Dienstag, Juli 08, 2008

Underdogs - Harte Kerle mit weichem Keks


D 2008

++1/2

Hinter Gittern herrschen latente Aggressionen und ein rauer Umgangston. Auf die Idee, dagegen mit süßen Hundebabys vorzugehen, die man der Obhut der Häftlinge anvertraut, muss man erst einmal kommen. Was in einer New Yorker Strafanstalt äußert erfolgreich erprobt wurde, nahm Filmemacher Jan Hinrik Drevs zum Vorbild seines formal recht konventionellen Feel Good-Movies. Spaß macht das Ganze trotzdem. Selbst wer sich nicht unbedingt als Hundefreund bezeichnen würde, dürfte dem treuen Blick der Vierbeiner erliegen.

Filmkritik:

Dass sogar die härtesten Kerle einen weichen Kern besitzen, ist hinlänglich bekannt. Doch gerade hinter Gittern, wo es darum geht, sich gegenüber den Mitinsassen zu behaupten, ist einschüchterndes Macho-Gehabe immer noch an der Tagesordnung und das Eingeständnis von Schwäche verpönt. Auch Mosk (Thomas Sarbacher) will stark sein. Und weil das alle sehen sollen, trainiert er verbissen für die knastinternen Meisterschaften im Gewichtheben. In dieser Situation passt es nicht wirklich in sein Konzept, dass die neue Gefängnisdirektorin (Clelia Sarto) ihn und fünf andere Häftlinge für ein ganz besonders Pilotprojekt ausgewählt hat. Sie werden unter Anleitung eines erfahrenen Hundetrainers (Hark Bohm) niedliche Welpen zu zuverlässigen Blindenführhunden ausbilden. Über die Arbeit mit den Tieren sollen die Teilnehmer lernen, ihre aufgestauten Aggressionen in den Griff zu bekommen und Schritt für Schritt Verantwortung für etwas zu übernehmen.

Die Idee zu Underdogs ist in der Realität verankert. Regisseur und Autor Jan Hinrik Drevs drehte 2001 einen Dokumentarfilm über ein vergleichbares Projekt zwischen Mensch und Hund, das mit großem Erfolg in einem New Yorker Gefängnis erprobt wurde. Unter der Überschrift „Puppies behind bars“ wurden Schwerverbrecher mit jungen Hunden zusammengeführt, die sie über ein Jahr lang betreuten. In Interviews mit den Insassen erhielt Drevs einen tiefen Einblick, wie diese Begegnung die Häftlinge veränderte. Diese Erfahrungen flossen in den Film ein, der gerade deshalb so gut unterhält, weil er etwas zusammenführt, was man so im Kino zusammen noch nicht gesehen hat.

Mörder, Drogen-Dealer, Brandstifter, Vergewaltiger – sie alle müssen sich plötzlich um ein ihnen anvertrautes Lebewesen kümmern. Selbst Mosk, der das Projekt lange Zeit innerlich ablehnt, erliegt letztlich dem treuen Blick seines „Pflegekindes“. Das ist keine Überraschung angesichts der von Beginn an spürbaren Konstruktion und Konzeption des Films als familienkompatibles Feel Good-Kino. Hier gilt die alte Maxime vom Weg als das Ziel, wobei Drevs angenehmerweise auf eine allzu schlichte Instrumentalisierung seiner niedlichen Vierbeiner verzichtet. Denn selbst wenn Underdogs nicht ohne die zu erwartenden „Ach wie süß!“-Momente auskommt, kleistert Drevs nicht jede Emotion gleich mit Kitsch und klebriger Sentimentalität zu.

Da mag man dem Film schon eher seine naive Knast-Romantik ankreiden. Beim Abschiedsessen brennen überall kleine Teelichter während zwischen Mosk und der neuen Direktorin auch im übertragenen Sinn die Funken sprühen. Allerdings halten sich solche ungelenkten Drehbucheinfälle in tolerablen Grenzen. Über weite Strecken funktioniert Underdogs als sympathischer Laborversuch, dessen behutsames Knacken einer harten Schale niemanden auf die Füße tritt.

Für Programmkino.de.