Last House on the Left - Willkommen in den 70ern!
USA 2009
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Waren die zahllosen Neuverfilmungen asiatischer Horror-Werke nur in den seltensten Fällen tatsächlich von Erfolg gekrönt, so schneiden die Remake-Versuche amerikanischer Genre-Klassiker zumindest in der Gesamtschau doch weitaus besser ab. Selbst eher schwächere Neuverfilmungen wie zuletzt Marcus Nispels Freitag, der 13. boten zumeist noch recht passable Unterhaltung. Jetzt hat es auch Wes Cravens Frühwerk The Last House on the Left erwischt, wobei der Meister höchstpersönlich zusammen mit Kumpel Sean S. Cunningham (Freitag, der 13.) als Produzent die Dreharbeiten der Neuauflage überwachte. Das Resultat sollte daher auch ihn zufriedenstellen können.
Auf dem Regiestuhl nahm der Grieche Denis Iliades Platz, der zuvor mit dem grellen Prostituierten-Drama Hardcore auch außerhalb seines Heimatlandes für Furore sorgte. Dass auch sein zweiter Spielfilm die brutale Misshandlung/Vergewaltigung junger Frauen thematisiert, ist sicherlich kein Zufall. Eher diente sein Debüt Iliades als Türöffner bei seiner ersten Arbeit in Hollywood. Diese bleibt recht dicht bei Cravens Original. So erzählen beide Filme von einem schrecklichen Verbrechen und den unmittelbaren Folgen für Opfer und Täter. Die junge Mari (Sara Paxton) will mit ihren Eltern (Tony Goldwyn, Monica Potter) die Sommerferien in einem idyllisch gelegenen Ferienhaus der Familie verbringen und sich gelegentlich mit ihrer besten Freundin Paige (Martha MacIsaac) treffen. Bei einer ihrer Ausflüge lernen die Mädchen den schüchternen Justin (Spencer Treat Clark) kennen, der ihnen etwas Gras anbietet und beide zu sich ins Motel einlädt.
Gutgläubig gehen Mari und Paige auf das Angebot des Jungen ein. Dabei denken sie nicht einmal im Entferntesten daran, dass sie sich nur wenig später in einem realen Albtraum wiederfinden werden. Denn Justins Vater (Garret Dillahunt) ist wohl das, was man gemeinhin einen Psychopathen nennt. Zusammen mit seiner nicht minder durchgeknallten Freundin (Riki Lindhome) und einem Kumpel (Joshua Cox) findet dieser Gefallen an einem perversen Machtspiel. In letzter Sekunde, schwer verletzt und voller Todesangst gelingt Mari die Flucht. Mit allerletzter Kraft erreicht sie das Ferienhaus der Eltern, die anfangs nicht glauben können, was nur wenige Minuten zuvor ihrer Tochter widerfahren ist.
Last House on the Left knüpft an das klassische „Rape-and-Revenge“-Szenario an, wie es viele Exploitation-Filme der 70er Jahre zum Ausgangspunkt ihrer Geschichte machten. Manche wie Meir Zachis I Spit on your Grave oder der schwedische Thriller - A Cruel Picture müssen sich noch heute für ihre explizite Darstellung von Sex und Gewalt rechtfertigen. Mit einem vergleichbaren Tabubruch kann die Neuauflage von Cravens Frühwerk erwartungsgemäß nicht aufwarten. Iliades legt es - klammert man einmal die allerletzte Szene aus, die irgendwie reichlich deplaziert erscheint - aber auch erst gar nicht auf eine Kontroverse an. Und dennoch löst sein Film gerade in der ersten Hälfte, in der es zu den brutalen Übergriffen auf die Mädchen kommt, ein mehr als ungutes Gefühl in der Magengegend aus. Vergleichbar Gaspar Noés Irreversible, dem Iliades zumindest an einer Stelle ganz offensichtlich huldigt (Feuerlöscher!), überträgt sich die Beklemmung der Opfer auch auf den Zuschauer. Insbesondere die Vergewaltigung, während der das Mädchen unablässig seine ganze Angst und Ohnmacht herausschreit, ist in ihrer Intensität nur schwer zu ertragen.
Mit der Ankunft der Täter im Ferienhaus der Eltern wird aus dem „Rape“- schließlich ein „Revenge“-Movie. Als die Eltern erkennen, wer bei ihnen soeben nichtsahnend eingezogen ist, sind beide fest entschlossen, das Leid ihrer Tochter zu rächen. Koste es, was es wolle. Der moralische Zwiespalt, einerseits das Verhalten der Eltern nachvollziehen zu können, gleichzeitig jedoch Selbstjustiz als Mittel der Wahl abzulehnen, zieht sich wie ein roter Faden durch das blutgetränkte Finale, bei dem alles, was sich als Waffe einsetzen lässt, auch zum Einsatz kommt. Sogar Hartgesottene werden während der nächtlichen Jagdszenen auf eine ernstzunehmende Probe gestellt. Unablässig dröhnen die dunklen Bässe aus der Soundanlage, treibt Iliades die Eskalation der Ereignisse voran. Ganz eindeutig grenzt sich das Last House on the Left damit von den meisten anderen Horror-Produktionen der vergangenen Monate ab, denen es vorrangig auf möglichst spektakuläre Splatter-Effekte oder originelle Folter-Spielchen ankam. Und von den weichgespülten PG-13-Möchtegern-Schockern ist Iliades Film gleich mehrere Lichtjahre entfernt.
Cravens Low-Budget-Perversität erscheint heute, seien wir ehrlich, mit ihrem Trash-Look der ausklingenden Grindhouse-Ära reichlich antiquiert. Insofern macht eine Neuauflage, auch wenn sie dem Original inhaltlich nichts Substanzielles hinzufügt, durchaus Sinn. Vor allem wer im alten Last House on the Left noch keine Station gemacht hat und sich Iliades Remake gänzlich unvorbereitet ansieht, dürfte am Fortgang der Geschichte doch schwer zu Tragen haben. Derart konsequent wie Craven und Iliades stellen nur die wenigsten Horrorfilmer die Natur des Menschen in Frage.
Für BlairWitch.de.
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