Untraceable - Todesstoß per Mausklick
USA 2007
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Mit der technischen Revolution, die das Internet in den 90er Jahren losgetreten hat, nahm sich auch Hollywood des WWW-Themas an. Vor allem Tech-Thriller wie Hackers und Das Netz definierten den Blick der Traumfabrik auf das neue Medium, das nur wenige Jahre später selber zu einer veritablen kommerziellen Gefahr für das Filmgeschäft werden sollte. Heute lässt sich praktisch jeder Film bereits bei seinem Kinostart in mehr oder weniger guten Qualität downloaden, wozu also noch ins Kino gehen?
Das Internet teilte die Gesellschaft nicht nur auf einmal in die ein, die „schon drin waren“ und die, die bei all dem außen vor blieben, wie jedes neue Medium produzierte auch das World Wide Web moralische wie geschmackliche Auswüchse. Neben Online-Foren, in denen Perverse jeglicher Couleur ihre verqueren Ansichten austauschen, bedient das Internet zugleich uralte menschliche Bedürfnisse. So lässt sich in der vermeintlichen Anonymität des Netzes, ganz bequem von zu Hause aus, die eigene Sensationslust und voyeuristische Neugier befriedigen. Auf genau dieser Beobachtung baut die Story von Untraceable auf.
Die FBI-Agentin Jennifer Marsh (Diane Lane) und ihre Kollegen haben sich auf Internet-Straftaten spezialisiert. Sie arbeiten als virtuelle Fährtenleser, die das suchen, was andere bei ihren digitalen Raubzügen an Spuren zurückgelassen haben. Ein anonymer Hinweis macht die Ermittler auf die Website killwithme.com aufmerksam. Diese können zunächst nicht glauben, was sie da sehen. Der Betreiber der makaberen Seite lässt ein kleines Kätzchen vor laufender Kamera qualvoll sterben. Doch damit nicht genug. Nur wenige Tage später wird ein Mann gekidnappt, der kurz darauf auf der gleichen Seite gefesselt und geknebelt den Besuchern vorgeführt wird. Das Perfide: Je mehr Menschen killwithme.com anklicken, desto schneller wird dem Opfer ein letztlich tödliches Blutgerinnungsmittel injiziert.
Für Jennifer und ihre Kollegen liegt das Problem anfangs darin, den Ort des Verbrechens zu lokalisieren. Da die Website von Server zu Server springt, ist das leichter gesagt als getan. Wie schon in der bereits legendären, von Quentin Tarantino inszenierten CSI-Folge „Grave Danger“ zieht Untraceable zunächst aus dem Wettlauf gegen die Zeit einen Großteil seiner Spannung. Dass die Ermittler dem Opfer über einen simplen Mausklick ganz nahe sein können und auf diese Weise zugleich dazu beitragen, dass das tödliche Medikament nur noch schneller in dessen Venen gepumpt wird, ist Teil eines großen moralischen Dilemmas.
Allerdings scheint sich Regisseur Gregory Hoblit nicht wirklich für diese Zwickmühle zu interessieren. Dafür findet die Episode einfach viel zu schnell ihr Ende. Stattdessen schnappt sich der Unbekannte, dessen Identität bereits zur Mitte des Films gelüftet wird, einfach sein nächstes Opfer. Und wieder tickt die Uhr gegen ein Leben herunter. Da das Publikum in Zeiten von Torture Porn-Streifen wie Saw in Sachen sadistischer Foltermethoden deutlich anspruchsvoller geworden ist, muss sich der Psychopath natürlich etwas Neues einfallen lassen. Ein weiteres Mal auf die Medikamenten-Nummer zu vertrauen, würde beim Zuschauer vermutlich nicht auf allzu viel Gegenliebe stoßen.
So „charmant“ die Grundidee von Untraceable auch sein mag und so stark Diane Lane in der Hauptrolle auch agiert, sein nicht gerade üppiges Suspense-Pulver verschießt der Film viel zu überhastet. Die zweite Hälfte, in der in einem guten Thriller die Spannungsschraube eigentlich weiter angezogen werden sollte, verwendet Hoblit für ein ermüdendes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem letztlich – wenig überraschend – die couragierte FBI-Agentin selbst zur Zielscheibe wird und als Frischfleisch vor der Webcam endet. Manches, wie die Reaktion von Jennifers Kollegen auf die Bilder ihrer Gefangenschaft, ihre entsetzten „Ohs!“ und „Ahs!“, ist dabei sogar unfreiwillig komisch, was der Spannung ebenfalls nicht zum Vorteil gereicht.
Natürlich bekommt Mr. Psycho am Ende ausreichend Zeit, um die Motivation für sein Handeln in allen Einzelheiten zu erklären. Dabei stellt sich heraus, dass man ihm und seiner Familie einst ähnlich übel mitgespielt hatte. Ja, wir alle sind irgendwie Schuld an dem, was hier aufgeführt wird. Diese Erkenntnis will einem Untraceable mit aller Macht immer und immer wieder unter die Nase reiben. Die Dämonisierung von Sensationslust und Voyeurismus zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film. Wenn Jennifer im Stau steht, liegt das wiederum an ekelhaften Unfall-Gaffern, die nichts Besseres zu tun haben, als sich am Unglück anderer zu delektieren. Ergo: Der Mensch braucht kein Internet, um sich daneben zu benehmen.
Für BlairWitch.de.
2 Comments:
Hola! Was mich bei den Ausschnitten, die ich bislang gesehen habe, sehr irritiert hat, war der Eindruck, dass -auch- dieser Film eine Art diffuse Angst vor dem Internet und Technik im Allgemeinen zu schüren versucht, die ich etwas daneben, um nicht zu sagen, reaktionär fand. Täuscht der Eindruck oder ist da durchaus was dran, wie z.B. die GPS-Episode mMn irgendwie verdeutlicht. (Wie gesagt nur Ausschnitte bisher gesehen)
doch, da ist schon was dran. gerade zu beginn werden in einer kleinen episode die auswüchse, die das internet möglich macht, thematisiert und auf ironische weise kritisiert (tenor: die täter werden aufgrund der anonymität des netzes immer jünger).
das internet macht uns angreifbarer und verletztlicher. diese message lässt sich nicht leugnen.
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