den Verleih aber nicht daran hinderte, diese unter der Bezeichnung „Horror“ zu vermarkten. Enttäuschte Publikumsreaktionen waren oftmals die Folge.
Ähnliches könnte auch auf Das Mädchen aus dem Wasser zukommen. Immerhin schaffte Warner es, den abermals zu sehr auf Action ausgerichteten Trailer mit dem Zusatz „Eine Gutenachtgeschichte“ zu versehen, was den kindlich-naiven Kern des Films pointiert widerspiegelt. Shyamalan ist ein Meister des reduzierten und deshalb so effektiven Einsatzes filmischer Mittel, die er stets in den Dienst seiner Filmhandlung stellt. Die ruhige, fast elegische Kamera, der sparsame Einsatz der Tonspur und der traumwandlerische Score von James Newton Howard erschaffen auch in seinem neuesten Werk eine wohlig schaurige Aura, in der Schicht um Schicht ein klassisches Märchen zum Vorschein kommt. Mit Paul Giamatti in der Hauptrolle des eigenbrötlerischen Cleveland Heep konnte Shyamalan einen der profiliertesten Charakterdarsteller Hollywoods für sein Projekt gewinnen. Der schwierige Balanceakt zwischen komischen und tragischen Augenblicken gelingt dem bereits mehrfach oscar-nominierten Giamatti derart überzeugend, dass man als Zuschauer sogar über die nur bescheidenden schauspielerischen Fähigkeiten des Regisseurs hinwegsieht, der erstmals selber eine größere Nebenrolle übernahm.
Bewahrt hat sich Shyamalan dafür sein unverwechselbares Gespür für hochemotionale Momente, die sich konsequent dem herrschenden Zeitgeist aus Coolness und Zynismus verwehren. Wenngleich er dieses Mal mitunter die Originalität seiner früheren Werke vermissen lässt, da er viele bekannte Aspekte lediglich in einem anderen Umfeld über das Vehikel einer Fantasy-Geschichte neu zusammenstellt, gehört dieses Märchen für Erwachsene zu den wirklich bereichernden Kinoerfahrungen der letzten Monate.
Getextet für Programmkino.de.
7 Comments:
Moin Marcus,
das klingt für mich doch schon realistischer als gewisse Ausführungen eines gewissen Nutzers eines gewissen Forums, den man "Don" ruft. Da scheint der Trailer, den ich im Kino sah, nicht mal so weit vom Film entfernt gewesen zu sein. "Eine Gutenachtgeschichte" liegt mir da noch in den Ohren. Warum sollte das nicht ein Märchen für Erwachsene sein? Und natürlich erwarte ich die für Shyamalan sehr eigenen Stilelemente, die freilich nicht jedem gefallen (manche Leute rennen ja nur in Shya-Filme, um mal so richtig zu lästern), mir aber doch sehr! Ich bleibe dabei, ich werde mir den Film auf jeden Fall ansehen. Btw: Den 2. Lauschangriff höre ich mir noch bei Zeiten an ... ;o)
hi thoro!
ich kann diese kritik in dieser anhäufung auch wirklich nicht nachvollziehen. nicht, weil es hier nichts zu kritisieren gäbe (das tue ich im übrigen auch, eine abnutzung in sachen ideen ist schon festzustellen), sondern eher weil es mir fast vorkommt, als würde man bei einer woody llen-komödie die anwesenheit von woody allen bemäkeln. sozusagen ein syhamalan-verriss aus prinzip.
bin dann mal gespannt, was Du zum film sagst. atmosphärisch ist er jedenfalls dicht an "unbreakbale" und "the village" und weniger an "the sixth sense".
Ich weiß ja nicht so recht...
UNBREAKABLE und auch THE VILLAGE fand ich bekanntlich ansehnlich - diese beiden einzigen guten Shymamalanfilme wurden paradoxerweise von der amerikanischen Kritik in Grund und Boden geschrieben, während Unsinn wie SIGNS in den Himmel gelobt wurde.
Deshalb schrecken mich die Hasstiraden zu LADY IN THE WATER auch gar nicht ab. Die Jungs da drüben in USA haben keine Peilung, wenn es um Shyamalanfilme geht.
Andererseits muss man aber sehen, dass der Trailer zu LADY IN THE WATER selten dämlich ist. Da frage ich mich zwangsläufig, ob Shyamalan das alles eigentlich ernst meint. Ich mein: Was ich so von der Story mitbekomme hier und da, ist schon arg... na ja... ähem...
Andererseits mag ich wie Shyamalan Filme inszeniert. Besonders in THE ViLLAGE gab es einige tolle Momente/Einzelszenen.
Wie dem auch sei, werde mir den Film ansehen. Deine Einlassung stimmt mich jedenfalls zuversichtlich (wobei Deine Reputation in meinen Augen reichlich eingebüßt hat nach Deiner Eloge auf den von dummen Plattitüden triefenden HARD CANDY ;-)
@ scf
hab keine prognose, wie Dir der film gefallen wird. wie ich schon angedeutet habe, bietet der film genug angriffsfläche, um ihn madig zu machen (unlogisch und selbstverliebt sind zwei vorwürfe, von denen zumindest der erste für mich in dieser märchen-welt nicht wirklich zutrifft, da der film eher als fabel mit fantastischen elementen funktioniert).
der film, das wäre mein größter kritikpunkt, besitzt im vergleich zu älteren syhamalan-werken keine wirkliche innovationen, auch mag man sagen, er übertreibe es mit seinen "aha!"-moementen, die eigentlich nicht überraschend sind. aber um plot-twists geht es ihm bei diesem film nun wirklich nicht mehr. diese zeiten sind vorbei.
dafür besitzt auch dieser shyamalan viele tolle momente, hochemotional, zugegeben nahe am kitsch.
SP: "hard candy" sehe ich nicht als ernsthaften diskurs zum thema "selbstjustiz und pädophilie" sondern als exploitation an. gut gemacht, mit eine prise sarkasmus und tollen darstellern. deshalb hab ich auch kein wirklich großes bedürfnis darüber lange zu diskutieren. timo hat dazu ja eine ausführliche kritik verfasst, der ich mich inhaltlich (von der wertung bin ich etwas darunter) anschließe.
Bei aller Liebe, diese Kritik geht gar nicht. So einen geballten Unsinn wie LADY IN THE WATER habe ich selten gesehen. Na ja, was will man auch von einem Film halten, in dem die Handlung dadurch zu einem Happy End gebracht wird, dass ein kleiner Junge aus seinen Müslikarton (!!!) die Zukunft liest???
@ scf
ich glaube, hier erübrigt sich jede diskussion. ich hab einfach das shyamalan-gen (wie übrigens auch die crew vom ohrensessel, gibt zu ihm einen neuen podcast).
für all das, was man dem film vorwerfen kann (er sei gefühlsduselig, bedeutungsschwanger, nicht stringent, unlogisch etc.) mag ich ihn. dazu gehört auch die sache mit der cornflakespackung ;-)
PS: ich gebe aber zu, dass er nicht an seinen vorgänger "the village" heranreicht. der spielt in einer anderen liga.
Ehrlichkeit wehrt am längsten.
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